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[151] Rosamunde und der Abbate Tolomeo.
ROSAMUNDE mit den Augen suchend.
Meint' ich doch, in dieser Gegend
Töne meines Oheims Stimme,
Ich bedaure sehr ...
TOLOMEO.
Mit nichten!
Man vergißt in Eurer Nähe
Jeden gern, wohl gar sich selbst.
Stellen wir das Suchen ein;
Mein Geschäft will keine Eile;
Und die Aussicht, hier aufs Meer,
Bildet ungesucht den schönsten
Hintergrund für
Er heftet den Blick bedeutsam auf sie.
soviel Reiz.
ROSAMUNDE.
Können denn sogar die Heil'gen
Sich des Hoftons nicht erwehren!
TOLOMEO.
Wenn zufällig Ton des Hofes
Ton des Herzens ist, Signora.
Aber Ihr – wie dürft Ihr mich
Sünder zu den Heil'gen reihen?
ROSAMUNDE.
Wie Ihr zu den Schönen mich.
Gut. Wir irrten beid' uns, glaub' ich.
TOLOMEO.
Ach, wenn ich so heilig glänzte,[152]
Als Ihr schön, ha, wieviel Wunder,
Und wie große würd' ich wirken!
ROSAMUNDE.
In der That, dann wäret Ihr
Wundershalb ein Heiliger.
TOLOMEO.
Könnt Ihr ahnen, welches Wunder
Dann mein erstes werden sollte? ...
Eine halbe Spötterin
Würd' ich augenblicks bekehren.
ROSAMUNDE.
Nichts, als das? – Wie leichtes Spiel! –
Bleibt der Würde, bleibt der Pflicht
Eures Standes eingedenk, –
Und die Spötterin verstummt.
TOLOMEO verdrossen.
Würde! – Pflicht! – Was wollt Ihr sagen?
Höher, denn die Menschenwürde,
Ragt die Standeswürde nicht;
Und – das Schöne anzubeten,
Untersagt mir keine Pflicht.
ROSAMUNDE.
Nur besorg' ich, Eure Andacht
Habe böse Wahl getroffen.
Geht, verehrt die ew'ge Anmuth
Unsrer Himmelskönigin.
TOLOMEO.
Und warum nicht Rosamundens,
Dieser holden Königin
Alles Schönen unterm Himmel?[153]
ROSAMUNDE.
Weil sie Euern Scherz verlachen,
Euern Ernst verachten müßte.
TOLOMEO etwas bestürzt, schweigt eine Weile.
Wie? ... verlachen mich? – verachten?
Ihr seid grausam. – Wohl, Signora,
Hätte sich mein Herz betrogen,
So geschah's durch Euren Zauber.
Wenn mich sonst in frohen Stunden
Euer Flammenblick durchblitzte,
Sprach er da nicht andre Worte?
Wenn zuweilen Ihr, mit wahrhaft
Schwesterlicher Traulichkeit,
Offenbartet, was Euch quälte;
Wenn ich Euch von mir erzählte,
Und das zarte Mitgefühl
Mir aus Euren Thränen sprach:
War's Verachtung? war es Spott?
Oder stilles Ueberneigen
Eures Wesens zu dem meinen?
Lange hab' ich stumm geduldet
Diese bittersüße Qual;
Und Ihr selbst habt sie verschuldet.
Längst schon kämpfte der Entschluß,
Euch mein Innerstes zu nennen ...
Und nun zeigt Ihr mir Verdruß?
Oder traget Ihr vielleicht
Fromme Scheu vor meinem Kleide?
Laßt dem Pöbel seinen Wahn ...
Waffenrock und Mönchsgewand[154]
Sind das Werk derselben Scheere;
Und das Vorurtheil ist – Zuthat.
ROSAMUNDE einen Schritt zurücktretend.
Vorurtheil! – Signor Abbate,
Eure Weihen, Eure Pflichten,
Die Gelübde ... Vorurtheil?
TOLOMEO.
Allerdings ... doch ... wohlverstanden!
Ja, ... der geistige Vermittler
Zwischen Welt und Himmel, – Er,
Nicht der Mensch empfängt die Weihen! –
Unentweiht steht der Geweihte;
Irdisch bleibt der Mensch und – schwach.
Und – die reizendste der Schwächen
Ist zugleich die höchste Macht
Unsrer irdischen Natur.
Nennt die Liebe nicht Verbrechen!
Wäre sie es, welchen Namen
Könntet Ihr denn allem Leben,
Ja, der weiten Schöpfung geben,
Die als Werk der Liebe prangt?
ROSAMUNDE.
Ihr erschreckt mich. – Welche Worte!
Zittert, daß sie Euer Engel
Nicht ins ew'ge Schuldbuch trägt.
TOLOMEO lächelnd.
Hm! mit dem nun wüßte sich
Unser eins schon abzufinden.
ROSAMUNDE.
Ich bewunderte bis heut,[155]
Mit gesammter Stadt Venedig,
Eure strenge Heiligkeit; –
Jetzt genug! – Gehabt Euch wohl!
Denn mir graut, Euch anzuhören.
TOLOMEO vertritt ihr den Weg.
Nein, Ihr dürft mich nicht verlassen;
Nicht verstoßen, nicht vernichten!
Dafür hab' ich nicht, Signora,
Mit dem innigsten Vertrauen
Mein Geheimstes aufgeschlossen.
Glaubt nicht, daß ich Euch verkenne,
Boshaft, halblaut.
Nicht schon wissen sollte, wie Ihr,
Liebenswürd'ge Evenstochter,
Vom verbot'nen Baume nascht.
ROSAMUNDE.
Gleißner! Euer Heil'genschein
Wird um Euch, wie Höllenrauch.
TOLOMEO kalt lächelnd.
Gleißnerei um Gleißnerei.
Ich, nun freilich, bin kein Engel.
Doch auch Ihr nicht, wie es scheint.
Man hat Augen, man hat Ohren;
Und man hört und sieht zuweilen,
Wie Ihr Andern wohl gewährt,
Was Ihr spröde mir versagt.
ROSAMUNDE.
Wißt, Herr Abt, vor wem Ihr steht.
Euch geziemt nicht diese Sprache!
Wollt Ihr einer Schuld mich zeigen?[156]
TOLOMEO.
Schuld? – Das Wörtchen klingt zu rauh.
Aber wie, zum Beispiel, wenn
Eines Herzogs von Savoyen
Halbverlobte, schöne Braut,
Mit der tiefsten Heimlichkeit
In den Armen eines Lieblings, ...
Eines Ritters von Florenz,
Ihre Treue ... nein, die Hoffnung
Des erhabnen Bräutigams ...
ROSAMUNDE stolz.
Wißt, der Herzog von Savoyen
Trägt kein Recht auf meine Hand,
Und – mir mangelt es an Neigung,
Rechenschaft Euch abzulegen.
Künftig mög' es Euch belieben,
Meine Gegenwart zu meiden.
Ab.
TOLOMEO allein.
So? – das könnte wohl geschehn!
Aber nächstens, hoff' ich, wirst du
Deinen Himmel dankbar preisen,
Ein Asyl bei mir zu finden.
Aergerlich, nach einer Pause.
Abgewiesen! ... ausgehöhnt! ...
Hätt' ich das erwarten sollen?
Allzustürmisch, besser – plump,
Fuhr ich viel zu weit hinaus.
Für die schlaue, kalte, feine
Diplomatik in der Liebe
Bist du noch zu warm, Abbate! –[157]
Uebrigens steht nichts zu fürchten;
Sie hat zu viel Zartgefühl,
Um den Vorfall auszuplaudern,
Und mich Andern zu verrathen.
Mangelte ihr diese Großmuth:
Würde sie doch Klugheit haben,
Ihres eignen Namens, welcher
Mit im Spiele steht, zu schonen.
Und – wenn ihr auch Klugheit fehlte,
Würd' ihr dennoch Niemand glauben,
Denn mein Ansehn bei dem Volke ...
Bst! der alte Herzog naht!
Er läßt sich seitwärts in betender Stellung auf die Knie nieder.
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