Folgenden Tages gab die Geschichte großen Lärm in der Stadt. Dazu kam noch das verdrießliche Schicksal des Gafen von Krähenburg in der Familie der Quaste. Denn auch hier war es zu Erklärungen und alle Schuld auf den Hans Dampf gekommen. Alle Welt schimpfte. Nur Fürst Nikodemus lachte aus vollem Halse. Der Graf hingegen fluchte und wetterte gegen den ungeschickten Unterhändler und wollte nichts mehr von ihm hören, ließ ihm auch sein Haus auf immer verbieten. Die fromme Tante von Johanna Quirl tat desgleichen und schickte ihre Nichte sogleich zu ihrem Vater nach Lalenburg zurück.
Der Ordenskanzler ließ sich aber das alles nicht anfechten. Seiner Unschuld und guten Absichten bewußt, wandelte er seinen Weg freudig fort und tröstete sich damit, daß Undank der Welt Lohn sei und die Handlungen großer Männer gewöhnlich von den Zeitgenossen verkannt werden. Solange er übrigens in der Gnade des Fürsten stand, war er für Hof und Stadt ein höchst achtungswürdiger Mann, dem jeder schmeichelnd entgegenkam, dessen Worte Göttersprüche waren.[129]
Se. Durchlaucht der Fürst setzte so großes Vertrauen in den Ordenskanzler, daß er denselben sogar mit in die Gesandtschaft ernannte, welche bestimmt war, die Prinzessin von Mäusenheim, künftige Gemahlin des Herrschers von Luchsenstein, vom Hofe ihres Vaters abzuholen. Weil die übrigen Gesandten meistens uralte Herren waren, hatte Hans Dampf viel Gnade bei der Prinzessin. Jugend ist zuweilen große Tugend. Die Prinzessin war übrigens mit ihrer Gnade nicht allzu wohlfeil, denn sie hatte mancherlei wunderliche Launen, wie sie einer schönen Prinzessin wohl anständig sind. Da sie nun sehr geneigt war, alle Tage eine neue Laune zu haben, weil eine beständig gleiche Laune keine Laune mehr ist, so fiel es ihren Umgebungen oft ziemlich schwer, die rechte zu erkennen. Sie war sehr reizbar und nervenschwach, darum liebte sie besonders alles Sanfte und Zarte, vielleicht deswegen auch vor allen Dingen ihre Katzen. Sie hatte beständig die schönsten und freundlichsten dieser lieben Tiere in ihrem Gefolge, Katzen von allerlei Größe, von allerlei Farbe. Jede ihrer Hofdamen hatte zwei bis drei Katzen zu verpflegen.
Da nun der Fürst mit gleicher Huld den Hunden wie die Fürstin den Katzen zugetan war, besorgte man, des bekannten Sprichworts von Hunden und Katzen wegen, die künftige Ehe dürfte nicht zu den allerseligsten unterm Monde gehören. Trotzdem, wie auch ganz billig, wurden auf die hohe Vermählung unzählige schmeichelhafte Gedichte verfertigt, Reden gehalten, Sinnbilder gemalt, alle voller Weissagungen eines goldenen Zeitalters, da sich die Kraft mit der Anmut, Weisheit mit der Schönheit einige, wie das nun immer so der Fall zu sein pflegt. Viele gute Dinge in der Welt sind überhaupt eigentlich nichts als bloße Redensarten.
Das Ansehen des Ordenskanzlers bei der Prinzessin von Mäusenheim, deren Beilager mit Nikodemus auf einem Grenzschlosse vollzogen ward, erhob das Ansehen des edlen Hans Dampf mehr als je. Was er daher zu sagen oder zu schreiben beliebte,[130] ward begierig von allen Hörern, Sagenhörern, Lesern und Nichtlesern aufgefaßt und wiederholt, sogar in Zeitungen nachgedruckt. Weil Hans Dampf nun die herrliche Gabe hatte, ungemein redselig und wortreich zu sein, so war es im Grunde immer der Geist oder das Wort Hans Dampfs, welches die öffentliche Meinung leitete. In der Residenz las man mit Entzücken seine Beschreibung von den Reizen der künftigen Landesmutter, von ihrer zärtlichen Liebe für die Katzen, und daß man bei ihrem feierlichen Einzuge in die Residenz außer der Illumination vorzüglich auf Präsentation von schönen Katzen denken müsse. Das ließ man sich gesagt sein. Jeder wollte nun die schönsten dieser Tiere haben, weiße, getigerte, schwarze, braune, graue, dreifarbige, um sich bei der Fürstin zu empfehlen. Man verschrieb Katzen von nahe und fern, und ungeachtet deren ankamen, gab es doch eine wahre Katzenteuerung zehn Meilen weit in der Runde.
Ausgewählte Ausgaben von
Hans Dampf in allen Gassen
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