124. Mozarteum.

[226] München 8. Jan. 1779.58

Ich hoffe, Sie werden mein letztes, welches ich durch den Lohnkutscher habe abschicken wollen, weil ich ihn aber versäumt, der Post übergeben habe, richtig erhalten haben, ich habe alle Ihre Schreiben mithin auch Ihr letztes vom 31. Dezember durch Hrn. Becke richtig bekommen. Ich habe ihm meinen Brief und er mir den seinigen lesen lassen. Ich versichere Sie, mein liebster Vater, daß ich mich nun ganz zu Ihnen (aber nicht nach Salzburg) freue, weil ich nun durch Ihr letztes versichert worden bin, daß Sie mich besser kennen,[226] als vorhin. Es war niemals keine andere Ursache an dem langen Verzögern nach Haus zu reisen, an der Betrübniß, die ich endlich, weil ich meinem Freund Becke mein ganzes Herz entdeckte, nicht mehr bergen konnte, als dieser Zweifel. Was könnte ich denn sonst für eine Ursache haben? Ich weiß mich nichts schuldig, daß ich von Ihnen Vorwürfe zu befürchten hätte, ich habe keinen Fehler (denn ich nenne einen Fehler das, welches einem Christen und ehrlichen Mann nicht ansteht) begangen, mit Einem Worte, ich freue mich und ich verspreche mir schon im Voraus die angenehmsten und glücklichsten Tage, aber nur in Ihrer und meiner liebsten Schwester Gesellschaft. Ich schwöre Ihnen bei meiner Ehre, daß ich Salzburg und die Einwohner (ich rede von gebornen Salzburgern) nicht leiden kann. Mir ist ihre Sprache, ihre Lebensart ganz unerträglich. Sie glauben nicht, was ich bei der Visite hier bei der Mad. Robinig gelitten habe, denn ich habe schon lang mit keiner solchen Närrin gesprochen, und zu meinem noch größern Unglück war auch der einfältige und kreuzdumme Mosmayr dabei.

Nun weiter. Gestern war ich mit meinem lieben Freund Cannabich bei der Churfürstin und habe meine Sonaten überreicht; sie ist hier logirt wie ich ganz gewiß einmal logirt sein werde, wie halt ein Privatmensch recht hübsch und niedlich, bis auf die Aussicht, die miserabel ist, logirt sein kann. Wir waren eine starke halbe Stunde bei ihr und sie war sehr gnädig. Nun habe ich schon gemacht, das man ihr beibringt, daß ich in etlichen Tagen abreisen werde, damit ich bald expedirt werde. – Wegen Graf Seeau haben Sie nichts zu sorgen, denn ich glaube nicht, daß die Sache durch ihn gehen wird, und wenn auch, so darf er sich nicht mucken. Nun kurz und gut, glauben Sie mir, daß ich vor Begierde brenne, Sie und meine liebe Schwester zu umarmen. Wenns nur nicht in Salzburg wäre! Weil es aber bis Dato unmöglich ist Sie zu sehen, ohne nach Salzburg zu reisen, so gehe ich also mit Freuden. Ich muß eilen, die Post geht.

Mein Bäsle ist hier, warum? Ihrem Vetter zu Gefallen? das ist freilich die bekannte Ursache! allein – Nu, wir werden in Salzburg davon sprechen, deßhalb wünschte ich sehr,[227] daß sie mit mir nach Salzburg gehen möchte! Sie werden etwas von ihrer eigenen Hand auf der vierten Seite angenagelt finden. Sie geht gern, mithin wenn Sie Vergnügen haben sie bei sich zu sehen, so haben Sie die Güte und schreiben gleich Ihrem Herrn Bruder, daß die Sache richtig wird. Sie werden, wenn Sie sie sehen und kennen, gewiß mit ihr zufrieden sein, alle Leute haben sie gern. –

In den Witzen, die Wolfgang zu der Nachschrift des Bäsle macht, zeigt sich, daß der gute Humor bereits zurückkehrte. Zu Hause ward er mit allen Freuden empfangen und bald kam auch das Bäsle nach. Als sie wieder daheim war, schrieb ihr Mozart folgenden Brief:

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Das gleiche Datum trägt die zweite große Arie, die Mozart für Aloysia Weber schrieb. Köchel Nr. 316.

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 226-228.
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