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[180] Todtengruft. Offner Sarg mit Fiordiligis Leiche.
FAUST auf den Knieen. »Herr, strafe mich nicht in Deinem Zorn, züchtige mich nicht in Deinem Grimm! Herr, sei mir gnädig, denn mein Gebein ist erschrocken. Wende Dich, Herr, und errette meine Seele! Hilf mir um Deiner Gnade willen! Denn im Tode gedenkt man Dein nicht. Wer will Dir in der Hölle danken? –
Genug, genug, gequälter Geist, ruf' nicht den Himmel an!
Verschlossen Dir ist Himmels Segnung ewiglich.
O ewiglich! Wie gräßlich heult das Wort aus meiner öden Brust!
Du einziges Wesen, dessen höchsten Liebreiz Scheusal ich zerstört,
Du einz'ges Wesen, das mich angstvoll, aber wonnevoll so sehr geliebt,
Wie von dem Reinen, Frommen Gottheit selber wird geliebt,
Du meines ganz verfluchten Lebens lichtes Heil'genbild,
In Todes ew'gen Banden liegst Du hingestreckt!
Fiordiligi, sel'ger Engel, Du der Lilienblume süßeste!
O so in alle tiefsten Tiefen meines Innersten[180]
Hinunter, weit hinunter bohre sich der grause Fluch!
Verdammt, verflucht, verworfen, von des Himmels Freuden ausgespieen! –
Warum nicht Nichtsein? Weil, was geistig, ewig ist.
Ewig der Seelen Wonne, ewig auch der Geister Qual! –
Eine Geisterhand ergreift Faust und schleudert ihn aus der Gruft, deren Pforten sich schließen.