Neun und achtzigstes Exempel.

Ein Beamter, weil er seine Unterthanen hart gehalten, und gepreßt, zeiget nach dem Tod seinen Befreundten an, wie daß er ewiglich verdammt seye.

[390] Als dieser mit Tod abgangen, hat man dessen Leichnam in die Kirchen gesetzt, bis gleichwohl seine Befreundte in seinem Haus zusammen kommen, und seiner Begräbnuß beywohnen könten. Mittlerweil, als die arme Schul-Kinder bey der Todtenbahr für den Verstorbenen ihr Gebett verrichteten, sihe! da richtet sich der Verstorbene in der Todtenbahr auf; gehet zur Kirchen hinaus, und seinem Haus zu. Er nimmt den Weeg die Stiegen hinauf, trittet in die Stuben hinein, und stellt sich mitten unter seine klagende Befreundte. Alle (wie leicht zu gedencken) erschracken heftig, sahen einander an, und hielten ein tieffes Stillschweigen: bis endlich einer aus ihnen des Hertz gefaßt, und zu dem Verstorbenen gesprochen: Alle gute Geister loben GOtt den HErrn. Der Verstorbene antwortet: aber ich in Ewigkeit nicht. Und warum nicht? (ware die Frag an ihn) bist du dann verdammt? [390] Ja (ware seine Antwort) und zwar darum: weil ich meine Unterthanen gar zu hart gehalten; wider alle Billichkeit gepreßt, und mithin viel fremdes Gut an mich gebracht hab. Als er dieses ausgeredt, erhube sich gähling ein starcker Sturm-Wind, welcher ihn zum Fenster hinaus, und in den Hof des Hauses hinunter gerissen, allwo er still gestanden, und den Himmel erbärmlich angesehen; mithin in diese Wort ausgebrochen: ach: das ist das letztemahl, daß ich den Himmel anschaue, forthin wird es in Ewigkeit nicht mehr geschehen. Nach welchen Worten er verschwunden, und der Höllen zugefahren. Rübler S.J. In seinem Wunder-Spiegel, anderten Theil.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 390-391.
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