[83] Phöbe, Septimius; Apelles ist links in die Thür getreten, den Vorhang öffnend, hat eine Weile, vor Ueberraschung schweigend und horchend, sich nicht gerührt; tritt nun vor.
APELLES mit noch verhaltenem Grimm.
So spricht Septimius –
Und so hört Phöbe zu und schweigt.
Phöbe fährt empor.
Bleib sitzen,
Und hör doch weiter! Bis es sagen wird:
Verrat ist heilig, Untreu' Tugend, und
Apelles nur ein Bettler!
PHÖBE.
Heilige Götter! –
O hör mich an, Apelles –
APELLES.
Ja, das will ich;
Doch nicht vor dem da.
Zu Septimius.
Warte, bis sie ruft;
Dann komme, sie zu retten.
Da Septimius reden will.
Sprichst du noch,
Mann, so vegess' ich, daß du treu und redlich
Und mir der Freund de Freunde bist, und würg' dich
Wie einen Perserhund! – Geh stumm hinaus;
Dann schreib ihr, was du denkst!
Septimius tritt dem Apelles näher, um zu reden; auf eine flehende Gebärde Phöbes wendet er sich schweigend, geht rechts ab.
Nun hör' ich dich.
Schamlose Circe! die mein Herz mir abnahm[84]
Und in ein girrendes Taubenherz verhexte,
Das, dich umflatternd, dir am Fingen hing
Und jeden Tropfen seines warmen Bluts
Auf deine kleine, kühle Hand verspitzte –
Ziehst du die Hand nun fort? weil in den Tropfen
Kein rotes Gold mehr fließt, nur schnödes Blut?
Weil ich nun nichts mehr bin, als dieser Kopf
Und dieser Arm, um mir im Tagewerk
Das Leben und die Ehre zu verdienen?
Was Ehre? Was ist meine Ehre dir?
Was bin ich dir? Ein Bild aus Wüstensand,
Das dir gefiel, weil es vergoldet war;
Weg die Vergoldung, und ich bin nur Staub,
Den du hinweg von deinen Füßen schüttelst,
Den Mann von Gold zu suchen!
PHÖBE.
Hast du nun
Genug gescholten? kannst du mich nun hören? –
Apelles! Bär du! Was hab' ich gethan?
Ward ich dir untreu? Wenn du von mir gehst,
Ich hier allein im Jammer um dich weine,
Weil du so edel bist, ein Thor zu sein,
Und ich verzage, hilflos, – und mein Ohr sich
Dem Tröster hingibt, der mich stärken will –
Ist das schon Sünde?
APELLES.
Wenn Verführung tröstet – –
O Weib! O Weib![85]
PHÖBE.
Er sprach in Ehren –
APELLES.
Meinst du!
Unschuldige Kreatur! – – Nach Rom! – Zieh hin
Mit deinem Mann von Gold! Du Lustgestalt
Aus Dunst und Schaum und Flattergeistern, klammre
Dich an das feste Gold; umschling es, Spinnweb,
Und laß dich retten, eh' die Stürme kommen!
Fahr wohl, fahr wohl! Nimm meinen Segen mit,
Das Letzte, was ich habe: Haß, aus Liebe
Gegoren, Neue, Mitleid und Verachtung!
PHÖBE.
Wie wild du schelten kannst. Ich zittre, bebe –
Doch kann ich dir nicht gram sein.
Vor ihm niedersinkend.
Schlage mich,
Wenn ich's verdiene! – Schlag nur, ich verdien's;
Ich hörte: Rom, und dachte: flieh nach Rom!
Für dich zu sterben hätt' ich Mut; doch ach,
Der Mutter Blut in mir erbangt vorm Leben,
Sobald 's die Stirne runzelt. O Apelles,
Was für ein Kind du liebst!
APELLES.
Ich lieb' dich nicht mehr.
Steh auf![86]
PHÖBE.
Du liebst mich noch. Du zitterst, und
Die rauhe Stimme kämpft mit deinen Thränen.
Ihn auf einen Sessel niederziehend, während sie auf den Knieen bleibt.
Sitzt nieder. So. Ich küsse deine Hände
Und deine Kniee – du mein Jupiter.
Nein, du mein Wüstenlöwe, wild und grausam;
Wie du mich schalt'st – Belog ich dich? In Rom,
Dich küssend, sagt' ich: ich bin wankelmütig;
Frei muß ich bleiben und ein Tag wird kommen,
Wo dir dein Glück entflattert! – Wär' er nun
Gekommen –
Er will aufstehen; sie hält ihn fest, küßt wieder seine Hände.
Nein, er kam noch nicht! – – Doch sag mir:
Was bin ich dir? Die Fessel jetzt, die Sorge;
Nicht mehr dein Vogel, der dein Glück dir sang.
Und deine Mutter haßt mich –
Da er eine Bewegung macht.
Still! Ich will
Die alte Frau, die du so liebst, nicht schelten.
Doch – warum hier? im heißen Wüstenwind,
Der mich ermattet, mir die Augen zudrückt –
Jetzt eben, siehst du ... Gehn wir! Bring mich heim
Nach Rom!
Ihn umfassend.
Nach Rom!
APELLES schüttelt den Kopf.
Hier wurzl' ich, – und die Mutter. –
Ward dir's genug, so geh!
Steht auf, geht von ihr hinweg.
PHÖBE erhebt sich.
Schon wieder rauh;
Die Löwenstimme. – Wohl, so bleiben wir; –[87]
Doch dann in Fried' und Eintracht.
Folgt ihm, drückt ihn sanft auf ein rechts stehendes Ruhelager nieder, setzt sich neben ihn.
Lächle, Mann!
Ich bin nun, wie ich bin. Was willst du? Jung noch,
Doch früh gereift; und früh gewöhnt, als Falter
Nach Glück zu flattern, und den kriechenden Wurm,
Der Sorge heißt, zu fürchten und zu hassen.
Und drum – – doch bin ich müd – – doch noch ein Wort!
Gut war ich, ernst, wie ihr; geschaffen für
Gedanken, Tugend, Weisheit, – was du willst.
In meinem Kinderherzen rührten sich
Wohl heilige Gefühle – seltsam, heimlich,
Gleichwie ein Erbteil aus vergangnem Leben – –
In Worte fass' ich's nicht. Doch
Zögernd.
Mutterblut,
Beispiel, Verlockung – – Küsse mich, vergib mir,
Daß ich nun diese Phöbe bin; nur diese!
APELLES küßt sie.
Die eben lieb' ich – wenn ich gleich nicht will. –
Doch deine Augen fallen zu, wie Kelche
Von Winden, wenn die Sonne glüht.
PHÖBE sinkt an seine Brust.
Sie glühte
Heut allzu heiß. – Und wie die Kinder bin ich:
Wenn sie sich satt geweint, so schlafen sie.
Laß mich hier schlummern: – so!
APELLES sie betrachtend, nach einer Weile.
Sie schläft schon ein. –
Ja, wie die Kinder! Vor der Sorge flüchtend[88]
Ins Land der Träume, liegt sie da; ihr Atem
Sanft wie ein Flüsterwind, die junge Haut
Wie Holz der Zeder duftend ... Doch so still
Und ernst, im Schlaf versteinert, gleicht sie seltsam
Der Christin aus Damaskus. – Rätselvoll,
Unfaßbar, daß sich so verschiedne gleichen:
Der Tag der Nacht, Leichtsinn der Heiligkeit,
Weltlust dem Opfertod! – – Doch als sie starb,
Die Christin, und mit Geisterblick mir zurief:
»Und wachen wirst du ohne Schlaf des Todes« –
Sprach das der Geist des Lebens, den ich rief?
Und warum mahnt mich diese Schläfrin, die
Mein Herz berauscht, an jenes Kind des Todes?
Als wär's derselbe Geist in beiden Formen? – –
Die Mutter kommt.
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