Hufbeschlaglehranstalten

[599] Hufbeschlaglehranstalten (Lehrschmieden) dienen zur Ausbildung von Schmieden im rationellen Hufbeschlag. Da letzterer eine gewisse Kenntnis des[599] anatomischen Baues und der krankhaften Abnormitäten des Hufes voraussetzt, so wurde derselbe früher allgemein zu den tierärztlichen Aufgaben gerechnet. Nach Gründung der Tierarzneischulen im 18. Jahrh. fand an diesen überall Unterricht im Hufbeschlag statt, und die aus ihnen hervorgehenden Tierärzte hießen, namentlich im Heer, vielfach Kurschmiede. Nachdem sich die Tierarzneikunde jedoch entwickelt hatte und die Tierärzte eine wissenschaftliche Ausbildung erlangt hatten, wurde demgemäß der Hufbeschlag Hufschmieden (in der deutschen Armee Fahnenschmieden) überlassen, während an den tierärztlichen Lehranstalten nur noch ein theoretischer Unterricht im Hufbeschlag erteilt wird und die Tierärzte, besonders im Heere, mit der Kontrolle desselben betraut sind. Die derzeitigen Lehrschmieden sind teils staatliche Anstalten (von denen einige noch in äußerer Verbindung mit tierärzlichen Hochschulen stehen), teils von Provinzial- etc. Verwaltungen errichtet oder auch Privatinstitute. Die größte Bedeutung haben in Deutschland die Militärlehrschmieden erlangt. Die erste wurde zu Bruchsal 1836 gegründet, 1843 wurde die Ausübung des Hufbeschlags für Baden von einer Prüfung abhängig gemacht. Dann folgten die Militärlehrschmiede in Gottesaue (1847), die Lehrschmieden in Dresden (1849), Hannover (1853) und Stuttgart (1857), diese drei für Militär- und Zivilschmiede unter Anschluß an die dortigen Tierarzneischulen. Einen besondern Ruf erlangte die Lehrschmiede zu Milkel (sächsische Oberlausitz) unter Leitung des Grafen von Einsiedel (1860), der sich grundlegende Verdienste um die Verbesserung des Hufbeschlags erwarb. In Preußen wurde die erste Militärlehrschmiede zu Berlin 1868 gegründet, der bald andre (Königsberg, Breslau, Hannover, Frankfurt a. M.) folgten; ebenso entstanden solche in Bayern in den 1870er Jahren. Durch Reichsgesetz vom 1. Juli 1883, ergänzt durch entsprechende landesgesetzliche Bestimmungen, wurde für Deutschland der Prüfungszwang für alle Hufschmiede eingeführt. Der Unterricht dauert 3–6 Monate und wird von Tierärzten geleitet. In allen Provinzen und entsprechenden Landesteilen sind staatliche Prüfungskommissionen eingerichtet. – In Österreich-Ungarn bestehen Lehrschmieden in Verbindung mit den tierärztlichen Hochschulen in Wien, Budapest und Lemberg für Zivil- und Militärschmiede. Die letztern heißen hier noch Kurschmiede und üben auch einfache tierärztliche Funktionen aus. Vgl. Möller, Anleitung zum Bestehen der Hufschmiedeprüfung (8. Aufl., Berl. 1903); Damann, Die Ausbildung und Prüfung der Hufschmiede (das. 1898)

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 599-600.
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