§. 1.

[193] Die Vorschläge sind kleine Nötchen, die zwischen den gewöhnlichen Noten stehen, aber nicht zum Tacte gerechnet werden. Sie sind von der Natur selbst dazu bestimmet die Töne mit einander zu verbinden, und eine Melodie dadurch singbarer zu machen. Ich sage: von der Natur selbst. Denn es ist unlaugbar, daß auch ein Bauer sein Bauernlied etwa also mit Vorschlägen schliesset:


1.

da es doch im Grunde nur so heißt:


1.

Die Natur selbst reißt ihn mit Gewalt dahin. Gleichwie oft der einfältigste Bauer in Figuren und Schlüs sen redet, ohne es selbst zu wissen. Die Vorschläge sind bald Dissonanten1; bald sind sie eine Wiederholung der vorigen Note; bald eine Auszierung einer leeren Melodie, und eine Belebung eines schläfrigen Satzes; und endlich sind sie dasjenige, was den Vortrag zusammen hänget.

Es ist demnach eine Regel ohne Ausnahme: Man trenne den Vorschlag niemal von seiner Hauptnote, und nehme sie allezeit an einem Bogenstriche.[193] Daß aber die nachfolgende, und nicht die vorausstehende Note zu dem Vorschlage gehöre, wird man wohl aus dem Worte, Vorschlag, schon selbst abnehmen.

Quelle:
Leopold Mozart: Versuch einer gründlichen Violinschule. Wien (1922), S. 193-194.
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