9. Der H. Christ wil nichts bescheren

[152] 1.

Jetz freuen sich die Kinder

Auff ihren heilgen Christ,

Und suchen ihn geschwinder,

Als er vorhanden ist,

Ich aber darff nicht frölich seyn,

Mein heilger Christ der saget nein.


2.

Ich hab in allen Dingen

Vergebne Zuversicht,

Mein Beten und mein Singen

Hilfft im geringsten nicht,

Je mehr ich nur will frömmer seyn,

Je mehr und öffter sagt er nein.[152]


3.

Sanct Niclas wil nicht bitten,

Als wie er sonst gethan,

Sanct Peter hilfts verschütten,

Wo er nur weiß und kan,

Und also kans nicht anders seyn,

Mein H. Christ der saget nein.


4.

Kein Mensch wil Bürge werden

Vor mich verlassnes Kind,

Weil niemand die Beschwerden

So sehr als ich empfind,

Sanct Ruppert zwickt mich an das Bein,

Der H. Christ der saget nein.


5.

Die Leute, so ihn kennen,

Die wissen, wer er ist,

Ich weiß ihn nicht zu nennen,

Als nur den H. Christ,

Ich hoff, und denck auff ihn allein,

Und gleichwohl sagt er immer nein.


6.

Ach laß dich doch behandeln,

Du lieber H. Christ,

Du kanst dich leicht verwandeln,

Weil du barmhertzig bist,

Ach stelle dich geneigter ein,

Und sage nur nicht allzeit nein.


7.

Ich wil nicht viel begehren,

Dein Wille sol geschehn,

Laß du mir nur bescheren,

Ich wil es gerne sehn,

Und solt es nur ein Nüßgen seyn,

Nur sage nicht beständig nein.


8.

Inzwischen sol ich leiden,

Was du mir Unrecht thust,

Sol ich die Gaben meyden

Und alle Kinder-Lust,

So geb ich mich gedultig drein,

Sag jetzo doch nicht ewig nein.

Quelle:
Christian Weise: Der grünenden Jugend überflüssige Gedanken, Halle a.d.S. 1914, S. 152-153.
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