[309] Als Carl der V. Römische Kayser, und zugleich König in Spanien, um das Jahr Christi 1548. beschäftiget war die Unruhen in Teutschland zu stillen, bestellte er zu einem Regenten, oder Reichs Verwalter von Spanien, Maximilianum, Ertz-Hertzogen von Oesterreich, einen zwar noch jungen, aber mit grosser Klugheit, und anderen fürstlichen Tugenden begabten HErrn: welcher auch nachmahlen Römischer Kayser worden. Nun geschahe es, daß dieser Ertz-Hertzog einstens in der Gegend von Granada, einer Stadt in Spanien, eine Jagd anstellte. Als ihm nun in dem Wald ein Gewild aufstiesse, setzte er ihm so hitzig nach, daß er sich letztlich von seinen Hof-Bedienten, so ihn auf die Jagd begleitet, gäntzlich verlohren; mithin bis gegen der Nacht im Wald irrend herum geritten, und den Ruck-Weeg zu den Seinigen nicht mehr finden können. Weil er dann in Sorgen stunde, er möchte bey nächtlicher Weil von den wilden Thierē angefallen werden, bemühete er sich, ein Ort zu finden, wo er sicher ausruhen möchte. Und sihe! er erblickt von weitem ein Haus. Diesem dann ritte er zu: und weil er allda von dem Hirten, so darinn wohnte, dem Schein nach freundlich empfangen worden, stige er vom Pferd, und nahme in diesem Haus den Einkehr. Es wohnte aber darinn neben dem Hirten sein Sohn, ein starcker, und verwegener Kerl, vor dem sich einer wohl vorzusehen hatte: wie auch des Hirten Weib, samt einer kleinen Tochter: und eine junge Sohns-Frau, welche kurtz vorher Hochzeit gemacht, und ins Haus kommen ware. Der Ertz-Hertzog sahe wohl, daß er in diesem Haus eine schlechte Kuchel haben wurde. Machte also aus der Noth ein Tugend, und verlangte, man solte ihm aufs wenigst eine Suppen köchen Und das geschiehet. Und indem man damit beschäftiget ist, stehet der Ertzhertzog in der Kuchel um den Hert herum, sich beym Feur zu wärmen; nicht wenigers gedenckend, als daß ihm ein Unglück solte auf den Hals kommen. Mithin wurde dannoch daran geschmidet. Dann weil ihn die Leut im Haus nicht kenneten; aus der köstlichen Kleydung aber leicht konten abnehmen, er müsse ein vornehmer reicher Herr seyn, der ohne Zweifel einen Beutel mit Gold bey sich habe, da entstunde in ihnen die verfluchte Geldgierigkeit, die sie antriebe, diesen Herrn im Schlaf zu ermorden, und sich also mit seinem Raub zu bereichen. [310] Demnach, als er die Suppen asse, richteten sie ihm ein Beth in einer abgelegenen Kammer zu, welche aber mit einer wurmstichigen, und zerlöcherten Thür übel verwahrt, und deswegen leichtlich konte eingestossen werden. Die Junge Sohns-Frau, welche aus den Winckeren ihres Manns, und des Schwähers leicht konte abnehmen, daß sie auf den Ertz-Hertzog einen bösen Anschlag hätten, warnere ihn heimlich aus Mitleyden, er solte sich diese Nacht hindurch wohl vorsehen; dann ihre Hausleut hätten nichts guts im Sinn. Der Ertz-Hertzog, welcher der Gefahr leicht hätte können vorbiegen, wann er sich nur hätte wollen zu erkennen geben, bedanckte sich wegen dieser treuhertzigen Warnung, und sagte, er wolle sich schon verfaßt machen, daß sie ihm so leicht nicht solten zukommen. Sie solte unter dessen nur ihn sorgen lassen: er habe Hertz und Muth genug. Als ihm nun von dem Hirten und seinem Sohn in die Cammer gezündet worden, und jene ihren Weeg zuruck genommen, verrigelte der Ertz-Hertzog die Thür, so gut er konte. Ja zu mehrerer Sicherheit ruckte er vor die Thür einen Kasten, so in der Cammer stunde; nahme eine geladene Pistol in die Hand, und erwartete gleichwohl, bis die untreue Leut wider ihn wurden Gewalt brauchen. Was geschiehet? indem der Hirt, und sein Sohn glaubten, dieser Herr werde Müdigkeit halber nunmehr im besten Schlaf seyn, gienge der Hirt vor die Cammer, und bemühete sich, die Thür aufzumachen. Weil er aber wider alles Verhoffen fande, daß sie wohl verriglet, wurde er wild, und rufte, man solle ihm alsobald die Cammer eröfnen; dann er hätte eine Beth-Decke aus dem Kasten heraus zu nehmen. Allein der Ertz-Hertzog antwortete: pack dich fort mit deinem ungestimmen Begehren. Ich muß jetzt schlaffen. Mir ist nicht gelegen, daß ich aufstehe, und dir aufmache. Der Hirt ward auf diese Antwort zornig; fienge an zu fluchen und zu schelten, und wolte die Thür mit Gewalt einstossen. Ja er drohete den Gast umzubringen, wofern er ihm nicht alsobald wurde aufmachen. Allein weil sich der Ertz-Hertzog nichts daran kehrte, brauchte der Hirt samt seinem Sohn Gewalt, und war schon an dem, daß sie die Thür einsprengen wollen. Als der Ertz-Hertzog gesehen, daß er nunmehr in höchster Gefahr des Lebens wäre, stellte er sich in Positur, gabe mit der Pistol durch die zerlöcherte Thür Feur auf den Hirten, und schosse ihn zu todt. Darauf hin ruckte er den Kasten hinweg, machte die Thür auf, gienge mit blossen Degen auf des Hirtens Sohn los, und legte ihn auf die Haut. Einen Knecht aber, so dem Sohn wolte zu Hülf kommen, jagte er mit dem Degen in die Flucht. Allein es war darum der Ertz-Hertzog noch nicht ausser aller Gefahr. Dann als des erschossenen Hirts sein Weib zu dem Tumult [311] kommen, und ihren Mann samt dem Sohn todter auf der Erden ligen gesehen, fienge sie an dergestalten zu heulen, und zu lamentiren, daß die im Wald herum zerstreute Hirten mit knospeten Prüglen und Aexten herzu geloffen, das Haus umgeben; und nachdem sie von dem Weib die Ursach ihres Heulens und Lamentirens verstanden, den Gast, so den Hirten samt dem Sohn auf die Haut gelegt, zum Tod heraus begehrt haben. Der Ertz-Hertzog, welcher der Wuth dieses Gesindels nicht gewachsen war, gedachte, jetzt wäre es Zeit, daß er sich müsse zu erkennen geben. Gienge also für die Haus-Thür hinunter, und sagte: wisset ihr Hirten daß ich Maximilian, Ertz-Hertzog Oesterreich, und euer dermahliger Regent von Spanien bin. Hütet euch also Hand an mir anzulegen: widrigen Falls soll mein Tod an euch durch die grausamste Peyn gerochen werden. Wann ihr aber meinen Worten nicht glauben wolt, so führet mich aufs wenigst in die nächst gelegene Stadt für die Obrigkeit. Und wann ich für den Regenten von Spanien nicht erkennt werde, so will ich mich aller Straf unterwerffen. Die Hirten, weil sie theils aus seinen Reden und Gebärden, theils aus seiner Großmüthigkeit unschwer abnahmen, er müsse der Regent von Spanien seyn, stunden sie zwar ab ihn umzubringen. Allein weilen sie seinen Worten nicht allerdings traueten, banden sie ihm mit einem Strick die Händ, wie einem Maleficanten auf den Rucken zusammen, und führten ihn also in die nächst gelegene Stadt für die Obrigkeit. Es waren aber kurtz vorher allda an kommen des Ertz-Hertzogs Hof-Bediente, welche ihn zu suchen ausgeschickt worden. Als nun diese gesehen, auf was unverantwortliche Weis ihr Herr von den Hirten daher geführt wurde, hatte es wenig gefählt, sie hätten mit ihren Rohren Feuer auf die Hirten gegeben, und selbige über einen Hauffen geschossen, wann es nicht der Ertz-Hertzog verhindert hätte. Als ihm nun die Händ vom Strick aufgelößt worden, erzählte er den gantzen Handel, wie ihm in dem Wald, und des Hirten Haus ergangen wär. Worauf des erschossenen Hirten sein Weib samt dem Knecht (als welche von dem vorhabenden Mord Wissenschaft gehabt) gefänglich eingezogen, und durch den verdienten Tod hingericht; die junge Sohns-Frau aber wegen ihrer treulichen Warnung reichlich beschenckt worden. Ex Historiographia Apodemica Davidis Frölichii.
Verfluchte Geld-Gierigkeit! zu was verleitest du nicht die Menschen! du vertilgest ihnen alle Treu, alle Lieb; alles Absehen auf GOtt, auf das Gewissen, auf die Seel, auf das Ewige. Aber wie oft betrügst du selbige? daß sie eben nicht allzeit bekommen, was sie verhoft haben; wohl aber das Leben, die Seel, den[312] Himmel einbüssen; wie der untreue Hirt samt seinem Sohn erfahren. O höchst bedaurlicher Verlurst! verflucht seyest dann, du Betrügerin! du Mörderin! du Stifterin alles Unheyls, Leibs und der Seelen!