Acht und viertzigstes Exempel.

Thomä Mori Reichs-Cantzlers in Engelland, Christliche Starckmüthigkeit, so er in Aufnehmung eines Unglücks-Streichs erwiesen.

[289] Als in dieses Herrn Abwesenheit durch ein Feuers-Brunst ein Theil seines Haus, samt denen Korn-Scheuren, voll des besten Getrayds, abgebrunnen, und in die Aschen gelegt worden; mithin seine Gemahlin Aloysia ein grosses Jammeren machte, und ihm den erlittenen Schaden in einem langen Brief, der mehr mit Zähern, als Dinten geschrieben war, zu wissen thate, liesse er an sie diese wenige Trost-Zeilen zur Antwort ablauffen.


Meinen Gruß voran liebste Aloysia!

»Ich vernimme aus eurem Schreiben, was gestalten unsere Korn Scheuren durch Feuers-Noth verunglückt worden. Ist wohl schad um das liebe Getrayd. Weilen es aber GOtt also gefallen, müssen wir diesen Streich nicht allein gedultig, sondern auch willig annehmen. Was wir verlohren, das hat uns GOtt geben: jetzt hat ers wieder genommen. Der Namen des HErrn seye gebenedeyt: seinem Willen wollen wir uns nicht widerspenstig erzeigen. Wir haben nicht Ursach deshalben zu murren, sondern alles wohl aufzunehmen, und ihm Danck zu sagen, gehe es wohl, oder übel. Ja, wann wir die Sach recht überlegen wollen, so hat uns GOtt durch gegenwärtigen Verlust eine grössere Gutthat erwiesen, als wann er uns weiß nicht was vor einen Gewinn beschehret hätte; weil er besser weißt, als wir, was uns nutz seye. Derohalben seyd wohl getröst, mein liebste Aloysia! und verfüget euch alsobald mit dem gantzen Hausgesind in die Kirchen, dem gütigen GOtt schuldigsten Danck zu erstatten, so wohl um das, was er uns entzogen, als was er uns gelassen hat. Beliebet es ihm, so kan er, was noch übergeblieben, bald vermehren: will er noch mehr nehmen, bin ich dessen auch zufrieden. Was dem HErrn gefällig, das geschehe: ihr aber, liebste Aloysia! lebet wohl.«


Von Hof aus, zu Wodstock

Den 13. Septemb. An. 1529.


Stapletonis in vita Thomæ Mori.

[289] Mein GOtt! was für ein Saft der Gottseligkeit ist in diesem kurtzen Trost-Schreiben begriffen! was edle Gedancken, was Stärcke! was Standhaftigkeit! wann der gedultige Job selbst dieses Schreiben angegeben hätte, wurde er auch starckmüthiger geredt haben? O edles Gemüth! O Hertz, das sich allein auf GOtt gegründet hat! O More! würdig, daß dich die gantze Welt bewundere, und dein Starckmüthigkeit bis an die Himmel erhebe! lerne, lerne, Christliche Jugend! von diesem grossen Mann, wie du dich mit der Zeit drein schicken sollest, wann GOtt einen Unglücks-Streich über dich verhängen sollte. Ueberlise dieses Schreiben, und du wirst erfahren, was Trost es dir bringen werde.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 289-290.
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