Der Adriatischen ROSEMVND

drittes Buhch.

[109] Weil es annoch unsere Rosemund in solchen sühssen träumen, di ihr des Markholds fohr-gebildeter anwäsenheit so scheinbahrlich genühssen lahssen, zu verstöhren, und solch' eine Schöne gleich zur unzeit wakker zu machchen, alzu früh und unbillig ist; so wollen wihr si vihl-liber noch eine zeit schlahffen lahssen, und uns unterdässen zu ihrem lihbsten Markhold begäben: damit wihr ihn von Parihs nahch Holland begleiten hälfen, und der Rosemund seine fröhliche widerkunft ankündigen lahssen.

Der tahg wahr so bald nicht angebrochchen, als sich Markhold schohn zu Schlosse begäben wolte, damit er sich mit seiner Lands-fräundin, der De-muht, nahch seiner zusage, etlicher sachchen wägen beraht-schlagen möchte: dan si hatt' ihn noch fohrigen abänd wüssen lahssen, daß di Herzogin, mit welcher er nuhr fohr dreien wochchen wahr bekant worden, und eine sonderliche gnade von ihr entfangen hatte, sehr früh auf das königliche schlos (welches ohngefähr eines halben tages reise von Parihs gelägen ist) mit ihrem Frauen-zimmer verreisen, und si, nahch-dähm si sich, bewusster geschäfte wägen, krank gestället hätte, daheime bleiben würde.

Er ward von diser krank-gestälten Jungfrau, so bald als er angelanget wahr, mit fräuden entfangen, und in der Fürstin geheimes zimmer geführet, al=da si unverhindert ihrer sachchen wägen mit einander räden konten. Markhold gahb ihr unter andern zu verstähen, daß er schreiben aus Hol- und Hohch-[143]deutsch-land bekommen hätte, di ihn mit ganzer macht zu rükke forterten, und weil er morgen, wan ihre Fürstliche Durchleuchtigkeit würde widerkommen sein, gesonnen wäre, seinen abschihd zu nähmen; so wolt' er si (sagt' er) gebähten haben, daß si ihm doch unbeschwäret guhten raht mit-teilete, wi er sich am bässten von däm Fürstlichen Fräulein lohs-machchen könte;nahchdähm-mahl[109] er wohl wüsste, daß si ihn schwährlich würde zühen lahssen, und ihm solche verheissungen und fohr-schläge tuhn, wi dan schohn albereit geschähen wäre, daß er vihlleicht müsste gehorchen, und sich ihrem gnädigsten wüllen noht-drünglich unter-wärfen.

Hihr-auf gahb ihm di Demuht zur antwort und sagte; mein Her, wi-wohl es mihr zum höchsten zu wider ist, daß ich ihn, als den einigen Landes=fräund, jah den einigen bekanten, dehn ich alhihr in der fremde haben mahg, und dehm ich mein anligen verträulich zu erkännen gäbe, so geschwünde verlühren sol; so säh ich doch solches, daß er von meinem aller-gnä digsten Fräulein seinen abschihd nähmen wül, nicht aller dinge fohr guht an: dan ich weus so gewüs, als ich hihr stähe, und di ehre habe seiner unterrädung zu genühssen, daß das Fräulein ihn nicht lahssen würd. Drüm, wan er sich jah durch mein so vihl-fältiges flöhen nicht länger wül halten lahssen, so wül ich ihm noch gleich-wohl träulich rahten, daß er sich nichts im geringsten gegen ih-mand an unserem hofe seines Abzugs wägen märken lahsse, auch der Fürstin selbst nichts davon sage, sondern, so er jah einen abschihd nähmen wül, so kan er nuhr fohrgäben, daß ein guhter Fräund zu Ruahn ankommen wäre, dehn er besuchen wolte; und härnahch, so es ihm belibet, so würd er solches schohn auf das bässte schriftlich zu verrüchten wüssen, was er izund mündlich zu tuhn gedänket. [144]

Nahch-dähm nuhn diser Fohr-schlahg dem Markhold über alle mahssen wohl-gefihl, so bedankt' er sich zum höhchsten gegen dise kluhg-sünnige Jungfrau, und begunte von ihr schohn seinen ab=schihd zu nähmen. Es ist mihr sehr leid, fing er an, daß ich meine Jungfrau, so gahr bald verlahssen mus, nahchdähm wihr unserer fräundschaft wohl=befästigten grund-stein kaum geläget, und ich noch nihmahls gelägenheit haben mögen, mich führ so grohsse wohl-tahten, und solchen hohch-geneugten wüllen, dehn si mihr ihderzeit so offenhärzig erzeuget hat, dankbahrlich zu erweisen. Damit ich aber gleichwohl nuhr ein zeuchen, daß ich mich gärn dankbahrlich erzeugen wolte, blikken lahsse, so verpflücht' ich mich zum höhchsten, jah solcher gestalt, das ich sonst keinem einigen mänschen in ganz Frankreich[110] zu tuhn gesünnet bin, daß ich ihr aller=träuester und unvermüdester Diner mein läbe=lang verbleiben wül: Jah ich verhoffe, solche meine begihrde, di ich meiner Jungfrauen auf zu dinen trage, noch ein-mahl zu erfüllen, und vihlleicht auf ein' andere zeit, weil es jah izund nicht hat sein können, meine schwachheit zweifach zu ersäzzen.

Ach! mein Her (fihl si ihm in di räde) wahr=üm wül er das-jenige mihr tuhn, was ich ihm zu leisten schuldig bin! Ich habe mich vihl-mehr zu bedanken, daß er mihr hat di hohe ehre wider-fahren lahssen, mich unter di zahl seiner Fräundinnen zu rächnen, als daß er sich so hohch gegen mich verpflüchtet, daß ich gahr beschähmet bin, solche hohe gunst mit solchem undank an zu nähmen. Ich versichchere meinen Hern mit kurzen worten, daß es mihr allezeit höhchst angenähm gewäsen ist, wo ich nuhr so geschikt habe sein können, ihm di geringsten ehren-dihnste zu leisten; und es sol mihr auch hinführ ganz nicht schwähr fallen, alles das-jenige zu tuhn, wodurch ich mich einem solchen Fräunde, wi er ist, verbündlich machchen kan. [145]

Als si nuhn in däm zimmer eine guhte weile verträulich mit einander gerädet hatten, so fing Markhold an, und frahgte, ob nicht der grohsse Sahl offen wäre? dan er wolte gärn hinauf gähen, damit er noch führ seinem abzüge, und izund, da di Hohf-jung-herrn näbenst däm Frauen-zimmer, mit däm Fräulein verreiset wären, di gemählder nahch gnügen besähen könte.

Jah, wan mihr anderst rächt ist, gahb De-muht zur antwort, so hab' ich ihn noch izund, eh ich meinen Hern angenommen, eröfnet gesähen; drüm, wan es ihm belihbt, so wollen wihr hinüber gähen. Hihrauf boht ihr Markhold di hand, und si gingen also ohn' einiges mänschen entgegen-kunft auf den sahl.

Das ehrste gemälde, das Markhold auf der rächten hand erblikte, wahr der Saturn, welcher sich auf seine ungeheure sense gestüzt hatte, mit tühffen eingefallenen augen, gerunzelter stirne, einer habichts-nas' und blüht-trühffendem munde, in welchem noch ein stükke von einem zerfleischten knaben hing. In der hand hihlt' er ein halb-gefrässenes kind, welches der mahler so künstlich und so erbärmlich[111] fohrgestället hatte, daß man sich nicht gnug dahrüber verwundern konte. In der linken seite dises kindes, welche ganz eröfnet wahr, sahe man das härz so eigendlich und selblich ligen, als wan es läbete: es zitterte gleichsam, und wändete sich entbohr. Des alten gräuser bahrt, hing noch ganz fol bluhtes, und wahr auch mit etlichen stükken vom gehirne der erbissenen kinder besprüzt: di dik-beäderten ärme waren so rauch wi ein igel, und di nägel an den fingern, wi ahdlers klauen; di schenkel waren so ungestalt und so dürre, daß einem ihden, dehr ihn an=sahe, schrökken und grauen ankahm. Fohr seinen fühssen lahg solch-ein grohsser haussen tohdten-beine, deren etliche bleich, etliche noch halb mit fleisch [146] bekleidet waren, und andere ehrst anhuben das fleisch zu verlühren. Auf den seiten üm ihn hähr sahe man einen haussen zerrütteter und verwühsteter schlösser, zerbrochne königs-kränze und reichs-stäbe; dehrgestalt, daß es ihderman ein gräuliches entsäzzen einjahgte.

Ein wenig weiter in den sahl sahe man den Pirahm bei einem brunnen, im bluhte, ligen, und di Tisbe, seine Lihbste, säzt' ihr seinen dägen in di brust, dehr-gestalt, daß das bluht hauffen-weise über den Pirahm hin-sprüzte, und sich mit däm seinigen vermischte. Der maul-behr-baum, dahr-unter si lagen, schihn gleichsam mit bluht' über und über besprängt, dehr-gestalt, daß seine früchte noch halb weis, und halb bluhtig waren. Von färnen stund ein junger leue, welcher das ober-kleid der Tisbe zerfleischte, und mit bluhte, welches er noch am rachchen kläben hatte, beschmuzte. Auf der rächten seiten diser ab-bildung hingen in einem weissen tähflein dise reimen mit gold geschriben:


Des Pirams Klage

bei däm kleide seiner Lihbsten.


Ach weh! ach immer weh! o Tisbe, meine Schöne,

o Tisbe, wo bist-du? nahch dehr ich mich nuhr söhne!

Ein' ein'ge nacht wül nuhn zwei Lihbsten raffen hin,

davon ich nuhr alein des todes schuldig bin.


Ich habe dich entleibt: ich hihs dich, Lihbste, kommen [147]

an solchen grimmen ort mit schrökken ein-genommen;

Da ich nahch billigkeit der ehrste sollen sein,

und nuhn der lätste bin. kommt, hälft mihr ab der peun,[112]


ihr leuen, di ihr hihr in disen klüften wohnet,

kommt, nahet euch här-zu, zerreisset mich, und lohnet

der unträu nahch gebühr. Mein schwährt sol rächcher sein,

sol rächchen ihren tohd, und änden meine peun.


Auf der linken seite däs gemäldes waren auf einem rohten tähflein mit güldnen buhchstaben folgende worte zu läsen:


Der Tisben Klage

über den tohd ihres lihbsten,

des Pirams.


O trauter Piramus! was führ ein grimmes tihr,

was führ ein böser fal beraubt mich meiner zihr?

Pir piram-Piramus, antworte doch mein läben,

di lihbste Tisbe ruhft; wült-du gehöre gäben? [148]

Rücht' auf der augen lücht, sih' hihr dein libes Lihb;

di Tisbe ruhffet dich, di dich zu liben trihb;

Di Tisbe ruhffet dich. ach! kanstu dich nicht rägen?

wi liget hihr so blohs der bluht-besprüzte dägen?

ach weh! nuhn säh' ichs ehrst; dich hat dein' eigne hand,

jah deine Lib', hat dich versäzt in disen stand.

Drüm sol auch meine faust mich wider-üm nicht sparen;

di lihb' ist stark genug, Dihr, Schöhnster, nahch zu fahren:

di libe stärke mich. Ich habe schuld dahr-ahn,

wül auch gefärtin sein. Hat dis der tohd getahn,

und aus den augen dich, o härzer schaz, gerissen,

daß ich dich missen mus, so sol er dises wüssen,

daß ich mich nimmer-mehr von dihr entfärnen mahg;

ich stärbe gleich wie er, und wärde keinen tahg,

kein sonnen-lücht mehr sähn. Drüm, weil ihr uns im läben, [149]

ihr ältern, solche macht zu liben nicht gegäben,

so gönn't uns doch, daß wihr in einem grabe sein.

und du, o liber baum, dehr du durch deinen schein

hihr einen leib bedäkt, solt beide bald beschatten,

und fohr di weisse frucht (der Himmel würds gestatten

zum zeugnüs unsers bluht's) mit schwarzer führ und führ

befruchtet sein. – – – – – – – – – – – – –


Straks bei disem hing ein überaus schönes gemälde, dahr-innen der tohd des schönen Adohns, dehn di Libinne so inbrünstig gelibet hat, entworfen wahr. Der Adohn ward von einem eber verwundet, welches so eigendlich abgebildet wahr, daß man fast geschworen hätte, als wän man einen rächten läbendigen jüngling zu boden fallen,[113] und gleichsam in solchem fallen stärben sähe. Di Libinne kahm von dem Himmel härab auf einem güldnen wagen mit zwe schwanen gezogen, gleichsam als wolte si ihrem Lihbsten entsaz leisten, und raufte führ schmärzen das hahr aus. unter disem gemälde stunden folgende reimen:


Der Lustinnen Klage

über den tohd ihres Adohns.


Hihr lihgt Adohn verwundt; Lustinne höhrt ihn klagen,

und eilet nahch ihm zu auf ihrem güldnen wagen; [150]

Si schlähgt di zarte brust, reisst aus ihr schönes hahr,

weil fast kein läben mehr an ihm zu spüren wahr.

Ach (sprahch si) mein Adohn! mein aller-lihbstes Läben!

wer hat dihr disen muht und disen raht gegäben?

ich hab' es wohl gesahgt, du soltest solch ein wild,

das nuhr mit grimmigkeit, mit rachch' und zorn erfüllt,

jah nihmahls tasten an. Sol ich dich, Schöhnster, müssen,

wiwohl es häftig schmärzt, so wül ich sein geflissen

ein ewiges gedänk zu stiften deiner ehr,

daß auch, wan du gleich tohd, dein lohb sich selbst vermehr'.

Aus deinem bluhte sol ein anemohn' auf-schühssen,

di ich mit himmels-tan wül lahssen über-gühssen;

di al-zeit, wan der länz in seiner lust würd stähn,

zum dänk-mahl deines bluhts sol purpur-roht aufgähn.


Widerüm in einem andern, sahe man den schönen Jüngling Ganimedes auf einem ahdler un-[151]gläub licher gröhsse, welcher einen donner-käul im schnabel führete. Der jüngling wahr nahch ahrt der indischen bärg-leute bekleidet, fräch und gesund von gesichte: di hahre waren gold-färbig, und hatten sich auf dem rükken in falten geschlagen: di haut wahr so weis wi schne, und an etlichen örtern mit einer gelinden röhte vermischet: di blauen äderlein an den armen und händen waren so lähbhaft entworfen, und gaben dem leibe solch-ein lihbliches aus-sähen, daß man dahrüber gleichsam gahr verzükt ward. Er sträuchelte mit der einen hand des ahdlers kopf, und mit der andern wolt' er dem Jupiter, welcher auf seinem reichs-stuhle straks näben ihm sahs, den donner-käul aus der hand nähmen. Ein wenig auf der seiten sahe man den bächcher, dahraus diser kleine schänke den Göttern mit Himmels-trank aufdinet, mit einer güldnen schale fol rohtes weines; auf welchem, als wan er[114] gleichsam nuhr izund eingeschänkt wäre, ein stärbe-rohter gisch und etliche blähslein stunden.

Sonsten hingen auf selbiger seiten keine andere gemälder, als lauter fremde Frauen-trachten, als Hohch-deutsche, meisnische, sächsische und schwäbische; Persische, türkische, wälsche, änglische, brabandische, indische, ja was man fohr trachten erdänken konte, diselbigen waren alhihr zu schauen.

Lätslich kahmen si gegen der tühren über an eine überaus-köstliche tafel, in welcher di entführung der Helenen entworfen wahr. Bei disem gemälde nuhn hihlt sich Markhold eine guhte zeit auf, und erzählte seiner Fräundin di ganze trojische geschicht. Als er aber sahe, daß es fast mittahg wahr, so fing er schohn widerüm an von seinem ab=schide zu räden, und brauchte solche bewähgliche worte gegen di Demuht, damit er si zur beständigkeit in ihrem Glaubens-bekäntnüs ermähnte, daß si bitterlich zu weinen anfing. Er baht si [152] gleichsam, daß si sich durch eitele und vergängliche ehre nicht möchte bewägen lahssen, di ewige zu verschärzen, und ihrer hohch-ansähnlichen Fräund=schaft kein färneres härzeleid über den hals zühen: dan er wusste wohl, daß si das Fräulein üm-sonst nicht so in ehren hihlt', und daß es ändlich üm si wohl würde gefahr haben.

Lätslich, weil er sich nuhn widerüm nahch hause begäben musste, so wolt' er sich gegen si noch ein=mahl beklagen, daß er nuhn so undankbahr von ihr wäg-zühen solte, und sich zu ihren dihnsten färner verpflüchten. Alein si baht ihn mit weinenden augen; er wolle doch (sahgte si) mit solchen worten inne halten, und meine schmärzen nicht noch mehr verärgen.

Als si sich nuhn här-üm nahch der andern seite des sahles, wo si noch nicht gewäsen waren, zu wändeten, und gleich hinaus-gähen wolten, so ersahen si eine hof-jungfrau der Fürstin, welche daheim gebliben wahr, in einem winkel am tage-leuchter sizzen, di ihnen di ganze zeit über zu-gehöret hatte; weil si aber di deutsche sprache nicht verstund, so hatten si sich keines verrahts zu befahren. Doch gleichwohl erschrahk di Demuht häftig über solchen anblik, als wan ihr ein grohsser unfal begegnet wäre; sonderlich, weil si noch weinte, und di augen fol trähnen stunden: dan si[115] befürchtete sich eines arg-wahns. Drüm baht si den Markhold, daß er mit hin zu ihr gähen wolte, damit si sich ihres weinens halben entschuldigen möchte.

So bald si sich nuhn nahch diser hohf-jungfrauen zu wändeten, so erhuhb si sich, kahm ihnen entgegen, und frahgte straks, wahrüm di Demuht so betrühbt aus-sähe. wohr-auf si zur antwort gahb, daß ihr der tohd zweier Lihbsten, des Pirams und der Tisbe, welcher in jener tafel entworfen wäre, so häftig gejammert hätte, daß si ihren unfal hätte beweinen müssen. Zu-dähm, so wäre di zerstöhrung [153] der stat Troja, di ihr bei däm hintersten gemälde von dem Markhold erzählet worden, noch dahr-zu kommen, und hätte solches ihr weh-leiden aufs näue gehäuffet.

Mit disen höhflichen schwänken muste sich selbige hohf-jungfrau genügen lahssen, und kont ihrer trähnen halben keinen andern berückt bekommen. Dan Markhold, als er zufohr di hohf-jungfrau gegrühsset hatte, boht seiner Fräundin also-bald di hand, und führete si widerüm in ihr zimmer; da er folgendes seinen abschihd nahm, und sich, nahch=dähm ihn dise ahdliche jungfrau zum höhchsten vergnüget hatte, nahch hause begahb.

Des andern tages besuhcht' er di Herzogin auch, di nuhnmehr ihren lust-wandel verrüchtet hatte, und gahb ihr untertähnigst zu vernähmen, wi daß er von einem seiner guhten Landes-fräunde, dehr sich izund zu Ruahn aufhihlte, schreiben bekommen hätte, und nuhn gesonnen wäre, ihn auf sein einladen zu besuchen, welches er ihrer fürstlichen Durchleuchtigkeit gleich-wohl zu-fohr vermälden wollen, damit Si sich, wan Si etwan seiner geringen dihnst' in seinem abwäsen möchte von nöhten haben, nicht vergähblich bemühen dürfte, ihn suchen zu lahssen.

Dise junge Fürstin (dan si wahr äben in einem solchen alter, welches ehrst rächt zu blühen begunte) gahb ihm eine ganz-gnädige antwort; daß es solcher anmäldung gahr nicht von nöhten gewäsen wäre; und ihr ansähen würde hihrdurch, wan si ihn gleich ein-mahl vergäbens hätte beschikken lahssen, nicht sein geringer worden. Daß er Si nuhr auf solche weise zu seiner gunst und wohl-gewogenheit noch[116] mehr zu verpflüchten, und ihm wohl zu tuhn, mit solcher höhflichen ahrtigkeit, gleichsam zu zwüngen wüsste.

Markhold nahm also seinen abschihd, und wi=wohl ihn das Fräulein nöhtigte, daß er noch eine [154] weile verharren möchte, so entschuldigt' er sich doch auf das bäst' als er konte, und gahb Ihrer fürstl. Gnaden untertähnigst zu vernähmen, wi vihl noht-wändige sachchen er noch zu beställen hätte, und morgen mit däm frühesten auf zu brächchen gedächte; dehr-gestalt, daß ihm gewülliget ward seinen abschihd zu nähmen.

Als nuhn di Demuht (welche dise Fürstin so über-aus lihb hatte, daß sie allezeit üm si sein musste, und dehr Si alle ihre heimligkeiten an-vertraute) gewahr ward, daß Markhold von däm Fräulein seinen abschihd nahm, und di reihe nuhn an si auch kommen würde, so machte si sich eilend aus der kammer, damit si der Fürstin durch ihre trähnen (dan si konte sich derer doch nicht enthalten) keine uhrsachche gäbe, etwas fremdes zu muht-mahssen: dehrgestalt, daß Markhold dise seine geneugte Raht-gäberin zwahr zu guhter lätste mit seinen augen bis an das bei=zimmer verfolgen, aber gleich-wohl nicht gesägnen konte.

Di Fürstin, welche solche ihre flucht straks an seinem gesichte wahr-nahm, kährete sich nahch ihrer liben und geträuen Demuht üm, und sah' ihr äbener mahssen nahch. Gleich-wohl wolte si diser flüchtigen nicht zu-ruhffen, di uhrsachche ihres geschwünden abtrits zu erforschen: dan si bildet' ihr dasjenige ganz und gahr nicht ein, das dise Schöne wuste, und wäs-wägen si sich aus däm zimmer zu stählen, so eilend bemühete. Di zeit aber, als di verrähterin aller heimligkeiten, lährete si solches nicht lange dahrnahch. Dan es waren kaum fünf wochchen verflossen, als der Markhold Ihre Fürstl. Durchleuchtigkeit von Ruahn ab mit schreiben berüchtete, daß er in sein vater-land gefortert würde; weil aber solches so eilend geschähen müsste, und ihm so vihl [155] zeit nicht übrig wäre, von Ihrer fürstl. Hoheit mündlichen abschihd zu nähmen, so würde si ihn aller-gnädigster verzeuhung würdigen, wan er gezwungen würde, solches schriftlich zu tuhn. In dässen lähbt' er noch der guhten hofnung, daß er sich in kurzen widerüm zu[117] ihren dihnsten verfügen, und seinem allergnädigsten Fräulein mehr annähmlich machchen würde.

In wärender diser zeit nuhn, daß sich Markhold zu Ruahn aufhihlt, ergäzt' er sich mit aller-hand zeit-verkürzungen. Er hatte sich kaum drei wochchen daselbsten aufgehalten, als das feier des Wein-gottes, fohr der Fasten mit allerhand auf=zügen und ahrtigen mummereien von etlichen führ-nähmen bürgers-söhnen begangen ward.

Der ehrste auf-zug wahr der hoffenden, in blauer tracht, mit weissen mum-gesichtern, und hatte ein ihglicher ein ganzes schif mit allem zugehöhr auf däm häubte. Der andere wahr der halb-tohdten, ohn-gefähr bei vihrzig pfärden in fahler tracht, mit schwarz-weissen mum-gesichtern. Der dritte wahr der fischer, auch in weisser leinen tracht, mit wasser-fahlen mum-gesichtern und fischer-reisen, in welchen kleine gründlinge hihr und dahr zwischen den weiden hingen, auf däm häubte. Der vihrte ställte fohr di jägerei, dahrinnen man zwölf reiter mit hirsch-häuten über=zogen, und zwe mit bähr-häuten sahe: der eine bähr hatt' eine zige unter dem arm', dahrinnen eine sah-pfeiffe verborgen wahr, damit er unter weilen zu blasen anfing. Der fünfte wahr der wahr-haftigen, welche ganz schlohs-weisse seidene kleider und mum-gesichter hatten. Der sechste führete di halbe trauer, üm ihren könig, dehr nuhn-mehr fohr neun mahnden tohdes verblichchen wahr, ohn gefähr bei dreißig pfärden stark; di kleider waren [156] von schwarzem seidenem zeuge, mit silbernen spizzen verbrähmet. Jah es wahren noch vihl andere mehr, welche nicht alein des tages über, sondern auch di ganzen nächte durch währeten.

Weil sich nuhn dise kunter-bunten aufzüge drei tage nahch einander sähen lihssen, so begahb es sich, daß zwe hohchdeutsche von adel, welche äben in Frankreich kommen waren, den Markhold am dritten tage diser mum-schanzereien ohngefähr im tage-leuchter ligen sahen, und ihm über die strahsse, da si stunden, mit dem huht' einen wink gaben.

Markhold, nahchdähm er diser seiner alten bekanten ansichtig ward, erfräuete sich über alle mahssen, und lihs si zu sich hinauf in sein zimmer kommen, in welchem schohn vihl seiner Lands-fräunde teils disen fast-nachts-spilen zusahen,[118] teils auch di zeit mit allerhand kurzweiligen erzählungen zu=brachten: dan es wahr von dem Markhold also an=gestället, daß ein ihder eine wunder- oder sonst kurz=weilige geschicht, di sich bei seinem läben zu-getragen hätte, erzählen solte.

Als nuhn di reihe dise beiden näukömlinge trahf, und si das ihrige auch dahr-zu gäben solten, so entschuldigten si sich zwahr eine guhte zeit: aber auf des Markholds anhalten bekwähmeten si sich ändlich, und weil er, der Markhold, zu verstähen gahb, daß er den Lust-wandel des Guhts-muhts, dehn er eines mahls (wi er noch fohr seinem abreisen erfahren) mit der Wohl-ahrt verrüchtet hätte, gärn hören möchte; so fing der eine dehr-gestalt an zu räden.


Der Lust-wandel des Guhts-muhts.


Weil nuhn di ganze geselschaft di augen auf mich würft, meine unabgefasste nichts-würdige erzählung an zu hören, und mein hohch-geehrter Her Markhold den lustwandel des Guhts-[157]muhts und der Wohl-ahrt so inständig zu wüssen begähret, so wül ich ihre begihrden, so vihl an mihr ist, und meine schwachheit zu-lässet, bässter mahssen vergnügen, und zweifle ganz und gahr nicht, es wärde diser lust-fal (wi ich ihn nännen mahg) welcher sich ohn-gefähr fohr vihr jahren in meinem Vater-lande zugetragen hat, der ganzen anwäsenden genossenschaft, nicht verdrühslich fallen.

Es lihgt in Ober-sachsen eine lustige stat, welche wägen ihrer so hohch-gelährten läute, damit si ihder-zeit überflühssig versähen gewäsen, durch di ganze wält berühmet ist. dehr=gestalt, daß auch fohr disen zeiten di Fölker von morgen und abänd, jah der junge türkische Grohs-könig selbst, ihre hohe schuhle (welche von den beiden Fridrichen, den Kuhr-fürsten und Herzogen von Sachsen, kristlicher gedächtnüs, von dem einen im 1502. jahre gestiftet, und von dem andern gewaltig vermehret worden) mit hauffen besuchet, und sich über solcher grohssen männer führträflichen weusheit zum höhchsten verwundert haben.[119]

In diser wält-bekanten kuhr-stat Wittenbärg (ich wül ihren löhblichen namen nicht verdunkeln) hihlt sich äben damahls der Guhts-muhts auf; da=mit er sich durch solcher grohssen männer unterrüchtung und nüzliche lähren mit allerlei künsten bereichern möchte. Weil nuhn di Jugend ins gemein mit den sühssen anföchtungen der Libe behaftet ist, und dahähr, wo nicht dehrselben unbeständigkeit, doch zum wenigsten der verfolgerischen mis-gunst unterworfen ist; so begahb es sich auch, daß diser rädliche Deutsche von allen beiden angefeindet ward. Auf der einen seiten sah' er di unbeständigkeit seiner Lihbsten; auf der andern verfolgeten ihn di neidischen feinde seiner wohl-fahrt; jah zu disen beiden kahm auch ändlich di unbarmhärzigkeit [158] des verfluhchten kriges, welcher seine anverwandten in das äusserste verdärben gesäzt hatte. Was raht? diser armsälige mänsch wusste keinen trohst, und es wahr ihm, nahch seinem bedünken, luft und ärde zu wider: dan di verfolgung diser dreien feinde konte durch kein einiges mittel ab=gewändet wärden; er musst' ihr den follen lauf lahssen, dehr-gestalt, daß er in tausend ängsten, und noch mehr schwähr-mühtige gedanken, geriht.

Als ihn nuhn sein wider-wärtiges verhängnüs in solchem elenden zustand' eine guhte zeit hatte vertrühffen lassen, so begahb es sich lätslich, daß er mit seiner vihl-vertrauten Fräundin der Wohl=ahrt einen lust-wandel zu tuhn, und ihr das-jenige, was ihr feindlich wahr abgenommen worden, durch seine waffen (welche doch damahls mehr fräund- als feindlich gemeinet waren) widerum zu wäge zu bringen, gebähten ward.

Dises nuhn wahr ihm eine gewündschte gelägenheit, dadurch er nicht alein der gewalt seiner feind' entrünnen, und an einen sichcheren ort, seine abgemüdete gedanken etlicher mahssen widerüm zu erfrischen, gelangen, sondern auch ihre tükke verlachchen, und sich, an einer ungeträuen stat, nahch einer träueren üm-sähen konte: dehr-gestalt, daß er sich nicht lange besan, der Wohl-ahrt dises falles an einen solchen ort, dahin si zu reiten gedachte, gefährte zu sein.

Als si nuhn schohn auf dem wäge waren, und über den haubt-flus dässelbigen Herzogtuhms gelanget, so kahmen[120] si in eine über-aus-lustige gegend, da der Guhts-muhts nicht alein über den anblik der schön-beblühmten wisen, ümhähr-ligenden wälder, und lihblichen gesang der vogel, in eine sühsse verzükkung geriht, sondern auch der last sei-[159]ner schwähr-mühtigen gedanken, durch das an=muhtige gespräche der Wohl-ahrt ganz und gahr entbürdet ward; dehr-gestalt, daß er den wähg noch eins so lang wündschte. Aber di pfärde, welche schohn fohr-hähr märkten, in was fohr einer guhten herbärge si selbiges abändes solten entfangen wärden, waren so mundter, und eileten dehr=gestalt fort, daß si den wähg, dehn andere mit zwei futtern kaum verrüchten mögen, in einem fol=brachten.

Weil sich aber mit einer solchen über-mähssigen fräude meisten-teils ein trauren zu vermischen pfläget, so truhg es sich zu, daß des Guhts=muhts pfährd, nahch-dähm si in einem kleinen kahne solchen grohssen flus widerüm überfahren solten, und di pfährde sehr unbändig und übel zu zäumen waren, mit ihm, an einem sehr gefährlichen orte, mit follem sprunge ins wasser säzte, dehr-gestalt, daß es das ansähen gewünnen wolte, als ob er aus dem rägen in di trauffe kommen, und das läben, welches er sonst auf trukkenem lande noch eine guhte zeit führen könte, im nassen auf-säzzen solte. Aber das glük wolte solches einer weitbässeren lust, als er noch sein läbe-tage genossen hatte, aus einer sonderlichen gunst, fohr-spahren, und verhalf si beiderseits wohl hin-über.

Als si nuhn an das ufer gelangten, da fanden si straks einen äbenen wähg, welcher si erstlich durch vihl anmuhtige wisen, und nahch-mahls durch ein kleines lustgebüsche führte; dahrinnen si, teils durch den laut-schallenden gesang der nachtigal, teils auch durch das stamrende geräusche eines fohrbei-flühssenden bächleins, höhchster mahssen erlustiget warden. Di nähchst-beigelägene uhr=alte fästung Bretihn, welche fohr jahren in dem spanischen krige nicht hat können erobert wärden, [160–161] wahr ihnen auch nicht wenig verwunderlich zu betrachten.

Di rein-steine des ortes, wohin si gedachten, hatten si nuhn-mehr über-schritten, und fingen al-gemach an sich den häusern zu nähern; da si auf der einen seiten das[121] bau-feld, auf der andern allerhand schöne lust-gärten ligen sahen. dehr-gestalt, daß Guhts-muhts weit ein anders befand, als ihm fohr disem wahr erzählet worden. dan hatte man ihm den ort geringe beschriben, so befand er ihn izund mehr als führ-träflich: hatte man ihm ein haus, wohrinnen sich nuhr Bauren-blakker auf-hihlten, fohr-gebildet, so sah' er führ augen ein solches köstliches schlos, dahrinnen sich ein könig, seinen hohf zu halten, nicht schähmen dürfte: gedacht' er in ein armes mit stroh und schilf gedäktes dorf zu kommen, so gelangt' er in einen dehr-massen wohl-aufgebauten wohn-plaz, daß er ihn mit keinem grohssen und ansähnlichen stein-hauffen irgend einer stat vertauschen wolte. kurz, er konte sich über dise, mit lustigen bärgen, träflichen gärten, schönem wise=wachs' und feld-bau gezihrte, gegend nicht gnug=sam verwundern.

Den eingang zu disem wohn-plazze macht' ein ängverzäuntes gäslein, dahr-innen Guhts-muhts di Wohl-ahrt absteigen, und nahch ihrer herbärge gähen lihs: auch sich selbsten, nahch-dähm si ihr pfährd abholen lahssen, in eine andere begäben wolte. Aber das verhängnüs hatte nicht alein beschlossen ihn an einen solchen lustigen ort zu führen, sondern es lihs ihm auch das-jenige wider-fahren, was zur folkommenheit seines glükkes erfortert ward. Dan, als er also auf seinem pfährde hihlt, und sich über di kunst der Zeuge-mutter verwunderte, so sah' er ein über-aus schönes Frauen-bild, in weisser fohr-tracht, üm die ekke här-führ blikken, welches ihm durch seinen prächtigen schein ein solches ent-[162]säzzen einjahgte, in-dähm er si gänzlich fohr eine Göttin hihlt, daß er nicht wusste, ob er warten oder weichen solte.

Als er sich nuhn in solchen zweifälhaftigen gedanken befande, so kahm ein kleiner knabe fohr ihr hähr gelauffen, welcher das pfährd von ihm zu nähmen begährete, und disem bestürzten das Frauenzimmer, welches ihm entgegen kahm, zu erkännen gahb.

Ob ihm nuhn seine unhöhfligkeit wohl bewust wahr, und er ihm dannen-hähr leichtlich einbilden konte, mit was führ ehr-erbütung er dises frauen=mänsch anräden würde, so ging er doch nichts däs=zu-weniger auf si zu, mit dehm[122] führsazze, daß er si nahch seinem bässten vermügen begrühssen wolte.

Aber dises Frauen-zimmer kahm seiner unmächtigen zungen zu hülf', und gahb ihm durch ihr hold- und lihbsäliges zu-sprächchen gelägenheit, eines oder das andere wort mit verzahgtem muhte här-aus zu stohssen, führet' ihn dahr-auf in di behausung, und erhihlt von ihm dise grobheit (wi er es selbsten nännte, als ich di ehre hatte, solches seines lust-wandels erzählung zu-hörer zu sein) daß er seine herbärge alda zu nähmen versprahch, und sich also dises angebohtenen glükkes selbige nacht gebrauchte.

Folgendes morgends, als er sich, in dehr ihm ein=gegäbenen wohl-aus-gezihrten stuben, kaum angekleidet hatte, so kahm äben ein alter ernsthafter und ehr-erbütiger schähffer (welcher den Guhts=muhts, als er sich eins-mahls verirret hatte, widerüm zu rächte gewisen) ihn zu besuchen, und zeugt' ihm ehrstlich alle gelägenheit des ortes von innen und von aussen, nahch-mahls wolt' er ihm auch etliche Mänsch-göttinnen dises halb-götlichen Wohn-plazzes sähen lahssen. [163]

Bruder (sahgt' er) ich habe dihr zwahr alles, was alhihr dänk-würdiges zu sähen ist, bäster massen gezeuget, aber noch eines hab' ich mihr fohr=behalten, welches ich fohr das bäste schäzze, und das deine glük-säligkeit rächt folkommen machchen kan. Solches sein drei Schähfferinnen, oder wohl gahr halb-göttinnen, welche wi di Himmelinne, Lust- und Kluginne, den Himmel; also dise di ärde zihren. Woltestu mihr nuhn di wahrheit zu sagen, welcher di oberställe gebührete, und ihnen zu ehren, dein uhrteil nahch tichterischer ahrt ab zu fassen, versprächchen; so solten si dihr nicht alein unverborgen sein, sondern ich wolte dihr auch gelägenheit machchen, ihres gespräches zu genühssen.

Wi (fihl ihm der Guhts-muhts in di räde) sol ich nuhn Paris sein? dise unersäzliche wohltaht und ehre, so du mihr anbütest, ist zwahr sehr grohs, und mihr höchst-annähmlich, aber deinem begähren gnüge zu tuhn, ist mihr unmühglich: dan, zu schweigen, daß derer Schönen berühmtes lohb nicht alein durch mich unausgebreitet verbleiben, sondern auch vihl-mehr verkleinert würde, so hat mihr auch[123] di Zeuge-mutter aller dinge di-jenigen gaben, welche zu solchem lohb- spruche noht-wändig erfortert wärden, gänzlich versagt.

Ei! (warf der alte Schähffer ein) was du nicht kanst, das kan ein anderer; oder schäuestu dich anderer hülfe in disem falle zu gebrauchen? wültstu liber dises glük verschärzen, als einen deiner guhten fräunde hihr-innen bemühen, und das-jenige, was ich begähre, durch ihn verrüchten lahssen? Mit nichten (gahb Guhts-muhts zur antwort) begähr' ich dises glük hinten-an zu säzzen: wohlahn! hihr hast-du meine hand.

Als si nuhn dises handels eins waren, so führet' ihn der alte schähffer aus seiner wohnung, und stal-[164]let' ihn weit dahrvon hinter einen mit starken planken wohlverwahrten zaun: Er aber machte sich in ein haus, zu dässen hinter-tühr' er bald dahr-nahch ein frauen-zimmer här-aus geführet brachte, und so lange mit ihm in dem lust-garten härüm wandelte, bis er ändlich an den zaun des gartens, fohr welchem er den Guhts-muhts gelahssen hatte, gelangte; da er ihn dan also-bald fragte, was er da machte, aber keine andere antwort bekahm, als dise, daß er ein wenig seinen gedanken nahch-hinge. hihr=auf zohg er einen pfahl oder staken aus dem zaune (fohr welchem inwändig fuhs-eisen geläget waren, welche bezeugeten, daß sich der haus-vater fohr fremden gästen befürchtete) damit er konte hin-ein kommen.

Als er nuhn disen lust-garten zu beschauen sehr begihrig wahr, und sich wohl zu erlustigen gedachte, so kahm ihm, an bluhmen stat, mehr als zu vihl an disem anwäsenden weibes-bilde zu betrachten führ, welches durch seine über-irdische schöhnheit di vihl-färbige tulpen und lihbliche narzissen weit über-trahf. wan er seinen lüchtgrühnen rok betrachtete, so ward er gewahr, daß er das grahs genugsam unscheinbahr machte; warf er sein gesicht' auf die schürze, so befand er, daß das wasser, so bei disem garten hin-flos, nichts als eine leim=pfüzze dahr-gegen wäre. wan er sich di tausend=färbige tulpen zu loben unter-stund, so währeten ihm solches di purpur-rohten wangen diser Als=göttin: wan er sich über di schöhnheit der narzissen[124] verwundern wolte, so strahfften ihn öffendlich lügen di schne-weisse stirn, und blau-geäderte albaster-hände. kurz, was er fohrhähr-gähendes tages in jenem grohssen lustgarten, dessen besizzerin über dises ort zu gebüten hatte, gesähen, das befand er auch alles tausend-mahl schöner an disem fast-götlichen leibe. Sonsten wahr si nicht vihl von wor-[165]ten; aber aus den schönen libes-blizlenden augen, welche den schalk so ahrtig zu verbärgen wussten, konte man leichtlich ab-nähmen, daß zu-gleich di lihbliche Lustinne und di scharf-sünnige Kluginne ihren wohn-plaz in ihr hätten.

Nahch-dähm er nuhn dise Schöne wohl betrachtet, und abschihd von ihr genommen hatte, so gingen si auch nahch einem andern hause zu; und im gähen fragte Guhts-muhts seinen fräund, wehr dises wunder-bild, das si izund verlahssen hätten, gewäsen wäre? wohr-auf er zur antwort bekahm, daß es di führnähme schähfferin Sünreich wäre, di zwahr ihren stähten aufwarter hätte, und doch nichts däs zu weniger noch fohr kurzer zeit dem Lihbhart, so an Schöhnheit den wald-männern in etwas ähnlich wäre, nicht abgeneugt gewäsen. So höhr' ich wohl, sagte Guhts-muhts, daß di drei-zankichten fuhs-eisen nuhr solche fremde gäste aus däm gehäge zu halten, hinter den zaun geläget sein?

Als er nuhn an seines alten schähffers haus kommen wahr, und di andern beiden auch sähen solte, so ging der alte schähffer, dehm ein teil von ihren schahffen anvertrauet wahr, (nahch-dähm er wohl wusste, daß si allezeit, wan ihre schahffe getränket würden, dahrbei zu sein pflägte) zu diser schähfferin zu, und gahb führ, daß eines von ihren schahffen in den züh-brunnen gefallen wäre; wohr-auf si zimlich erzürnt aus ihrem hause (welches gleich gegen dem Guhts-muhts über, unter etlichen dik-belaubten linden, mitten im wasser, stunde) gelauffen kahm, und über ihr gesinde häftig eiferte.

Als si aber befand, daß der alte schähffer nuhr geschärzet hatte, so ward si guhtes muhtes, und ging widerüm, nahch-dähm si ihm däs wägen zimliche stöhsse gegäben hatte, dahr-von. Weil aber Guhts-muhts noch nicht mit[125] ihr gerädet hatte, so [166] verfolgte si der alte schähffer, bis in ihre behausung: dehr-gestalt, daß er ihm gelägenheit machte, ihnen nahch hin-ein zu gähen: da er dan von ihr ganz fräundlich entfangen, und in allen zimmern ihres hauses här-üm-geführet ward, also, daß er zeit genug hatte, si zu betrachten.

Er verwunderte sich zum höhchsten über ihre schöhnheit, dan schöner wahr ihm am selbigen orte noch keine fohrkommen, und befand dahr-näben, daß si nicht alein an schöner gestalt der Lustinnen gleich wäre, sondern auch von ihren bei-männern, äben wi jene, tapfer müste gebraucht sein.

Als si nuhn auch von diser abschihd genommen hatten, so sahgte der alte schähffer zu ihm: dise ist di Leicht-träu, welche dein lihbster fräund Träu-fäst sehr gelibet hat, aber nichts von ihr genühssen können. Nuhn ist noch eine zu besähen übrig (sahgt' er färner) welche, wan du si auch sähen wültst, so must-du tuhn, was ich dich heisse.

Bruder, gahb Guhts-muhts zur antwort, tuhe nuhr was dihr belihbt, du hast mich in einen dehr=mahssen glüksäligen stand versäzt, daß ich meines leides ganz vergässen habe, und mehr nichts wündsche, als daß solche sühsse stunden ewig währen möchten. Nein (gahb der alte schähffer zur gegen-räde) du soltest dihr dises nicht wündschen; weil du noch vihl eine höhere glüksäligkeit zu erwarten hast.

Hihr-mit verband er ihm das gesichte, mit einem schwarzen flohr, welchen er üm seinen schähffer=küttel gebunden hatte, und führet' ihn so lange här=üm, daß er nicht märken konte, wohin er kähme, bis er ändlich eine träppen hin-auf-gestigen wahr, da ihm der flohr eilend ab-gerissen, und er, gleich=sam noch verbländet, in ein schönes mit bildern aus-gezihrtes zimmer geführet ward, in welchem gleich gegen der tühren über ein solches Frauen=mänsch sahs, welches er anfangs führ etwas göt-[167]lichs hihlt. Als er aber wider-üm zu sich selbst kommen wahr, so befand er, daß es äben das-jenige Frauen-zimmer wäre, welches ihn zwe tage zufohr in seine behausung geführet hatte,[126] und bis-hähr von ihm nicht rächt wahr in acht genommen worden.

Ja wohl heisst das den bästen bissen bis auf di lätste gespahret; (sprahch er bei sich selbst) dan, wan er nuhr ihr bräunlicht-gold-gemängtes hahr betrachtete, so waren di ehrsten beiden nichts gegen dises schöne Wunder zu achten: sah' er ihre stirne, den siz des Lihb-reizzes, und den reichs-stuhl der Lihbinnen an, so ward er gahr entzükt: ihre augen, so schwarz als si waren, so stark spihlten si mit feuer-flammen; ihr mund wahr korallen, ihre wangen über-trahffen den purpur, ihr hals wahr wi eine schöne, von dem aller-weissesten marmel, auf-geführte säule; jah von oben an, so weit als der neid der kleider si beschauen lihs, wahr anders nichts an ihr zu sähen, dan daß di grohsse künstlerin aller dinge, di algemeine Zeuge-mutter, an ihr zur meisterin worden wahr.

Was di gebährden anbelanget, so wahr si ganz sitsam, und mit einem sonderlichen hohen ansähen begabet, also, daß sich der Guhts-muhts anfangs schäuete, solche hoheit an zu räden, zu-mahl, weil er ihr, da si doch di allerfolkomneste wahr, bis an=hähr nicht auf-gewartet hatte. Dahähr er si dan hohch-betrühbt lahssen musste, und sich ehrstlich in seiner stuben gegen den alten Schähffer bäster mahssen bedankte, härnahch-mahls zu tische begahb: da ihm di Wohl-art andeutete, daß si sich morgendes tages wider-üm nahch hause begäben müssten.

O wi betrühbt wahr der arme Guhts-muhts, wi bejammert' er solches bei sich selbst, daß er seines nuhr angegangenen glükkes widerum solte be-[168]raubet sein. Nichts däs zu weniger unterlihs er nicht, alle gelägenheit zu suchen, sich mit diser schönen schähfferin noch fohr seinem abreisen rächtschaffen bekant zu machchen. welches er dan auch bald und gahr fühglich tuhn konte'; dan nahch-dähm si ihn, ihrer gewohnheit nahch, als di tafel gehalten wahr, widerüm zu seiner stuben begleitete, so eröfnete sich di gewündschte gelägenheit, da er si bitten konte, eine weile bei ihm zu verzühen.

Dise Schöne, welche ihderman gärn zum fräunde haben wolte, schluhg's ihm auch nicht ab, dehr=gestalt, daß si[127] sich eine guhte zeit bei ihm auf-hihlt. da er si dan, unter währendem gespräche, wohl betrachten konte; und ih-mehr er si ansahe, ih schöner und schöner si ihm führ-kahm.

Ihre worte waren so lihblich, und auf lauter verstand gegründet, si beklahgte sich gegen ihn mit tühf-gehohlten seufzen, wägen der unträue ihres Lihbsten, dehr-gestalt, daß er wohl sahe, daß si äben mit der krankheit, di ihn kwählete, behaftet wahr, und es fählete nichts mehr, als daß man dise beide kranken nicht in ein bette, dahr-innen si ein=ander selbst, ohne zu-tuhn einiges arztes, heilen konten, zusammen lägen solte.

Hatt' er nuhn zufohr di Sünreich gelobet, hatt' er di Leicht-träu erhoben, so must' er dise Gahr-schöne (also hihs si) ganz führ götlich halten: und diser sprahch er den preis zu; diser gahb er das einige lohb, welches er den fohrigen beiden nuhr aus einem blohssen irtuhme zu-geeignet hatte; diser verehret' er nicht alein den apfäl der schöhnheit, sondern auch das märk-zeuchen der weusheit, und der hohen ernsthaftigkeit. Ja dise hihlt' er führ di schöhnste, führ di weiseste, und führ di ansähnlichste.

Nahch-dähm er nuhn diser fraüden etliche tage lang genossen, und das uhrteil aus-gesprochchen hatte; so begahb er sich widerum mit seiner ehren-[169]fräundin der Wohlahrt zu pfährde, und kahmen also beider-seits wohl-vergnüget nahch hause.

Als nuhn diser lust-wal erzählet wahr, und der Markhold das seinige auch noch nicht dahr-zu gegäben hatte, so huhb der erzähler diser begähbnüs widerüm an, und baht ihn, daß er doch nuhn auch etwas auf di bahne bringen, und der geselschaft di verdrossenheit, di er ihr durch seinen lang-weiligen lust-wal veruhrsachchet hätte, benähmen wolte; damit ihre gemühter zu einer näuen lust und ergäzligkeit erwäkket würden.

Markhold befand sich straks wüllig dahrzu, und frahgt' ihn; was und von welcherlei händeln er wohl am lihbsten hören wolte? Sein landes-fräund gahb ihm zur antwort, daß er erzählen möchte, was ihm am bästen gefihle, und was er nahch seinem guht-dünken der geselschaft am lustigsten zu sein erachtete. Ih-doch (fuhr er fort) wan es meinem[128] Hern beliben wolte, di wunderliche Libe des Wildfangs und der Böhmischen Gräfin, weil er si, als derselben veruhrsachcher, am bästen weus, ümständlich zu erzählen, so würd' er gewüs der ganzen geselschaft ein grohsses gefallen erweisen.

Der Markhold wägerte sich dässen eine guhte zeit, und baht, man möcht' ihn doch nuhr damit verschohnen, weil ihn auch nuhr das andänken solcher händel ganz zu wider wäre: und wan er der geselschaft (sahgt' er) sonst in einem oder däm andern wülfahren könte, so wolt' er es nicht aus=schlagen. Als si aber sämtlich dahr-üm anhihlten, und nicht von ihm ablahssen wolten, so fing er ändlich folgender gestalt an: [170]


Di Begäbnüs

Der Böhmischen Gräfin

und des

Wild-fangs.


Weil ich dan nuhn wider meinen wüllen solche possen, di ich noch in meinen jüngern jahren angestiftet habe, erzählen sol, und selbige ihrer wunderlichen verwürrung wägen, nahch der rüchtigen ordnung kaum wärde widerholen können; so bitt' ich si ingesamt, daß si meine fähler, welche dan vihl=fältig mit unter-lauffen wärden, nicht so gahr hart bestrahffen wollen, und nuhr ein gnädiges uhrteil dahr-über fällen. Dan sonsten, wo ich dässen nicht schohn etwas zufohr durch mein guhtes vertrauen, das ich zu ihnen trage, versichchert wäre, so würd' ich gewüslich keines wäges auf di beine zu bringen sein.

Meine Herren wärden ohne zweifäl di mit-unterbegriffene mänschen-bilder nicht alle kännen, und vihl-leicht zufohr üm mehrer verständnüs wüllen, derselben stand und verrüchtung zu wüssen begähren: Drüm sollen si anfangs berüchtet sein, daß sich Wildfang, ein Dribs-trüllischer Freiher, in Isabellen-burg schohn etliche jahr auf-gehalten hatte, als dises träfliche Fräulein, davon man so vihl gesahgt hat, und straks nahch ihm der Lihb=währt, ein Fränkischer von Adel, daselbsten an=kahm. Ich fohr meinen selb-stand, wahr auch schohn etliche zeit da gewäsen, und[129] mit dem Wild-sang, (welcher disen namen wohl mit der taht hatte) bei däm bal-spilen bekant worden.

Diser ehrliche vogel Wild-fang ris mihr eins=mahls einen solchen possen, welcher mihr so häftig zu härzen ging, daß ich lange zeit gelägenheit suhchte, mich an ihm zu rächchen, wo ich nuhr wusste, [171] daß er sein solte, da verfühgt' ich mich auch hin, und gahb achtung auf sein ganzes tuhn. Ich ging ihm des abänds von färne nahch, zu sähen, in was führ häuser er gähen würde: da ward ich ändlich gewahr, daß er zu diser Böhmischen Gräfin, welche da-mahls noch sehr jung, und ein über-aus-belihbt- und schönes Fräulein wahr, oft-mahls einkährete.

Weil ich nuhn im selbigen hause, da si zur tafel ging, mit dem sohne gleich kundschaft gemacht hatte; so erfuhr ich von ihm, daß di Gräfin sehr vihl von dem Wild-sang hihlte, und seinen selb-stand über-aus lihbte. Hihr-auf besuhcht' ich disen näuen Fräund oft-mahls, wan es ässenszeit wahr, damit er mich mit zur tahffel nähmen möchte: dan ich hatte was sonderlichs damit fohr, welches si bald erfahren sollen.

Meine gedanken schlugen auch nihmahls fähl, und ich ward alle-zeit, so oft ich nuhr zu ihm kahm, zur tahffel behalten. Ich lihs mich dässen, was ich im sünn' hatte, ganz nichts märken, und bemühete mich nuhr über währender tahffel (da ich dan alle=zeit bei der Gräfin zu sizzen kahm) mit höhchstem fleis, daß ich durch stähtiges und frei-wülliges auf=warten ihre gunst und gnädigen wüllen erlangen möchte.

Ich hihlt mich anfangs so ein-gezogen in räden und gebährden, und nahm alle wort, di ich rädete, so g'nau in acht, daß ich dadurch schohn etwas gunst zu erlangen begunte. Nahch-mahls ward ich schohn kühner, und fing an mit aller-hand höhflichen prunk-räden zu schärzen; aber ich nahm mich nichts däs zu weniger so in acht, daß ich di Gräfin nuhr alle-zeit zur Fräundin behalten möchte. Lätslich kahm ich auch mit den gebährden dahr-zu, und belähbte gleichsam dadurch meine worte; ich begegnet' ihr alle-zeit mit solcher demühtigkeit, und doch zu-gleich auch mit solchen libes-reizerischen [172] blikken, daß si gezwungen ward, selbige nicht alein an zu nähmen, sondern auch mit[130] zweifachcher dank=bahrkeit zu erwidern. Si baht mich, daß ich ihr doch bis-weilen di ehre beweisen, und auf ihrem zimmer zu-sprächchen möchte. wohr-auf ich mich also-bald mit der aller-er sünlichsten höhfligkeit bedankte, und solcher hohen ehre vihl zu unwürdig schäzte, mit führwändung, daß ich solch-einem hohch-verständigen und höhflichen Fräulein, mit meiner grobheit und unhöhflichen räden nuhr verdrühslich fallen würde.

Nahch-dähm ich mich nuhn etliche mahl hatte nöhtigen lahssen, so kahm ich ändlich auf eine zeit, da sich der tahg gleich zu kühlen begunte, zu Ihr, meine schuldigkeit ab zu lägen. Si entfing mich, nahch ihrem gebrauch', über-aushöhflich, und führete mich auf einen grohssen sahl, näben ihr zimmer, da wihr uns eine zeit-lang in dem aus-laden nider=lihssen, und in den an-stohssenden garten hinunter-sahen.

Als wihr nuhn eine guhte weile von einem und däm andern gerädet hatten, so kahm si ändlich auf di deutsche Ticht- und reim-kunst, dahr-innen si auch zimlicher mahssen erfahren wahr, und ein guhtes lihdlein nahch der hand hin-schribe.

Ich ställte mich nuhn ehrstlich (üm bewusster uhrsachchen wüllen) als wan ich nicht vihl dahr=von verstünde, und gahb ihr auf alle fragen mit sonderlicher bescheidenheit zur antwort, daß es mihr das glük al-zeit versagt hätte, mich in solcher götlichen kunst zu üben, dehr-gestalt, daß ich ihr gleich=wohl, ob ich mich schohn als ein unwüssender ställte, ein hohes lohb zu-schribe, und diselben alein fohr rächtglüksählig schäzte, di dahr-innen erfahren wären.

Nahch diser ehrsten zusammen-sprache wartet' ich disem belihbten Fräulein vihl-mahls auf, und hat-[173]te meine sonderliche lust an ihren kluhg-sünnigen räden. Nichts mehr aber nahm mich wunder, als daß si den Wildfang so hohch und währt hihlt, da er doch ein rächter grober und ungeschliffener mänsch wahr. Er pflähgt' ihr allezeit gegen abänd auf zu warten, und ich nahm selbige stunden so g'nau in acht, damit er jah nicht märken möchte, daß ich mit däm Fräulein auch kundschaft pflähgte.

Als ich si nuhn zum vihrten mahle besuhcht hatte, und gleich von ihr här-unter nahch der strahssen zu ging,[131] so kahm mihr der Lihb-währt (welcher sich üm meine fräundschaft so sehr beworben hatte, daß er schohn mein vertrauter worden wahr) fohr däm tohr' entgegen, und frahgte mich, was ich bei der Böhmischen Gräfin gemacht hätte? dan er sahe wohl, daß si mich bis an das haus begleitete.

Mein Her, (gahb ich ihm gleich schärz-weise zur antwort) si hat mich zu rahte gezogen, wi si doch einen geträuen Lihb-haber erkännen und sünden möchte? So suhcht si einen geträuen Lihb-haber, fing der Lihb-währt hihr-auf an? Jah freilich, gahb ich ihm zur antwort; dan es hat sich einer bei Ihr an-gegäben, dehr Ihr, nahch meinem bedünken, nicht aller-düngen geträu sein würd.

Ei! mein lihbster bruder, fing er widerüm an, wan er noch einmahl dahr-üm beraht-fraget würd, oder es sonst di gelägenheit gihbt, so sei er doch seines diners ein-gedänk, und versichchere Si, daß Si an mihr den aller-träuesten Lihb-haber auf der ganzen wält haben würd.

Weil ich nuhn nicht gedachte, daß es sein lauterer ernst wäre, so fuhr ich noch immer mehr und mehr zu schärzen fort, und bracht' ihm aller-hand kurz-weilige possen auf di bahne. Nein, mein Her (fihl er mihr in di räde) es ist mein schärz keines-wäges, was ich sage; dan ich habe mich in wahrheit so häftig in das grähfliche Fräulein verlihbt, [174] daß ich nicht weus, was ich tuhn, wi ich meine Libe blüschen, oder wi ich Ihr selbige annähmlich machchen sol. Er kan mihr wahrlich (fuhr er fort) keinen grösseren gefallen tuhn, als wan er meiner nuhr in allem guhten bei Ihr gedänken, und ihre gunst gegen mich erwäkken würd.

Ei mein liber bruder! (sahgt' ich) kan es wohl mühglich sein, daß du verlihbt bist, und ich solt' es nicht eher gemärket haben, als izund, da du es selbst bekännest? darf ich solches wohl gläuben, daß di Gräfin einen stachchel ihrer libes-reizerischen pfeile, welche so lähbhaft aus ihren augen här-aus-schühssen, in dein härz ein-gesänket habe? Ach! es ist wohl mehr als alzu wahr und alzu gläublich, gahb er zur antwort, dan ich hab' es wohl entfunden, ob ichs schohn bis-hähr lange verschwigen gehalten habe. Ich hab' es zwahr fohr ihderman verhöhlet, aber nuhn-mehr ist[132] es zeit, daß ichs Dihr, als meinem vertrauesten Fräunde, jah einem solchen fräunde, dehr mihr dahrinnen räht- und tähtlich bei-sprüngen kan, offenbahre!

Als er mich nuhn dässen gewüs versichchert hatte, so wahr ich schohn froh, und gedachte bei mihr selbst, daß ich hihrdurch eine gewündschte gelägenheit an=träffen könte, meinem widersachcher, dem Wild=fange, zu schaden, und ihm di Gräfin zur feindin zu machchen. wohl! sahgt' ich zu ihm, wan mein bruder meinem rahte folgen wül, und alles tuhn, was ich ihn heisse, so verhoff' ich noch wohl etwas zu wäge zu bringen. Fohr allen dingen halte dich nuhr ganz eingezogen, und lahs dich gegen nihmand, auch gegen das Fräulein selbst, nichts märken, daß du einige libe zu Ihr tragest, bis ich deine sachchen durch einen und den andern lohb-spruch, welches ich dan schohn wärde zu machchen wüssen, bei ihr in einen guhten wohlstand gebracht habe. Härnahch, weil si eine grohsse lihbhaberin der Tichterei ist, und si selbsten [175] sehr wohl verstähet, so must-du dich dahr-innen auch üben, wozu ich dihr schohn verhälfen wül; und si mit der zeit, di ich dihr schohn benamen wärde, mit einem rähtsel-lihdlein, dahrinnen du ihr deine libe verdäkter weise kanst zu verstähen gäben, verehren.

Färner, so ist es auch rahtsam, und der bäste hohfgrif, daß du mit dem Wildfange, welcher sich schohn in ihre fräundschaft zimlicher mahssen ein=gedrungen hat, dem äusserlichen scheine nahch, di aller-vertraulichste fräundschaft pflägest; ihn (wi ich dan auch tuhn wül) so es nuhr mühglich sein kan, alle abände besuchest, und also abhaltest, daß er Ihr nicht so oft auf-warten könne; dan üm diselbige zeit pflägt er di Gräfin gemeiniglich zu besuchen: Du must aber auch wohl zu-sähen, daß du dich deiner libe ganz nicht märken lahssest, und der Gräfin, wan du mit ihm rädest, nicht einmahl gedänkest: dan ein lihbhaber ist alzu-gnau-märkend, und pflägt seinen heimlichen mit-buler gahr zu leichtlich in verdacht zu zühen, wan er nur etwas verdächtiges an ihm spüret.

Aendlich so must du auch üm diselbige zeit (di ich dihr wohl zu wüssen fügen wül) wan ich ihr auf=warten, und mit Ihr in dem aus-laden nahch der strahssen zu[133] stähen wärde, fohr ihrem hause fohr=bei-gähen, und si mit grohsser ehr-erbütung grühssen: dan auf solche weise bekomm' ich uhrsachche von dihr zu räden, und dein lohb här-aus zu streichen.

Der Lihb-währt versichcherte mich also-bald, daß er alles tuhn wolte, was ich ihn hihsse; und ich verfühgte mich straks des andern tages wider zum Fräulein, und brachte si unvermärkt dahin, daß si von dem Wildfang zu räden anhuhb. wan si nuhn seine frömmigkeit, di ich billiger eine tölpische ein=falt nännen könte, lobete; so billigt' ich solches, und erhuhb auch noch über-das seine offen-härzigkeit, und unbemänteltes gemühte. dan ein wält-säliger mänsch mus dahin bedacht sein, daß er seinen [176] feind, wan er ihn bei seiner gönnerin, di ihn ehret und libet, verächtlich machchen wül, nicht so geschwünde mis-preise, nicht so straks im anfange verachte, sondern sein lohb noch etlicher mahssen här-aus streiche, damit er ihn nahch-mahls gemach und gemach, nuhr aus ertichteter erzählung anderer leute, und ohne verdacht, bei ihr verhasst machchen könne.

Ich nahm also disen wält-grif wohl in acht, und lohbt' ihn den ehrsten tahg nuhr dahr-üm, daß si nicht märken solte, daß ich ihm gehässig wäre, oder ihn bei Ihr verhasst machchen wolte, und ich auf den andern tahg sein lohb däs zu fühglicher aus einem ertichteten nahch-ruhffe (dehn ich Ihr, gleich=sam als wan ich ihn nicht billigte, an zu hören gäben wolte) al-gemach benebeln, und in ihrem härzen verdunkeln möchte. Es ging mihr auch alles sehr wohl an, und in-dähm ich ihn etliche mahl, wan si von ihm zu räden kahm, mit anderer leute munde verachtet, und mit dem meinigen widerüm zu-gleich und zum scheine gelobet hatte, so begahb es sich lätslich, daß Wildfang seinen glauben bei ihr al-gemach zu verlühren begunte, und nicht mehr so angenähm wahr, als fohr-hin.

So bald ich nuhn solches gewahr ward, so fing ich an den Lihb-währt, wan er, meinem eingäben nahch, fohr unserem tage-leuchter fohr-über ging, zu loben, und versichcherte si, wi er so ein träu- und aufrüchtiges gemüht hätte. Ich bracht' auch zu wäge, daß er eines mahles von einem guhten fräunde, mit an der Gräfin tafel geführet[134] ward, damit er zu ihr, als einer solchen, di ihm schohn aus meinem lobe sehr günstig wahr, kundschaft bekommen möchte. Dises schluhg uns auch in wahrheit nicht fähl; dan er hatte sich straks das ehrste mahl bei ihr so belihbt gemacht (in-dähm er nähmlich ein über-aus-höhflicher und lustiger mänsch wahr) daß [177] si ihn bitlich vermochte, daß er si, wan es seine gelägenheit gäbe, besuchen wolte.

Lihbwährt wahr hihr-über so erfräuet, kahm straks zu mihr, und erzählete sein an-gebotenes glükke; da ich ihm straks dehn raht gahb, daß er ihr nuhr den andern tahg nahch däm mittahgs mahl' auf-warten solte, und sich jah nicht bis auf den abänd, da der Wildfang ankommen würde, verweilen. Das ehrste mahl solt' er es nuhr kurz machchen, und sähen, daß er gelägenheit bekäme, von der Deutschen tichterei mit ihr zu räden; dan ich wusste wohl, daß si ihn straks, so-bald si nuhr vernommen hätte, daß er etwas dahr-innen tuhn könte, üm ein lihdlein anlangen würde; wan si dan nuhn solches tähte, so wolt' er ihm schohn eines oder das andere machchen hälfen, daß er ihr solches auf den andern tahg über-reichen könte.

Der Lihbwährt täht alles, was ich ihn hihs, und ich kahm in drei oder vihr tagen nicht wider zum Fräulein, damit er seinen sachchen einen däs zu bässern grund lägen könte. Mitler-zeit bekahm er ihre gunst ganz und gahr, daß si auch straks, als ich Si widerum besuhchte, von ihm zu räden anfing, und nuhr das verdäkte rähtsel-lihdlein, welches si so här-aus-strich, sähen lihs.

Ich ställte mich ganz fremde, als wan ich nichts dahrvon wüsste, und lahs das lihdlein auch mit grohsser verwunderung, da ichs doch selbst gemacht hatte, etliche mahl durch. Da bekahm ich ehrst rächten anlahs meinen fräund zu loben, und seinen ahrtigen kopf zu preisen. Si frahgte mich, ob ich wohl solche dunkele räden, di er dahr-innen gebrauchte, verstünde? ob ich wohl dehr-gleichen mehr gesähen hätte? Ich habe zwahr dehr-gleichen wohl gesähen (gahb ich zur antwort) aber si sein so ahrtig nicht gewäsen, als dises ist; di deutung solt' ich auch schihr errahten können, und wan es [178] mein gnädiges Fräulein im[135] bässten vermärken wolte, so könt' ich Ihm noch wohl den wahren sün (wi mich heuchtet) gnugsam eröfnen.

Als si nuhn begihrig wahr zu wüssen, wohin so vihl in-einander-verwükkelte und verborgene gleichnüsse zihleten; so gahb ich ihr meine meinung ein klein wenig zu verstähen, und lägte gleichsam rähtsel mit rähtseln aus; doch also, daß es ihr das härz wohl sahgte, und ihr angesichte fohr schahm erröhten machte.

Der Lihb-währt wahr also der glüksähligste mänsch, dehr auf der wält läben mahg, und ward nuhn-mehr seinem mit-buhler weit fohr-gezogen. Aber weil ihm noch unbewust wahr, wi man sich der gühtigkeit und gunstbezeugung eines Frauen=zimmers rächt gebrauchen solte, so hätt' er sein glük bei einem hahre verschärzt, wo ichs nicht widerüm in den rächten schwang gebracht hätte. Dan di libes-bolzen, wan man alzu-hastig dahr-mit ümgähen wül, haben den gebrauch an sich, daß si gemeiniglich aus-gleiten, oder näben däm zile hin-gähen. Der gute Lihb-währt vermeinte, daß er nuhn der Gräfin härz ganz und gahr an sich gebracht hätte, weil si ihm schohn so vihl zu guht' hihlt, und wolte sich noch alzu zeitlich unterstähen, ihr einen kus ab zu stählen. Aber es ward ihm diser bissen wohl gnug versalzen, und er musste mit schaden kluhg wärden.

Di Gräfin ward (oder ställte sich nuhr) erzürnet, und geboht ihm, daß er sich pakken, und nimmer-mehr wider fohr ihre augen kommen solte. was bildet er ihm wohl ein, (sahgte si) vermeinet er, daß ich ihm dahrüm so vihl freiheit gegäben habe, daß er sich eines solchen fräfäls unterfangen sol? o nein! ich begähre solcher kundschaft gahr nicht! Da hat er sein lihd, sahgte si, und warf es ihm fohr di fühsse: es sol mihr nuhn wohl eine wüzzigung sein, und ich wül meine gunst hinführ bässer zu rahte halten. [179]

Als der Lihb-währt solches hörete, so erschrak er so sehr, daß er eine guhte zeit räde-lohs fohr ihr stund. Si hihs ihn noch einmahl gähen, und rädet' ihm so lange zu, bis er sich ändlich wider ermundterte, und si üm gnädige verzeuhung baht; Aber weil si sich ganz von ihm wägwändete,[136] und ihn durch-aus nicht hören wolte, so ward er gezwungen seinen abschihd mit höchster unvergnügligkeit zu nähmen.

Er kahm also-bald zu mihr, und klahgte sein un=glük, erzählte mihr den ganzen handel, und baht mich, daß ich ihn widerüm versühnen möchte. Ich sahgt' ihm solches zu, so färn es nuhr immer mühglich sein könte, und besuhchte di Gräfin straks des andern tages härnahch.

So-bald ich nuhn zu ihr hin-ein-kahm, so entfärbte si sich über alle mahssen, und wahr rächt klein=laut; aber ich lihs mich im geringsten nichts märken, daß ich etwas von ihrer zwei-spalt wüsste. Ich ställte mich ganz fremde, und ging ändlich mit ihr an den aus-laden nahch der strahssen zu, da der Lihb=währt, auf mein anordnen, solte fohr-bei-gähen. Ich rädete von aller-hand lustigen sachchen, und erzählete mancherlei begäbnüsse; aber weder des Lihb=währts, noch des Wildfangs, gedacht' ich mit keinem worte. Ich kahm ändlich von der unterschihdlichen eigenschaft der Libe zu räden; ich gahb ihr zu verstähen, daß eines mänschen libe hast- und häftiger wäre, als des andern, und äben in disem gespräche kahm der Lihb-währt fohr-bei-gegangen, und grühssete di Gräfin, seinem gebrauche nahch, mit tühffer ehr-er-bütigkeit. Als si sich nuhn widerüm sehr höhflich geneuget hatte, so fing si an und sagte: was mahg wohl Lihbwährt for eine Libe haben; ob si auch so häftig oder langsam ist? Mein gnädiges Fräulein würd solches ohne zweifäl (gahb-ich zur antwort) als ein Frauen-zimmer, bässer wüssen, dan ich; und weil ich ihn nihmahls bei Frauen-folke gesähen, vihl weniger selbst bewähret habe, wi sol ich von seiner [180] libe uhrteilen können? hihr-auf erröhtete sich di Gräfin, und sahgte, warüm sol er solches nicht so wohl wüssen als ich? weil ich mich (gahb-ich wider zur antwort) üm meines gleichen nicht bekümmere, und nihmand mehr in acht nähme, als das Frauen-zimmer; so, vermein' ich, wärde Si auch tuhn. Aber (fuhr-ich fort) wan si sich etwa durch meine kühnheit verlätset befündet, so bitt' ich üm gnädige verzeuhung; dan es mus entweder aus unwüllen oder schuldig-wüssen geschähen, daß si sich über meinen worten so sehr erröhtet.[137]

Mein Her beschuldiget mich zweier dinge (gahb si zur antwort, und ward noch röhter) dahrvon ich ganz im geringsten nichts weus; aber ich halte, Lihb=währt würd ihm seinen fähler vihlleicht schon bekant haben. Was führ einen fähler (fing ich hihr-auf an, und ställte mich, als wan ich nichts dahr-üm wüsste?) Ach sähet! sahgte si, wi fremde stället er sich doch, als wan es ihm alles böhmische dörfer wären!

Als ich nuhn ganz nichts wüssen wolte, so erzählte si mihr ändlich den handel, aber mit solchen klähglichen gebährden, daß ich leichtlich märken konte, daß es ihr sehr leid wäre, und daß si sein un=glük, welches si ihm ver-uhrsachchet hatte, betauerte; dehr-gestalt, daß ich si gahr mit geringer mühe widerüm zu rächte bringen konte. Also ward Lihb=währt nicht alein wider-üm versühnet, sondern auch üm so vihl däs-zu mehr gelibet; der Wildfang musste här-gegen den plaz räumen, und hatte seine gunst und gnade bei der Gräfin ganz verlohren.

Di zeit wahr dem Lihb-währt unter-dässen sehr lang worden, und er hatte fast alle augen-blikke gezählet. Ihm wahr nicht anders zu muhte gewäsen, als daß er seine gunst gahr müste verlohren haben, und daß ich ihn vihl-leicht nicht versühnen könte, weil ich so lang' aussen blibe; dehr-gestalt, daß ich ihn in meinem tage-leuchter, als ich wider nahch hause [181] kahm, in grohsser schwähr-mühtigkeit ligen fand. Er frahgte mich also-bald; ob nuhn das änd-uhr-teil seines todes gefället wäre? ich aber fing hihr=über an zu lachchen, und sahgte; ob er dan däshalben äben stärben müste? und ob dan kein Frauen=zimmer mehr in der wält wäre, als di einige Grähfin? nein, gahb er zur antwort, fohr mich ist keine mehr; drüm wan si mihr nicht gnad' erzeuget, so mus ich stärben; und der tohd würd mihr üm so vihl däs zu unerträhglicher sein, weil ich in ungnaden von ihr scheiden sol.

Er sei zu friden (fihl ich ihm in di räde) seine sachchen stähen izund tausend-mahl-bässer als fohr=hin: dan ich hab' es der Gräfin ab-gemärket, daß si ihr geschwündes verfahren sehr beräuet. Er mahg nuhn kühnlich wider zu ihr gähen, und da=mit ihr ansähen und ehre däs zu mehr[138] beobachtet wärde, so kan er Ihr zu-for durch seinen knaben an=dinen lahssen, daß si ihm vergönnen wolle, Ihr auf ein vihrteil-stündlein auf zu warten. Wan er nuhn (fuhr ich fort) zu ihr kömt, und si sich wider verhoffen noch was fremde gegen ihn ställen würde, so darf er sich nicht entzühen, Ihr einen fuhs-fal zu tuhn, und si mit fohr-abgefassten bewähglichen und härz-drüngenden worten gleichsam mit gewalt zur verzeuhung zu zühen: dan si ist ein hohes Fräulein, und solches träflichen standes, daß er dässen keine schande haben würd.

Als nuhn der Lihbwährt des andern tages dise vergünstigung von der Gräfin erlanget hatte, so ging er zu ihr, seinen fähler bässter mahssen zu entschuldigen. Si entfärbete sich zwahr anfangs, als er hinein traht, und ging ihm halb-erschrokken entgegen, aber ihre räden, damit si ihn entfing, waren ihm, seinem bedünken nahch, zimlich hart; dehr-gestalt, daß er also-bald fohr ihr nider-fihl, und si mit solchen bewähglichen worten anflöhete, daß [182] ihr fohr mit-leiden di trähnen härab-lühffen.

Mein lihbster Lihb-währt (sahgte si zu ihm) wahr=üm bittet er doch di-jenige üm verzeuhung, di sich an ihm verbrochchen hat? wahr-üm wül er meine schuld auf sich laden, und di verbrächcherin üm vergäbnüs auflöhen? Ich alein habe mich verbrochchen, und ich alein wül auch mich selbst ihm, zur strahffe, ganz und gahr zu eigen gäben; ich wül mich zu seiner Leib-eignen machchen, und wärde, wi ich nicht zweifäle, üm so vihl däs zu eher seiner verzeuhung teilhaftig sein.

Hihr-mit nahm si ihn bei der Hand, und rüchtet' ihn auf: er aber wuste fohr fräuden nicht was er sagen solte, und war fast ganz aus ihm selbst. Si stunden beider-seits eine guhte zeit, und sahen einander ganz räde-lohs an. Di Gräfin boht ihm ändlich di hand, und versichchert' ihn, daß er sich hinführ keiner solchen verfahrung mehr solte zu versähen haben. Si versprahch ihm ihre libe, und er versichcherte si widerüm der seinigen: dehrgestalt, daß si sich in disem zeitblikke so fäste verknüpften, daß si in ewigkeit nicht von einander lahssen wolten. Dise grohsse veränderung, und dises träfliche glük, veruhrsachte dehr[139] einige des Lihb-währts fuhs-fal, und brachte mehr zu wäge, als tausend andere libes-bezeugungen.

Mitler-zeit nuhn, daß der Wildfang fohr di Gräfin ganz nicht mehr konte gelahssen wärden, und seine gunst bei ihr ganz verlohren hatte, so wahr er in solcher seiner unsünnigen leidenschaft so wunderlich, daß er fohr angst und weh-leiden nicht wuste, was er begünnen solte. bald wolt' er sich ersäuffen, bald erhänken, bald wolt' er in dem krige sein läben einbühssen. Ja er ställte sich so närrisch an, daß ihn ändlich ihderman führ einen hirn-blöden hihlt.

Als nuhn dise tol-sünnigkeit ein wenig fohr-bei [183] wahr, und er in solcher seiner unglüklichen libes=haft vihl-mahls auf das feld lust-wandeln ging, so begahb es sich eines mahls, daß er an eine bach geriht, und eine junge bauer-mahgd baden sahe.

Der Wild-fang säzte sich von färn unter das gesträuche, und hatte di ganze zeit über seine sünnen und augen auf dise fohr-gebildete Schöne gewändet. Als si nuhn wider-üm wäg-gähen wolte, so kahm er zu ihr, und baht, si möchte sich doch ein wenig mit ihm in das grühne nider-säzzen, damit er eine zeit lang mit ihr schwazzen könte. Weil si aber ganz keine ohren dahr-zu hatte, und ihn, er mocht' auch fohr-wänden, was er wolte, nuhr mit ungestühmigkeit von sich stühs, so folgt' er ihr gleich-wohl nahch bis in das dorf. Di bauer=mahgd sahgt' es ihrem Vater an, daß ihr diser kärl al-zeit nahch-gegangen wäre; welcher auch den Wild-fang, so-bald er zu ihm kahm, zu'r räde säzte. Der Wild-fang wolte noch vihl wort-gepränge machchen, gleichsam als wan er bei seines gleichen wäre, und gahb zur antwort; daß man ihm seine kühnheit wohl verzeuhen würde, wan man nuhr zufohr seinen sün vernähmen solte; dan er sei seiner tochter nicht in un-ehren nahch=gefolget, sondern daß er si zur ehe begähren möchte. Dan si hätt' ihm unlängst, als si sich in einer bach gebadet, so wohl gefallen, daß er nuhn-mehr nicht von ihr lahssen könte.

Als di mahgd solches von färnen hörete, so huhb si zu ihrer mutter an, und sahgte; ik mochte mi offer desen kärsch schihr buzig lachchen, dat he so näksch und so trollich[140] koset: wän mi mine junkers vaken schabbernakken, so wehs ik noch, wat se menen; aber diser schuft bränget solche schnaken und solche schwänke fohr den tahg, dat ich dahr=van rehne nischt verstahn kan. [184]

Der Vater aber, welcher fohr disem eines von adel auf-wärter gewäsen wahr, wusste sich noch etwas höhflicher zu erzeugen, als seine tochter, und nöhtigte disen höhflichen freier zur mahlzeit. Da begaben sich noch ehrst di aller-kurzweiligsten possen; dan der Vater hatte den Wildfang und di Wummel (also hihs seine tochter) zusammen gesäzt, und ihr in geheim gesahgt, daß si sich fein ehr=bahr (wi Bastien) über tische halten solte. Di tochter aber, welche von den höhflichen sitten ganz nichts wuste, kährt' ihm zu aller-ehrst den rükken zu, welcher so stark, so kwatschlich und so hübsch untersäzt wahr, daß er wohl hätte türne feil tragen mögen. Si grünset' ihm bis-weilen über di aksel äben so fräundlich zu, als eine kuh ihrem kalbe; und huhb mit ihren beinen unter der tahffel an zu bummeln, welches er führ ein libes-zeuchen hihlt.

Er rädet' ihr über tische zu, und lohbt' ihre schöhnheit. Das blikken ihrer augen (sahgt' er) wan si ihn auf di seite anschihlete, wäre gleich wi das lihbliche blikken der kunst- und krihgs-göttin Kluginne. Di lippen, welche zimlich hohch auf-geworfen stunden, wären zwe lihbliche lust-wälle, dahr-auf man di stükken der libe mit einem knallenden getöhne der tühf-gehohlten seufzer ab-lösen könte. Di bakken, welche gleichsam in foller gluht wi di röhstenden braht-würst' in di höhe bausteten, wären di anmuhtigen hügel, dahr-auf man di erkälteten wangen erwärmen könte.

Solcher-gestalt ging er fast durch alle glider ihres ganzen leibes, und gahb ihr seine fol- und tol=brünstige libe gnugsam zu verstähen, wan si es nuhr hätte verstähen können. Si aber ställte sich ihres teils so fräundlich gegen ihn, wi ein halb-jähriges holz-bö klin, und schluhg ihm oft-mahls, wan er ihr dem höhflichen gebrauche nahch vihl fohr-lägen wolte, das mässer aus der hand; dan si hatte [185] sich straks im anfange so fleissig in acht genommen, daß si auf di lätste mehr ekel als hunger hatte. Nahch gehaltener mahl-zeit ging Wildfang mit seiner Wummel,[141] welche sich schohn etwas zu bekwähmen lärnete, in den garten, da er ihr auch so vihl fohr-schwazte, daß si nicht wuste, wi si mit jhm dahr-an wahr.

Dise lächcherliche libe, da der Wild-fang fohr di Gräfin eine bauer-mahgd erkohren hat, entspon sich äben acht tage fohr meinem abzuge, daß ich also nicht wüssen kan, wi es noch dahr-mit abgelauffen ist. Di Gräfin truhg mehr ein mit-leiden mit ihm, als daß si solches hätte belachchen sollen: sonderlich, als ihr der Lihb-währt den ganzen handel erzählte, daß ich solches alles angestiftet hätte; daß ich, aus heimlicher feindschaft, den Wild-fang mit sonderlicher list aus-gedrungen, und ihn in seine ställe gebracht hätte. O mein Her, mein Her! (sahgte di Grähfin noch zu mihr, als ich abschihd von ihr nahm) wi ist er so ein schähdlicher feind und so ein träuer fräund zu-gleich! o wi hat man sich fohr ihm zu hüten! wan es ihm in andern sachchen äben so ab-läuft, als es in diser geschähen ist, so wolt' ich ihn nicht gärn erzürnen, oder nuhr zum wenigsten mit ihm zu tuhn haben.

Diser wunder-fal wahr gleich zu ände gebracht, als dem Markhold durch einen schiffer angemäldet ward, daß di fluht den künftigen morgen würde zu sägel gähen, und di schiffe schohn von der stat ab=gerükket wären. Di ganze versamlung ward räge, und es wolt' ein ihder seinen abschihd nähmen, da-mit si den Markhold an seinen verrüchtungen nicht verhintern möchten.

Er aber hihlt si noch eine guhte zeit auf, und begahb sich widerüm mit der ganzen geselschaft an den tage-leuchter, da si dem beschlusse diser auf=züge mit höhchster verwunderung zu-sahen. Dan [186] es kahm äben, als si zum tage-leuchter hin-unter-sahen, eine schahr in weibes-tracht, auf das prächtigste ausgezihret, ohn-gefähr von dreissig pfärden; welche zwahr zimliche reiter gaben, aber sich doch durch ihre frächche gebährden verrihten, daß man also gahr-leichtlich sähen konte, daß unter solchen Frauen-kleidern mans-bilder verborgen waren.

Diser lächcherliche hauffe machte solcher-gestalt den beschlus diser fast-nachts-lust, und des Markholds fräunde begaben sich, nahch-dähm si ab=schihd genommen und ihm[142] vihl glük auf di reise gewündschet hatten, wider-üm nach hause.

Als sich nuhn dise lustige geselschaft verlohren, und dem Markhold zeit übrig gelahssen hatte, seinen gedanken nahch zu hängen, so wahr er bald bei der Amstel, und bildet' ihm ein, wi er di Rosemund am ufer seiner ankunft warten sahe; bald wahr er wider zu Parihs, und gedacht' an seine libe Lands-fräundin, däs Fürstlichen Fräuleins! härz-vertraute, di er nuhn verlahssen, und vihl=leicht nimmer-mehr wider sähen würde. wan er sich ihrer trähnen erinnerte, di si bei seinem abschide so rächt-mähssig vergossen hatte, so ward er gahr klein-laut, und bejammerte di arme verlahssene; wi=wohl si ihre Fürstin nimmer-mehr verlahssen würd. wan er aber wider-üm erwohg, wi er di trähnen der Rosemund, di si bei seinem abwäsen vergossen hatte, abwüschen würde, so vergahs er seiner schwähr=muht, und ergahb sich der fräude so gahr, daß er an sein foriges weh-leiden nicht mehr gedachte. Das härz wallte führ fräuden: di lung' erhuhb sich, und begunte schohn luft von seiner Schönen zu schöpfen: der ganze leib ward räge: das geblüht in den adern verzweifältigte seinen gang, und das gesichte gahb seine innerliche härzens-fräude so schein-bahrlich an den tahg. Di augen, welche di Libe befeuch-[187]tet, und di fräude flammend gemacht hatte, waren ganz un-stäht, und lühffen wi eine un-ruhe von einem winkel bis zum andern; bis-weilen kahm auch ein heisser seufzer här-auf-gestigen, und brahch mit solcher gewalt durch den mund, daß man ihn gahr von färnen vernähmen konte, und nicht anders vermeinte, als wan eine blase zersprünge, oder ein südendes wasser mitten in der gluht einen solchen zischenden knal von sich gähbe. Er ging in seinem zimmer auf und ab, und hätte sich in disen sühssen verzükkungen noch länger auf-gehalten, wo nicht sein Lihbster Härzwährt, dehn er nuhn eine lange zeit nicht gesähen hatte, so un-vermuhtlich dahr=zwüschen kommen wäre.

Nahch-dähm nuhn eine innerliche grohsse fräude, wan noch eine andere so plözlich dahr-zu kömt, und sich solcher gestalt überhäuffet, daß si mit gewalt häraus brücht, eine so jählige verzükk- und vergeisterung veruhrsachchet, daß[143] man gahr verstummet, und seiner sünnen und gedanken gleich=sam beraubet würd; so kan man leichtlich erachten, wi dem Markhold bei so vihlen fräudigen auf=stohssungen mus zu muhte gewäsen sein. Es kahm immer eine fräude über di ander; immer eine fröhliche zeitung folgte der andern; kein tahg ging fohr=bei, da ihm nicht eine näue lust auf-stühs.

Alle dise fröhliche bohtschaften, alle dise lustige zufälle, und solche ansichtigkeit seines lihbsten und geträuesten Fräundes, machten ihn gleich=sam gahr verwürret in seinen sünnen, daß er ihm zu-ehrst fast nicht zu-sprächchen konte: er stund in tühffen gedanken, und sahe ihn an, gleichsam als wär' er erschrokken, und schäuete sich ihn an zu räden, dehr-gestalt, daß sich der Härz-währt eine zeit-lang höhchlich verwunderte, und in solcher verwunderung auch ganz stille schwihg. [188]

Als nuhn dises entzükken eine guhte weile gewähret hatte, so kahm Markhold wider zu sich selbsten, und frahgte seinen Härz-währt; wi es ihm bis-hähr in der zeit seiner aus-flucht ergangen wäre, und ob er nicht bald widerüm nahch Parihs gedächte? Ach! (gahb er mit einem tühffen seufzer zur antwort) es ist mihr so zimlich ergangen; ih=doch, wan ich nuhr zu Parihs wäre, so hätt' ich nichts zu klagen: dan meine flucht kömt mihr noch nicht so schwähr führ; aber di entfärnung von meiner Lihbsten, di si ver-uhrsachchet hat, und di ich gahr nicht vertragen kan, versäzt mich in das höchste weh-leiden.

Hihr-nahch gahb ihm der Markhold zu vernähmen, daß er auf den andern tahg wider nahch Hol-land verreisen würde, seine Rosemund zu besuchen. wohr-über Härz-währt so betrühbt ward, daß er disen so nahen verlust seines trauten fräundes fast mehr bejammerte, als den verlust seiner Lihbsten. Si bliben dise nacht bei-ein-ander, damit si noch zu guhter lätste, rächt lustig sein möchten; und Markhold, nahch-dähm er seine Rosemund mit einem kleinen brihflein seiner kurz-künftigen ankunft versichchert hatte, begahb sich mit dem Härz-währt, welcher ihn bis zum Gnaden-hafen vergeselschaften wolte, des künftigen morgens, zu schiffe.[144]

Di schöne Ludwichche, mit welcher der Markhold von Parihs kommen wahr, und in ihrer behausung zeit-hähr gelägen hatte, wündscht' ihm eine glükliche reise, und betauert' ihre so kurze kundschaft mit lauten trähnen. Der Markhold gesägnete si, nahch landes gewohnheit, mit einem kusse, und trükt' ihr ein klein-versigeltes brihflein in di hand, mit begähren, daß si es nicht eher eröfnen solte, si wäre dan alein in ihrer kammer.

Der schiffer lihs nuhn den schif-halter schohn auf-wünden, der Steuer-man ging an sein ruder, [189] und di sägel begunten üm den mast härüm zu flattern. Markhold winkte der Luhdwichche noch zu guhter lätste mit dem huhte, und di betrühbte machte sich straks, so bald si sein schif nicht mehr sähen konte, nahch hause; da si sich seinem begähren nahch in ihr schlahf-zimmer begahb, und das zu-geställte brihflein mit grohssem verlangen und härz-klopfen erbrahch. Weil si nuhn di hohchdeutsche sprache wohl verstund, so hatt' es der Markhold äben in dehrselbigen, folgender gestalt, verfasset:


Des Markholds

Abschihds-Lihd

an di schöne

Luhdwichche.


1.

Luhdwichche, weine nicht; mein ähdles Bild, schweig stille,

halt inne! dan dein wülle

ist jah der meine nicht, und kan es auch nicht sein;

dan Rosemund ist mein,

di nuhn zehn mahndes-zeit sich ohne mich befunden

im rauhen Niderland' am blanken Amstel-flus,

bei der ich widerüm di fräud' ernäuren mus

in mehr als tausend stunden.


2.

O Schöne, dänke nicht, daß ich zu euren sitten, [190]

von meinen abgeschritten:

nein, nein! ein deutsches härz ist nih so leichte nicht;

wehr pflücht und träue brücht,

ist euren dinern zwahr, doch Deutschen nicht, zu gleichen.

Du sprüchst selbst wider dich, wan Du di Deutschen preis'st

und ihre fäste träu so sonnen-klahr erweis'st,

ja wüllig bist zu weichen.


[145] 3.

Du lobest das, was Du von mihr begährst zu brächchen,

di deutsche träu zu schwächchen.

ich ehre Dich, weil Du so tugend-eifrig bist,

und was es sonsten ist,

o tugendhaftes Bild, wahr-üm ich Dich kan loben;

sonst hätt' ich nicht ein-mahl di fäder an-gesäzt,

und mich mit wächsel-schrift so-oft mit Dihr ergäzt,

ja Dich so hohch erhoben.


4.

Nuhn, weil ich mus von Dihr den bittren abschihd nähmen,

so würst-du dich bekwähmen,

und dich nicht also-gahr in trühbnüs lahssen ein. [191]

ei lahs das weinen sein!

di alte deutsche träu sol un-verrükt bestähen.

Dich küss' ich noch zu-lätst, nach deines landes brauch,

und bleibe Dihr geneugt, so lang' ein wind und hauch

aus meinem munde gähen.


Nahch verläsung dises lides huhb si noch vihl häftiger an zu weinen, als si am hafen getahn hatte; prise di Rosemund di aller-glüksäligste auf der ganzen wält, und nännte sich einen sammel-plaz alles unglükkes. Si wündschte vihl-mahls, daß si den Markhold nimmer-mehr möchte gesähen haben, und versprahch ihr bei sich selbst, daß si keinen andern, als einen Deutschen, di si führ di träuesten schäzte, nimmermehr ehligen wolte. Ach! sagte si bei sich selbst, es ist mihr nuhn nicht anders, als wan mihr der ganze wält-kräus gram wäre, als wan alle träue mit dem Markhold von mihr wichchen. Dan hat man wohl ih-mahls einen solchen mänschen, dehr seiner Lihbsten so träu wäre, gesähen, als Er ist? hat man ih-mahls gehöret, daß ein solcher auf-gewäkter geist sein glük und seine ehre so gahr ausschläget, damit er nuhr seiner Geträuen geträu bleibe? Ich halt' ihn üm so vihl däs zu höher, ich wärd' ihn mein läbenlang nicht gnug preisen können; und ob er mihr gleich solche harte worte zu=schreibet, so kan ich ihm doch däshalben nimmer=mehr abhold wärden. Als si dise klähgliche worte fol-ändet hatte, so neugte si sich halbkrank auf ihr bette, und lahg in solcher gestaltnüs gleichsam halb-schlahffend bis auf den abänd. [192][146]

Markhold hatt' indässen keinen guhten nahch=wind, und sein schif kahm ehrst in sechs tagen bei dem Gnaden-hafen an, da si noch ganzer drei wochchen lang, wägen eines stähts-währenden sturmes, in der wind-stille ligen musten. Der guhte Härz-währt blihb näben einem Französischen von adel, di ganze zeit über, bei ihm, und vertrihb dem Markhold bald mit lust-wandeln an dem offen-baren Se-munde, bald mit einem annähmlichen gespräche, di zeit, welche ihm sonst ohne zweifäl sehr verdrühslich würde gefallen sein.

Mitler-zeit erhuhb sich ein-solcher häftiger haubt-sturm auf der Se, daß auch in einer nacht ihre vihr kriges-schiffe, di im fohr-hafen auf der höhe fäst lagen, so zerschmissen warden, daß das schif-seil an allen vihren zersprang, und das schif in di äusserste gefahr versäzte. Der schif-haken blihb im grunde stäkken, und di krihges-schiffe machten sich des andern tages auch nahch der wind-stille zu, da si so lange ligen bliben, bis di ganze fluht, welche ohn-gefähr in neunzig schiffe bestund, auf-brahch, und den strich teils nahch Se- teils nahch Nord- und Sühd-holland zu nahm.

Es war zwahr anfangs solch' eine fluht rächt mit lust an zu sähen, sonderlich di ehrste nacht, als si mit den vihr kriges-schiffen, dahrauf man hinten und forne, grohsse wind-lüchter aufgestäkt hatte, auf allen seiten ümgäben wahr; aber den folgenden tahg, da sich widerüm ein solcher grohsser sturm erhuhb, daß auch über zehen schiffe, von der fluht unter-gingen, so schwäbeten si (di schiffer und bohts-gesellen so wohl als unser Markhold) in höhchster angst. Di ungeheuren wasser-wogen kahmen so ungestühmlich auf ihr schif zu geschossen, daß man nicht anders gedachte, wan man si von färn, gleichsam wi grohsse bärge, härzu-wälzen sahe, als daß si das schif ganz bedäkken würden. [193–194]

Der mast ward von vihlen schiffen fast mit allen segeln über bort geworfen. Der wind sausete ganz erschröklicher weise üm si här-üm; ihdoch, weil er den steurman schnuhr-straks entsäzte und ihnen rächt nahch-ging, so[147] trihb er si in vihr tagen nahch der Mase zu: da des Markholds schif, weil es überaus wohl besegelt wahr, zu-aller-ehrst mit allen seinen leuten gleich bei wider auf-geklährtem wetter sehr glüklich einlühf.

Di bohts-gesellen jauchzeten, und warden von ihren weibern mit fräuden entfangen. Di stükke war den gelöset, und versühsseten gleichsam widerüm durch ihren fräudenknal und gewündschtes donnern, das sausen und brausen der winde. kein mänsch erinnerte sich mehr der gefahr, di si ausgestanden hatten. Markhold selbst wahr nicht mehr sein eigen; und alle seine sünnen waren schohn fohr-an-gereiset, nahch seiner trauten Rosemund zu, di sich seiner stündlich, jah bliklich, versahe. Er blihb nicht mehr als eine nacht zu Roterdam, di er auch meistenteils schlahf-lohs zu=brachte; und machte sich des morgens sehr früh nach seiner Rosemund zu.

Dise Wunder-schöne wolte sich gleich aus däm bett' erhöben, als er an dem tage-leuchter klopfte, und erschrahk nicht wenig dahr-über, sonderlich, als si sahe, nahchdähm si sich angekleidet hatte, daß nihmand draussen wäre; dan er hatte sich hinter di hürden verborgen, und blihb daselbsten so lange ligen, bis si zu ihren schahffen här-aus kahm, und di hürden wider auf-machchen wolte. Si ging mit zittrendem tritte gleich nahch derselben ekke zu, dahr-hinter sich Markhold nidergetükt hatte, und ward nicht anders, als wan si von näuem wider-gebohren wäre, da er sich gegen si auf-rüchtete, und nahch ihr zu-ging, seine Schöne zu ümfahen. [195]

Si entfärbte sich anfangs, und wuste nicht was si sagen solte, daß ihr so ein plözliches glük auf=stühsse. Di fräude stihg aus ihrem härzen nahch däm gesichte zu, und bildete sich in ihren augen und in ihren wangen so läbendig ab, daß man un=schwähr errahten konte, ob si schohn nicht so bald rädete, daß ihr solche des Markholds ankunft überaus lihb wäre. Das halb-verkürzte lächlen ihrer röhslichten wangen ward mit etlichen fräuden-trähnen gleichsam verlihblichet: der mund ward zu unterschihdlichen mahlen bald roht, bald blas. di augen, nahchdähm das härz das[148] seinige, dässen es fol wahr, häuffig ausschüttete, waren bald trübe, bald klahr; und dräheten sich bald rasch, bald langsam, in seinen höhlen härüm.

Markhold rädete si also zum ehrsten an, und baht si üm verzeuhung, daß er si bei so früher zeit überfile, und zohg seine träu-eifrige libe zum schuld-däkkel an. Hihr hat si nuhn, meine Währte (sagt' er) das-jenige widerüm, was ich ihr fohr acht mahnden entwändet habe. mein härz ist nihmahls von ihr abgewichchen, ob es gleich, dem tast-bahren leibe nahch, entfärnet wahr. Markhold ist zwahr in fremden landen gewäsen, aber seine gedanken alle-zeit zu hause: zu hause, sag' ich; dan wo haben si sonst ihren siz, als bei der himlischen Rosemund?

Nahch-dähm nuhn dise schöne Schähfferin ihre härzliche fräude, so wohl mit den gebährden, als räden, zu verstähen gegäben hatte, so begahb si sich mit ihrem Trauten in ihre wohnung. Si frahgt' ihn, wi es ihm auf seiner reis' ergangen wäre? ob er auch alle- zeit wohl-auf und bei guhter gesundheit gewäsen? ob si kein un-glük auf däm mehre gehabt hätten? ob er nuhn in Holland zu verbleiben gedächte? jah si gahb ihm so vihlerhand fragen auf, daß er gnug zu tuhn fand, wan er si alle beantworten wolte. [196]

Als si nuhn den halben tahg mit dehrgleichen gesprächen fast zugebracht hatten, so nahm Markhold von der Rosemund seinen abschihd, und versichcherte si, daß er ihr auf den andern morgen, wan er seine sachchen zu Amstelgau würde verrüchtet haben, widerüm aufwarten wolte.

Di Rosemund lägte mitler zeit ihre Schähffers-tracht ab, und täht ihre fohrigen kleider wider=üm an. Si kahm also zu ihrer Schwäster der Stil-muht, welche sich über diser jähligen änderung über alle mahssen verwunderte. Das ganze haus-gesinde froh-lokte, und wuste doch nicht wahrüm: dan di Rosemund hatt' es noch keinem mänschen sagen wollen, daß Markhold aus Frank=reich wider-kommen wäre. Si lihs ihr zimmer auf das aller-zihrlichste mit güldnen prunk-tüchern behängen, und der Adelmund ihres auch widerüm verschönern, damit man selbiges dem Markhold,[149] so lang' als er bei ihnen verblibe, eingäben könte. Si wahr den ganzen tahg geschäftig bis in di nacht, da si auch nicht vihl ruhen konte, in-dähm si nuhr einig und alein verlangte den anbrächchenden tahg, und mit ihm, ihren trauten Markhold wider zu sähen: welcher ihre gedanken und vernunft so gahr eingenommen und betäubet hatte, daß si, in gegen=wärtiger glüksäligkeit, weder an ihr fohriges noch zukünftiges unglük gedachte.


Aende däs dritten Buches.

[197][150]

Quelle:
Philipp von Zesen: Adriatische Rosenmund. Halle a.d.S. 1899, S. 109-151.
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