Vierdter Aufftrit.


[123] Lubrano, Conversano, Allegro in einem grossen Degen.


LUBRANO. Was sol ich machen? mein Herr Vater ist aus der Stadt geflohen / und ich weiß mir selber nicht zurathen.

CONVERSANO. Es geht mir nicht anders / und zu meinem Unglücke ist mir der Hofemeister durchgegangen / damit bin ich aller Hülffe und alles guten Raths beraubet.

LUBRANO. Ach daß ich nicht zehn Jahr älter bin / ich wolte mein Geschlechte nicht so schimpfen lassen.

CONVERSANO. Ach daß ich den Fischer Knecht auf unsern Gute nicht alleine haben sol / wie solten jhn unsere Drescher den Buckel waschen.

LUBRANO. Er hatte ein Silbern Wamst an / ich dachte / solt ich[123] der Schneider seyn / ich wolte dir etwas unter die Ermel neben / daß dir die Hoffarth vertreiben solte.

CONVERSANO. Ich höre / er hat dem Vice-Roy die Füsse geküst: ich hätte jhm mit dem Fusse eines reichen wollen.

LUBRANO. Aber nun sind wir zu schwach / und wissen nicht was wir thun sollen.

CONVERSANO. Da ist wohl ein Herr / der wil unser Hoff-Meister werden / aber wir können jhm schlechte Bestallung machen.

LUBRANO. In meinem Hause sind wir nicht sicher.

CONVERSANO. So wollen wirs bey uns versuchen: ich weiß noch eine verborgene Kammer / da wir Speise genung holen können.

ALLEGRO. Nun wie stehts jhr jungen Herren / habt jhr euch des Hoffmeisters wegen verglichen?

LUBRANO. Wir bedürffen einen treuen Beystand – aber hat er auch Courage, wenn uns jemand überfallen wil?

ALLEGRO. Wer wil mich überfallen? ich kenne keinen lebendigen Menschen / der mir etwas zu Leide gethan hat.

CONVERSANO. Das wäre viel. Wo lebt ein Mensch ohne Feinde?

ALLEGRO. In dieser Kappe lebt ein solcher Mensch. Denn meine Feinde müssen alle sterben.

LUBRANO. Es tauert mich noch nicht / daß wir den Hofmeister haben sollen: Aber versteht jhr euch auch auf die Ceremonien?

ALLEGRO. Ha / ha / ich bin bey dem Könige zu Venedig sechs Jahr Ceremonien-Meister gewesen.

CONVERSANO. Ich dachte Venedig hätte keinen König.

ALLEGRO. Ein untergebener muß nicht klüger seyn als der Hoffmeister. Ich weiß wohl / Venedig hat nur einen Bürgermeister: aber dasselbe mahl reisete ein fremder König Incognito durch / und bekam in den rechten Nasen-Loche einen Schaden / daß er sich sechs Jahr lang muste curiren lassen / und da war ich in den Wirths-Hause zur Höltzernen Sparbüchsen sein geheimer Cammer-Diener und Ceremonien-Meister.[124]

LUBRANO. Wie stehts um die Exercitia, wenn wir fechten / reiten und tantzen sollen?

ALLEGRO. Jhr jungen Herren / ich wolte euer Hoch- Gräfl. Eltern wären zugegen / ich weiß sie würden dergleichen Künste nicht gesehen haben. Ich fechte mit der blossen Hand wieder einen blossen Degen. Ad Spectatores. Wenn ich davon lauffe. Ich tantze drey Stunden nach einander und berühre den Boden nicht einmahl mit den Füssen. Ad Spectatores. Denn ich tantze allzeit in Schuhen. Und wenn ich ein Pferd zwischen die Beine kriege / so reit ich in einem Futter sieben hundert Meilen. Ad Spectatores. Denn mein gefütterter Brustlatz der verlast mich nicht.

CONVERSANO. So wären wir auch in diesem Stücke wohl versorget: aber mein Herr Vater wil einen Gelehrten aus mir haben; wir sollen allemahl Latein reden.

ALLEGRO. Seyd jhr böse / so werfft mir nur ein Lateinisch Wort auf den Peltz / jhr solt sehen / daß mir das Latein aus dem Halse fliegen soll / wie ein Bienen-Schwarm.

LUBRANO. Ey Bruder / rede doch was mit jhm.

CONVERSANO. Ey Bruder / du bist mit deinem Maule etwas geschwinder / fange nur an.

LUBRANO. Er hat dich ausgefodert / du must jhm Bescheid thun.

CONVERSANO. Mein Herr Hoffmeister schrieb mir etliche Reden vor / die must ich in Gegenwart des herren Vaters herbeten; und da meinten sie alle Wunder / was ich vor ein gelehrter Kerle wäre. Also kan ich Latein reden / aber wenn ichs verstehen soll / so muß der dritte Mann darzu kommen / der mir aus dem Traume hilfft.

LUBRANO. Ach Bruder / mein Latein besteht in lauter Vocabeln: doch rede nur was her. Wer weiß ob er uns verstehet / so machen wir jhn den Possen / und verstehn jhn wieder nicht.

CONVERSANO. Nun so geht es auf mein Latein loß. Qvandoqvidem Dominus Gubernator heri visitavit Dominum Colonellum.

ALLEGRO. Siqvidem ego non curo Poncinellum.[125]

CONVERSANO. Hodie habuimus ferias.

ALLEGRO. Ego dico gratias.

CONVERSANO. Sic accessit dominus multum reverendus.

ALLEGRO. Omni amoris & observantiæ cultu proseqvendus.


Quelle:
Christian Weise: Masaniello. Stuttgart 1972, S. 123-126.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Masaniello
Masaniello: Trauerspiel
Masaniello
Masaniello