[53] GRANDISON allein. Und kann ich endlich meinen Empfindungen den Lauf lassen? – Es ist Zeit! Der Anblick dieses leidenden Engels, ihre Unschuld, ihre Zärtlichkeit ihr Unglück – und der entsetzliche Zwang, den mir eine grausame Pflicht auflegt, zerdrücken mein Herz! – O Klementina! Niemahls haben meine Lippen dir gesagt, wie sehr ich dich liebe!- Hartes Verhängniss! grausame Nothwendigkeit! Ich darf weder reden noch schweigen! Ich bin gezwungen, diejenige unglücklich zu machen, die ich liebe, und mich selbst eines Gutes zu berauben, für welches ich Welten hingäbe! – Warum, ach warum wurden meine ersten Vorschläge nicht angenommen? Verwünscht sey dieser, betrogne Eifer, der so viele Unglückliche macht!- Doch mein Schmerz macht mich unbillig! – Sie handelten nach ihren Grundsätzen, wie ich nach den meinigen. Sie halten sich berechtigt, ein Opfer von mir zu verlangen – kein geringeres, als mein Vaterland und mein Gewissen. – Ich kann keinen Augenblick unentschlossen seyn. – Ach, Klementina, geliebte Klementina, theurer als mein Leben, theurer als alles, was diese Welt[54] geben oder nehmen kann, könnte ich deine Ruhe mit meinem Blut erkaufen! – Ich kenne, ich fühle ihren ganzen Werth, ich liebe sie, ich verehre sie! – Aber! o meine Religion! o mein Vaterland! ich kann, ich kann euch nicht entsagen! Was kann dieses kurze Leben versprechen, was kann es geben, das genug wäre, solch ein Opfer zu ersetzen?
Ende des zweyten Aufzugs.
Ausgewählte Ausgaben von
Klementina von Porretta
|