Der Adriatischen ROSEMVND

anderes Buhch.

[67] Der tahg wahr so bald nicht angebrochchen, als sich Markhold schohn aus seinem lager erhuhb und zum tage=leuchter machte, den brihf seiner Rosemund, dehr ihn dise nacht über so sehr verunruhiget hatte, noch einmahl durch zu läsen. Aber er hatt' ihn kaum angefangen, da er über seinem zimmer solch-ein plözliches gerumpel hörete, dahr-auf ein solcher schwärer fal folgte, davon das ganze haus und er selbsten führ schrökken und entsäzzen zu zittern begunte. Er ging nahch seinem Härz-währt zu, welcher von disem erschröklichen falle schohn erwachchet wahr, und ihn straks frahgte; was dises führ ein gepolter gewäsen wäre, welches er izund gleichsam als im Traume, gehöret hätte?

Markhold, welcher seine furcht und angst-mühtigkeit, führ ihm verbarg, wiwohl er solches führ kein guhtes zeuchen hihlt, gahb ihm zur antwort; daß vihl-leicht di kazzen etwas härunter geworfen hätten, welches so ein grohsses gepulter gegäben. Nein, nein! mein lihbster Markhold (fing Härz=währt an) es mus was anders zu bedeuten haben; es sein nicht kazzen gewäsen, di mihr disen schweis veruhrsachchet haben; hihr-mit huhb er das bett' ein wenig in di höhe; Er sähe hihr (sprahch er) wi das hämde so pfüzzen-trühffend nas ist, wi mein gesicht mit schweis und trähnen über-schwämmet, und der schlahg so ungestühmlich schläget. Hihr-aus kan er leichtlich schlühssen, in was fohr angst ich ge-[86]wäsen bin, und was fohr weh-leiden ich ausgestanden habe, eh ich bin wakker worden. Ich hab' einen traum gehabt, dehr würd mihr wahrlich nichts guhtes bringen, einen solchen traum, als ich di tage meines läbens nihmahls bekommen.


[67] Des Härz-währts traum

oder nacht-gesichte.


Ich sahe einen ungeheuren Leuen mit gewalt auf mich zu-lauffen, welchen ich mit meinem dägen so lang' abhihlt, bis mihr etliche unbekante mänschen zu hülfe kahmen. Ich fochte so tapfer und widerstund ihm mit solchen kräften, daß er mihr ganz nicht zu leibe kommen konte: ich bekahm auch nicht den geringsten schaden, als nuhr einen streich, welchen er mihr mit der pfoten über den arm gahb. Aber dehr-jenige, der sich meiner so träulich an=nahm, und zwüschen mihr und dem Leuen eindrüngen wolte, ward so unfräundlich entfangen, daß er von einem einigen streiche, welchen ihm der Leu' in das gesicht versäzte, zu boden fihl. Als ich nuhn dises sahe, so ward ich noch vihl häftiger ergrimmet als zufohr, und ging mit foller ungestühm auf den Leuen zu, den tohd dises unbekanten Fräundes zu rächchen. Weil aber di andern alle dahr-zwüschen kahmen, und mich von ihm abscheideten, so nahm er ändlich, ehe wihr uns dässen versahen, das reis-aus, und wihr wahren mehr bemühet disem vermundeten hülflich bei zu sprüngen, als dem Leuen nahch zu säzzen.

Da lahg der arme mänsch in seinem bluht', und man spürete nichts mehr an seinem läben, als ein gelindes härz-klopfen. Das gesichte wahr so zerschmettert und so übel zugerüchtet, daß er keinem mänschen mehr ähnlich sahe. Ich fihl über ihn hähr, und huhb bitterlich an zu weinen, daß so ein härz-[87]träuer Fräund, indähm er mihr seine ehrsten fräundes-dihnste leisten wollen, sein läben so schändlich eingebühsset hätte. Ach! sahgt-ich, du wiwohl noch izund unbekanter, doch aller-träuester Fräund, wi weh tuht mihr's, daß ich dihr nicht fohr dises hohe fräund-stükke, danken sol, oder doch zum wenigsten di ehre haben, dich bei läben zu erkännen.

Gleich als ich in solchen ängsten wahr, so erhuhb sich dises erschrökliche gepulter, dehrgestalt daß ich plözlich erwachte, und däs ändes dises traumes nicht fol-änd erwarten konte. Was meinet nuhn mein Fräund (sagt' er färner) sol mihr dises nacht=gesicht' auch was guhtes bedeuten?[68] ich habe keinen muht dahrzu; wahrlich, es schwanet mihr, und ich märk' es daß ein grohsses unglük fohrhanden ist.

Markhold, wi-wohl er über disen traum seines Fräundes noch vihl häftiger erschrokken wahr, so bemühet' er sich doch, ihm solches bäster mahssen aus dem sünne zu räden. Was! fing er an, wül sich mein Fräund einen traum so einnähmen lahssen? wül er solchem bilder-wärke seiner sünnen ein wahr=haftiges läben zu-schreiben? ach nicht! mein Liber. träume bleiben träume, und man kan gahr nicht dahrauf fühssen. Er hat vihl-leicht gestern ein solches gemälde gesähen, welches ihm izund im schlahffe wider führkommen ist; oder, wi ich gänzlich dahrführhalte, es mögen sich seine sünnen von meiner gestrigen langen erzählung so verunruhiget und verwürret befunden haben, daß si also, weil si nicht ruhen können, dehrgleichen wunderliche bilder gewürket haben.

Oh nein! (fihl ihm Härz-währt in di räde) es sein keine blohsse würkungen meiner sünnen! es ist mihr schohn mehr-mahl widerfahren, daß ich träume gehabt habe, di mihr sein alzu wahr worden, sonderlich di morgen-träume, di ich keines wäges verwärffen kan; und solches aus disen erhöhblichen uhrsachchen: [88]

In-dähm er solcher gestalt fort-räden wolte, so klopft' ihmand mit solcher geschwündigkeit, daß si beide fohr schrökken erzitterten, an die tühre. Was gült es, mein Fräund, huhb Härz-währt an, izund wärd' ich mein unglük erfahren. Kaum hatt' er dises gerädet und di tühr eröfnet, da kahm sein kammer-diner härein, gahb ihm ein kleines brihflein, und sagte, daß er solches schohn gestern gahr bei spätem abänd bekommen, und ihn fast di ganze nacht durch gesuhcht hätte: dan der lüferer dässen, hätt' ihm gesagt, daß gahr vihl dahran gelägen wäre. Härz-währt erbrahch es mit zitterlichen händen, und lase disen unmänschlichen


Des Eiferichs

Aus-forterungs-brihf.


Eiferich verkündiget dem Härz-währt seine

äuserste feindliche verfolgung zufohr!


Nahch-dähm ich mich nicht alein von dihr an meinen ehren beleidiget, sondern auch meine härz-allerlihbste schelmischer[69] weise verführet befünde, so wärd' ich von rächts-wägen gezwungen, einen solchen mäuchel-verführer, aus gerächter rachche, führ di klünge zu fortern; und dich allezeit führ den aller-ehr-losesten schelm, dehr unter der Sonnen läben mahg, zu halten, wofärne du dich morgen üm acht uhr, zwischen hihr und Karanton auf jen-seit der Sähne, nicht mit gewafneter und bewährter hand, gegen mich zu verantworten sähen lähssest, und entweder mihr [89] den hals brüchst, oder dich zum wenigsten durch eine tapfere faust der besizzung dises ädlen schazzes würdig machchest. Dis ist der ändliche schlus, dehr keine einige entschuldigung an-nähmen kan: darüm sihe nuhr zu, daß du dich gegen deinen feind, wo du nicht mit dem schelme dahrvon zu flühen gedänkest, muhtig erzeugest.


Eiferich.


Als er dises schreibens inhalt verstanden hatte, so rädet' er gleichsam mit frohem gemühte den Markhold an: Mein Bruder! (sahgt er) diser brihf hat mich meiner unruhe entlädiget, und nuhn wül ich meine unschuld mit höhchsten fräuden verföchten. Es ist hohe zeit, daß ich mich üm einen guten beistand bemühe; dan Eiferich würd meiner schohn warten.

In-mittels (rädet' er seinen Diner an) verschaffe, daß mir eilendes drei pfärde mit reit-puffern wohl-aus-gerüstet wärden: und Er, mein lihbster Bruder, (sahgt' er zum Markhold) sei höhchlich gebähten, mich bis an den ort unserer wahl-stat zu beg'leiten, und mihr beistand zu leisten: dan ich wolte nicht gärn, daß dise händel weiter unter di Leute gebracht würden, sonst könt' ich hihr-zu wohl andere vermögen, daß ich meinen Fräund äben izund, da er sich seiner Lihbsten wägen so verunruhiget befündet, nicht weiter belästigen dürfte. [90]

Der Markhold wahr nihmahls mit solchem widerwüllen an ein balgen gegangen, als äben izund; nicht zwahr, daß er sich führ den bei-ständen des Eiferichs geschäuet hätte, noch dem Härz-währt in solcher wüchtigen sachche nicht bei-sprüngen wollen; sondern nuhr alein dahrüm, weil ihm das schreiben seiner Schönen noch so tühf im sünne lahg, daß er sich kaum entschlühssen konte, aus der stat zu reiten, oder nuhr zum wenigsten aus der kammer zu gähen. Weil er sich aber seiner pflücht erinnerte, so[70] wolt' er auch gleich-wohl nicht zu=gäben, daß man härnahch von ihm sagen möchte, als wan er seinem fräunde nicht hätte beistähen wollen: dehr-gestalt, daß er sich auch straks rüstete, und zur entscheidung oder zum streite gefast machte.

So bald nuhn der Eiferich, welcher mit einem Wälschen und Franzosen schohn aufwartete, des Härz-währts mit dem Markhold gewahr ward, so wolt er sich mit seinen zwe bei-ständen zur ärden begäben, in wüllens sich nahch gewohnheit, bis auf das Hämde zu entkleiden: Aber Härz=währt, dehr dessen als-bald ansichtig ward, gahb seinem pfärde di sporen, und als er sich ihnen so vihl genähert hatte, daß sie ihn verstähen konten: so rühf er dem Eiferich zu: Halt, halt! (schrie er) ein eifriger Lihbhaber mus den preis seiner Lihbsten nicht zu fuhsse suchen: ich bin anhähr kommen kugeln zu pfärde zu wächsseln, und nicht wi di Seil-tänzer und gaukler zu fuhsse, mit einem solchen Ritter, wi ich ihn ansähe, mit der plämpe zu föchten.

Eiferich ward über dise räden so sehr bestürzt, daß er nicht wüste, was er sagen solte. Kugeln zu wächsseln, (rädet' er mit sich selbst) zu pfärde zu föchten, das ist bei mihr nicht der brauch; zudähm so hab' ich mich auch nicht [91] dahrauf gefasst gemacht. Härz-währt aber drang auf, ihn zu, zohg seinen reit-puffer häraus, und tummelte sich damit führ seiner nasen härrum.

Als er sich nuhn gahr nicht dahrzu entschlühssen wolte, und seine beide mit-gehülfen fohr furcht zu zittern anfingen, sonderlich der eine, welcher so tapfer als ein stroh-wüsch, und als wan ihn ein bauer mit der mist-gabel hinauf geworfen hätte, zu pfärde sahs: so fing Härz-währt noch ein-mahl an, und sagte mit solchen harten worten, daß si noch vihl mehr erzitterten; wi ist es nuhn? man hat mich lahssen aus-fortern, meinen ehrlichen namen zu verföchten; man hat mich unschuldig geschmähet, man hat mich wollen zum schelme machchen! wo sein nuhn di-jenige, di solches getahn haben? wo ist der grohs-sprächcher, dehr mihr meinen ehrlichen namen beschmüzzen wolte? Er mahg nuhn zu-sähen, wi er den seinigen rätte; oder wo nicht, so mus er mit dem schelme das feld räumen.[71]

Dise räde hatte den Eiserich, welcher sonst solch eine eifer-süchtige ahrtschaft an sich hatte, daß er nicht vihl dehr-gleichen worte vertragen konte, noch vihl hizziger fohr der stirne gemacht, dehr-gestalt, daß er fohr grossem unwüllen und rach-gihr fast nicht wuste, was er begünnen solte. Dan däm ansünnen des Härz-währts kont' er nicht gnüge tuhn, weil er sich nicht gnugsam dahr-nahch aus=gerüstet hatte.

Als nuhn dises der Markhold eine guhte weile mit angesähen hatte, so sprahch er seinem Fräunde zu, und baht ihn, er wolle doch nuhr ab-sizzen, und den Eiferich nicht länger im zweifäl lahssen, weil er wohl sähe, daß er sich zum kugel-wächsseln nicht aus-gerüstet hätte. [92]

Er wägerte sich dässen eine guhte zeit, als er aber so lange bei ihm anhihlt, so rühf er ändlich dem Eiferich zu (dan er hihlt eine guhte ekke von uns gahr nahe bei der hehr-strahssen): nuhn wohlan! weil mein Fräund fohr dich gebähten hat, so wül ich mich ändlich, nicht nach deinem wüllen, sondern auf sein bitten, dihr einen dägen-streit zu lüfern, bekwähmen: Solcher gestalt stihg er ab, und nahch=dähm er sein wammes abgeläget hatte, so zohg er von läder und ging mit entblöhßter klünge nahch dem Eiferich zu.

So schauet dan nuhn al-hihr den aller-eifrichsten und aller-tapfersten zwe-streit, dehn man ih=mahls mit augen gesähen hat, und dehn ein tapferer Deutscher und ein Libes-eifriger Wälscher ein=ander lüfern: jener aus billiger vertähdigung seiner ehre, und diser aus eingebildetem argwahn und lauterer schähl-sichtigkeit.

Si hatten schohn zwe gänge mit einander getahn, und nuhn beider-seits gleich einen zeit-blik nahch-gelahssen, dehr-gestalt, daß si den dritten auch begünnen solten: da kahmen zwe reiter von färne kwähr feld über sporen-streichs auf si zu=gehauen; dehr-gestalt, daß si anfangs nicht wusten, was si gedänken solten.

Markhold befahrte sich, es würde vihl-leicht ein bestallter hinterhalt des Eiferichs sein: di andern muhtmahsseten äben das-selbige, und warden auch in ihrer muht-mahssung nicht allerdinge betrogen. Dan es wahr[72] kaum ein augen-blik vergangen, als sich dise beide schohn solcher mahssen näherten, daß man wohl erkännen konte, daß si des Härzwährts Tisch-fräunde wären, welche seinen Diner mit den dreien aus-gerüsteten pfärden häten reiten sähen, und dahähr gemuhtmahsset, daß er händel würde bekommen haben.

Dise zwe Fräunde waren kaum angelanget, als [93–94] sich der eine noch im lauffen mit solcher geschwündigkeit vom pfärde härab-schwang, daß man nicht wuste, wi er so jähligen di ärde beträten hatte; und mit entblöhßtem dägen hinzu lühf, gleichsam als wan er seines fräundes widersachcher straks durch=stohssen wolte: dehr-gestalt, daß ihm auch seine bei=stände zu-rühffen, er solte gemach verfahren, oder es würde kein guhtes ände gewünnen. Nichts däs zu weniger fol-führt' er sein führnähmen, und drang sich mitten ein, in wüllens si von einander zu bringen; aber der guhte mänsch bekahm von dem Eiferich einen solchen stüch, rächt schelmischer weise, durch di brust, daß er zusähens tohd zur ärden fihl.

Als nuhn Markhold und des ertöhdteten gefährte solches verfahrens gewahr warden, so bemüheten si sich mit macht si von einander zu bringen, damit nicht noch einer auf dem plazze bleiben möchte: welches si dan auch alsbald zu wärke rüchteten, also, daß Härz-währt, welcher seinen lihbsten Tisch=fräund im bluhte, das er führ seine läbens-erhaltung gelahssen hatte, ligen sahe, äben zeit bekahm, sich zu ihme zu nahen, und seine wunde zu besähen.

Markhold und Stilfride (also hihs der gefährte) tähten äben dasselbige. Dehr-gestalt daß Eiferich, welcher schohn frische pfärde bei der hand hatte, sich mit seinen bei-hälfern ohn' einige hinternüs und verfolgung, auf di flucht begäben konte. Härz-währt lihs seinen Lauter-muht (also hihs der ertöhdtete) auf sein pfärd laden, und foländ nach Karanton bringen, da er auf den andern oder dritten tahg solte begraben wärden. Der wirt lihs ihm auf begähren des Härz-währts das bluht abwaschen, und ein näues hämd' antuhn. Man bekahm auch alsbald bei dem tischer einen sarg, welchen er schohn im fohr=raht färtig[73] hatte, und hihs ihn dahr-ein lägen, dehr=gestalt, daß dise Leiche noch selbigen fohr-mittahg ganz beschikket ward. [95]

Als si nuhn widerüm nahch Parihs reiten und den Lauter-muht verlahssen solten, so brahch dem Härz=währt das härze, das härze begunt' ihm zu kwällen, und veruhrsachte solch-eine veränderung in seinem gesichte, daß sein innerliches weh-leiden leichtlich ab=zunähmen wahr. Er fihl dem Leichnam noch zu guhter lätst' auf das gesichte, küsset' ihn und sprahch; ach mein liber bruder, mein trauter fräund, ich mus nuhn von dihr, von dihr mus ich, dehr ich deinen tohd veruhrsachchet habe. ach! wi gärn wolt' ich dein läben mit däm meinigen, so es mühglich wäre, wider=lösen! was hab' ich, deinen ältern nuhr führ ein härzeleid veruhrsachchet! was wärden si sagen, wan si den uhrsachcher deines unschuldigen todes erfahren wärden! si wärden mich verfluchen, ob ich schohn an deinem verdärben keine schuld habe. Dan ich weus, was ein väterliches härz, wan es dehr-gleichen fälle seiner kinder erfähret, fohr unwüllen und bangigkeit, zu tuhn pfläget. Si wärden nicht betrachten (das weus ich wohl) daß ich unschuldig bin; si wärden mich aus alzu grohsser libe gegen ihren sohn, und alzu häftigem unwüllen gegen mich, ohn alle gnade verur=teilen. Doch was wül ich tuhn? ich wül es gahr gärn ertragen, was man mihr auferlägen würd, und solt' es auch der tohd selbsten sein. Bin ich strahf-fällig, so wül ich nicht ausreissen, wi jener bluhthund, dehr dihr so schelmischer weise das läben genommen hat: sondern mich selbsten gutwüllig der strahf unterwärfen.

Ein grimmiger Leue (fuhr er fort) hat dich erwürget, ein solcher Leue, dehr mihr im schlahff' erschinen ist. Izt fällt mihrs ein, was ich dise vergangne nacht führ einen schädlichen traum gehabt habe: nuhn befünd' ich mit der wahrheit, daß träume nicht zu verwärfen sein! ach! daß ich solchem übel, das mihr doch im schlahffe verkündiget ward, nicht habe können zufohr kommen! o hartes verhängnüs über mich und dich! o unverhofter, erbarmenswürdiger fal! o unglük! o unheil! [96]

Indähm er also rädete, so mochte sich vihl-leicht das bluht aus diser häftigen bewägung so sehr erhizzet haben,[74] daß es aus der wunde, di er unwüssend am rächten arme bekommen hatte, häraus gedrungen, und unter dem ärmel härführ auf di hand geflossen kahm. Markhold ward dässen zum ehrsten ansichtig, und ermahnt' ihn alsobald, er wolle doch seiner selbst ein wenig schonen, und vihlmehr gedänken, wi seine wunde möchte verbunden wärden, als si durch dise un-nöhtige und nuhr vergäbene räden noch mehr verärgern.

Harz=währt kährte sich anfangs gahr wenig an seine räden; als er aber sahe, daß das bluht immer mehr und mehr unter dem ärmel härführ geflossen kahm, so lihs er ihm das wammes aus-zühen, damit er erfahren möchte, ob der schaden auch etwas auf sich hätte. Nachdähm er aber gesähen hatte, daß di haut nuhr ein wenig aufgerizzet wahr, so lihs er sich mit nichts anders als einem leinen tuche verbünden, und wolte dan ehrst, wan si wider in di Stat kähmen, den wund-arzt gebrauchen.

Mitler-weile hatte sich Eiferich mit seinen Gesellen aus däm Parisischen Gebüte schohn häraus gemacht, damit man ihn (wan jah das unglük dises entleibten aus-kähme, und es erfahren würde, daß er der tähter gewäsen wäre) nicht etwan in haft nähme, und widerüm zum tode verdamte. Dan das gewüssen ist ein nagender härz-wurm, welcher di verbrächcher un-auf-höhrlich zwakket und plaget, dehr-gestalt daß ihnen alles wül zu änge wärden, daß ihnen gleichsam alle uhr-wäsen zur züchtigung dinen, und alle mänschen ihre feinde zu sein scheinen.

Als nuhn Härz-währt mit seinen beiden gefährten (nahchdähm si zufohr abgesässen waren, und di pfärde, damit ihre händel nicht kundbahr würden, zurükke gelahssen hatten) widerüm in seine behausung einkähren wolte, so kahmen ihm äben seine [97] andern Tisch-fräunde, di im geringsten nicht von diser sachche wüsten, entgegen, und bahten ihn, wi auch den Markhold, daß si ihnen nuhr auf eine vihrteil-stunde wolten geselschaft leisten, dan si hätten einen näuen tisch-fräund, welcher ehrst aus Hol=land angelanget wäre, bekommen, und wolten sich also mit ihm und etlichem Frauen-zimmer, so ihre wirtin dahrzu geladen hätte, ein wenig erlustigen.[75]

Harz-währt hatte anfangs keinen muht dahr-zu: gleichwohl, weil er sich befahrete, daß seine händel nicht däs zu eher kund würden, wan er sich ihrer geselschaft enthihlte, so gahb er ändlich seinen wüllen dahr-ein, doch mit dähm bedünge, so färn es seinem Markhold beliben würde; Dan ohne seinen wüllen (sahgt' er) darf ich mich dässen nicht unter=fangen.

Wiwohl nuhn Markhold liber zu haus' alein, als in einer geselschaft gewäsen wäre, so hätt' er doch auch den näuen ankömling aus Holland gärne sähen mögen, dehrgestalt, daß er sich zwahr an=fangs ein wenig weigerte, und doch ändlich dahrzu beräden lihs; Man führete si also ohne verzug in ein schönes mit güldnen prunk-tüchern gantz behängtes zimmer.

Aber wi häftig entsäzten sich dise beiden, als si solch ein fräudiges Süng- und seiten-spihl höreten; als si solch einen hauffen schöner Weibes-bilder sahen: sonderlich Härzwährt, nahchdähm er seiner Lihbsten, der Tugendreich (welche bis-hähr, in-dähm si nuhr seinet-wägen zu diser geselschaft kommen wahr, seiner abwäsenheit halben zimlich betrühbt gewäsen) so unverhofter weise gewahr ward. Er entfand so ein ungestühmes härz-klopfen, daß er sich kaum besünnen konte, wo er wäre; und si entfärbete sich führ schahm dehr-mahssen, und ward durch seine plözliche dahrzwüschen-kunst so häftig verunruhiget, daß si kaum räden konte. [98]

Nahch-dähm nuhn di wort-gepräng' auf beiden teilen geschähen waren, so nahm der Härz-währt seinen Markhold bei der hand, und führet' ihn mit sich zu seiner Lihbsten, welche äben auf einer bank aleine sahs: dan si wahren nuhr izund von der tafel auf-gestanden, und das Frauen-zimmer hatte sich auf der seite nahch der reihe härüm gesäzt. Nuhn (sahgt' er im hingähen) sol mein Fräund auch hören, ob sich meine Lihbste mit seiner himlischen Rosemund an klugen räden etlicher mahssen vergleichen könne.

Si hatten sich kaum bei disem höhflichen Frauen-zimmer nidergelahssen, als di Tugend-reich schohn etlicher bluhtsfläkken in des Härz-währts stüfel-tüchern und hand-schleiern[76] gewahr ward; wohrüber si nicht wenig erschrahk; gleichwohl verbarg si es noch so lange, bis er von seinem diner hin=aus geruhffen ward, und ihr also selbsten gelägenheit gahb, sich dässen bei seinem Fräunde, weil er abwäsend wäre, zu erkundigen. Si baht anfangs den Markhold, er wolle si doch unbeschwäret berüchten, wo si beide so lange gewäsen wären, daß si di tahffel versäumet hätten? Markhold gahb zur antwort, daß si einen guhten fräund besuchet hätten. Oh nein! mein Her (fihl si ihm in di räde) er verzeuhe mihr, daß ich ihm wider-sprächchen mahg; ich habe schohn einen andern vogel süngen hören, von dehm ich so vihl verstanden habe, daß der Fräund nicht al-zu-guht gewäsen ist.

Uber disen räden entsäzte sich Markhold, und entfärbte sein gesichte dehr-mahssen, daß si nuhn=mehr schohn vergewüssert wahr, daß si ihre muht=mahssung nicht würde betrogen haben. Was bedeutet dan das bluht (fuhr si fort) das man auf seinen kleidern sihet, und wahr-üm wül er den rächten arm nicht rächt gebrauchen? ist es nicht wahr, daß jene in der roht- und blauen tracht di gleich gegen uns über [99] sizt, dises unglük veruhrsachet hat? GOT wolle nuhr, daß es wohl abgelauffen sein mahg! dan ich habe gestern erfahren, daß ihn der Wälsche fohr di klünge zu fortern gedräuet hat, weil er mit seiner Lihbsten etwan ein-mahl zu fräundlich mahg gerädet haben; dahähr ihm diser arg-wähnische, schähl=sichtige mänsch straks eingebildet hat, daß er ihm di seinige abspänstig machchen würde. Ach! mein Her, (sahgte si lätslich mit tühf-gehohlten seufzen) ich bitt' ihn üm ihrer träuen fräundschaft wüllen, er wolle mihr jah nichts verschweigen, nahch-dähm mahl seine sachchen mihr so wohl angähen, als ihm selbsten: dahr-gegen sei er widerüm versichchert, daß ich mich durch meine wenige dihnste, bei aller führ-fallenden begähbnüs, meinem Hern widerüm annähmlich machchen wärde.

Markhold sahe wohl, daß es nuhr ümsonst wäre, dise sachchen weiter zu vertuschen, drüm baht er di Tugendreich üm verzeuhung, daß er sich hätte bemühen wollen, si hinter der wahrheit hin zu führen. So-färne mihr aber meine Jungfrau (sahgt' er) nuhr dise zusage leisten wolte, daß[77] si weder ihrem Lihbsten, noch einigem mänschen etwas von disem handel, welchen ich ihr izund entdäkken wärde, wül märken lahssen: so wärd' ich mich nicht weigern, ihr, als dehr so ein grohsses an ihres Lihbsten wohl=stande gelägen ist, das-jenige zu offenbahren, welches ich auch fohr meinem bruder selbst wolte verschwigen halten.

Härz-währt verweilte sich zimlich lange, und lihs seinem fräunde zeit genug, der näu-gihrigkeit seiner Lihbsten gnüge zu tuhn: und Markhold erzählt' ihr seinen traum, dehn er di fohrige nacht gehahbt, und alles, was sich dahrauf begäben hätte; ausgenommen das entleiben des Lauter-muhts wolt' er noch nicht so-bald entdäkken, damit er durch solche traurige zeitung ihre fräude nicht foländ zerstöhren möchte. [100]

Aber es wahr auch ümsonst, daß er solches verbärgen wolte: dan er hatte seine räde nicht so bald geändiget, als das geschrei schohn unter di gesel=schaft kahm, daß der Wälsche den Lauter-muht erstochchen hätte, und selbsten in der flucht von einer andern rotte, so vihlleicht dem Lauter-muht hätte wollen zu hülfe kommen, entleibet worden. Dan der Föchtmeister, welcher den Wälschen und den Lauter-muht wohl kante (weil si sich fohr disem alle-beide seiner unterweisung gebraucht hatten) wahr ohn gefähr des wäges, da sich dise schlägerei begäben, nahch Karanton zu, fohrbei gewandert; und hatte solches nahchmahls bei seiner widerkunft der wirtin des Lauter-muhts angesaget.

Di ganze Versamlung ward über diser unan=muhtigen zeitung dehrmahssen bestürzt, und so hästig betrübet, daß sich anfangs ihre lust und fräude in ein über-mähssiges weh-klagen und unlustige verwürrung veränderte. Seine tisch-fräunde stunden in solcher angst, als wan si alle mit einander führ di köpfe geschlagen wären, und wusten nicht was si begähen solten. Der eine teil ging zu pfährde, entweder den tähter zu suchen, oder aber den leichnam ihres Lauter-muhts auf zu höben: dan si wusten nicht, daß Härzwährt dahrbei gewäsen wahr, und den entleibten schohn hatte beschikken lahssen. Di andern stunden noch im zwei=fäl fohr der tühren, nahch einer vihlleicht gründlichern zeitung zu warten, und hatten allen wohl=stand, dehn si däm[78] Frauen-zimmer zu leisten schuldig waren, aus der acht gelahssen, also, daß ihm nihmand mehr aufwartete, als unser Markhold, welchen der Härz-währt, als er hinaus gegangen wahr, seiner Lihbsten auf zu dinen gebähten hatte. Das ganze Frauen-zimmer stund in trähnen; und weil es meisten-teils des Lauter-muhts kundschaft gehabt hatte, so wahr es so hastig be-[101]trühbt, daß sich auch etliche fast nicht wolten tröhsten lahssen. Aber wi sehr dise deutsche Mänsch=göttinnen (dan si waren meistenteils entweder hohch= oder nider-deutsche) den traurigen zustand des Lauter-muhts bejammerten, so konten si doch (welches hohch zu verwundern wahr) di Lihbste des Eiferichs nicht bewägen, daß si nuhr etliche zähren vergossen hätte, da si doch wohl vernommen hatte, daß nicht alein Lauter-muht, sondern auch ihr Lihbster selbst das läben eingebühsset. Jah si sahgte frei häraus, (als ihr Markhold dises fohrhihlt) es wären solcher Leute noch mehr in der wält, und si frahgte nahch dem Eiferich so vihl nicht, wan nuhr Härz=währt noch läbete. Dises sahgte si heimlich zu ihm, daß es di Tugendreich nicht hören solte: aber Markhold gahb ihr solch-einen harten blik, daß si leichtlich verstähen konte, was er führ gedanken hätte.

Man saget sonst ins gemein, daß di Hohchdeutschen träu-beständig, di Wälschen Libes-eifrig, oder schählsichtig, und di Franzosen leicht-sünnig sein. Wehr nuhn solches nicht gläuben wül, daß es wahr sei, dehr verfüge sich nuhr hihr-hähr, und schaue dise drei mänschen-bilder, den Härz-währt, als einen Hohchdeutschen, den Eiferich, als einen Wälschen, und dise Franzinne; gleichsam als einen dreifachchen läbendigen entwurf diser drei Fölkerschaften, mit bedachtsamkeit an. Wahrlich, er würd nicht läugnen können, daß Härz-währt, als ein Hohch-deutscher, der aller-träueste, aller-härzhafteste und aller-beständigste sei; daß Eiferich als ein Wälscher, der aller-libes-eifrigste, aller-schähl sichtigste und im schändlichen argwahn vertühfteste wühterich sei; und daß ändlich dise Franzinne, di allerunbeständigste, di aller-wankel-mühtigste und aller-leicht-sünnigste sei.

Als si sich nuhn eine guhte zeit in disem traurigen zustande befunden hatten, so lihs Härz-währt dem [102][79] Markhold heimlich zu-entbühten, er möchte sich doch, so vihl als er immer könte, bemühen, di Tugendreich, daß es di andern nicht gewahr würden, mit sich in den hinter-hof zu führen, alda er ihrer warten wolte. Markhold, dehr ihm seines Fräundes sachchen vihl-mehr als di seinigen selbst angelägen sein lihs, erdachte straks einen rank, und lihs di wirtin bitten, si möchte doch durch ihre mahgd der Jungfer Tugend-reich ansagen lahssen, daß man ihr einen bohten geschikt hätte, nahch hause zu kommen.

Diser fund ging mehr als gewündscht von statten; dan, nahch-dähm di schöne Tugendreich von der ganzen geselschaft abschihd genommen hatte, so begleitete si der Markhold, und gahb ihr im hin=aus-führen zu verstähen, daß si nicht nahch hause, sondern zu ihrem härz-aller-lihbsten, dehr ihrer im hinter-hofe wartete, beruhffen wäre: und baht si mit solchen bewähglichen worten, daß si sich doch nicht weigern wolte, ihren Härz-währt noch dises einige mahl zu vergnügen; dan er würd' ihr ohne zweifäl noch fohr seinem abzuge di lätste guhte nacht wündschen wollen. Di lätste gute nacht (huhb si mit härz-brächchenden seufzen an) das sei färne! ich hoffe noch zu fohr mehr, und der bästen nächte mit ihm zu genühssen, eh er mihr di lätste gäben sol.

Jah (fihl ihr Markhold in di räde) meine Jung=frau hat freilich der bästen noch zu genühssen, und diser abschihd sol dahrüm nicht der aller-lätste sein, sondern in kurzen, wan es di zeit und gelägenheit ein wenig leiden würd, durch eine hohch-erfräuliche widerkunft erstattet wärden.

Inzwischen näherten si sich dem Härz-währt, welcher mitten im hofe in solchen tühffen gedanken stund, daß er anfangs ihrer ankunft nicht gewahr ward. Markhold, nahchdähm er ihm mit seiner Lihbsten eine guhte weile zugesähen hatte, huhb ändlich an und sahgte; mein bruder! ich bin seinem [103] befähl träulich nahch-kommen, und habe disen hohch=währten schaz, welchen er mihr anvertrauet hat, nicht alein wi meinen aug-apfel selbst bewahret, sondern ihm auch hihr gegenwärtig, seinem begähren nahch, widerüm überlüfern wollen.[80]

Er überlüfert mihr freilich (gahb er zur antwort, nahch-dähm er sich gegen ihn bedanket hatte) einen sehr hohch-währten schaz, welchen ich mehr als mein läben libe, und an dehm mein härz nuhr alein hanget, aber ich wärd' ihn bald widerüm verlühren müssen: und Si, aller-schöhnste Tugendreich (sahgt' er, und wändete sich nahch seiner Lihbsten zu) würd mihr höhchlich verzeuhen, daß ich so un=höhflich gewäsen bin, und ihr anmuhten dürfen, zu mihr zu kommen, da es mihr doch vihl bässer angestanden wäre, wan ich meiner Schönen, ihr dise tritte zu ersparen, selbst aufgewartet hätte. Aber, weil es di hohe noht erfortert, und ich solches, aus uhrsachchen meines izigen unglüksäligen zustandes, noht-drünglich tuhn müssen, so darf ich auf nichts mehr gedanken, als wi ich mein unglük beklagen, oder vihlmehr mich aus einem noch instähenden ärgern rätten sol. Dahr-üm wül ich si meine härz-allerlihbste (mit disen worten fihl er ihr üm den hals) der götlichen obacht träulich befählen, mich aber ihrer ungefärbten härzlichen Libe!

Aber solchen räden kahmen ihr di trähnen mildiglich härab geflossen, und er konte führ schmärzen kein wort mehr machchen, als; mein härz, meine Sonne gehabe sich wohl! si gehabe sich wohl! und meine härz-allerlihbste bleibe beständig, gleich wi ich beständig bleiben, und der ihrige starben wül.

Mit disen worten schihd er von ihr, und säzte sich mit seinem Markhold zu pfärde, damit er sich (ehe dise händel führ di obrigkeit gebracht würden, und ihm nicht etwa zum schümpfe gereichten) in di Nord-männische gränze begäben möchte. [104]

Also machten sich dise beiden Fräunde auf den wähg, und di trühbsälige Tugend-reich, welche fohr grohssem weh-leiden kein einiges wort-glihd zu wäge bringen konte, verfolgte si mit den augen so weit, als si immer konte. Da reitet nuhn dehr-jenige hin (gedachte si bei sich selbst) dehr dihr bis-hähr so manche stunde versühsset hat, und nuhn ins künftige alle mit einander verbittern würd! wehr würd mich arm-säligen hihr in der fremde tröhsten, nuhn mein einiger trohst hin ist! doch was bekümmerstu dich, meine Sehle (sprahch si ihr selbst zu) du hast vihl-mehr[81] zu wündschen, daß es ihm wohl gähe, und daß er glüklich möge widerüm zurükke gelangen.

Wi manche seufzer täht si, wi mancher trahn fihl ihr aus den augen, eh ihr Markhold von ihrem Lihbsten ein schreiben zurük brachte; ein solches schreiben, welches si seiner träue versichcherte, welches si in ihrer trühbsahl tröhstete, und ein wahres märk-zeuchen seiner beständigen libe wahr.

Nuhn wollen wihr den Härz-währt so lange bei den Nordmännischen Sähninnen und Eptinnen, di Tugendreich aber bei ihren Parisinnen verzühen lahssen, und unterdässen sähen, wi es mit dem Markhold, dehr nuhn bald zweifachche zeitung von seiner Rosemund bekommen sol, ablauffen würd. Dan er hatte sich kaum widerüm nahch hause begäben, als er schohn wider-üm an das schreiben seiner träugelihbten gedachte, und wahr kaum in di kammer hinein geträten, als er auf der ärden ein kleines brihflein, welches er den fohrigen abänd aus der Rosemund schreiben unversähens verschüttet hatte, von färnen erblikte.

Er huhb es eilend auf und sahe, daß es seine Rosemund geschriben hatte; Er las' es und befand, daß es gleichsam ein aus-läger wäre däs andern schreibens, welches er schohn geläsen hatte. Er sahe si ver-[105]zweifält, arg-wähnisch, libes-eiferig, und doch auch beständig, dihnst-erböhtig und wider behärzt zu=gleich. Das eine macht' ihm schmärzen und weh-leiden, das andere gahb ihm trohst und hofnung. Si berüchtet' ihn mit solchen härz-drüngenden worten, daß si anfangs wüllens gewäsen wäre, sich in einen Jungfer-zwünger zu begäben; weil si aber an seiner standhaftigkeit nicht gahr hätte zweifäln wollen, und gedacht, daß er sich noch wohl wider sünden würde, indähm si gahr kein einiges mis-trauen zu ihm haben könte; so hätte si ihr führnähmen nuhr ihm zu libe geändert, damit si jah an seiner verzweifälung (welche, wan er noch traü verbliben wäre, und ihre änderung vernommen hätte, sonder zweifäl nicht aussen bleiben würde) keine schuld haben möchte, und ändlich beschlossen, sich so lange in das feld- und schähffer-läben zu begäben, dahrinnen si nicht gezwungen wäre, wi in däm andern, ihre ganze zeit zu verschlühssen.[82]

Wiwohl nuhn Markhold über dises schreiben nicht wenig betrübet wahr, so unterlihs er doch nicht, sich widerüm in di behausung seines Härz-währts zu verfügen, in wüllens den hohch-deutschen von adel, welcher ehrst aus Holland kommen wahr, zu besuchen. Als er nuhn di träppe zu seinem zimmer hin-auf-steigen wolte, da kahm ihm der Diner gleich entgegen, welcher ihn auf sein fragen berüchtete, daß sein Her zu hause wäre. Markhold aber, dehr hihr-mit nicht vergnüget wahr, frahgt' ihn noch weiter, aus was führ einem Lande däs Deutschen Reiches sein her bürtig, und aus was führ einem Geschlächt' er entsprossen wäre.

Der diner, welcher den Markhold noch nicht kännte, gahb ihm zur antwort, daß er ein Schlesischer von adel wäre, und eine Schwäster in Holland hätte, di Adelmund hihsse, und in kurzen einem Schalt-obersten solte vermählet wärden. Hoh! [106] (sihl er ihm in di räde) so ist er der rädlichen Adel=mund bruder? ei liber! wi gähet es der lihb-säligen Jungfrauen, und was machchen ihre gespilinnen, di Venedischen, des Sünnebalds töchter? Alles guhtes, gahb der diner zur antwort, und sahgte; mein Her ist gewüs der Markhold? dan ob ich ihn schohn nihmahls gesähen habe, so kan ich ihn doch aus seinem wäsen, und gebährden, wi mihr solches von der Jungfer Rosemund ist beschriben worden, leichtlich erkännen?

Markhold, als er solch-einen belihbten namen nännen hörete, wüste nicht, was er zur gegen-räde gäben solte, und wahr so verwürret in seinen sünnen, daß er ihn nicht beantwortete, sondern nuhr straks frahgte, ob ihm dise Schöhne nichts vermälden lihsse. Jah freilich, sagte der Diner, si ist gesonnen seine Träue zu stärben, und lässt ihm nichts mehr als solchen ihren sün näbenst einer unverblüschlichen libe zu-entbüten. Gleiches-falles verpflüchten sich auch Jungfer Stil-muht und Adel=mund zu seinen dihnsten. Hihr-mit zohg er ein schreiben, welches di Adelmund an ihn geschriben hatte, här-aus, und gahb ihm solches. Weil nuhn Markhold gedachte, daß es nuhr ein überzug eines vihl ähdleren schazzes sein würde, welchen er von seiner Rosemund zu gewarten hätte, so frahgt' er[83] nicht weiter nahch; sondern stäkt' es straks zu sich, und nahch-dähm er dem Diner befohlen hatte, daß er ihm, wan er sich wider nahch hause machte, folgen solte, so ging er di träppen hinauf, und fand gleich den Hülfreich (also hihs diser Her) fohr der tühre stähen.

Markhold ging straks zu ihm zu, und hihs ihn wülkommen sein; gahb ihm auch mit seinen räden so vihl zu verstähen, daß er leichtlich abnähmen konte, daß er dehrjenige wäre, führ dehn er sich wolte angesähen haben. Hülfreich lihs ihn in sein zimmer [107] eingähen, und nahch-dähm si sich nider-gelahssen hatten, so gahb er ihm auch zu erkännen, daß er der Adelmund bruder wäre; und ihn schohn im ehrsten anblikte fohr den Markhold angesähen hätte. Er berüchtet ihn auch, wi es üm si und di beiden Jungfern, ihre gespihlen, stünde; wi es im deutschen Reiche beschaffen wäre, und daß Rosemund, aus was fohr uhrsachchen wüst' er nicht, das schähffer-läben erwählet hätte; doch gleich-wohl nicht unterlihsse, ihre Jungfer Schwäster mit der Adelmund noch tähglich zu besuchen.

Der Markhold aber, welcher an disem seinen berüchte nicht gnug hatte, sondern seine Lihbste selbst gärne hören wolte, gedachte schohn wider nahch hause; und nahch-dähm er ihn üm verzeuhung gebähten hatte, daß er ihm izund einer wüchtigen verrüchtung wägen, di ihm ehrst eingefallen wäre, nicht länger auf-warten könte, so nahm er seinen ab=schihd. Hülf-reich begleitet' ihn bis fohr di tühre; und nahchdähm er sich widerüm auf sein zimmer begäben hatte, so folgte der Diner dem Markhold nähch; welcher fohr grohssem verlangen kaum so lange warten konte, bis er in sein zimmer wahr; da er dan das schreiben der Adelmund also-bald erbrahch, und nuhn-mehr ehrst innen ward, daß ihn seine hofnung betrogen hätte. Gleich-wohl wolt' er den Diner nicht eher fragen, er hätte dan das schreiben der Adel=mund durch-geläsen, welches ihm vihl-leicht seiner Schönen wägen gründlichen berücht erteilen würde.

Der Diner märkte wohl, als er das schreiben erbrochchen und fast halb verläsen hatte, daß er sich zu unterschihdlichen mahlen entfärbete, und gahr klein-laut dahrüber ward; darüm wolt' er ihn nicht langer verzaplen lahssen,[84] sondern reicht' ihm das schreiben seiner ädlen Rosemund dahr, und sagte; Mein Her wolle mihr zum höchsten verzeuhen, daß ich so kühne sein dürfen, disen ädlen schaz fohr sei-[108]nen augen so lange zu verbärgen; oder vihlmehr seiner tausendliben Rosemund vergäben, daß si ihm solches nicht eher zu überlüfern befohlen hat, ich hätte dan gesähen, daß er einige anzeugungen blikken lihsse, dahr-aus ich schlühssen könte, daß er dises ihr brihflein nicht verwärfen, sondern mit gnädigen augen anblikken würde.

Nihmahls ist ein mänsch mehr erfräuet gewäsen als Markhold; nihmahls hat man mehr veränderungen unter seinem gesichte zugleich in einem einigen zeit-blikke gesähen, als in däm seinigen. Di hände zitterten fohr furcht und fräuden: dan er befürchtete sich, si würd' ihm noch einen härteren verweis zu-schreiben, und wahr doch auch nichts däs zu weniger froh, daß si sich seiner nicht gahr begäben hätte, und ihn noch einer solchen ehre würdig schäzte. Er wahr so gerühret, und so begihrig dises belihbten schreibens, inhalt zu wüssen, daß er solches schihr im erbrächchen zerrissen hätte: und nahchdähm er selbiges entsigelt hatte, so bekahm er nahch-folgende wort zu läsen.


Der Rosemund abgegangenes

Schreiben

an den Markhold.


Ihrem geträuen Markhold wündschet di Rosemund ein ewiges wohl-ergähen!


Mein Her,


wan er wüssen solte, wi mihr bei verfassung diser wenigen worte di hand, näbenst einem häftigen härz-klopfen, so unauf-höhrlich zittert, so würde mein fähler ohne [109] zweifäl schohn vergäben sein, und mein alzu-hastiges verfahren mehr verzeuhung erlangen, als ich furcht und bedänken trage, di fäder däswägen an zu säzzen. Dan ich hätte vihl lihber meinen schähffer-stahb, di schähflein dahrmit zur gesunden weide zu leiten, führen wollen, als dise fäder, mein verbrächchen damit aus zu tilgen, zur hand nähmen. Er schaue doch, mein Her, den wüllen einer armsäligen Schähfferin führ seinen fühssen ligen, und ihr härz in seinen händen, damit si solches däm seinigen, weil es ihm alein gewihdmet ist, übereignen möge.

Ich bekänne gahr gärn, daß ich mich, da ich noch hohchmühtig wahr, und in meinem angebohrnen stande lähbte, an[85] meinem Geträuen verbrochchen habe; Aber nuhn-mehr, nahchdähm ich solchen hohch-fahrenden stand verlahssen, und nicht mehr in einem so köstlichen hause wohne, hab' ich auch der frommen schähflein ahrt und eigenschaft an mich genommen, und mit einem nidrigen schähffer-hütlein meinen muht genidriget, und meinen unbilligen eifer fahren lahssen. dehr-gestalt, daß ich nuhn mit demühtigem härzen und nidrigem geiste solches verbrächchen beräue, und dehr gewüssen hofnung läbe, daß sich mein Geträuer, üm seiner und meiner libe wüllen, zur günstigen verzeuhung wärde bewägen lahssen. [110]

Bin ich gleich mitten im Adriatischen Mehre gebohren, und den wällen (welche bald from, bald stille, bald widerüm ergrimmet und erbohsset, fohr hohch-muht, entpohr steigen) in etwas nahch-geahrtet; so hab' ich doch izund solche stürmende wällenahrt verlahssen, und nahch den stillen wässerlein, an deren unabgespühlten ufern ich meine sünnen gerüchtet. Jah ich bin from, de-mühtig, stil und sitsam worden; da ich fohr-mahls (ich mus es wüllig bekännen) argwähnisch, hohch-fahrend, auf-geblasen und unruhig gewäsen bin. Solche laster hab' ich nuhn gänzlich, vermittelst dises nidrigen läbens, das ich izund führe, aus meinem härzen vertilget. Wolte nuhn meinem Geträuen beliben, mich auch in disem stillen stande, in disen hürden, da ich meine izige hohf-haltung habe, wäsendlich zu besuchen, so würde seiner Schähfferin nicht alein di höchste ehre, welche si auf der ganzen walt zu gewarten hat, geschähen; sondern ich wolte mich auch so dankbahrlich dahr-führ zu erzeugen wüssen, daß Er mit der taht und wahrheit erfahren solte, daß ich zu stärben gesonnen sei,


Mein Her,

Seine gehohrsame, träu-beständige

Rosemund.

[111]


Di-jenigen, so aus der erfahrung di wunderlichen würkungen einer träu-befästigten Libe wüssen, können unschwähr errahten, was diser so härz=entzükkende, so durchdrüngende und mit-leidens=würdige brihf in däm härzen des Markholds führ eine ruhr erwäkket hat. Er wahr froh, daß si sich schohn in drei oder vihr tagen so über alle mahsse geändert hatte. (dan der fohrige brihf wahr des mahn-tages, und diser des frei-tages dahr-nahch gegäben) Er verstund ihre beständigkeit, und härzliche beräuung ihres verbrächchens. Er sahe si gleichsam läbendig und selblich fohr seinen fühssen ligen, und üm verzeuhung bitten. welches ihn so häftig jammerte, daß er sich, wo[86] es ihm, als einem mans-bilde, wohl anständig gewäsen wäre, däs weinens nicht enthalten hatte. Hatt' er si fohr disem häftig gelibet, so libet' er si izund noch vihl tausend=mahl häftiger, und noch vihl inbrünstiger, als er nihmahls getahn. Jah er begunte si von disem nuhn an solcher gestalt zu liben, daß er sich auf ihre lätste wort, fast noch selbigen abänd entschlossen hätte, Frankreich zu verlahssen, und seine Schöne in solcher näuen behausung zu besuchen.

Als er nuhn, nahch verläsung dises schreibens, seinen gedanken eine guhte weile den zügel gelahssen hatte, so rädet' er ändlich den Diner des Hülf=reichs an, und frahgte; ob ihm seine Rosemund noch etwas mehr befohlen hätte? nahch-dähm er ihm aber nichts weiter in ihrem namen zu sagen hatte, so baht er den Diner, er möcht' ihm doch erzählen, was sich sonst mit ihr, zeit seines abwäsens, zu-getragen hätte, und wi si sich in dises Schähffer=läben zu schikken wüste.

Der diner wahr dässen sehr wohl zu friden, und, nahchdähm er den Markhold auf sein begähren noch färnere versichcherung getahn, daß er ihm nicht das geringste, was er von ihr erfahren hätte, verschweigen wolte, so fing er folgender mahssen an zu räden: [112]


Di begähbnüsse

Der Rosemund

zur zeit ihres schähffer-läbens.


Nahch-dähm mein Her nicht alein selbsten durch sein eignes schreiben di uhrsachche gewäsen ist, daß di götliche Rosemund ein solches stilles läben und nidrigen stand erwählet hat, sondern auch, (wi ich aus seinen räden vernähme) den anfang ihrer veränderung bässer weus, als ich ihm vihl=leicht erzählen würde; so wül ich dan nuhn nicht sagen, wi sich dise Schöne, nahch-dähm si sein schreiben, welches ihr zur selbigen zeit (dan nuhn=mehr hat si es bei ihr selbsten bässer erwogen) etwas fremde zu sein schine, entfangen, so überaus häftig betrübet; und wi si von solcher betrühbnüs, wo ihr nicht di kluge Adelmund entsaz geleistet hätte, vihlleicht gahr überwältiget wäre, und dem[87] tode zu teil worden. Ich wül nicht sagen, wi si sich an=fangs aus mishofnung in einen Jungfer-zwünger begäben wollen: und wi si ihr nahch-mahls fohr das eingezogene gelohbte läben dises ihr gegenwärtiges, aus bewusten uhrsachchen und eigner wülkühr ein zu träten beliben lahssen. Damit ich aber meinen Hern däs zu mehr vergnüge, so wül ich ihm nuhr zufohr di gegend und gelägenheit des=selben ortes, wo si sich meisten-teils mit ihrer hehrde auf zu halten pfläget, in etwas entwärfen.

Unfärn von der Amstel lihgt ein über-aus lustiger ort, dehr von wägen viler linden und erlen denen ümhährwohnenden schähffern und schähfferinnen, in den heissen sommer-tagen zu einer angenähmen kühlung dinet. Di schattichten bäume, di lihblichen wisen, di wasser-reiche gräben, welche so wohl disen lust-plaz ringst ümhähr bewässern, als auch mitten durch-hin gähen, gäben ihm ein über-[113]aus schönes aus-sähen. In der mitten lihgt ein bärgichter plahn, welcher wägen seiner höhe den schahffen eine sehr bekwäme weide härführ-bringet. Das grahs ist nicht so über-aus fet und saftig, wi an den andern ümligenden sümpfichten örtern, dehr-gestalt, daß man alhihr, wiwohl man selbiges sonst in der ganzen gegend nicht tuhn kan, zimlich vihl schahffe zu halten pfläget.

Am hange dises bärgleins hat di über-irdische Rosemund ihre behausung in einem kleinen schähffer-hütlein genommen, welches an einem wasser=graben erbauet, und mit etlichen linden beschlossen ist, dahr-auf ihr di vogel manches morgen- und abänd-ständlein verehren, und, gleichsam als wan si mein Her dahr-zu hin-geschikt hätte, mit ihren nacht- und tage-weisen manche stunde, di ihr sonst vihl zu lang fallen würde, verkürzern.

An einem solchen orte und in solcher einsamkeit läbet nuhn seine mehr als mänschliche Rosemund, und hat aldahr in solcher stille und in solchem fride ihre verwürrete gedanken widerüm entworren, ihren verunruhigten sün wider befridiget, und mit den winden anstand gemacht: dan der äusserste kummer ist also geahrtet, daß er alwäge zur einsamkeit seine ehrste zuflucht nähmen wül, weil di Sehle bei geselschaften das gift ihrer krankheit so frei und ungehintert[88] nicht ausstohssen darf, auch nicht eher, si sei dan dässen entladen, der gegen-mittel und des trohstes fähig ist.

Wihr waren gleich zwe tage fohr diser ihrer ab=wächselung in Holland ankommen, da wihr dan straks von ihren leuten erfuhren, daß es im wärke wäre. Si lihs sich von keinem mänschen sähen, lihs auch nihmand fremdes führ sich, und kahm nicht ein-mahl aus ihrem Zimmer, dehr-gestalt, daß mein Her, wi sehr verlangen er auch dahr-nahch hatte, di ehre nicht haben konte, si nuhr einmahl zu sähen. [114] Er ging oft-mahls fohr ihrem Zimmer hin und wider, und vermeinte dises wunder-bild, wan di tühr' auf-gähen würde, ins gesichte zu bekommen: alein si hatte sich den tahg über allezeit in ihr inneres bei=zimmer so fäste verschlossen, daß es nuhr ümsonst wahr, sich däshalben färner zu bemühen.

Als si nuhn ihre reise des morgens sehr früh, da=mit es nihmand gewahr würde, nahch disem plazze zugenommen hatte, so täht Jungfer Adelmund ihrem Hern bruder den fohrschlahg, daß er sich in schähffers-kleider verställen, und si auf den abänd, als ein abgefärtigter schähffer von meinem Hern, dem Markhold, in ihrer näuen wohnung besuchen solte; welches dan auch also-bald geschahe. Dan wihr verkleideten uns alle beide, bekränzten das hahr mit eingemachten und wider-angestrichchenen rosen (dan frische konten wihr nicht bekommen) nahmen, ein ihder, einen schähffer-stahb in di hand, und kahmen also kurz fohr der Abänd-dömmerung führ di wohnung der Rosemund.

Dise schöne Schähfferin hatte sich gleich in di tühre, gegen den untergang der Sonnen, nider-gelahssen, und sahe di röhslichten strahlen, welche sich gleich damahls so lähbhaft und so zihrlich an den wolken ausgebreitet hatten, und durch ihren zurük-prallenden schein, das wasser gleichsam vergüldeten, mit verwunderung an. Si hatte den linken arm auf eine krampe gelähgt, und lihs das haubt dahr-auf ruhen. Jah si sahe den himmel so unverwandt und so steif an, und sahs in solchen tühffen gedanken, daß si unserer anfangs nicht gewahr ward, dehr-gestalt, daß wihr zeit genug hatten, uns auf ein abänd-spihl gefasst zu machchen.[89]

Als sich nuhn mein Her von färn unter einen baum gesäzt hatte, und ein schähffer-lihd auf seiner pfeiffen zu spihlen begunte, so fuhr si aus ihrer sühssen verzükkung gleichsam führ schrökken in di [115–116] höhe, und wolte sich in ihre schähffer-wohnung verbärgen. Aber, nahchdähm si sahe, daß wihr so gahr nahe bei ihr waren, (dan wihr hatten uns von färn unter einen baum nider-gelahssen) und auch, allem ansähen nahch, nicht wüllens wären, uns zu nähern, so säzte si sich widerum auf die tühr-schwälle, und hörete meinem Hern mit sonderlicher aufmärkung zu. Inzwüschen über-las' ich mein schähffer=lihdlein, welches mein Her in ihres Lihbsten namen äben dehnselbigen mittahg gemacht hatte, und widerhohlt' es etliche mahl in geheim bei mihr selbst, damit ich solches, wan es erfortert würde, färtig hähr-süngen könte.

Als er si nuhn eine guhte weile mit seiner pfeiffen alein ergäzzet hatte, so wolt' er ihr auch gärn einen gesang höhren lahssen, und frahgte mich, ob ich nuhn das schähfferlihd, welches er mihr gegäben hätte, wohl süngen könte. Ich gahb ihm zur antwort, daß ich mich alle-zeit, wan es ihm beliben würde, dahrzu gefasst hihlte, und er dürfte nichts mehr tuhn, als mihr nuhr winken, so wolt' ich mit meiner stimme straks in seine weise einfallen. Hihr=auf macht' er widerüm ein kleines fohrspihl, und nahch-dähm er mihr mit den augen einen wink gegäben hatte, so fing ich an solcher gestalt zu süngen:


Schähffer-lihd.


i.

Schöner flus, bei dessen strande

seine libe Lihbste wohnt,

di ihn lähgt in schwäre bande,

und mit harten worten lohnt;

stäh' und hämme deine fluht

ihm zu guht. [117]


ii.

Höhre, wi er sich beklaget

fohr der Aller-lihbsten tühr;

schaue, wi er zitternd zaget,

und darf selbsten nicht zu ihr:[90]

seiner wangen farb' entweicht

und verbleicht.


iii.

Er würd izt in ohnmacht fallen,

noch flüht seine Schähfferin,

di er lihbt fohr andern allen,

und di ihn von anbegün

selbst so härzlich hat gelihbt,

nuhn betrühbt.


iv.

Ihrer schönen augen stärne,

das beflamte blizzel-zwei,

blikt izund nicht mehr so gärne,

sein erzürnt, und wärden schäu:

ihre fohr-belihbte zihr

weicht von hihr.


v.

Si erkänt und siht ihn klagen,

aber hören wül si nicht,

noch mit ihm ein leiden tragen;

Markhold, Markhold, wi si sprücht,

ist mein feind, drüm heiss' ich ihn

von mihr zühn. [118]


vi.

Nicht so scharf, o Schähfferinne,

Markhold hat kein feindlichs härz:

halt, o harte, halt nuhr inne;

doch, es ist vihl-leicht dein schärz,

und auf sturm folgt ins gemein

sonnen-schein.


Als ich dise lätsten zwei gesäzze sang, so hatte si sich mit däm häubte fast gahr auf den schohs geneuget, und sahe sich mit solchem ärnste nahch uns üm, damit si erkännen möchte, wehr wihr wären; aber es wahr schohn alzu dunkel, und si wolte sich auch nicht erkühnen aus ihrem schähffer-hütlein här-aus zu träten, dehr-gestalt, daß si disen abänd nichts von uns zu wüssen bekahm.

Des andern tages sehr früh schikte si zur Adel=mund, und lihs si, näbenst anerbütung ihrer schuldigkeit, fragen, ob si keine zeitung von dem Markhold bekommen hätte:[91] dan si hatt' ihr eingebildet, daß er fohrigen abänd mit dahr-bei gewäsen wäre, als ihr dises lihdlein an zu hören gesungen ward. Nahch-dähm ihr nuhn di Adelmund widerum hatte zu-entbüten lahssen, daß si ihn zwahr noch nicht gesähen, aber gleich-wohl von einem seiner bekanten vernommen hätte, daß er zu Amstelgau gewäsen wäre; so verkleidete si sich auch selbsten, zohg ein ganz schlohs-weisses atlassen kleid an, mit isabel=färbigen spizzen verbrähmet, und gahb uns beiden eine gefährtin.

Also machten wihr uns widerum selb dreien nahch der Rosemund behausung zu, welche sich dise nacht (wi si mihr hähr-nahch absonderlich sahgte, da ich sein schreiben von ihr bekahm) nicht schlahffen gelähgt hatte, sondern allezeit in den gedanken gestanden wahr, daß er ihr in gestalt eines Him-[119]mels-bohten erschinen wäre, und si ihres argwahnes halben hätte bestrahffen wollen; dehr-gestalt, daß si nuhn-mehr ihren eifer-süchtigen muht gänzlich gebrochchen, und den beleidigten üm verzeuhung anflöhen wolte.

Mein Her führte seine Jungfer Schwäster ehrstes mahls unter diselbige linde, da wihr fohrigen abänd unsere kurzweile gehabt hatten, und erzählt' ihr, wi sich di Rosemund so schüchtern nahch ihnen ümgesähen hätte.

Weil ihnen nuhn diser baum sehr lustig zu sein schine, so lihssen si sich auf eine zeit dahr-unter zur ruhe nider, und führeten allerhand gespräche mit einander. Adelmund erzählt' ihm, wi ihn seine himlische Rosemund straks im anfange, da si ihn nuhr einmahl loben hören, und noch nih-mahls gesähen, schohn so häftig lihb-gewonnen hätte, daß si ihre libe auch nicht einmahl, wi sehr si sich auch dahrüm bemühet, verbärgen können; und wi si sich in ihrer ehrsten zu-sammen-kunft über alle mahssen entzükt befunden; dehr-gestalt, daß es ihr nicht befremdet führkähme, daß si sich bei seinem abwäsen so häftig gegrämet, und aus alzu eiferiger Libe in eine solche schwährmütigkeit gerahten wäre, di ihr nicht hätte gestatten wollen, sich mit ihr oder ihrer Jungfer Schwäster zu erlustigen.

Indähm 'si solches sahgte, da erblikte si ohn-gefähr etliche Tichtlinge, di in des baumes ründe geschnidten waren. Sihe hihr, mein bruder (sahgte si) was sol dises[92] bedeuten? dis ist noch ein frischer schnidt; was gült es, di Rosemund würd auf dein gestriges lihd geantwortet haben! Als si sich nuhn beide, selbiges zu läsen, erhoben hatten, so befanden si, daß ihre muht-mahssung nicht falsch gewäsen wahr.

Mein Her nahm also-bald seine schreibe-tafel, und schrihb das ganze lihdlein ab, welches er seiner [120] ahrtigkeit halben, noch alle-zeit als ein heiligtuhm verwahret, und würd es meinem Hern, so er es begähret, wohl sähen lahssen.

Von disem baume gingen wihr widerüm zu einem andern, da wihr auch ein überaus-schönes anspihl auf des Markholds namen fanden, wor=aus ihrer Libe häftigkeit so sonnen-klahr blikte. Ja si hatte seinen namen mit dem ihrigen fast in alle bäume geschnidten, damit ja das gedächtnüs ihrer libe mit ihnen zugleich wachssen und bekleiden möchte.

Als wihr nuhn eine guhte weile unter disen bäumen härüm gewandelt waren, so begaben wihr uns auch auf den bärg hinauf, da si gleich unter einem äpfel-baume sahs, und mit ihren schähflein, di sich fleissig beweideten, ümgäben wahr. Adel=mund schikte mich also-bald zu ihr, und lihs si üm eine fräundliche zusammen-sprache begrühssen, welche si ihr auch also-bald zustund, so färn si alein zu ihr kommen würde.

Weil sich nuhn di Adelmund mit einem falschen gesichte vermummet hatte, so konte man si gantz nicht erkännen, zufohr-aus in diser schähffers=tracht, in welcher si Rosemund noch nihmahls gesähen: Drüm dorfte man sich nicht verwundern, daß si fast eine halbe stunde mit einander rädeten, ehe dise schöne Schähfferin ihrer Fräundin, der Adel-mund, unter disem mum-gesichte gewahr ward: welche über alle ihre künstlerische verställungen auch di spräche selbst so meisterlich verändern konte, daß si Rosemund nicht gekännet hätte, wo si nicht ihr sonnen-schirm, welchen si in der hand hatte, verrahten.

Wehr wahr froher als Rosemund; wehr wahr lustiger als dise ädle Schähfferin, indähm si ihre geträue Fräundin in einer solchen tracht ümfahen solte? Si versichcherte sich[93] schohn heimlich bei ihr [121] selbst, daß ihr Markhold gewüslich müste fohrhanden sein, und sahe meinen Hern von färnen an, in wüllens, ihn an zu räden: weil si aber noch nicht trauen durfte, so frahgte si zu-ehrst di Adelmund, ob jenes nicht Markhold wäre? Nein, (gahb Adel=mund zur antwort) es ist mein bruder, welcher ehrst fohr drei oder vihr tagen aus Deutsch-land kommen ist.

Auf dise worte fihl ihr der muht dehr-massen, daß si kaum mehr räden konte, gleichwohl sahgte si zu ihr: ei! wahrüm lähsst-si dan ihren Hern bruder so von färnen hinten-aus stähen! wihr wollen ihm, so es ihr belibet, entgegen gähen, damit ich mich meiner unhöhfligkeit wägen gegen ihn entschuldigen möge.

Als si dises gesahgt hatte, so nahm si di Adel=mund bei der hand, kahm uns entgegen, und sahgte zu meinem Hern; Mein Her wird der unhöhfligkeit einer bäuerischen Schähfferin etwas zu gute halten, di ihm nicht anders zu begegnen weus, als wi si es in einem solchen läben, da man auf höhfliche gepräng' und ehr-erbühtigkeit wenig sihet, schohn gewohnet ist. Hihrmit boht si ihm di hand selbsten, ehe si noch rächt bei uns wahr, und ehe er sich dässen versahe.

Nihmahls hab' ich so eine schöne schähfferin gesähen, als si; ich habe nihmahls kein anmuhtigers, kein lihblichers Frauen-zimmer erblikket, als dises wunder-mänsch. wi färtig waren nuhr ihre glider, wi zahrt und behände di finger, wi hurtig di fühsse, wi belähbt und fräundlich di gebährden. Das hahr wahr oben mit einem güldnen ketlein eingefasset, und di lokken flatterten uneingeflochten üm den hals härüm. Der wind spilete mit ihren förder-lokken, und hatte gleichsam seine lust dahran, wan er si in ihr angesicht, über di augen, daß er si zu sähen, und über den mund, daß er si zu räden verhinterte, här-[122]üm wehete. Jene waren so wunder-lihblich, und diser so roht, wi eine rose, di sich ehrstlich des morgens auf-getahn, und noch mit tau befeuchtet ist.

Wan ich noch dahr-an gedänke, wi si ihren schähfferstahb, dehn si oben am haken mit einem kranze von roht- und weissen rosen, welches ihre leib-farbe wahr, gezihret[94] hatte, so ahrtig schwängken konte, so bin ich fast noch halb verzükket. Di sünnen entgähen mihr, wan ich gedänke, wi si solch' eine lihbliche, solch' eine reine, und solch' eine klahre aus-sprache hatte. Mein Her muste selbsten bekännen, daß er ihres gleichen nihmahls gesähen hätte. Jah, als si von uns ein wenig abgeträten wahr, da sahgt' er in geheim zu seiner Schwäster; wan Helene alle dise zihrligkeiten, di er hihr sähen könte, gehabt hätte, so verwundert' er sich gahr nicht, daß si Paris entführet, daß so ein mächtig Folk das läben eingebühsset, und solch'-ein' überausschön' und gewaltige Stat, als Troja gewäsen, um ihrer Schöhnheit wüllen, eingeäschert, und verstöhret worden wäre: sondern er müsste sich nuhr verwundern, wi es noch mühglich sein könte, daß irdische augen dise über-irdischen (dahr-in Lihb-reiz seinen Reichs-stuhl hätte, und unter ihren blikken mit solchen scharfen pfeilen härüm sprühete) noch vertragen könten, und wi dises himlische geschöpfe aus einem stärblichen leibe hätte können gebohren wärden!

Ich kan meinem Hern nicht sagen, was dises schöne Wunder führ träfliche nahch-dänkliche räden führete, und wi si sich zum öftern, ihrer unhöhfligkeit wägen, selbst heimlich durch-zohg, und solches mit so ahrtigen worten bemänteln konte, daß sich ihderman höhchlich verwundern muste, und Hülf=reich ändlich gezwungen ward, solche träfliche höhfligkeit bei ihrer gegenwart selbst zu erhöben: Welcher schähffer, (sahgt' er) o wunder-schöne, [123] und welcher mänsch hat ihmahls solch' eine' über=aus-höhfliche schähfferin gesähen! wi glüksälig ist dise hehrde, di solch' eine schöne und solch' eine verständige Hühterin hat; diser ort, wi mich dünket, ist gahr stolz, in-dähm er Si zur beschüzzerin bekommen, und pochchet auf seine kluge beherscherin. Di bäume stähen gleichsam mit ihren stolzen ästen entbohr, und wan Si sich ihnen nuhr ein wenig nähert, so (deuchtet mich) neugen sich di zakken aus demuht führ ihrem herlichen ansähen.

Ach mein Her (fihl si ihm in di räde) wan ich ihn diser seiner worte halben bestrahffen wolte, so würd' ich mich an ihm mehr verbrächchen, als seinen fähler (so man eine tugend also benännen mahg) verbässern; dan ich weus[95] wohl, daß ihm seine angebohrne höhfligkeit nichts anders zu räden gestattet, als nuhr ein solches lob denen-jenigen zu gäben, di doch däs wenigsten nicht würdig sein. Drüm wül ich meine unwürdigkeit nuhr mit stil-schweigen bekännen, und seine höhfliche tugend mit verwunderung erhöben.

Als si nuhn noch eine lange zeit gehöhflet hatten, und dise prunk-räden kein ände nähmen wolten, in-dähm ein ihder das feld zu behalten gedachte, so brachte si Adelmund noch ändlich von einander, und sahgte mit lächlen zur Rosemund; Ich vermeinte, daß ich eine Schähfferin besuchen wolte, aber ich befünde, daß unter einer schähfferin tracht di aller-sünlichste und gnaueste höhfligkeit, di man auch am erz-königlichen hofe, unter däm Käserlichen Frauen-zimmer, zu Wihn kaum anträffen würd, verborgen lihgt. Meinem Bruder hab' ich solches wohl zu-getrauet, weil er gleich izt vom hofe kömt, und solcher hoht-sitten und wortgepränge gewohnet ist; aber einer schähfferin, hätt' ich nicht gedacht, daß es anstähen solte, oder daß si in dehr=gleichen nuhr etwas erfahren wäre. Dan hat si [124] nicht gesähen, wi ich fohr schahm erröhtet, und über mich selbst so unwüllig gewäsen bin, daß ich mich, als di ich eine schähffers-tracht angenommen habe, auf solche hohf-räden gahr nicht gefasst gemacht, und das-halben nohtwändig nichtsen müssen? Jah wäre mein bruder nicht bässer mit räden versähen gewäsen als ich, so würden wihr so zimlich bestanden sein.

Aeben damit si ihre armuht bekännet (fihl ihr di Rosemund in di räde) gihbt si ihren reichtuhm überflühssig an den tahg; und wi können doch di leute so gahr höhnisch sein? Aber was wollen wihr di zeit (fuhr si fort) mit vergähblichen räden in der hizze verschlühssen! wihr tuhn bässer, daß wihr di schahffe weiden lahssen, und, so es ihnen belihbet, zu meiner behausung ein-kähren; da wihr im kühlen bässere lust und ergäzligkeit schöpfen können.

Also gahb sich dises lustige und in schähffer=tracht verkleidete folk in ihre wohnung, welche si in=wändig mit, stärbe-blauen prunk-tüchern über-al ausgeziret hatte; der boden wahr mit stärbe-blauen steinen gepflastert; di däkke mit äben selbiger farbe gemahlet, und di tische blaulicht[96] angestrichchen mit stärbe-blauen tüchern behänget, also, daß nichts als lauter blaues zu sähen wahr. Oben über der haus=tühre hing ein gemälde, dahr-innen auf einem fahlen boden, mit rosen besträuet, ein Ritter, in einem stärbeblauen harnisch, mit einem blau-angelauffenen dägen an der seiten, und einem gemahlten spehre mit äben selbiger färbe in der faust, nahch dem ringel zu-rännte, mit disen über-geschribenen worten: Es gült ihre Schöhnheit.

Hinter disem blauen Ritter stund eine Jungfrau zwüschen den prunktüchern, von welcher man nichts mehr als das angesicht, und etwas von der brust, erblikken konte; auf däm einen prunk-tuche, gleich an der ekken, da si härführ sahe, stunden dise [125] worte: Ich säh' und höre mein Blaues wunder.

Als Markhold dises erzählen hörete, so ward er sehr verwundert, und fräuete sich höhchlich, daß Rosemund durch disen zihr-raht ihrer Schähffer=wohnung noch so vihl andeuten wolte, daß si seiner träue nicht vergässen hätte; jah er hatte solche lust an diser erzählung, daß er si noch einmahl hören wolte. Nahch-dähm ihn nuhn der Diner hihr=innen auch vergnüget hatte, so fuhr er in seiner erzählung dehr-gestalt fort:

Als wihr nuhn etwan eine stunde bei diser Schönen zugebracht hatten, so nahmen wihr widerüm unsern abschihd, und Adelmund ermahnte si noch zu lätst, daß si zwahr bei diser stärbe-blauen farbe solte beständig bleiben, aber ihre beständigkeit di si dem Ritter über ihrer tühren zu leisten schuldig wäre, samt ihrer guhten hofnung nicht stärben lahssen.

Des andern tages dahrnahch besucheten wihr si widerüm; da uns dan dise Schöne ih länger ih höhflicher führkahm. Si begleitet' uns eine guhte ekke von ihrer wohnung, und als si uns gesägnet hatte, widerüm nahch hause zu kähren, so must' ich, auf meines Hern befähl, mit ihr gähen; dässen si sich auch nicht vihl wägerte. Dan, weil si von meinem Hern verstanden hatte, daß er in kurzen nahch Frankreich zu reisen gedächte, so hätte si gärn, wi ich wohl straks märken konte, in geheim mit mihr geradet; dehr-gestalt, daß ihr dises eine rächt-gewündschte gelägenheit wahr, deren si sich auch wohl zu gebrauchen wuste.[97]

Wihr hatten also meinem Hern und der Adel=mund kaum den rükken gekähret, als si mihr schohn solche lihblende und härz-entzükkende worte gahb, daß ich leichtlich schlühssen konte, si würde mihr et-[126]was sonderliches auf-tragen wollen. welches auch also-bald geschahe; dan wihr waren noch nicht gahr bei ihrer behausung angelanget, als si mich schohn so hohch würdigte, ihr bohte an meinen Hern zu sein. Si gahb mihr dises ädle pfand, welches ich izund ausgelüfert habe, und baht mich so eiferig und so fleissig, daß ich solches dem Ihrigen jah selbst einhändigen möchte, und keinem mänschen etwas dahrvon sagen. Jah si beschwuhr mich so hart, daß ich in wahrheit ein grohsses bedänken truge, selbiges an zu nähmen; und ich zweifelte schihr, daß es in meinem vermögen stünde, solche zu-sage zu halten. Nichts däs-zu weniger aber, weil ich solch-einem götlichen mänschen-bilde ganz nichts versagen konte, so nahm ich selbiges an, und verpflüchtete mich, ihren wüllen, so vihl als nuhr immer mänsch- und mühglich wäre, bässter mahssen zu vergnügen.

Dis ist, mein Her, was ich von der götlichen Rosemund selbst erfahren habe, was ich gesähen und erzählen hören. Mehr weus ich ihm nicht zu sagen, als unterdihnstlich zu bitten, daß er mit diser un=fühglichen erzählung wolle zu friden sein, und vihl=mehr den guhten wüllen seines diners fohr di taht selbsten erkännen. dafohr ich ihm dan widerüm, wan sich etwas begäben würd, stündlich, jah augenbliklich auf zu dinen gesonnen bin.

Also gahb Markhold, welcher aus diser erzählung höhchster mahssen vergnüget wahr, dem diner seinen abschihd, und brachte das übrige dises tages mit lauter fräudigen gedanken zu. Er wolte sich säzzen, das brihflein seiner Rosemund zu beantworten, aber di fräude seines härzens wahr so über=mähssig, daß er von dem frohen gedanken nicht so vihl ab-brächchen konte. Jah si ward noch vihl grösser, als ihm der Diner des Hülfreichs, dehr sonst ein rächter libe-diner wahr, ein lihdlein, welches Rosemund gemacht, und er straks, so bald er wahr [127] nahch hause kommen, aus seines Hern schreibe=tahffel abgeschriben hatte, noch selbigen abänd[98] einhändigte. Dises lihdlein wahr ohn-gefähr folgender gestalt verfasset:


Der Rosemund

Klage-lihd.

Etlicher mahssen nahch der palmen-ahrt.


Wo such' ich den Lihbsten, wo sol ich ihn fünden?

ihr bleichen Masinnen, weus keine mein Lücht?

bei welchem Gewässer und lihblichen Gründen

enthält sich mein Trauter, wi? saget ihrs nicht?

Ihr belihbten Amstelinnen,

und ihr höhflichen Lechchinnen,

kündet meinem Schöhnsten an,

daß ich nicht mehr läben kan.


Verweilet sich länger mein einiges Läben,

so mus ich führ schmärzen und ängsten vergähn;

ich wolt' es nicht achten bei fremden zu schwäben,

so färn ich nuhr höhrte sein Libes-getöhn.

meine schwästern wül ich müssen,

di bei Pades siben flüssen

üm di schwarzen tannen sein,

und begähr' ihn nuhr alein. [128]


Di blanken Etschinnen verlahss' ich auch gärne,

wan meine begihrde sich nährende stillt;

di liben Ihninnen beseufz' ich von färne,

ihdännoch vergäss' ich ihr lihbliches bild,

wan ich nuhr den Markhold habe,

und mein krankes härze labe,

welches sein belohbtes bild

mit dehm schöhnsten glanz' erfüllt.


Nach verläsung dises lihdes begahb sich Markhold gleich-wohl noch selbigen abänd in sein inneres Schreibezimmer, seiner schönen Rosemund auf so vihl bezeugungen ihrer härzlichen Libe zu antworten. Man sahe wohl an allen seinen gebährden, daß er so kräftig in und bei ihm selbst nicht lähbte, als in däm härzen seiner trauten Rosemund.

Weil er nuhn gahr aus ihm selbsten wahr, so kont' er keine so zihrliche, so durchdrüngende, so bedeutende worte fünden, di ihm rächt gefallen hätten, und di seine lust, seine glüksäligkeit, seine Lib' und träue nahch gnügen austrükken[99] mochten. Lätslich aber, als er gnugsam aus- und wider hin=zu-getahn hatte, so must' er doch zu friden sein, und ihm einen, nahch so vihlen zer-rissenen brifen, gefallen lahssen.

Nahch-dähm er nuhn mit der verfassung dises schreibens und seinen verirreten libes-gedanken bis in di sünkende nacht bemühet gewäsen wahr, so entkleidet' er sich, und ging nahch verrüchtetem abänd=gebäht zu bette. Di ganze nacht täht er kein auge zu, sondern verschlos si mit solchen sühssen verzükkungen, daß auch der schlahf, wi-wohl er sonst ein sühsser und gewaltiger gast ist, nicht so vihl macht hatte, seine augen zu über-wältigen. dehr-gestalt, [129] daß er führ grohssem verlangen kaum so lange warten konte, bis der tahg angebrochchen wahr; da er schohn auf das lihd seiner Schönen eine gleich-mähssige antwort verfärtigen wolte.

Der tausend-künstlerische Lihb-reiz blihs ihm solche wort ein, und machte solche sühsse verzukkerungen, daß er nahch verfassung dehrselben kaum selbst gläuben konte, daß er ein solches härz-brächchendes lihdlein so geschwünd und in solcher verwürrung seiner sünnen verfasset hätte. Er überlas' es hinten und forne, und fand im geringsten nichts, das änderns nöhtig wäre; dehr-gestalt, daß ihm dises Lihdlein vihl glüklicher zu-geflossen wahr, als der gestrige brihf.

Als er nuhn sein schreiben zusamt däm lide kaum fortgeschikt hatte, so kahm einer von seinen Lands=leuten, ihn zu besuchen, mit welchem er allerhand lustige gespräche von seiner Rosemund hatte, doch gleich-wohl lihs er ihm nichts märken, daß er solche belihbte schreiben von ihr erhalten hätte.

Weil nuhn diser sein Landes-fräund ein guhter stimsäzzer wahr, so baht er ihn, er möchte doch seinem Reiselide, welches er seiner Rosemund zu gefallen verfasset hätte, eine feine bewähg- und klähgliche weise gäben; welches dan auch geschahe, und etliche mahl unter ihnen beiden versuchet ward.

Huldreich (also hihs diser sein Landes-fräund) hatte versprochchen auf den abänd bei einer gesel=schaft, di einen Stim- und Lauten-streit unter sich halten wolte, zu erscheinen:[100] drüm baht er den Markhold, daß er ihm doch möchte di ehr' erzeugen, und ihre lust durch seine gegenwart vermehren hälfen. Markhold entschuldigte sich anfangs; dan er gedachte, seinen gedanken, di nuhn auf nichts anders, als seine Rosemund, zihleten, däs zu bässer nahch zu hängen; indähm er aber so inständig [130] anhihlt, so lihs er sich ändlich bewägen, und gahb ihm einen gefährten.

Weil nuhn selbiges haus, dahrinnen der süng- und lauten-streit solte gehalten wärden, nicht färne von däm seinigen wahr, so gelangten si bald bei solcher geselschaft an, und warden mit fraüden gewülkommet. Markhold erlustigte sich sonderlich an einer Jungfern, welche des würts tochter wahr, und solch-eine lihbliche und härz-bewähgliche ober-stimme sang, daß man dahr-über gahr verzükket ward. Si spihlt' auch zimlicher mahssen auf dem härz-schlüssel, welches ihn äben-mähssig erlustigte.

Nahch-dähm nuhn dise fröhligkeit eine zeit-lang gewähret hatte, so gahb Markhold der spihl- und süngenden geselschaft, sonderlicher diser Jungfer, zu verstähen, daß, weil es unbillich wäre, daß er diser lust ganz aleine genühssen solte, und si vihl=mehr unlust und mühe dahr-aus schöpften, so wolt' er si gebähten haben, daß si sich auch, wo es ihnen belihblich wäre, ein wenig mit einer lustigen unterrädung, oder anderer kurzweil', ergäzzen möchten.

Diser fohrschlahg ward also-bald fohr guht erkännet, und man nahm, an stat däs süng- und seiten-spiles, das brät- und Jungfer- oder schacht=spihl zur hand, damit man einen andern kämpf zu begäben anfing. Huldreich wahr der ehrste, dehr sich mit der Heldinne (also hihs selbige französische Jungfrau) zu felde begahb, und eine solche schlacht anboht, da er straks im ehrsten anzug' erligen musste.

Nahch-mahls wahrd solches auch dem Markhold angetragen, dehr sich anfangs entschuldigte, daß er solcher in disem krige wohl-erfahrnen Heldin nicht di gegen-wage halten könte, weil er im Jungfer-spihl-kampfe noch alzu ungeühbt wäre, [131] und damit wenig gewonnen, auch wenig verlohren hätte. ändlich aber, als man ihm nicht vom halse lahssen wolte, und di Jungfer[101] sich selbst mit ihrem folke gegen ihn ins offenbare fäld in schlacht=ordnung gestället hatte, so must' er schande halben den angebotenen streit annähmen, und selbiger Heldin drei schlachten lüfern, von welchen dreien er mit gnauer noht di ander' erhalten konte.

Wan unsere Rosemund ihrem Kämpfer und diser Heldin zu-gesähen hätte, so würde si selbsten bekänt haben, daß zwe harte streiter gegen einander gewäsen wären, und sich dahrüber nicht alein verwundert, sondern auch höhchlich belustiget. Dan dise tapfere Heldin wolte dem Markhold im geringsten nicht nahch-gäben, si benahm ihm alle seine fohrteile, und verhihb ihm den pas, wan er sich etwan in eine sichchere fästung oder winkelichtes träbs-loch begäben wolte: und Markhold gleiches-fals verschnidt' ihr, wo er immer konte, alle ihre schläuf-wäge, mit solcher bedachtsamkeit, und mit solcher auf-acht, daß sich auch ein einiger spihl-kampf, eh er ein ände gewünnen konte, zimlich lange verzohg.

Gewan di Heldinne, so gahb si aus höhfligkeit seiner gunst di schuld, daß er si wüllig hätte gewünnen lahssen; und di zu-schauer schriben es ihrer schöhnheit zu: dehr eine den augen, di durch ihre strahlende macht obgesiget hätten; der andere dem munde, dehr durch seine wunder-rohte farbe des Markholds augen verbländet, oder ihn durch seine wohl-sprächligkeit verwürret und zu rükke gehalten hätte. Wan aber der Markhold obsigete, welches doch nicht mehr als ein-mahl geschahe, so sahgte so wohl er als di andern alle zugleich, daß es nicht aus ihrem versähen, sondern aus einer guht-wülligen übergabe, indähm si ihm gärn ein=mahl über sich selbst di oberhand hätte gönnen wollen, geschähen wäre. [132–133]

Diser schärz währet' eine guhte zeit, und der abänd ward rächt-schaffen lustig hingebracht; welches dan auch dem Markhold, indähm er das alte Leid nuhn widerüm ganz und gahr aus der acht geschlagen hatte, sehr lihb wahr, und ihn auch so weit brachte, daß er auf anhalten des Huld-reichs straks in seiner gegen-wart auf ihre gehaltene drei schlachten oder Jungfer- spihle dises nahchfolgende lihd verfassete.


[102] Des Markholds

Gesang

an di tapfer-mühtige Heldinne.


Halt, Heldin, halt doch ein! Ich läge fohr dihr nider

den bogen und das schwährt: das glük ist mihr zu wider;

mihr fällt es ab, dihr zu. ich bin in deiner hand,

und sähe, wi das glük sich hat zu dihr gewandt.


Drei schlachten haben wihr zusammen izt gehalten:

di ehrste gähb' ich dihr, und mus fohr dihr erkalten,

di dritte noch dahrzu: di andre bleibet mein;

doch lahss' ich alles dihr, und wül dein eigen sein. [134]


Es fällt di frage fohr, ob weusheit oder kräfte

verwalten deinen muht und tapfre krihgs-geschäfte;

ob schöhnheit ab-gewünnt, und gunst es wüllig gihbt.

ob sanftmuht oder grim bei dihr sich spihlend ühbt?


Es ums wohl etwas sein. dein' abgerüchtte gaben,

dein kluger wüz und muht, di mich entzükket haben;

di haben dis getahn, di bünden meinen wüz,

di fangen meinen muht, Du o der Tugend Siz!


Als Markhold dises lihd verfärtiget hatte, so gahb er solches in einem von Papihr geschnittenen härz- oder zweifäls-knohdten geschriben, dem Huldreich, dehr es nahchmahls auch in französische reimen über-brachte, und beides der Heldinne von des Markholds wägen zu-ställte. Di französischen tichtlinge waren ohn-gefähr folgender gestalt entworfen:


Chanson.


1.

Charlotte, c'est assez; je quitt' icy les armes,

Estant du tout vaincu par fortun' & par charme: [135]

je suis en ton pouvoir, & tu me tiens captif;

ta delicate main rend' tout l'esprit pensif.


2.

O que je suis hardy! n'ignorant ta vaillance

(ainsi que dit ton nom) acquis' en ta naissance;

ton coeur si genereux se bastit contre moy,

& gaigna deux combats bien plus vaillant que toy!


3.

Il faut qu'un curieux se met en hardiesse

de faire question, si par forc' ou finesse,[103]

par douceur, on faveur, ou par la cruauté

Tu es victorieus', on bien par ta beauté.


4.

O qu'oiiy il est ainsi, c'est elle & ta prudence,

ton bon & grand esprit reçeu par influence, [136]

que tout le monde sçait, qui sont par tout cognus,

qui m'ont ravis mes sens, ô Maison des vertus!


Dises lihdlein, dahr-innen Markhold der Parisischen Heldinnen Siges-gepränge selbsten erhuhb, gefihl ihr über alle mahssen, sonderlich weil es von träu-deutscher hand hähr-rührete, und von einem solchen mänschen, dehr seine nider-lage nicht leugnen, sondern, ihr zur ehr' und ruhm, selbige vihl=mehr aus-breiten wolte. Si wuste sich noch eins so vihl, daß si als eine Franzinne ein hohch-deutsches Helden-gemühte von innen bezwungen, als wan si ihn nuhr äusserlich, und auf däm Jungfer=spihle (welches nihmand als däm wetter-wändischen glükk', und etlicher mahssen ihrem fleisse zu zu schreiben wäre) durch ihre geschikligkeit überwonnen hätte: und Markhold belustigte sich solcher gestalt selbsten; und wahr üm so vihl däs-zu fröhlicher, daß sein lihdlein solch' eine guhte herbärge bekommen hatte; auch kont' ihn däs-halben seine Rosemund nicht verdänken, daß er sich in ihrem abwäsen, und bei solcher zu-fälligen gelägenheit mit einer aus-länderin nuhr schärz- und spihlweise belustiget hatte; weil er nichts däs zu weniger seiner pflücht, di ihr sein härz unzerbrüchlich zu halten versprochchen hatte, mit höhchster obacht nahch=kahm, und nichts im geringsten beging, das ihrer beider libe nahchteilig sein möchte.

Nuhn wollen wihr uns widerüm zu den Amstelinnen begäben, zu sähen, wi unserer Rosemund das schreiben ihres lihbsten gefallen würd: wihr wärden si gleich bei einem brunnen anträffen, da si sich in ihrer einsamkeit über di mit-buhler des Markholds, welche si tähglich verfolgen, unange-[137]sähen, daß si ihnen dahr-aus kein gehöhr gäben wül, so erbärmlicher weise beklaget.

Di arm-sälige stehet in angst, und weus nicht, wo si ändlich noch hinflühen sol: si weinet von härzen, und betrauret ihren Markhold so schmärzlich, daß si sich kaum[104] mehr besünnet: Si wül von keinem andern in ewigkeit wüssen; si wül kein mans-bild ansähen, vihl weniger berühren, als ihren einigen Markhold: dan (sahgte si bei sich selbst) wan es jah der himmel also füget, und mein hartes verhängnüs mihr dis-falls so gahr zu wider ist, daß ich seiner nicht teilhaftig wärden kan, so wül ich doch meinem einig-härz-gelihbten nichts däs-zu weniger fohr Got und fohr der ganzen wält mit einem kräftigen eid-schwure betäuren, daß ich keines einigen andern mänschens leib-geschwohrne sein wül, und keinen andern ihmahls zu sähen, ich schweige zu liben begähre, als den Markhold alein. Hingegen (fuhr si fort) ob ich mich gleich so fäst und mit einem solchen unauf-löhselichen bande, ihm aus libe, verbünde; so wül ich doch nicht, daß Er gebunden sei: und wan es unsere zwei-spältige lähre nicht gestatten kan, daß er der meinige wärde, so gähb' ich ihn allezeit frei, und wül durchaus nicht, daß er mihr zu libe di ehliche Libe gahr verlahssen sol. Es wär' un=verantwortlich, daß er als di einige hofnung seines geschlächts, und di einige spruhsse aus seinem väterlichen Stamme, seinen namen, dehn Rohm schohn fohr so vilen hundert jahren gekännet hat, selbst lihsse zu nichte wärden, und daß ich äben den untergang seines uhr-alten bluhtes veruhrsachchen solte. o das sei färne!

Gleich damahls, als si sich mit solchen klähglichen gedanken schluge, kahm der Adelmund kammer-knabe, und überlüfert' ihr von seiner Jung=frauen wägen des Markholds schreiben, mit dehm anhange, daß, wo nicht Markhold schohn auf dem [138] wäge, doch gleich-wohl des sünnes wäre, seine rük=reise wider nahch Holland zu zu nähmen.

Dise fröliche zeitung erfräuete si dehr-gestalt, daß si ihres angetahnen leides und ihrer schmärzen ganz vergahs, sonderlich, als si Markhold dässen mit eigner hand versicherte. Wehr (sahgte si bei sich selbst) ist nuhn glüksaliger als ich, weil solch-ein rätter meiner Libe und meiner träüe entsaz zu leisten gesonnen ist, und mihr zu Libe von einer so gefährlichen reise (dan er wahr anfangs gewüllet in Sizilien zu zühen) abstähet: weil er mihr solche märkliche[105] wahr-zeuchen einer ungefärbten Libe blikken lässet, und meinem flöhen solche geneugte ohren verleihet. Ich habe mich nuhn nichts mehr zu befahren, weil er so nahe ist; ich läbe nuhn ausser aller furcht, und darf mich üm nichtes mehr bekümmern, als wi ich ihn mit höchster ehrerbütung entfangen sol.

Si hatte dises ihres Härz-aller-lihbsten schreiben kaum durch-geläsen, als si di Adelmund, welche gleich bei ihrem Hern Vater gewäsen wahr, und ihm einen unter-dihnstlichen gruhs des Markholds wägen vermäldet hatte, von färnen ankommen sahe. Diser anblik erfräuete si noch eins so sehr, dan si gedachte nuhn noch mehr und vihl gewüssere zeitung von ihres Markholds künftiger ankunft zu erfahren, dehr-gestalt, daß si ihr mit gahr geschwündem gange, gleichsam als wan si geflogen hätte, entgegen eilete.

Dises ähdle zwei entfing sich mit solcher höhfligkeit und libes-bezeugungen, als ihmahls unter härzens-fräundinnen, und träuen höhflingen fohr-gähen kan. Aber di fräude der Rosemund währete nicht lange: dan so bald si von ihrer fräundin vernahm, daß sich ihr Her Vater zu disen des Markholds führ-geschlagenen bedüngungen ganz und gahr nicht verstähen wolte, so geriht si in eine [139] tühffe schwähr-mühtigkeit, und ward widerüm so häftig betrühbt, als si kurz zufohr erfräuet gewäsen wahr, dehrgestalt, daß Adelmund gnug zu tuhn hatte, ihre Fräundin zu tröhsten, und in ihrer bekümmernüs auf zu rüchten. Ach! (sahgte si) wan es dan nuhn jah nicht sein kan, und weil mein Vater mich also, mein Glaubens-bekäntnüs zu behalten, zwüngen wül, unangesähen, daß mein gewüssen einen solchen unbilligen zwang nicht vertragen mahg, so mus ich mich dan ändlich zu friden ställen, und mit geduld mein läben in einsamkeit verschlühssen. Mein Vater sol mich zwahr wohl verhintern, und hat auch macht dahr-zu, (wiwohl er solches, wan ihm nuhr Markhold seine zwe fohr-schläge pflüchtlich zu halten versprücht, mit nichten zu tuhn gesonnen ist) daß ich ihn nicht ehlichen wärde; aber mein Glaubens-bekäntnüs zu ändern, weil mich meine Fräundin eines vihl bässeren unterrüchtet hat, sol er mihr nimmermehr verbüten; und würd er mich gleich gahr enterben,[106] und aus seiner fräundschaft und väterlichen libe ausschlühssen, so schwör' ich ihm, daß ich doch von diser durch den heiligen Geist eingegäbenen meinung nicht ab-stähen wül. Ich wül liber alles fahren lahssen, wan ich nuhr disen schaz erhalte; das zeitliche ist mihr verhasst, und das ewige macht mich muhtig. Ja wehr wolte mich verdänken, wan ich nuhn alles das meinige üm eines wahren sählig-machchenden Glaubens-bekäntnüsses wüllen verlahssen müsste, und mich nahch-mahls mit meinem Lihbsten, dehn ich nähchst Got über alle schäzze der wält libe, in beständiger träue zu läben, und nimmermehr von ihm ab zu lahssen verpflüchten würde! Dan so mich mein Vater enterbet (welches ich liber wündschen wolte, als diser zwe ähdlen schäzz' entbähren) oder aus seinen augen ewig verstohssen hätte, wehr wolte [140] nahchmahls uns (wan Markhold anders eine verstohssene zu liben begähret) verbüten ehlich mit einander zu läben, und das übrige unserer jahre in vergnügung unserer selbst, und in einem geruhigen zustande zu verschlühssen?

Als si dises aus-gerädet hatte, so hihlt si eine guhte zeit inne, damit si ihren trähnen, welche Adel=mund äben so wohl vergos als si selbst, däs zu bässer verhängen möchte. Si waren alle beide betrübet, und Adelmund, an stat, daß si ihrer Fräundin trohst zu-sprächchen solte, beklahgte si, und half ihr den schmärzen nuhr mehr und mehr vergröhssern. Lätslich huhb Rosemund an sich selbst zu tröhsten, und sahgte, daß vihl-leicht bei seiner widerkunft noch alles guht wärden würde, weil si wohl wüste, daß ihr Her Vater ihm sehr gewogen wäre, und seiner alle-zeit im bästen erwähnete, dehr-gestalt, daß man nicht zweifäln dürfte, der Sünnebald würde sich lätslich beräden lahssen, und ihn solcher unbilligen verschreib- und verpflüchtung der beiden bedüngungen zu überhöben.

Adelmund, wiwohl si gahr klein-laut dahr-über wahr, und aller-dinge keinen muht hihr-zu hatte, so bekräftigte si doch ihre meinung mit guht-heissen, und brachte lätslich ihre Fräundin wider zu rächte: dehr-gestalt daß si dise traurige räden verlihs, und sich auf ein lustigers gespräche begahb. Si erzählt' ihr, wi Markhold, si wuste nicht wi,[107] oder durch was mittel, ein lihdlein, welches si auf eine zeit, als si schon das schähffer-läben angefangen, ihm zu gefallen gemacht, und an eine linde gehäftet hätte, zu gesichte bekommen, und ihr ein anderes Getichte dahr=gegen überschikte, welches er (wi in seinem schreiben mäldung geschahe) an der Sähnen in eine linde geschnidten hätte, und in solchem dise vihr tichtlinge, di si ihrer sonderlichen ahrt wägen gahr eigentlich behalten hätte, dahrbei gefüget: [141]


Seiner Trauten.


Daß ich verstrükt, erfräut, wund, lüstern, pflüchtig läbe,

das macht dein hahr, di stirn, das auge, brust, und hand:


Daß ich, o Wunder, dihr mein läben ganz ergäbe,

das macht der Libe garn, siz, bliz, schne-bal und band.


Si erzählt' ihr weiter, wi er si beräden wolte, daß er solches ihr lihdlein ohn-gefähr zu Parihs in der Königin Lust-gange bei der Sähnen an einer linden gefunden hätte; und wi er ihr versprochchen, si in kurzen an-wäsendlich zu erfräuen.

Als si nuhn noch eine guhte weile von einem und däm andern, wi das Frauen-zimmer zu tuhn pfläget, sprache gehalten hatten, und der abänd nuhn-mehr härzu nahete, so nahm Adelmund ihren ab=schihd; und di wunderschöne Rosemund, nahch=dähm si ihre schahffe versorget, und in di hürten in sichcherheit gebracht hatte, begahb sich auch in ihre schähffer-wohnung, alda si ihres träuen Markholds schreiben noch ein-mahl über-sahe, und di übrige abänd-zeit mit allerhand sühssen verzükkungen und anmuhtigen gedanken zu-brachte: bis ändlich der schlahf ihre schönen augen übermeisterte, und ihr mit mancherlei annähmlichen träumen auch di nacht-ruhe selbsten ih mehr und mehr versühssete.


Aende däs zweiten Buches.

[142][108]

Quelle:
Philipp von Zesen: Adriatische Rosenmund. Halle a.d.S. 1899, S. 67-109.
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