Zweite Abteilung.

Persönliches. Plan einer Oper; Grillparzer. Schlösser. Hetzendorf und Baden. Edm. Schultz und C. M. v. Weber. Die Variationen Op. 120, das Opferlied und kleinere Kompositionen.

[381] In den vorherigen Mitteilungen sind wir schon über einen größeren Teil des Jahres 1823 hinweggegangen. Dieses Jahr ist aber noch reich an Ereignissen auf persönlichem und namentlich auch auf künstlerischem Gebiete, welche jetzt im Zusammenhange nachzuholen sind; wir haben daher bis zum Anfange des Jahres zurückzugehen.

Als kurzes Vorspiel sei erwähnt, daß Beethoven am 20. Januar der Gräfin Wimpfen, geb. Eskeles, ein Stammbuchblatt ins Album schrieb, welches die Worte Goethes: »Der edle Mensch sei hülfreich und gut« für Gesang und Klavier enthielt. Es erschien als Faksimile in der Allg. Wiener Musikzeitung vom 23. November 1843. (Vgl. Thayers chron. Verz. Nr. 239 mit Nottebohms handschr. Bem.)

Das zweite große Werk dieser Jahre, welches uns im Zusammenhange im nächsten Jahre beschäftigen wird, war die neunte Symphonie, die Symphonie für England, welche jetzt zu brieflichem Verkehr mit Ries in London Veranlassung gab. Zu einer neuen Symphonie waren ja schon Vorbereitungen vorhanden. Schon am 6. April 1822 hatte er an Ries, nachdem er seine wieder ein volles halbes Jahr dauernde Kränklichkeit und dann die Komposition der Messe erwähnt hatte, geschrieben: »Was würde [381] mir wohl die philharmonische Gesellschaft für eine Sinfonie antragen?«111 Darauf hatte Ries geantwortet (am 15. November); Beethoven scheint das Angebot etwas gering erschienen zu sein, doch scheint er auf die Aufforderung eingegangen zu sein; am 20. Dezember 1822 schreibt er:


»Mit Vergnügen nehme ich den Antrag an, eine neue Simfonie für die philharmonische Gesellschaft zu schreiben, wenn auch das Honorar von Engländern nicht im Verhältnisse mit den übrigen Nationen kann gebracht werden, so würde ich selbst umsonst für die ersten Künstler Europa's schreiben, wäre ich nicht noch immer der arme Beethoven. Wäre ich nur in London, was wollte ich für die philharmonische Gesellschaft Alles schreiben! Denn Beethoven kann schreiben, Gott sei Dank, sonst freilich nichts in der Welt. Gibt mir nur Gott meine Gesundheit wieder, welche sich wenigstens gebessert hat, so kann ich allen den Anträgen von allen Orten Europa's, ja sogar aus Nordamerika, Genüge leisten, und ich dürfte noch auf einen grünen Zweig kommen.«


Die Komposition der Symphonie verzögerte sich; in die mancherlei Sorge und Beschäftigungen dieser Zeit läßt uns der Brief an Ries vom 5. Februar 1823 hineinblicken, den wir hier vollständig abdrucken, da ihn Ries (Not. S. 159f.) nur unvollständig und dazu mit falschem Datum (5. September) gebracht hat.112


»Am 5. Febr. 1823.


Mein lieber guter Ries!


Noch habe ich keine weiteren Nachrichten über dieSinfonie, unterdessen können sie sicher darauf rechnen, indem ich hier die Bekanntschaft gemacht habe mit einem sehr liebenswürdigen gebildeten Manne, welcher bei unserer Kaiserl. Gesandtschaft in London angestellt ist,113 so wird dieser es übernehmen, später die Sinfonie von hier nach London an Sie befördern zu helfen, so daß sie bald inLondon ist. Wär ich nicht so arm, daß ich von meiner Feder leben müßte, ich würde gar nichts von der ph. Gesellschaft nehmen, so muß ich freilich warten, bis für die Sinfonie hier das Honorar angewiesen ist: um aber einen Beweis meiner Liebe u. Vertrauens für diese Gesellschaft zu geben, so habe ich die neue ihnen in meinem letzten schreib. berührte Overtüre schon dem oben berührten Herrn von der Kaiserl. Gesellschaft114 gegeben. Da dieser [382] in einigen Tägen von hier abreist, so wird er ihnen mein lieber sie selbst inLondon übergeben, man wird wohl bei Goldschmidt ihre Wohnung wissen, wo nicht, so geben sie selbe dort doch an, damit dieser so sehr gefällige Mann nicht lange sie aufzusuchen habe – ich überlasse es der Gesellschaft was sie in Ansehung der Overture anordnen wird, sie kann selbe ebenfalls wie die Sinfonie 18 Monathe behalten – hiernach erst würde ich sie herausgeben, nun noch eine Bitte: mein Herr Bruder hier, der Equipage hält, hat auch noch von mir ziehen wollen, und so hat er, ohne mich zu fragen, diese besagte Overture einem Verleger namens Bosey in London angetragen, lassen sie ihn nur warten, daß man vor der Hand nicht bestimmen könne, ob er die Overture haben könne, ich würde schon selbst deswegen schreiben – alles kommt hierin auf die philarm. Gesellschaft an, sagen sie nur gefälligst, daß mein Bruder sich geirrt, was die Overture betrifft – was andere Werke betrifft, weswegen er ihm geschrieb. die könnte er wohl haben, er kaufte sie von mir, um damit zu wuchern, wie ich merke. o frater!115 – ich bitte sie noch besonders der overture wegen, mir sobald sie selbe erhalten, sogleich zu schreiben, ob die ph. Gesell. solche nimmt, weil ich sonst sie bald herausgeben würde –

Von ihrer an mich dedicirten Sinfonie erhielt ich nichts, betrachtete ich die Dedicat. nicht als eine Art von Herausforderung, worauf ich ihnen Revanche geben muß, so hätte ich ihnen schon irgend ein Werk gewidmet, so glaubte ich aber noch immer, ihr Werk erst sehen zu müssen, und wie gern würde ich ihnen durch irgend etwas meinen Dank bezeigen, ich bin ja ihr tiefer Schuldner für so viele bewiesene Anhänglichkeit und Gefälligkeit, bessert sich meine Gesundheit durch eine zu nehmende Bade-Cur im künftigen Sommer, dann küsse 1824 ihre Frau in London


ganz ihr

Beethoven.«116


Diesem Brief folgte noch in demselben Monate ein weiterer, der ebenfalls die Symphonie und daneben andere Werke der Zeit behandelt und nach dem Inhalte dem obigen ganz ähnlich ist.117


[383] »Wien am 25. Febr. 1823.


Mein lieber werther Ries!


Ich ergreife diese Gelegenheit durch den Herrn v. Bauer Kaiserl. Königl. Gesandtschafts-Secretär ihnen zu schreiben, ich weiß nicht mit der Sinfonie, wie ich es halten soll, sobald ich nur ein weiteres Wort von ihnen erhalte, freilich wäre es nöthig auch die Anweisung dabey, so hat mir schon eben dieser H. von Bauer, welcher eben so geistreich als gütig ist, versprochen, daß man sie von hier aus auf's schnellste nachLondon besorgen wird, indem ich sie nur im fürstl. Esterhazyschen Hause abzugeben habe – ebenfalls erhalten sie hier die versprochene overture, will die philarm. Gesellschaft sie behalten ebenfalls auf 18 Monathe, so steht sie ihr zu Diensten, noch hat sie Niemand, erhält auch Niemand selbe, bis ich von ihnen hierüber Antwort erhalte, ist die philarm. Gesellschaft so arm wie ich, so hat sie mir gar nichts zu geben, ist sie aber reicher, wie ich wohl glaube und es ihr von Herzen wünsche und gönne, so überlasse ich ihr ganz, wie sie es mit mir der overture halber halten will – zugleich erhalten Sie 6 bagatellen oderkleinigkeit u. wieder fünf zusammengehörend in 2 Theile.118 Verschachern sie selbe so gut sie können; ich hoffe, sie haben die beyden Sonaten erhalten, u. bitte ebenfalls das Schacherthum damit auszuüben, denn ich brauche es, der Winter und mehrere Umstände haben mich wieder zurückgesetzt und beynahe immer von der Feder leben zu müssen, ist keine Kleinigkeit, künftiges Frühjahr 1824 bin ich in London, um ihre Frau zu küssen, darüber haben wir noch genug Zeit uns zu schreiben, hätte ich nur ihre Dedikation erhalten, so widmete ich ihnen gleich diese overture, falls sie in London Beyfall finden würde – nun leben sie wohl, mein lieber Freund, eilen sie wegen der Sinfonie, u. was sie für die Sonaten u. bagatellen erhalten, überhaupt an Geld übermachen sie bald hieher, hieher. Es ist willkommen. – Der Himmel segne Sie u. lasse mich nur auch dazu kommen, irgend ihnen eine Gefälligkeit zu erweisen.

Mit den Freundschaftlichsten Gesinnungen


ihr

Beethoven


Nicht lange nachher erging ein weiterer Brief an Ries, mit welchem die Korrespondenz in diesem Jahre besonders lebhaft war; er erhält in der Hauptsache seine Erklärung in dem bereits erwähnten Umstande, daß Beethoven unter dem Einflusse einer bereits in früherer Zeit veranlaßten Verstimmung an den englischen Hof keine Einladung zur Subskription auf die Messe geschickt hatte. In Schindlers Nachlaß befand sich das Konzept eines Briefes Beethovens an den König von England, in welchem er seinem verletzten Gefühle in respektvoller Form Luft macht; dasselbe lautet nach Thayers Abschrift:119


[384] »Indem ich mich unterfange Euerer Majestät meine gehorsamste Bitte hiemit unterthänigst vorzulegen, wage ich es zugleich, derselben noch eine zweite hinzuzufügen.

Bereits im Jahre 1813 war der Unterzeichnete so frei, auf vielseitiges Verlangen mehrerer hier domicilirender Engländer sein Werk, genannt: ›Wellingtons Schlacht und Sieg bei Vittoria‹ zu übersenden, wo dasselbe damals noch niemand besaß. Der in jener Zeit hier anwesende Kais. russische H. Botschafter Fürst von Rasoumowsky übernahm es, dieses Werk Ew. M. mittels eines Couriers zu übermachen.

Der Unterzeichnete nährte viele Jahre den süßen Wunsch, Ew. M. würden ihm den richtigen Empfang seines Werkes allergnädigst bekannt machen lassen; allein bis jezt konnte er sich dieses Glückes nicht rühmen, und mußte sich blos mit der kurzen Anzeige des Herrn Ries, seines würdigen Schülers begnügen, der ihm meldete, daß E. M. dieses genannte Werk dem damahligen Musik Director Herrn Salomon und Herrn Smart allergnädigst zu übergeben geruheten, um solches im Theater Drury Lane öffentlich zu produziren, dies verlauten auch die englischen Journale, und fügten noch hinzu, so wie auch Herr Ries, daß dieses Werk mit außerordentlichem Beifall sowohl in London, als allenthalben, gewürdigt wurde. – Daß es für den Unterzeichneten sehr kränkend sei, alles dieses auf indirektem Wege erfahren zu müssen, werden E. M. seinem Zartgefühl gewiß verzeihen, und ihm Allergnädigst erlauben, hier zu bemerken, daß er keine Zeit und keine Kosten sparte, dieses Werk Ihrer Allerhöchsten Person anständigst vorzulegen und Höchstihnen damit Vergnügen zu machen.

Aus allem diesem schließt nun der Unterzeichnete, daß es Ew. M. unrichtig mag vorgelegt worden sein, und da ihm seine hier angeführte gehorsamste Bitte, wieder die Gelegenheit gewährt sich E. M. mittelst diesem zu nähern, so nimmt er sich die Freiheit Höchstdenselben ein gestochenes Exemplar von der Schlacht bei Vittoria in Partitur hier beiliegend unterthänigst zu übersenden, welches schon seit dem Jahre 1815 zu diesem allerhöchsten Zwecke bereitet liegt und nur wegen der Ungewißheit in welcher der Unterzeichnetestets über diesen Gegenstand war, so lange zurückgehalten wurde.

Überzeugt von der hohen Weisheit und Gnade, mit welcher E. M. stets die Kunst und den Künstler zu würdigen und zu beglücken wußten, schmeichelt sich der Unterzeichnete, daß Höchstdieselben dieses Allergnädigst berücksichtigen, und demselben seiner gehorsamsten Bitte in höchster Gnade willfahren werden.

[385] Convaincu de la haute sagesse dont Votre Majesté a toujours su apprecier l'art ainsi que de la haute faveur qu'elle accordé à l'artiste le soussigné se flatte que Votre Majesté prendra l'un et l'autre en consideration et vaudra en grace condescendre a sa treshumble demande.

a Vienne le 24 fevrier.«


Der Brief ging ab, wie wir aus folgendem Briefe an Ries entnehmen:120


– »bei der harten Lage habe ich noch viele Schulden zu bezahlen, daher es mir auch lieb sein wird, wenn sie abgeschlossen haben die Messe betreffend, mir dasHonorar auch ebenfalls anzuweißen, bis dahin wird die Messe schon für nach London abgeschrieben sein, wegen der einigen Souverains, die ein Exempl. davon erhalten, darf man gar keine Scrupel haben, wenn schon ein hiesiger Verleger gar nichts dawider hatte, so dürfte man in London noch weniger sich deswegen kümmern, da ich mich noch obendrein schriftl. verbinde, daß übrigens weder im Stich noch auf irgend eine andere Art davon eine Note nur herauskomme, und der Revers noch obendrein für alles bürgt. – Betreiben121 sie alles bald für ihren armen Freund, ihren Reiseplan erwarte ich auch, es ist zu arg geworden, ich bin ärger beim Cardinal, als früher geschoren, geht man nicht, siehe da ein crimen legis majestatis,122 meine Zulage besteht darin, daß ich den elenden Gehalt noch mit einem Stempel erheben muß. – Da Sie wie es scheint eine Dedication von mir wünschen, wie gern willfahre ich ihnen, lieber als dem größten großen Herrn entre nous der Teufel weiß wo man nicht in ihre Hände gerathen kann, auf der neuen Sinfonie erhalten Sie dieDedication an Sie – ich hoffe endlich die ihrige an mich zu erhalten. –

Bauer123 erhält hiermit eine neue Schrift anKönig, in welcher aber blos von der Schlacht beiVittoria, die er gestochen mitgenommen hat, die Rede ist, von der Messe geschieht keine Erwähnung. Haben Sie nur die Güte, H. Bauer zu sagen, er solle das erstere öffnen, um zu sehen wessen Inhalt das Schreiben sei. Die Messe hat H. Bauer nicht mitbekommen. Es heißt nämlich:124 Bauer soll den von hier mitgenommenen Brief an den [386] König öffnen, woraus er sehen wird, was von der Schlacht von Vittoria an den König geschrieben worden, die nun erfolgte Schrift an ihn erhält125 dasselbige, aber von der Messe ist gar keine Rede mehr,126 unser liebenswürdiger Freund Bauer soll nur sehen, ob er nicht wenigstens ein Schlachtmesser oder eine Schildkröte dafür erhalten kann, versteht sich, daß das gestochene Partitur Exemplar der Schlacht ebenfalls an den König gegeben werde – Bauer geht Ende Mai wieder hieher, benachrichtigen sie ihn also gütigst gleich von dem was ihn angeht – der heutige Brief kostet sie viel Geld,127 rechnen sie mir es nur ab von dem was sie mir schicken, wie leid thut es mir ihnen beschwerlich fallen zu müssen, – Gott mit ihnen, alles schöne an ihre Frau, bis ich selbst da bin, geben sie acht, sie glauben ich bin alt, ich bin ein junger alter – wie immer der Ihrige


Beethoven.«


Weitere Briefe an Ries werden noch zu erwähnen sein. Aus dem Tone, in welchem sie geschrieben sind, dürfte doch hervorgehen, daß damals wenigstens die guten Beziehungen zu Ries, von deren Trübung uns Schindler erzählt, noch fortbestanden.

Die Sorge für die Unterbringung seiner Kompositionen dauert auch in jener Zeit, der Zeit der Absendung der Subskriptionseinladungen zur Messe, noch fort. Es liegt uns ein kleiner Brief an Moritz Schlesinger in Paris128 abschriftlich vor, der lautet:


»Wien den 18t Februar 1823.


Mein werther Schlesinger!


ich glaube was sie anbey gesucht was129 gefehlt ist oder nicht, angezeigt werden – suchen sie doch130

Von den Werken die ich ihnen neulich angebothen ist die Overture für großes Orchester u. [?] wurde den 3. Oktob. zum ersten mal bey Eröffnung des neuen josephstädter Theaters gegeben [387] was vonMehul sie mir angezeigt haben, bitte ich sie mir zuschicken, auch von den schottischen Liedern von ihrem Herrn... [unleserlich] in Berlin brauche ich einige Exemplare... mit vergoldetem Einband auf aber [?] antworten131

Die Dedication132 Sonate in C moll ist gewidmet der... Antonia v. Brentano gebohrne von Birkenstock

antworten sie geschwinde, geschwinde, geschwinde


ihrem [ihr Freund]

Beethoven.«133


Die Bemerkung über die Widmung der Sonate in C moll stimmt überein mit einer früher schon gemachten Mitteilung, nur war dort die As dur-Sonate hinzugefügt (s. o. S. 231).

Um dieselbe Zeit schickte er eine Anzahl kleinerer Sachen an Peters in Leipzig (darunter das Opferlied, das Bundeslied, die Ariette »der Kuß«, Bagatellen und Zapfenstreich), wie wir aus dem Briefe an Peters vom 15. Februar erfahren.134 Darin steht auch die Bemerkung bezüglich der Messe: »auch werde ich ihnen eine Schrift wegen der Messe schicken da sich die Entscheidung, welche sie erhalten, bald nahen wird –« Die angemeldeten Stücke erschienen aber nicht bei Peters.

Auch zu Scherzen war er wie sonst aufgelegt. Zu den Freunden, welche in dieser Zeit mit ihm wegen seiner Unternehmungen beratschlagten, gehörte auch Graf Moritz Lichnowsky; es handelte sich damals, wie Schindler angibt, um einen mit Steiner abzuschließenden Vertrag, wobei Lichnowsky vielleicht von Beethovens Meinung abwich. Am 20. Februar improvisierte Beethoven in dem Gasthause zur goldenen Birne, wo er damals viel verkehrte, folgenden Kanon:135


[388] »geschrieben den 20t Febr. 1823

im Kaffehause zur Birn auf der

Landstraße.« [Schindler.]


2. Abteilung

Aber nicht immer war er in so heiterer Laune; die pekuniären Verhältnisse lasteten auf ihm. Ihn drückte eine Schuld an die ihm befreundeten und sehr wohlgesinnten Brentanos in Frankfurt;136 außerdem hatte der Verleger Steiner ihm einen Vorschuß bewilligt und fand es jetzt, da Beethoven wiederholt Werke andern Verlegern gegeben hatte, nicht mehr nötig, ihn zu schonen; er drängte zur Zahlung und drohte, den Meister wegen der geschuldeten 800 Gulden gerichtlich zu belangen.137 Beethoven stellte eine Gegenforderung und verlangte von Steiner die Herausgabe mehrerer noch bei ihm befindlicher Manuskripte, die dieser aber verweigerte, da sie sein Eigentum seien. Beethoven hatte zurzeit keine Barmittel zur Verfügung; für die Subskriptionsexemplare der Messe konnte noch kein Honorar eingegangen sein. Doch befanden sich in seinem Besitze 7 Bankaktien, die er nicht gern angreifen wollte, da er sie für den Neffen bestimmt hatte. Auf Veranlassung des Advokaten Dr. Bach entschloß er sich, einer der Bankaktien sich zu entäußern, und das gleiche tat er gleich nachher, um die Schuld bei Brentano zu tilgen. Bei beidem war ihm Schindler behülflich. Darauf beziehen sich mehrere der Zettel an Schindler auf der Berliner Bibliothek.

[389] Hierher gehört der folgende, den seinem Hauptinhalt nach schon Schindle138 mitteilte:


»lieber S. Vergessen Sie nicht auf die B. A., es ist höchst nöthig, ich mögte nicht gern um nichts u. wider nichts bei gericht verklagt werd. Das Benehmen meines Bruders hierin ist seiner ganz würd. –139 heute ist der Schneider bestellt, den ich unterdessen hoffe mit güte für heute abweis zu können. –


Eiligst der

Ihrige.«


Am Rande des Briefes steht: »ich gehe gar nicht aus, da ich mich nicht wohl befinde wenn sie wollen zum Essen kommen, so kommen Sie«, auf der Rückseite: vous êtes invité de diner chez moi, und daneben: »Für Hrn. v. Schindler.« Auf dem Brief bemerkte Schindler, der darauf geschrieben hatte »vom Jahre 1823«, folgendes: »Die Firma Steiner u. Haslinger hatten 1823 Beethoven gedroht ihn wegen der schuldigen 860 Gulden W. W. bei Gericht zu verklagen, das geschah wo noch kein Honorar für die subscribirten Exempl. von der Missa eingegangen war. Darum war er genöthigt eine Bank-Actie zu veräußern, um diese Gläubiger zu befriedigen.«

Auf dieselbe Zeit wird sich folgender Zettel beziehen:140


»Für Seine Wohlgeboren

H. v. Schindler.« [Adr.]

»Außerordentlich Bester!!


Vergessen Sie nicht auf die Anbringung derBankakzie als Pfand, – ich bitte Sie gegen ein Uhr Karl bei Blöchlinger abzuhohlen, u. zu mir zu führen, Sie können hernach einen Fiaker nehmen u. Bach, welcher ganz gewiß kommen wird, abhohlen, oder nehmen sie gleich einen Fiaker von der Josephstadt mit Karl, womit sie alsdann zu mir, u. von mir zu Bach fahren –


lebt wohl bester

der Eurige

Beet –«


Was Bach gerade jetzt bei ihm sollte, wird uns weiter klar werden.

In derselben Zuschrift, in welcher Beethoven Schindler ersucht, ihm ein Schema der Höfe aufzustellen, an welche die Subskriptionseinladung zu schicken wäre (s. o. S. 356) schreibt er folgendes:


[390] »Sehen Sie doch einen Menschenfreund aufzutreiben, der mir auf eine Bank Aktie leiht, damit ich erstens den Edelmuth meiner einzigen Freunde der v.B.141 nicht zu sehr prüfen müßte, u. selbst durch den Aufenthalt dieses Geldes nicht in Noth gerathe, welches ich den schönen Anstalten und Vorkehrung. meines theuren H. Brud. zu verdanken habe. – Es wäre hübsch, wenn sie diesen Nachmittag gegen halb 4 zuMaria Hilf erschienen oder auch vormittags« –


»Man muß gar nicht merken,« wird auf einem besonderen kleinen Zettel hinzugefügt, »daß man das Geld wünsche –«

Das bezog sich also auf die Schuld bei Brentano (wie sich auch aus Schindler S. 46 ergibt), und wir erhalten zugleich einen Fingerzeig über den Zeitpunkt dieses Unternehmens; die Gleichzeitigkeit mit der Frage nach Aufzählung der Höfe verbietet es, dasselbe über die ersten Monate 1823 hinaus anzusetzen.

Auch das folgende Briefchen hängt mit der Brentanoschen Angelegenheit zusammen, welche auf die Steinersche folgte; es ist hier von 2 Aktien die Rede:142


»Es ist nichts anderes zu thun, als dieses mit den 2A. [Aktien] auch einzugehen, obschon ich es sehr unverhältnißmäßig finde, richten sie daher gütigst ein, was sie glauben; sind sie mit sich einig, so kommen sie zu mir


ihr Freund

Beethoven


Die wiederholten Ausfälle gegen den Bruder stehen etwas im Widerspruche damit, daß Beethoven mit dessen Beteiligung an den geschäftlichen Unternehmungen wegen seiner Werke einverstanden war und ihm sogar Vorteile zuwenden wollte, auch selbst sonst ganz freundlich an ihn schrieb. Es müßten da noch besondere Zerwürfnisse stattgefunden haben, über die wir keine genauere Kenntnis haben. Daß Johann die Bürgschaft für ihn nicht übernehmen wollte, mochte darin liegen, daß Beethoven nach seiner Ansicht im Besitze von Geldmitteln war; denn den idealen Gesichtspunkt, nach welchem Beethoven seine Bankaktien nicht angreifen wollte, vermochte der engherzige, nur ganz gewöhnlichen Interessen zugewandte Sinn des Bruders nicht zu fassen. Dabei müssen wir, bei unserer Unkenntnis der Einzelheiten, immer festhalten, daß eine innere Abneigung gegen diesen[391] Bruder schon seit früher Zeit bestand und durch spätere Erlebnisse nur vermehrt war, wenn es auch Beethoven zu einem völligen Bruche mit dem nächsten Verwandten nicht hat kommen lassen. Diese Abneigung konnte durch das Treiben der Gattin nur gesteigert werden.

In dem einen der Zettel wegen der Bankaktien wird Beethovens Rechtsfreund Dr. Bach erwähnt, es sollte eine Zusammenkunft mit ihm stattfinden, und auch der Neffe Karl sollte zugegen sein. Der Gegenstand der Besprechung wird nicht angegeben. Aber es wird nicht Zufall sein. daß Beethoven gerade in dieser Zeit pekuniärer Bedrängnisse den ersten förmlichen Schritt tat, die für den Neffen bestimmte Erbschaft festzulegen. soweit er das jetzt konnte; dabei bedurfte er Bachs Rat, der ihm ja auch in dem Streite mit Steiner geraten hatte. Statt allen weiteren Vermutungen folge hier der Brief an Bach, der gerade aus diesen Tagen stammt:143


»Wien, am 6ten März 1823.


Werther Verehrter Freund!


Der Tod könnte kommen, ohne anzufragen, in dem Augenblicke ist keine Zeit ein gerichtl Testament zu machen, ich zeige ihnen daher durch dieses eigenhändig an, daß ich meinen geliebten Neffen Karl van Beethoven zu meinem Universalerben erkläre, u. daß ihm alles ohne Ausnahme was nur den Nahmen hat irgend eines Besitzes von mir, nach meinem Tode Eigenthümlich zugehören soll. – Zu seinem Curator ernenne ich sie u. Sollte kein anderes Testament folgen, als dieses, so sind sie zugleich befugt und gebeten, meinem geliebten Neffen K. v. Beethoven einen Vormund aus zusuchen, – mit Ausschluß meines Bruders Johann van Beethoven –144 u. ihn nach den hergebrachten gesetzen denselben zuzugeben. Dies Schreiben erkläre ich so gültig für allzeit, als wäre es mein letzter Wille vor meinem Tode – ich umarme Sie von Herzen


ihr wahrer Verehrer und Freund

Ludwig van Beethoven.«


Ein besonderer Nachtrag auf der ersten Seite besagt (Frimmel)


»NB an Capitalien finden sich 7 Bankactien, was übrigens sich an Baarschaft noch findet, wird ebenfalls wie B. A. das Seine.«


Kurz vor seinem Tode hat Beethoven dieses Testament mit den [392] damals erforderten Modifikationen, wieder in einem Briefe an Bach, wiederholt; wir kommen später darauf zurück. –

Wenn sich unser Meister auch jetzt, unter vielen Sorgen und gesundheitlichen Beschwerden, trüben und ernsten Gedanken hingab, einstweilen kehrte er doch ins Leben zurück. Er arbeitete ja schon lange an dem großen Werke, dessen Vollendung und Darstellung erst dem folgenden Jahre vorbehalten blieb; aber daneben zeigt ihn uns dies Jahr in seinem weiteren Verlauf nicht nur in mancherlei persönlichem Verkehre und mit verschiedenen Plänen beschäftigt, es sah auch noch einzelne kleinere Werke von besonderem Interesse entstehen; über alles dieses ist hier noch zu berichten.

Einer von jenen Plänen hing mit dem Versuche zusammen, Beethoven in ein äußerlich festes Verhältnis zum Hofe zu bringen.145 Im November 1822 war der kaiserliche Hofkompositeur Anton Tayber gestorben, und dies erschien als geeigneter Anlaß, daß Beethoven sich direkt um diese Stelle bewerbe. Auf Betreiben des Grafen Moritz Lichnowsky wandte er sich direkt an den »Hofmusikgrafen« Grafen Moritz Dietrichstein. Beide schlugen Beethoven vor, eine Messe für den Kaiser zu komponieren. Am 23. Februar 1823 schrieb Dietrichstein an Lichnowsky folgenden Brief:146


»Lieber Freund!


Schon längst wäre es meine Pflicht gewesen, dem guten Beethoven zu antworten, da er sich vertrauensvoll an mich gewendet hatte. Allein nachdem ich mit dir gesprochen, beschloß ich mein Stillschweigen erst zu brechen, wenn ich bestimmtere Nachrichten über den bewußten Gegenstand eingezogen haben würde. Nun kann ich dir aber mit Gewißheit sagen, daß die Stelle des verstorbenen Tuyber – welcher nicht Kammer- sondern Hofcompositeur war – nicht mehr besetzt werden wird. Ich mag es Beethoven nicht schreiben um nicht ungünstig auf einen Mann zu wirken, den ich so aufrichtig verehre und bitte dich demnach, es ihm gelegentlich vorzustellen, mir aber dann zu schreiben, wann und wo ich ihn einmahl würde sprechen können, da ich seine Wohnung vergessen habe.

Ich schicke dir hier auch zugleich die Partitur einer Messe von Reutter, welche Beethoven zu sehen wünschte.

Wahr ist es daß S. M. der Kaiser diesen Stiel liebt, indessen braucht Beethoven, wenn er eine Messe schreibt sich nicht daran zu halten. Er möge nur seinem großen Genie folgen und blos berücksichtigen daß die Messe nicht zu lang, noch zu schwer in der Ausführung werde. – Daß es eine Tutti [393] Messe sei und bei den Singstimmen nur kleine Sopran- und Alto- Solos vorkommen (wofür ich zwei brave Sängerknaben habe) – doch weder Tenor- noch Baß- noch Orgel- Solos – höchstens für den Tenor weil Barth dann singen würde – Bei Instrumenten könnte ein Violin- oder Oboe oder Clarinett-Solo angebracht werden, wenn er es wollte.

Fugen lieben Seine Majestät sehr gehörig durchgeführt doch nicht zu lang; – das Sanctus mit dem Osanna möglichst kurz um nicht die Wandlung aufzuhalten – und wenn ich etwas für mich beisetzen darf: – Das Dona nobis pacem mit dem Agnus dei ohne besondern Absprung verbunden, und sanft gehalten; was bei 2 Messen von Händel (aus dessen Anthems zusammengesetzt) bei zweien von Naumann, und von Abbé Stadler eine besonders schöne Wirkung macht. Dies wären in Kürze meiner Erfahrung gemäß, die zu beobachtenden Rücksichten, und ich würde mir, dem Hofe und der Kunst Glück wünschen wenn unser großer Beethoven, bald Hand ans Werk legen wollte.

Sei so gut noch mir einen kleinen Empfangschein über die aus dem Hofmusikarchiv erhaltene Partitur zu schicken. Ich werde die erste freie Zeit benutzen, dir mündlich die Versicherung meiner alten Freundschaft zu erneuern. Ganz


23. Febr. 1823.«


Dein Freund

Moritz Dietrichstein.


Diesem Briefe folgte nicht lange nachher ein Brief Dietrichsteins an Beethoven selbst.147


»Ich übersende Ihnen hier, mein verehrter Freund, drey Texte zu Graduale und eben so viele zuOffertorien, um sie nach Ihrer Wahl bey der Messe, die Sie componiren, anwenden zu können.

Unendlich bedauere ich, Sie versäumt zu haben, als Sie die Güte hatten, mit dem Grafen Lichnowsky mich zu besuchen. Ich werde trachten, Sie sobald als möglich zu treffen. Empfangen Sie die Versicherung meiner aufrichtigsten Hochachtung

10. März 1823.


Moritz Dietrichstein.«


Darunter schrieb Beethoven mit Bleistift


Ƞ das graduale

als Sinfonie

mit Gesang

behandlen

ist es nach dem gloria?«


Beethoven hatte also Dietrichstein persönlich besucht und war von dem Entgegenkommen des Hofmusikgrafen, wie Schindler erzählt, angenehm [394] überrascht. Er nahm die Arbeit tatsächlich in Angriff, und auch seine Bleistiftbemerkung zeigt die Absicht, eine neue Messe mit einigen zuzufügenden Sätzen, einemGraduale148 und Offertorium, zu schreiben, wobei er vielleicht einer Anregung Dietrichsteins folgte. Jedenfalls sieht man, welchen Wert er auf die in Aussicht genommenen Beziehungen zum Hofe legte. Auch Skizzen und briefliche Bemerkungen deuten auf beabsichtigte neue Messekompositionen hin; das Chronologische ist hier nicht überall genau festzustellen. Nicht weit von den letzten Skizzen zum Agnus Dei der Missa solemnis findet sich die Bemerkung: das Kyrie in der Neuen Messe bloß mit blasenden Instrumenten und Orgel;149 und über Skizzen zu einem sanft gehaltenen Dona nobis steht die Überschrift: »Messe aus Cis moll«; diese stehen zusammen mit Skizzen zum Bundesliede und Opferliede,150 welche dieser Zeit angehören dürften (s.u.). Daß Beethoven in jener Zeit neben der Missa solemnis eine zweite oder gar noch eine dritte Messe schreiben wollte, entnehmen wir den Briefen. Simrock gegenüber spricht er es geradezu aus, daß seine Zögerung mit der Antwort darin ihren Grund habe, daß noch nicht feststand, welche Messe er erhalten solle, und an Peters schreibt er (20. März 1823), außer ihm hätten sich noch zwei andere gefunden, welche jeder eine Messe haben wollte, »indem ich wenigstens 3 gesonnen bin zu schreiben; die 1te ist längst ganz vollendet, die 2te noch nicht, die 3te noch gar nicht angefangen.« Die Frage nun, ob jene Skizzen und Bemerkungen Beethovens schon vor dem Briefe Dietrichsteins geschrieben waren, mit andern Worten, ob der Plan zu dieser neuen Messe die unmittelbare Folge von Dietrichsteins Vorschlag war oder schon vorher bei Beethoven bestand, muß bei der Ungewißheit der chronologischen Beziehungen unbeantwortet bleiben. Die Bemerkung über eine einfachere Fassung desKyrie und der einfach-milde Ausdruck des dona entspricht ganz den Gedanken, die Dietrichstein geäußert hatte. Daß Beethoven an die neue Messenarbeit ging und sie [395] mit anderen besprach, wissen wir aus Schindler. Für uns bleibt nur der traurige Umstand, daß wir diese Messe aus Cis moll nicht besitzen. Beethoven kam schließlich zu dem Entschlusse, die Kompositionen für den Kaiser auf spätere Tage zu verschieben; er dankte den beiden Grafen schriftlich für ihre Bemühungen und gab als Grund seiner Verzögerung seine anderweitig eingegangenen Verpflichtungen an. Darüber mußte er von Lichnowsky Vorwürfe hören; auch der Erzherzog soll ihm solche haben zukommen lassen, auf die dann Beethoven mit Entschuldigungen geantwortet habe. So erzählt Schindler mit Berufung auf den erzherzoglichen Sekretär Baumeister; die bekannten Briefe an den Erzherzog enthalten davon nichts und die Tatsache dürfte zu bezweifeln sein, da eine Unterdrückung dieser Briefe keinen erkennbaren Zweck gehabt hätte.

Besonderes Interesse hat es für uns, daß in dieser Zeit der Plan zu einer neuen Oper entstand und längere Zeit erwogen wurde, um schließlich jedoch wieder aufgegeben zu werden. Wegen des allgemeinen darf man sich hier an Schindler151 halten. Der große Erfolg der neuen Aufführung des Fidelio (3. Nov. 1823) hatte die Administration des Theaters veranlaßt, an Beethoven den Antrag wegen Komposition einer neuen Oper zu richten. Dieser Antrag war Beethoven erwünscht. Seine Freunde ergriffen den Gedanken mit Eifer, unter ihnen besonders Graf Moritz Lichnowsky,152 dann Schindler, auch wohl andere; so z.B. mischte sich auch Bruder Johann ein. Beethoven wünscht antike Stoffe, die man ihm aber als verbraucht darstellt. Dann ist von einem Text Schlegels die Rede; auf Trauerspiele Voltaires, auf Fiesko u.a. wird er hingewiesen. Auch Einheimische wollten für ihn schreiben. Kanne schrieb einen Operntext für ihn, den Beethoven ihm mit folgendem Billett an Schindler zurückschickt:153


»Ich Schicke Ihnen hier das Buch von K., welches, außerdem daß der erste Akt etwas lau ist, so vorzüglich geschrieben ist, daß es eben nicht einen der ersten Komponisten brauchte – ich will nicht sagen, daß es eben gerade für mich das passendste wäre, jedoch, wenn ich mich von früheren eingegangenen Verbindlichkeiten loßmachen kann wer weiß was geschehen könnte – oder geschehen kann! –


bestätigen sie mir

gütigst den Empfang!«


eiligst ihr Freund

Beethoven.


[396] Noch von anderen Seiten wurde ihm der Gedanke, eine Oper zu schreiben, nahe gebracht. Mitten zwischen Gesprächen über Opernstoffe begegnet uns am 30. Januar 1823 (das Datum ist im Anschluß an andere Angaben von Thayer festgestellt) folgende Einzeichnung des Bruders Johann im Konversationsbuche: »Sporschild war heute bei mir er läßt sich dir empfehlen und wenn du es befehlen thust, so will er für dich eine Oper schreiben.« Johann Sporschil, bekannt als Historiker und Publizist, lebte damals nach Beendigung seiner Studien in Wien; er trat in Beziehung zu den Angehörigen des Beethovenschen Kreises und erhielt Kenntnis von den dort bestehenden Wünschen, woraus sich die obigen Worte Johanns erklären. Wir haben über seine Beziehungen zu Beethoven eine dankenswerte Studie von Hans Volkmann,154 die mir während der Arbeit zukam und auf die ich in nachstehendem Bezug nehme. Auf das Anerbieten Sporschils muß Beethoven gleich eingegangen sein, denn Sporschil machte sich alsbald an die Arbeit; dieselbe wurde, wie es scheint, stückweise (nach Vollendung der einzelnen Akte) an Beethoven geschickt. Das Textbuch befindet sich in Schindlers Nachlaß auf der Berliner Bibliothek. Es war eine neuere Dichtung an Stelle der vor einiger Zeit aufgeführten »Weihe des Hauses« (mit der Musik zu den Ruinen von Athen) und führte den Titel: »die Apotheose im Tempel des Jupiter Ammon«;155 auch hier sollte die Musik aus den Ruinen verwandt werden. Dieser schwache Text scheint Beethoven, der Bemerkungen zu dem Entwurfe schrieb, nicht dauernd angezogen zu haben; auch traten andere Pläne an die Stelle; so wurde kurz nachher mit Grillparzer über eine Wiederbelebung der Ruinen verhandelt.156 Der Sporschilsche Text blieb vergessen.157

[397] Im Februar schreibt M. Lichnowsky: »Ich war letzthin bei einer gewissen Majorin Neumann, die hat seit 2–3 Jahren ein Opernbuch ›Alfred der Große‹ geschrieben. Es soll sehr schön sein; ich erhalte es in 3–4 Tagen. – Auch komme ich dieser Tage mit Grillparzer zusammen. – In der Oper Alfred soll unerhörtes Spektakl sein« usw. Das Wichtigste ist hier die Erwähnung Grillparzers; auf ihn wurde jetzt in erster Linie das Augenmerk gerichtet. »Ich bin begierig,« sagt Lichnowsky, »was Grillparzer mir antworten wird. – Er hat eine schöne Sprache, viel Feuer, Imagination, und geeignet ein großes Dichterwerk zu schreiben. – Es wäre das für eine 2te Oper. Wenn er sie Ihnen schreibt, so kann nur seine Dichtung gewinnen.«158

Franz Grillparzer (geb. 1791) war damals durch die Ahnfrau, Sappho, das goldene Vlies den Wienern als dramatischer Dichter schon wohlbekannt und vollendete eben seinen Ottokar. Er bekleidete eine Beamtenstellung im Finanzministerium und wurde eben in jenem Jahre Ministerialkonzipist beim Grafen Stadion. Mit Beethoven war er schon in früheren Jahren wiederholt zusammengetroffen, und musikalisch durchgebildet wie er war, verehrte er den Meister aufs höchste.159 Beethoven griff den Gedanken auf; er wollte Grillparzer besuchen. »Um Grillparzers Wohnung bitte ich sie, vielleicht daß ich ihn selbst besuche« schreibt er an Schindler auf einem Zettel, der es sonst mit den Einladungen zur Subskription auf die Messe zu tun hat und also in die erste Zeit des Jahres 1823 fällt.160 Die Aufforderung kam Grillparzer, wie er selbst erzählt, durch den Grafen Dietrichstein zu, was auf Lichnowskys Vermittelung deutet. Die Anfrage habe ihn in einige [398] Verlegenheit gesetzt, da er der Operndichtung vorher fremd gewesen sei und auch nach Beethovens letzten Kompositionen gezweifelt habe, ob dieser noch im stande sei, eine Oper zu komponieren. Er überwand aber seine Bedenken, um dem großen Meister Gelegenheit zu einem interessanten Werke zu geben. »Unter den dramatischen Stoffen, die ich mir zu künftiger Bearbeitung aufgezeichnet hatte,« schreibt er (a. a. O. S. 230), »befanden sich zwei, die allenfalls eine opernmäßige Behandlung zuzulassen schienen. – Der eine bewegt sich in dem Gebiete der gesteigertsten Leidenschaft. Aber nebstdem, daß ich keine Sängerin wußte, die der Hauptrolle gewachsen wäre, wollte ich auch nicht Beethoven Anlaß geben, den äußersten Grenzen der Musik, die ohnehin schon wie Abstürze drohend da lagen, durch einen halb diabolischen Stoff verteilet, noch näher zu treten.«

Dieser Stoff war, wie die Konversationshefte zeigen, Drahomira, der eine Episode aus der böhmischen Geschichte behandelte. Über diesen hat er später mit Beethovens Freunden und mit ihm selbst gesprochen; er wollte ihn ausführen, es ist aber dazu nicht gekommen,161 obwohl er es beabsichtigte. Er wählte dann das Märchen von der schönen Melusine. »Ich schied,« schreibt er, »die reflektirenden Elemente nach Möglichkeit aus und suchte durch Vorherrschen der Chöre, gewaltige Finales, und indem ich den dritten Akt beinahe melodramatisch hielt, mich den Eigenthümlichkeiten von Beethovens letzter Richtung möglichst anzupassen. Mit dem Compositeur früher über die Stoffe zu conferiren, unterließ ich, weil ich mir die Freiheit meiner Ansicht erhalten wollte, auch aber einzelnes geändert werden konnte und endlich ihm ja freistand, das Buch zu componiren, oder nicht. Ja, um ihm in letzter Beziehung gar keine Gewalt anzuthun, sandte ich ihm das Buch auf demselben Wege zu auf der die Aufforderung geschehen war.162 Er sollte durch keine persönliche Rücksicht irgend einer Art bestimmt oder in Verlegenheit gesetzt werden.«

So erhielt also Beethoven den Text, er sagte ihm sehr zu, doch waren noch manche Beratungen zwischen Dichter und Komponisten nötig, denen Schindler, wie er erzählt, immer beiwohnte; verschiedene Änderungen wurden vorgenommen. Grillparzer hatte die Sage, wie sie [399] sich in dem alten Volksbuche findet, vielfach verändert und verkürzt, alles ausgeschieden, was sich zu dramatischer Behandlung nicht eignete und sonst überflüssig erschien – die Herkunft des Ritters Raimund, seine Hochzeit, die Erwerbung seiner Macht, die Taten und Schicksale seiner Söhne – und den eigentlichen Kern des Märchens zum Zwecke der dramatischen Bearbeitung herausgeschält, mit Geschick und Wirkung, auch einzelnes eigene hinzugetan. Wir geben nachstehend kurz den Inhalt der Grillparzerschen Bearbeitung an.163

Der Ritter Raimund, der Verlobte der Gräfin Berta von Forst, steht unter dem Zauber der schönen Wasserfee Melusine, welche nach der am Orte bestehenden Sage, die durch Raimunds komischen Diener Troll ihm mitgeteilt wird, mit zwei Schwestern, alle drei halb Weib, halb Fisch, in einem verfallenen Brunnen im Walde haust. Bei diesem Brunnen hat sich Raimund oft aufgehalten, auch Melusine hat Gefallen an dem schönen Ritter gefunden. Bei einer Jagd verfolgt er ein phantastisch, einem Hirsch ähnlich geschmücktes Kind, welches vor ihm verschwindet, und findet sich mit seinem Diener an der verzauberten Stelle. Dahin hat ihn Melusine durch jenes Kind gelockt. Seine Ahnungen und Wünsche werden rege. Sein Diener wünscht ihn vergebens von dem verzauberten Ort wegzubringen und beklagt die Veränderung seines Wesens. Beide sinken in Schlaf. Die Feen erscheinen, Melusine steigt vom Brunnen herab, von den Schwestern gewarnt; sie geht zu dem schlafenden und träumenden Raimund und lädt ihn ein, falls er sie liebe, in ihr Reich zu kommen, in welchem er in ihrer Liebe, von irdischer Not befreit, immer gleich ruhige Tage verleben werde. Dann legt sie ihm einen Ring an die Brust; wenn er ihn drehe, werde sie erscheinen, wenn er ihn von sich werfe, seien sie für ewig geschieden. Beim Herannahen der Jagd verschwindet sie, Raimund und Troll erwachen. Die Jagdgesellschaft erscheint; Berta und ihr Bruder, der Graf, finden Raimund; er erzählt mit Begeisterung sein Traumgesicht und ist auch bereit, mit umzukehren, da entdeckt er den Ring an seinem Busen und ist wie umgewandelt, zum Schrecken der Anwesenden. Er ruft Melusine und dreht den Ring am Finger; man sieht, zu unsichtbarem Nymphenchor, den Brunnen zusammenstürzen, den Felsen geöffnet und blickt in Melusines Palast, wo sie auf dem Throne sitzt und Raimund ruft; man will ihn zurückhalten, aber Raimund und Troll versinken, die andern prallen entsetzt zurück. – Der zweite Akt führt uns in Melusines Palast und zeigt uns sie auf dem Throne, Raimund zu ihren Füßen. Wir hören Gesang, in den beide mit kurzen [400] Worten eingreifen, auch Troll läßt sich spottend vernehmen; nach einem von Gesang begleiteten Tanz preist Melusine die Kunst des Tanzes und des Liedes; Raimund soll erheitert und zerstreut werden, was aber nicht ganz gelingt. Das Fehlen der Tätigkeit wird ihm fühlbar, auch ergreift ihn Verlangen nach der Heimat. – Die ganze Szene ist auf Musik berechnet und geschrieben – ob gerade auf Beethovensche Musik? Da Melusine sein Verlangen nach der Heimat erkennt, erklärt sie sich bereit, ihm Erfüllung seines Wunsches zu gewähren und eröffnet ihm dabei das Geheimnis, daß sie stets am siebenten Tage zu der Mutter Element zurückkehren muß und dieser Tag ihm völlig gehöre. Doch fleht sie ihn an, daß er in dieser Zeit sie nicht sprechen und sehen, selbst nicht nach ihr forschen wolle, was er ihr fest verspricht. Den Ring solle er treu bewahren. (Wie zu erwarten, bricht er sein Versprechen.) – Die Stunde schlägt, die Schwestern treten zu Melusine; sie versinken. Raimund, in seinem Vertrauen noch fest, wird doch in seinem Innern unruhig; in einem Spiegel erscheinen Bilder seiner früheren Tage: ein Ritter, ein Weib, ein Pilger, die ihn an seine Entartung und seine Schmach erinnern, zuletzt Berta und ihr Bruder. Er will zurück; mit Hülfe des Ringes springt der Spiegel auf, es zeigen sich der Graf und Berta, mit Hülfe Trolls suchen sie Raimund zur Rückkehr zu bewegen. Raimund hält noch fest an seinem Vertrauen; der Graf will die Zauberin sehen und entlarven, es kommt fast zum Streite, Raimund, um seine Ehre zu wahren, ist bereit, dazu zu helfen, und ruft Melusine; ein Donnerschlag antwortet. Das Ganze ist als großer Ensemblesatz gedacht. – Die Freunde Raimunds verlassen auf seine Aufforderung hin mit ihm die Szene, um sich zur »Schauergruft« zu begeben. Die Szene verwandelt sich, wir sehen in eine im Hintergrunde durch ein Tor geschlossene Felsenschlucht. Hinter dem geöffneten Tore wird ein ruhiger, mondbeglänzter See sichtbar. Melusine bereitet sich zu ihrer Verwandlung und gibt dabei ihren Klagen Ausdruck. Bei einem Donnerschlag geht die Verwandlung vor sich, die Pforten des Sees fallen zu, Melusine versinkt, das ganze Theater wird dunkel, von innen hört man Gesang der Najaden. Von dem Ringe geleitet, kommt Raimund mit seinen Begleitern, sie sehen durch die Pforte Melusine in ihrer Verwandlung. Raimund flucht ihr und wiederholt dies, als sie selbst in ihrer natürlichen Gestalt zum Vorschein kommt, sie ruft ihm noch zu, daß er den Ring behalte, da dann noch nicht alles verloren sei. Aber Geister schleppen sie zurück und erklären auch Raimund als ihnen verfallen. – Im dritten Akt liegt Melusine in ärmlicher Gestalt vor einem Jagdhause im Walde, wo Raimund öfter geweilt, schmerzerfüllt;[401] sie will wenigstens »im Bereiche seines Atems« sein; den Schwestern gelingt es nur mit Mühe, sie wegzubringen. Raimund kommt mit Troll und Berta; er kann nur schwer den Verlust des vergangenen Glückes verschmerzen, so sehr sie ihn von diesen Gedanken abzubringen suchen. Beim zufälligen Drehen des Ringes sieht er einen Augenblick lang Melusine unter dem Wasserfall auf dem Felsen liegen; aber sogleich verschwindet sie wieder. Berta wünscht nun den Ring von ihm zu erhalten, aber er weigert sich, ihn herzugeben. Der Graf, der hinzutritt, stellt durch seine Fragen fest, daß Raimund von dem Truge überzeugt ist, nicht zu Melusine zurückkehren will und zum Handeln entschlossen ist; er teilt ihm mit, daß die Ritter ihn in ihren Kreis wieder aufnehmen wollen und er ihm die Hand seiner Schwester geben werde. Der Chor der Ritter feiert das rühmliche Leben des Kriegers und die Liebe, und begrüßt mit Wein Raimund den Wiedergefundenen, Wiedergewonnenen, was er zu sein verspricht; Landleute bringen Blumen und Kränze, einen schenkt er Berta, die Liebe beider wird gefeiert. Da naht das Verhängnis. Da er gedankenlos mit dem Ringe spielt, wird ihm plötzlich Melusine sichtbar, um gleich wieder zu verschwinden. Auf Bertas Bemerkung merkt Raimund die Wirkung des Ringes, er reißt ihn ab und wirst ihn weg. Damit ist sein Schicksal entschieden. Eine schuppenbedeckte Gestalt steigt auf und reißt mit den Worten »Auf ewig verloren!« den Ring an sich; Raimund stürzt ihr mit gezogenem Schwerte nach, um den Ring wieder zu gewinnen, er erreicht sie an der Stelle, wo der Brunnen gestanden; dieser stürzt zusammen, Raimunds eigenes durch eine aufflammende Inschrift gekennzeichnetes Grab wird sichtbar, die Gestalt wirst den Ring hinein. Eine andere, schwarze Gestalt (Melusine) hebt sich vom Boden, ruft ihn zum Grabe, wo er den Ring finden werde; er ist dem Zauber wieder ganz verfallen, auch den hinzukommenden Freunden und den Angehörigen gelingt es nicht, ihn zurückzuhalten, er stürzt ins Grab, Melusine umfaßt ihn, und Flammen schlagen über ihm zusammen. Von innen hört man Siegesgesang der Frauen; der Bann ist gebrochen. Es heben sich Wolken, in denen Melusine in reicher Kleidung erscheint, über sie halten die Schwestern die Krone; sie ruft Raimund, der nun für immer in ihrem Reiche weilen soll. Raimund erscheint in den Wolken, von Lichtgestalten umgeben, und strebt zu Melusine, die ihn empfängt. Denn »wem sich höhere Mächte. künden, muß auf ewig sich verbinden, oder nahen mög' er nie: halben. Dienst verschmähen sie.« –

Nach Übersendung des Textes wäre nun Grillparzer nach seiner Erzählung [402] auf Schindlers Aufforderung gleich zu Beethoven hingegangen; nach seiner Darstellung kam es im ganzen zu drei Unterredungen, doch ist ihm sein Gedächtnis hier im einzelnen nicht ganz treu.164 Die Freunde sprachen schon vorher mit ihm über die Sache, und durch sie hörte auch Beethoven davon. Anfang April erzählt ihm Schindler als Geheimnis, daß Grillparzer einen neuen Text für ihn geschrieben habe, den jetzt Forti zur Durchsicht habe. Das war Melusine.165 Auch Lichnowsky spricht darüber. Am 12. April teilt ihm Schindler mit, Grillparzer habe ihm erzählt, er werde Beethoven nächstens sein jüngstes Kind überschicken, welches er seinem Genius möglichst anzupassen gesucht habe; Mosel habe ihn dazu animiert. Weiter sagt Lichnowsky: »Die Oper ist schon fertig. Wallishauser [Grillparzers Verleger] hat es mir selbst gesagt; das Buch ist bei der Direktion und wird Ihnen bestimmt zugeschickt. Es ist das Märchen Melusine. – Wallishauser wollte heute zu Ihnen kommen deshalb. – Schindler war auch schon da.« Noch im Frühjahr erzählt Schindler sodann, er sei bei Grillparzer gewesen, zu diesem sei Lichnowsky gekommen, von Beethoven zu ihm geschickt »wegen dem Buch«: »Obwohl er es ihm nicht gern gegeben und sich vorbehalten mit Ihnen selbst zu sprechen, so hat er es ihm doch eingehändigt, indem er sagte, er werde sogleich es Ihnen übergeben.« Er habe es mit seinem angegriffenen Halse entschuldigt, daß er noch nicht zu Beethoven gekommen sei; das werde aber bald geschehen, »indem er es selbst für nöthig hält mit Ihnen darüber zu sprechen.« Dann spricht er von einem neuen Opernbuche, von welchem er sehr entzückt ist, der böhmischen Dragomira, »die er für Sie bearbeiten wird. Er hofft, es wird ein ausgezeichnetes Product werden«.166 Lichnowsky selbst sagt mit Bezug auf Grillparzer: »Er wünscht selbst eine Unterredung mit Ihnen, ist bereit manches nach Ihren Wünschen zu ändern, und will in der Folge Dragomira Böhmische Geschichte ganz für Sie schreiben.... Die Dragomira ist groß tragisch. – Grillparzer ist ein sehr liebenswürdiger und herzlicher Mann.«

Gewiß sollte bei der gewünschten Unterredung die Frage: ob Melusine oder Drahomira, auch besprochen werden; für jetzt lag Beethoven erst [403] die Melusine vor, da Drahomira noch nicht geschrieben war. Der Text der Melusine war Beethoven auf dem Wege, wie oben angegeben, zugeschickt. Derselbe gefiel ihm anfangs sehr; er schrieb in jener Zeit an Grillparzer, der von seinem Briefe ganz entzückt war.167 Schindler erzählt ihm in dem Konversationsheft vom April/Mai 1823 (vor der Übersiedelung nach Hetzendorf) von Grillparzers Erlebnissen und fährt dann fort: »Daß Sie seine Dichtung ergreift hat ihn um so mehr überrascht, da er jetzt gesteht, daß er nicht gar großen Fleiß darauf verwendet hatte, indem er als sicher voraussetzte, dieser Stoff würde Sie nicht ansprechen. Nun aber sehnt er168 sich an die Arbeit eines 2ten Buchs, welches Ihrer ganz würdig ausfallen muß. Wenn Sie das Jäger-Chor anfangs geniren sollte, so würde er auch ein Chor der Nymphen schreiben.« Weiter erzählt ihm Schindler (auch noch im Frühjahr), daß ihn Grillparzer nächstens besuchen und ihm erzählen werde, daß er nunmehr eine Stellung in Stadions Bureau habe.

Das geschah also alles vor jenem Besuch Grillparzers, von dem er in den »Erinnerungen« spricht. Dieser Besuch muß, soweit Grillparzers Gedächtnis hier maßgebend ist, in die erste Hälfte des Mai fallen.169 Kurz nachdem er das Buch an Beethoven habe abgehen lassen, erzählt Grillparzer, sei er auf Einladung Schindlers mit diesem zu Beethoven gegangen, der in der Vorstadt Landstraße [Kothgasse] wohnte. Er hatte sagen lassen, daß er unwohl sei.


»Ich fand ihn,« schreibt er (a. a. O. S. 231 s.), »in schmutzigen Nachtkleidern auf einem zerstörten Bette liegend, ein Buch in der Hand. Zu Häupten des Bettes befand sich eine kleine Thüre, die, wie ich später sah, zur Speisekammer führte und die Beethoven gewissermaßen bewachte. Denn als in der Folge eine Magd mit Butter und Eiern heraustrat, konnte er sich, mitten im eifrigen Gespräche, doch nicht enthalten, einen prüfenden Blick auf die herausgetragenen Quantitäten zu werfen, was ein trauriges Bild von den Störungen seines häuslichen Lebens gab.

Wie wir eintraten, stand Beethoven vom Lager auf, reichte mir die Hand, ergoß sich in Ausdrücke des Wohlwollens und der Achtung und kam sogleich auf die Oper zu sprechen. Ihr Werk lebt hier, sagte er, indem er auf die Brust zeigte, in ein paar Tagen ziehe ich aufs Land, und [404] da will ich sogleich anfangen, es zu componiren. Nur mit dem Jägerchor, der den Eingang macht, weiß ich nichts anzufangen. Weber hat vier Hörner gebraucht; Sie sehen, daß ich da ihrer acht nehmen müßte: wo soll das hinführen?170 Obwohl ich die Nothwendigkeit dieser Schlußfolge nichts weniger als einsah, erklärte ich ihm doch, der Jagdchor könne, unbeschadet des Ganzen, geradezu wegbleiben, mit welchem Zugeständniß er sehr zufrieden schien, und weder damals noch später hat er irgend sonst eine Einwendung gegen den Text gemacht, noch eine Aenderung verlangt. Ja, er bestand darauf, gleich jetzt einen Contrakt mit mir zu schließen. Die Vortheile aus der Oper sollten gleich zwischen uns getheilt werden u.s.w. Ich erklärte ihm der Wahrheit gemäß, daß ich bei meinen Arbeiten nie auf ein Honorar oder dergleichen gedacht hätte... Am Wenigsten solle zwischen uns davon die Rede sein. Er möge mit dem Buche machen, was er wolle, ich würde nie einen Contrakt mit ihm schließen. Nach vielem Hin- und Herreden oder vielmehr Schreiben, da Beethoven Gesprochenes nicht mehr hörte, entfernte ich mich, indem ich versprach, ihn in Hetzendorf zu besuchen, wenn er einmal dort eingerichtet sein würde.

Ich hoffte, er hätte das Geschäftliche seiner Idee aufgegeben. Schon nach ein paar Tagen aber kam mein Verleger, Wallishauser, zu mir und sagte, Beethoven bestände auf der Abschließung eines Contraktes. Wenn ich mich nun nicht dazu entschließen könnte, sollte ich das Eigenthumsrecht auf das Buch ihm, Wallishauser, abtreten, er würde dann das Weitere mit Beethoven abmachen, der davon schon prävenirt sei. Ich war froh, der Sache los zu werden, ließ mir von Wallishauser eine mäßige Summe auszahlen, cedirte ihm alle Rechte der Autorschaft und dachte nicht weiter daran. Ob sie nun wirklich einen Contrakt abgeschlossen haben, weiß ich nicht, weil sonst Wallishauser nicht unterlassen haben würde, mir über sein aufs Spiel gesetzte Geld nach Gewohnheit den Kopf voll zu jammern.«171


[405] Grillparzer erwähnt dies zur Widerlegung Rellstabs, der gesagt hatte, Beethoven habe anders gewollt als er, deshalb sei es zur Melusine nicht gekommen. »Er war damals vielmehr so fest entschlossen, die Oper zu componiren, daß er schon auf die Anordnung von Verhältnissen dachte, die erst nach der Vollendung eintreten konnten.«

Daß Grillparzer die Unterredung über Melusine vorzugsweise im Gedächtnis geblieben ist, wundert uns nicht; aber es haben daneben jedenfalls auch noch weitere Besprechungen zwischen den beiden Männern stattgefunden. Von einer, welche sicher schon früh im März stattfand, erzählt uns das Konversationsbuch (es ist in demselben Hefte von der Aufführung des Fidelio die Rede, die am 3. März war). Da erklärt sich Grillparzer bereit, die Änderungen an einem Stücke, die Beethoven nötig erscheinen, vorzunehmen.


»Ich bitte mir ungefähr eine Idee für das Duett zu geben; denn ich füge meine Gedanken den Ihrigen in Betracht dessen was gesungen werden soll. – Vielleicht dürfte dieses Duett nichts anderes enthalten als die Freude der Minerva im Gegensatze mit der trüben Warnung Merkurs. – Die Erfindung einer neuen Handlung erkenne ich als nothwendig; sie ist aber nicht das Werk eines Augenblicks; weit schneller ist die Ausführung da, als die Erfindung; ich muß also natürlich um Zeit bitten, das bei mir zu überlegen und zu Haus durchdenken zu können. Soll ich Ihnen also das Buch und meine Zeilen hier lassen – so bitte ich es mir sobald Sie es nicht mehr benöthigen durch H. Schindler zu schicken. Was den Gedanken betrifft eine Anspielung auf die heutige griechische Zeit herzustellen, da wird die Censur ihr verneinendes Machtwort darin legen. – Ich glaube es soll nur derjenige öffentlich auftreten der ganz gewiß ist, wenn auch nicht gleich doch einmal, etwas großes in die Welt zu schicken. Diese Ueberzeugung läßt sich nicht einreden. Ich meine die Kraft dazu zu fühlen. – Das Resultat in Bezug auf die Cantate wäre also das: Sie haben die Güte Buch und Schrift hier zu behalten und mir, mit ihren Bemerkungen versehen, zu überschicken: ich denke indessen dem Stoff für mich nach, und so kommen wir vielleicht überein – Kurz, der Schluß ist: Ueberlegung, u. ich werde nichts arbeiten ohne Ihnen vorher selbst oder mittelbar den Plan mitgetheilt zu haben.« –


Richtig und feinsinnig erkannte Kalischer,172 daß es sich hier um eine von Beethoven gewünschte Umdichtung der »Ruinen von Athen« handelt; zu welchem Zwecke, wissen wir nicht. Einige Jahre später (1826, s.u.) begegnet dieses Bestreben nochmals für eine Aufführung am Königstädtischen Theater in Berlin.

In einer andern Unterredung aus dem Frühjahr 1823, welche [406] kurz vor der Übersiedelung nach Hetzendorf stattfand,173 da der Besitzer des Hetzendorfer Gutes Pronay darin auftritt, fragt der Neffe: »Was ist der Gegenstand von Grillparzers Oper?« und Bach: »Heute gehen sie nach ihren Gütern?174 Wird unser Meister fleißig schreiben? – Die ganze Welt freut sich auf die neue Oper.« Dann sagt ihm Johann: »auf jeden Fall sollst dem armen Grillparzer diesen Sommer seine Oper schreiben; – – Du hast es ihm in deinem Brief ja versprochen. Er hat mir schon gesagt, daß er dich in Hetzendorf besuchen will.«

Dasselbe Heft bringt eine Unterhaltung Grillparzers, die aber noch in Wien stattfand. Es ist die Rede von Beethovens Krankheit. »Auf dem Lande wäre wohl bald das Uebel gehoben.. Sie sollten Sauerbrunnen trinken, mir selbst hat es viele Erleichterung verschafft. Johannisbrunn. Wenn Sie erst so geplagt würden wie ich u. ich bin sogar Beamter. Muß jeden Dummkopf verstehen. –« Er klagt über die Zensur u.a.175 und fragt dann: »Wann werden Sie aufs Land gehen?«

Er fährt dann fort: »Ich sinne schon auf eine ganz ernste Oper, Dragomira – für die Oper ist die Poesie doch nur wegen der Musik da. – Es soll eine Oper von Beethoven sein. Die Franzosen bringen manche Stoffe nicht anders an, als bei der Oper, das bringt ihr guter Kopf zu dieser Arbeit. Und selbst schlechte Originalopern sind selten, alles Uebersetzungen. – Eine große Schwierigkeit unserer Oper [Melusine] wird sein einen Tenoristen zu finden, der den Raimund spielen kann. Er ist gemein. [Wer?]. Wenn Wild käme, ob Sie nicht darauf anspielen könnten. Die Unger ist nicht übel.«176

[407] Im Laufe des Gespräches sagt Schindler; »Mich freut es auch, daß ich Grillparzer herausgebracht habe. Er hat sich gescheut. – Aus dem falschen Wahn, daß er sich nicht verständlich machen könne durchs Schreiben. Nun ist er ganz entzückt, daß er sich vom Gegentheil überzeugte.«177 Und weiter: »Der Bruder will nächsten Sonntag den Karl u. Grillparzer hinaus führen.« Das war denn wohl die Vorbereitung des Hetzendorfer Besuchs.

Grillparzer erfüllte sein Versprechen und kam bald nachher auf Beethovens Einladung mit Schindler nach Hetzendorf. Da man ihm gesagt hatte, Beethoven sei durch andere Verpflichtungen abgehalten, an der Melusine zu arbeiten, vermied er es, die Sprache darauf zu bringen.

Was Grillparzer über diesen Besuch erzählt (a. a. O. S. 233f.) ist zum Teil schon an andern Stellen wiedergegeben; das biographische Interesse wird es rechtfertigen, daß es auch hier nicht fehlt.178 Übrigens bedarf seine Erzählung auch hier mancher Berichtigung und Ergänzung.


»Wir gingen spazieren und unterhielten uns so gut, als es halb sprechend, halb schreibend, besonders im Gehen möglich ist. Noch erinnere ich mich mit Rührung, daß Beethoven, als wir uns zu Tische setzten, ins Nebenzimmer ging und selbst fünf Flaschen heraus brachte. Eine setzte er vor Schindlers Teller, eine vor das seine, und drei stellte er in Reihe vor mich hin, wahrscheinlich um mir in seiner wildnaiven, gutmüthigen Art auszudrücken, daß ich Herr sei, zu trinken, wie viel mir beliebte. Als ich, ohne Schindler, der in Hetzendorf blieb, nach der Stadt zurückfuhr, bestand Beethoven darauf, mich zu begleiten. Er setzte sich zu mir in den offenen Wagen, statt aber nur bis an die Grenze seines Umkreises, fuhr er mit mir bis zur Stadt zurück, an deren Thoren er ausstieg und nach einem herzlichen Händedruck den anderthalb Stunden langen Heimweg allein antrat. Indem er aus dem Wagen stieg, sah ich ein Papier auf der Stelle liegen, wo er gesessen hatte. Ich glaubte, er hätte es vergessen, und winkte ihm, zurückzukommen. Er aber schüttelte mit dem Kopfe, und mit lautem Lachen, wie nach einer gelungenen Hinterlist, lief er um so schneller in der entgegengesetzten Richtung. Ich entwickelte das Papier, und es enthielt genau den Betrag des Fuhrlohns, den ich mit meinem Kutscher bedungen hatte. So entfremdet hatte ihn seine Lebensweise allen Gewohnheiten und Gebräuchen der Welt, daß ihm gar nicht einfiel, welche Beleidigung unter allen anderen Umständen in einem solchen Vorgange gelegen hätte. Ich nahm übrigens die Sache, wie sie gemeint war, und bezahlte lachend meinen Kutscher mit dem geschenkten Gelde.«179


[408] Aus einem in Hetzendorf geschriebenen Konversationshefte entnehmen wir, daß dort speziell auch von der Melusine gesprochen wurde. Da sagt Grillparzer: »Man hat schon von mir verlangt, daß ich Poesie zur Gemüthsergözlichkeit aufnehmen soll. – Mir ist jede Mittheilung doch immer widerlich, besonders selbst vorlesen ohne daß auf die Stimmung Rücksicht genommen wird. – Um etwas vorlesen oder vorspielen zu können, müßte man ganz damit zufrieden sein. – Das ist aber wohl nie der Fall. – Sie meinen der Beifall wäre das Höchste wonach man strebt.« Im weiteren Verlaufe – nicht alles ist verständlich, da keine Namen genannt werden – sind folgende Urteile von Interesse: »Von Musik verstehen im ganzen die Norddeutschen nicht viel. – Etwas höheres als den Freischütz bringen sie nicht hervor.« Wir müssen das weitere übergehen,180 wiewohl es für Grillparzer von Interesse wäre, und wollen nur erwähnen, daß Mosel und Dietrichstein, wie er sagt, seine Gegner sind.181 Grillparzer kommt dann auf die Melusine. »Sind Sie noch immer der Meinung, daß statt des ersten Chors in unserer Oper etwas anders substituirt werden sollte?– vielleicht würden ein paar Töne des Jägerhorns fortgesetzt durch ein unsichtbares Nymphenchor. – Ich habe mir überhaupt gedacht, ob es nicht passend wäre, jede Erscheinung oder Einwirkung Melusines durch eine wiederkehrende, leicht fassende Melodie zu bezeichnen. Könnte nicht die Overtüre mit dieser beginnen, und nach dem rauschenden Allegro auch die Introduction durch diese selbe Melodie gebildet werden.182 – Diese Melodie habe ich als diejenige gedacht auf welche Melusine ihr erstes Lied singt.« Und auf eine weitere Frage schreibt Grillparzer: »Dragomira. – Ich werde Ihnen den Plan dieser Dragomira schriftlich mittheilen. – Als er die Freiheit von Griechenland proklamirte. Ihre Musik bleibt uns doch ganz unbegreiflich.«183 »Grillparzer,« sagt Schindler in demselben Hefte, »ist sehr [409] gedrückt, verfolgt von den meisten aus dem Hofgesinde.« Unter den vielen Gesprächen und Zureden, die sich auf die Komposition der Melusine bezogen, finden wir auch den dringenden Wunsch der Theaterdirektion (des Administrators Duport), welche für das Zustandekommen der Oper großes Interesse zeigte, durch Kontrakt festzustellen, was Dichter und Komponist für die Oper fordern würden. Es können hier nicht alle darauf bezüglichen Äußerungen in den Konversationsheften mitgeteilt werden; Duport interessiert sich für die Sache, will das Buch genau kennen und wünscht die Bedingungen zu wissen. Lichnowsky greift ein paarmal ein. »Ich verbürge mich für die Summe,« schreibt er im Oktober, »die Sie für die Oper wünschen. Sie können sich ja, nebstdem daß Sie die Oper an die Direktion verkaufen, das Verkaufsrecht im Ausland und Inland noch vorbehalten«, weiter: »Wenn Sie die Oper nicht schreiben, so ist es ohnedieß mit der deutschen Oper aus, das sagen alle Leute. Nach der verfehlten Weberschen Oper [Euryanthe] haben manche die Bücher zurückgeschickt. Freischütz ist eigentlich keine Oper. Wenn Sie mich zu was brauchen können, Sie kennen mich, wie aufrichtig ich denke« und endlich nochmals Ende November: »Sie bekommen ja ungleich mehr ohne Contract. Wenn Sie wollen, die Direction macht gleich mit Vergnügen Contract. – Reden Sie mit Grillparzer deswegen, ihm wird es auch eins sein. – Vor einigen Tagen fragte Duport schon wegen der Oper.« Auch sonst wird er angeregt, an Duport zu schreiben, nachdem dieser an ihn geschrieben hatte.

Damit hängt denn wohl der folgende Brief Beethovens an Grillparzer zusammen, der einzige, den wir haben.184


»An seine wohlgeboren H. v. Grillparzer

K. K. Hof Concipist


Werther Werthester!


Die Direkzion möchte gern ihre Bedingungen über Ihre Melusine wissen, so weit hat sie sich von selbst erklärt, u. dies ist wohl besser, als sich [in] d. gl. selbst aufdringen; – mein Hauswesen ist seit einiger Zeit in[410] großer Unordnung,185 sonst hätte ich sie schon aufgesucht u. mich gebeten wieder zu besuchen – vor der Hand schreiben sie mir oder der Direkzion selbst ihre Bedingungen, ich werde sie dann selber übermachen; – überhäuft konnte ich mich weder früher noch jetzt ihnen nähern, ich hoffe, daß dies auch einmal sein wird; – Meine Nr. ist 323.

Nachmittags finden Sie mich im Kaffee Hause der goldenen Birne gegenüber, wollen sie kommen, so bitte ich sie allein zu kommen, diese aufdrängende Appendix von Schindler ist mir schon längst, wie sie in Hez. [Hetzendorf] müssen bemerkt haben, äußerst zuwider186 – otium est vitium – ich umarme sie von Herzen u. ehre sie wahrlich,


ganz

ihr

Beethoven.«


Der Brief hat kein Datum, muß aber in die letzten Monate dieses Jahres fallen, da Beethoven offenbar aus Baden wieder in die Stadt zurückgekehrt war.

Wir finden in den Konversationen noch einmal eine Besprechung mit Grillparzer,187 die auch in die letzte Zeit des Jahres fallen muß und vielleicht durch obigen Brief veranlaßt war; einige Bemerkungen behandeln eben diese Frage der Bedingungen. Grillparzer klagt, nachdem anderweitige Gespräche mit Lichnowsky u.a. vorhergegangen sind, daß sein Ottokar von der Zensur verboten sei, und niemand den Grund begreifen könne. Dann fährt er fort:


»Sie haben die ›Melusine‹ wieder vorgenommen? Ich habe schon früher mich 2 mal an die Direktion gewendet aber keine Antwort erhalten. – Ich habe mich schon früher erklärt 100 Dukaten dafür fordern zu müssen. – [411] Weil denn doch eigentlich aller Vortheil eines Opernbuches sich auf jenes Theater beschränkt wo es zum erstenmal aufgeführt wird. – Ich hätte aus demselben Stoff ein recitirtes Schauspiel machen können, das mir mehr als 3 mal so viel getragen hätte. – Ich muß so viel fordern um meine Verbindlichkeit gegen Wallishauser erfüllen zu können. – Sie geben für gewöhnliche Opernbücher bis 300 fl. C. M. – Haben Sie schon angefangen zu komponiren? – Wollten Sie mir wohl aufschreiben, wo Sie Aenderungen wünschen? – Weil dann doch das Stück mit einer Jagd beginnen muß.188 – Vielleicht wenn die letzten Töne eines verhallenden Jagdchors sich nur mit der Introduktion mischen, ohne daß Jäger selbst auftreten. – Mit einem Nymphen-Chor189 anfangen zu lassen würde vielleicht die Wirkung dieses Chors am Schluß des 1ten Akts schwächen. – Ich verstehe mich so eigentlich auf Operntexte nicht. – Sie wollen bis September es dem Theater übergeben. – Die Direktion will sich im Publikum Kredit machen. – Scheint Ihnen der Text der Oper nicht auch zu lang? – Wem gedenken Sie die Rolle des Raimund zu geben? – Man spricht von einem jungen Tenor, der vielleicht bis dahin die Bühne betreten soll. Ich glaube er heißt Cramolini und soll bei einer hübschen Gestalt eine sehr schöne Stimme haben. – Man sagt die Direktion lasse ihn unterrichten. – Forti ist doch etwas plump. – Ich erwarte also Ihre Vorschläge zur Abänderung schriftlich, vielleicht bald? – Ich bin jetzt unbeschäftigt. – Ich bin zu allem bereit.« –


Dann ist kurz von Oratorientexten (Judith) und von der Möglichkeit des musikalischen Ausdruckes für Christus die Rede; wieder wird darauf der Text der Drahomira erwähnt, nach welchem Beethoven, wie es scheint, fragt:


»Dragomira. Viel Abwechslung – große Charaktere, Effekt. – die Mutter des heiligen Herzogs Wenzel von Böhmen. – Einer ihrer Söhne tödtet den andern. Sie selbst ist Heidin, ihr besserer Sohn Christ. Man zeigt noch in Prag den Ort, wo sie sammt Wagen und Pferden von der Erde verschlungen worden ist – Wenn meine Hoffnung hier ganz verschwunden ist, will ich es doch nach Berlin schicken.«


In demselben Hefte sagt Lichnowsky noch einmal: »Die Direktion geht alles wegen der Oper ein, was Sie wünschen, und ist in dem Augenblick im Arrangement mit Grillparzer. – Von mir sind Sie gewiß überzeugt, daß ich Ihre Ehre über alles schätze.« Und später schreibt der Bruder Johann: »Grillparzer kommt morgen – das geht ja dich gar nicht an. – Du hast ja der Direction geschrieben, daß sie sich mit dem Dichter [412] abfinden soll, und damit ist sie auch zufrieden, somit muß sich Grillparzer mit ihr abfinden.« Ob das auf einen nochmaligen Besuch Grillparzers deutet, können wir nicht wissen.

In demselben Hefte lesen wir von dem Redakteur Schikh die Äußerung: »Warum schreiben Sie denn die Grillparzersche Oper nicht? Die Oper schreiben Sie zuerst und dann kann man nur wünschen, daß Sie sich noch an ein Requiem machen.« – So wurde Beethoven auch von anderer Seite freundlich erinnert, z.B. von Fräulein Unger.

Grillparzer erwähnt in seinen »Erinnerungen« im Anschluß an jenes Hetzendorfer Erlebnis (s. o. S. 408), er habe Beethoven seitdem nur noch einmal – wo, wisse er nicht mehr – wiedergesehen. Von dieser seiner Meinung nach letzten Zusammenkunft erzählt er (a. a. O. S. 234):


»Er sagte mir damals: Ihre Oper ist fertig. Ob er damit meinte: fertig im Kopfe, oder ob die unzähligen Notatenbücher, in die er einzelne Gedanken und Figuren zu künftiger Verarbeitung, nur ihm allein verständlich, aufzuzeichnen pflegte, vielleicht auch die Elemente jener Oper bruchstückweise enthielten, kann ich nicht sagen. Gewiß ist, daß nach seinem Tode sich nicht eine einzige Note vorfand, die man unzweifelhaft auf jenes gemeinschaftliche Werk hätte beziehen können. Ich blieb übrigens meinem Vorsatze getreu, ihn, auch nicht auf das Leiseste, daran zu erinnern, und kam, da mir auch die Unterhaltung auf schriftlichem Wege lästig war, nicht mehr in seine Nähe, bis ich, in schwarzem Anzuge und eine brennende Fackel in der Hand, hinter seinem Sarge herging.«


In diesem Punkt täuscht ihn nun allerdings sein Gedächtnis. Wir werden in der Folge erfahren, daß die beiden Männer sich auch in den folgenden Jahren noch gesprochen haben. Aber das für uns betrübende Resultat bleibt bestehen: die Oper Melusine wurde nicht geschrieben. Die Gründe brauchen wir nicht weit zu suchen, da sie uns Beethoven selbst an die Hand gibt. Wenn er einem Fremden gegenüber sich äußert, daß er sich nicht mehr leicht zum Schreiben bringe, daß ihm graue vor dem Anfangen großer Werke, so wissen wir auch aus anderen Beispielen, daß die kräftige Initiative jüngerer Zeiten, die Luft zu objektiver Aufnahme eines ihm innerlich fremden Stoffes nicht mehr in ihm war. Ob hier auch seine Kränklichkeit und seine widrigen äußeren Verhältnisse mitwirkten, brauchen wir gar nicht zu untersuchen; Beethoven war gerade in dieser Zeit ganz schaffenslustig; aber bei allem poetischen Zauber, aller Phantasie und allen Feinheiten der Dichtersprache, welche wir der Dichtung Grillparzers bereitwillig zugestehen, stand der Stoff doch dem Tonmeister innerlich fern. Die Arbeiten, die ihn zuletzt beschäftigt hatten [413] und noch beschäftigten, waren doch zu anderer Art! Sie waren dem Höchsten und Heiligsten zugewandt, was er kannte, und wandten sich aus der Tiefe seines Gemütes an alle Menschen, die mit ihm dachten und fühlten. Das ist ja gerade charakteristisch für Beethovens spätere Lebensepoche, daß seine Arbeiten Ausfluß seiner inneren Erlebnisse, seines individuellen Fühlens waren; in Stoffe, die ihm von außen entgegengebracht wurden, hat er sich nicht mehr versenken mögen. So sehr die Situationen der Melusine zu musikalischer Behandlung einluden, so können wir uns doch nicht wundern, daß es Beethoven schließlich unmöglich fand, sich diesen Stoff gleichsam anzueignen; ein Stück, in welchem der Hauptheld und die entscheidenden Schicksale unter einer unentrinnbaren Zaubergewalt stehen, in welchem von echt menschlichen Empfindungen und Kämpfen keine Rede ist, in welchem der ziemlich haltlose Ritter zwischen den Wirkungen dieser Zaubermacht und der Heimat und seiner Pflicht hin und her gezerrt wird, konnte in Beethovens großem Herzen keinen Widerklang finden. Neben der neunten Symphonie war für Melusine bei Beethoven in seinem Innern kein Platz.190

Übrigens verschwand die Melusine nicht sofort von der Tagesordnung. Wie wir erfahren werden, war noch im folgenden Jahre der Plan nicht völlig aufgegeben. Noch am 21. April 1824 berichtet die W. A. M. Z. (Nr. 22), Beethoven habe die Melusine der Administration des Hoftheaters vorgelegt, deren Entscheidung abgewartet werde; Barbaja hatte sich dafür günstig ausgesprochen, die Antwort jedoch noch vorbehalten. Auch in seiner letzten Zeit hatte der Komponist, nach Holz' Zeugnis, die Luft an dem Gegenstande nicht völlig verloren, er arbeitete sogar daran.

Nach Schindlers Erzählung (II S. 48 s.) hätte Beethoven, nachdem einer Annahme der Melusine in Berlin wegen der Ähnlichkeit ihres Inhalts mit dem Ballett, »Undine« Schwierigkeiten entgegengetreten wären und wegen der unerfreulichen Erinnerungen an die Aufführung des Fidelio, den Entschluß, eine deutsche Oper zu schreiben, »plötzlich« fallen gelassen.191 Dann habe er in seinem Mißvergnügen über die deutschen Sänger und unter dem Eindruck der schönen Leistungen der italienischen Sänger in Wien, angeregt auch durch Fräulein Unger, den italienischen Sängern versprochen, [414] eine italienische Oper für sie zu schreiben und dieselbe schon im folgenden Jahre zu beginnen. Von diesem Plane lesen wir in den Konversationen nichts; es erging ihm, wie so manchem andern, er blieb unausgeführt.

Auch aus Boston in Amerika erhielt Beethoven in diesem Jahre die Aufforderung, ein Oratorium zu schreiben; davon macht er einmal eine Andeutung in einem Briefe an Ries, und in seinem Bekanntenkreise war es ebenfalls bekannt, wie wir einer Frage seines Freundes Bihler im Konversationshefte entnehmen. Nach Thayers Notiz finden sich Einzelheiten darüber in Perkins a. Dwights History of the Handel and Haydn Society; dieses Buch ist mir nicht zugänglich. Da es sich nur um ein gewünschtes, nicht um ein wirklich geplantes oder gar ausgeführtes Werk handelt, habe ich es als unerheblich betrachtet, darüber Näheres ausfindig zu machen.

Noch einen andern Gedanken verfolgte Beethoven um diese Zeit: er wollte eine Ouvertüre über den Namen Bach schreiben. Dieser Plan entstand wahrscheinlich 1822, als er an der neunten Symphonie arbeitete; zwischen den Skizzen derselben begegnet die Bemerkung: »auch statt einer neuen Sinfonie eine neue Overtüre auf Bach sehr fugirt mit 3...«192 Die neue Symphonie, deren Unternehmung hiernach zweifelhaft wurde, war nicht die uns bekannte, schon begonnene neunte, sondern eine daneben noch beabsichtigte. Das Grundthema der Fuge schreibt er sich in einer in Berlin befindlichen Skizze (vor 1824) auf.193 Um 1823 begegnen mehrere Entwürfe194 ziemlich verschiedener Art und in verschiedenem Tempo, welche jedenfalls zeigen, wie ernstlich er den Gedanken verfolgte. Hier stehe einer.


2. Abteilung

[415] Noch 1825 kam er auf den Gedanken zurück, wie eine Skizze neben Skizzen zu den letzten Quartetten zeigt; es war ihm immer noch Ernst mit der Sache und er verfolgte auch einen bestimmten Zweck dabei; es findet sich bei der Skizze die Bemerkung: »diese Overtüre mit der neuen Sinfonie so haben wir eine Akademie im Kärnthnerthorth.« Die neunte Symphonie war damals schon aufgeführt; er trug sich also noch mit dem Gedanken einer neuen, und das mag, trotz Nottebohms abweichender Ansicht (S. 82) doch die sogenannte zehnte gewesen sein. Daß Beethoven jedoch überhaupt jenen Gedanken verfolgte, erklärt Nottebohm wohl richtig daraus, daß er sich in jenen Jahren viel mit der Fugenkomposition beschäftigte, und daß ihm J. S. Bach als das höchste Muster in jener Kompositionsform erschien. »In der Ouvertüre über den Namen Bach und in deren ausgesprochenem fugirten Wesen sollte der Kunst Bachs eine Huldigung dargebracht werden.«195 Wir haben es gewiß zu beklagen, daß es zur Ausführung dieser Ouvertüre nicht gekommen ist, wenn wir auch gerade aus der Zeit, in welcher wir stehen, so manchen Ersatz dafür haben.

Wir haben, ehe wir Beethoven in seinen schon mehrfach berührten Sommeraufenthalt begleiten, noch einiges zum Teil biographischer Natur nachzutragen.

Am 13. April gab der Knabe Franz Liszt, der schon einige Zeit in Wien weilte und Carl Czernys Schüler war, ein Konzert im kleinen Redoutensaale. Er war mit seinem Vater durch Schindler bei Beethoven eingeführt worden, der ihn aber nicht sonderlich freundlich aufgenommen hatte. Er sprach die Hoffnung aus, daß Beethoven in das Konzert kommen werde.196 Durch Schindler ließ er ihn bitten, ihm ein Thema zu freier Phantasie anzugeben.

Schindler sagt im Konversations-Heft:


»Der kleine Liszt hat mich dringend ersucht, Sie recht schön zu bitten um ein Thema worüber er morgen im Concerte zu phantasiren wünschte.197 – Er will es aber versiegelt erst dort eröffnen. Mit der freien Phantasie des Kleinen ist es aber noch nicht streng zu nehmen, daß man es deuten könnte.

[416] Der Bursche ist ein tüchtiger Klavierspieler; was Phantasie anbelangt, so ist es noch weit am Tage bis man sagen kann er phantasirt. – Czerny (Carl) ist sein Lehrer. – Jahr eben. – Kommen Sie doch, es wird den Karl gewiß selbst unterhalten, wie der kleine Bursche spielt. – Leider daß der Kleine in Händen des Czerny ist. – Sie mögen es errathen haben. – – – Nicht wahr, Sie werden die etwas unfreundliche Aufnahme von letzthin dadurch gut machen, daß Sie morgen das Concert des kleinen Liszt besuchen? – Es wird den Kleinen aufmuntern. – Versprechen Sie es mir daß Sie dahin kommen.«


Schindler betont anderen Berichten gegenüber, daß Beethoven dem Konzert nicht beigewohnt habe.198 Dagegen versichert L. Nohl,199 unter Berufung auf Liszts eigenes Zeugnis, Beethoven sei im Konzert gewesen, sei nach dem Konzerte auf das Podium gegangen und habe den Knaben zu sich emporgehoben und geküßt. Die Frage, welchem der Gewährsmänner wir bei diesen widersprechenden Angaben mehr Glauben schenken sollen, entscheiden wir hier nicht. Wenn es auch von Interesse wäre, das Genauere zu wissen, so hat die Sache doch nicht die Wichtigkeit, die ihr Nohl beimißt. –

In den Verhandlungen über die Subskription auf die Messe begegnete uns der Name eines jungen Mannes, der damals Beethoven näher trat und dessen Aufnahme bei diesem uns ein schönes Beispiel von der Güte und Zuvorkommenheit bietet, die Beethoven jüngeren Künstlern zuteil werden ließ: Louis Schlössers, des späteren Darmstädter Hofkapellmeisters.200 Ein Schüler Rinks und Violinist in der Darmstädter Hofkapelle, erhielt er im Frühling 1822 einen mehrjährigen Urlaub und begab sich nach Wien, »um unter den Auspizien der dortigen Kunstgrößen sein Wissen zu erweitern« (a. a. O. S. 231). Monatelang war es ihm trotz aller Bemühungen nicht gelungen, Beethoven zu sehen und zu sprechen; da fügte es der Zufall, [417] daß er ihn am 4. November 1822 nach der zweiten Aufführung des Fidelio beim Verlassen des Theaters wenigstens von ferne erblickte. Franz Schubert machte ihn auf Beethoven aufmerksam, der in Gesellschaft Schindlers und Breunings war. Schlösser folgte ihnen »wie ein Schatten«, bis sie in der Finsternis seinen Augen entschwanden. Die Gelegenheit, Beethoven zu besuchen, verschaffte ihm endlich der großherzoglich hessische Gesandte Baron v. Türckheim, welcher ihm die Nachricht von der Annahme der Subskription auf die Messe übergab, um sie Beethoven zu überbringen (vgl. o. S. 363). »Mit welchem Entzücken ich das Handschreiben ergriff,« schreibt Schlösser, »spottet jeder Beschreibung, kaum, daß ich dem braven Baron flüchtig dankte, eilte ich hinab auf die Straße, warf mich in den ersten Wagen, der mir begegnete, dem Kutscher das Haus Nr. 60 in der Wiedener Vorstadt laut zurufend. Meine Fantasie hatte sich Beethovens Heim mit den freundlichsten Bildern ausgemalt, je näher ich aber gegen Ende der Fahrt zwischen den steilen Häuserreihen der ungemütlichen Kothgasse berganfuhr und endlich vor dem niederen, unansehnlichen Hause hielt, zu dessen Eingang eine rauhe Steintreppe führte, konnte ich mich des Staunens, ja der Rührung nicht erwehren, den großen Tondichter in einer solchen Umgebung aufsuchen zu müssen. Gegenüber in einer offenen Werkstätte schwang, gleich dem Schmied Vulkan, ein herkulischer Glockengießer den wuchtigen Hammer, daß die gellenden Schläge weithin die Luft erschütterten und mich so schnell als möglich in das Innere des Hauses Nr. 60 trieben, wo ich dann, ohne einen Mann, vermuthlich den Eigenthümer, der mir auf der Schwelle entgegentrat, weiter zu beachten, die unbequeme, beinahe dunkle Treppe zum ersten Stock, Thüre links, hinauseilte.« Er fand sich in der Küche und trat nach vergeblichem Klopfen ins Zimmer, dessen schmucklose Beschaffenheit er ausführlich beschreibt. Beethoven, der sein Kommen zunächst überhört hatte, stand, ihm den Rücken zukehrend, im Hausanzuge in einer Fensternische, eifrig Zahlen u. dgl. auf das vollgekritzelte Holzgetäfel schreibend. Als Schlösser sich bemerkbar gemacht hatte, entschuldigte er sich auf die höflichste Weise und erkundigte sich nach dem Begehr des Besuchers. »Wie ich so nahe,« fährt Schlösser fort, »vor dem ruhmgekrönten Künstler stand, konnte ich mir den Eindruck erklären, den diese vornehme Erscheinung, der charakteristische, von dichten Haaren umwallte Kopf mit der gefurchten Denkerstirne auf jeden Menschen machen mußte, konnte in die tiefernsten Augen blicken, den freundlich lächelnden Zug um den Mund wahrnehmen, wenn er das Wort ergriff, dessen Bedeutung man mit größtem Interesse auffaßte.« Beethoven empfing nun das Darmstädter Schreiben, welches ihn mit großer Freude [418] erfüllte.201 Die Unterhaltung fand zuerst mit Hülfe des Hörrohrs, später schriftlich statt. Als ihm Schlösser von der nächtlichen Verfolgung nach dem Fidelio erzählte, sagte Beethoven: »Und was hielt Sie denn ab, zu mir selbst zu kommen, da hat man Ihnen gewiß wieder eine Menge von Ungereimtheiten erzählt, mich als einen Unbequemen, Launenhaften und Hochmüthigen geschildert, dessen Musik man wohl genießen, seine Person aber meiden müsse. Ich kenne diese bösen, lügenhaften Zungen; weil ich selten nur Menschen begegne, die mein Fühlen und Denken verstehen, und darum mit wenigen Freunden mich begnüge, hält mich die Welt für herzlos; man thut mir Unrecht.« Er unterhielt sich über einzelne auffallende Stellen in seinen Werken – hätte uns Schlösser diese Äußerungen doch aufbewahrt! – über die oberflächliche Kunstströmung in Wien, die »Wortlosigkeit« der fürstlichen Kavaliere, forderte ihn dann auf, ihm Kompositionen vorzulegen und entließ ihn, nachdem er ihn für »übermorgen« (den 3. März) zu Tisch eingeladen, mit größter Liebenswürdigkeit. »Wo ich Ihnen dienen oder sonst nützlich sein kann, nehmen Sie mich ungeniert in Anspruch,« sagte er zum Abschied. Eine solche Aufnahme wurde, wie Schlössers Freunde versicherten, selten jemand von Beethoven zuteil. An dem 3. März erschien Beethoven, statt den Eingeladenen bei sich selbst zu erwarten, in dessen Wohnung, um ihn vorher zu einem Spaziergang abzuholen; er sah seine kontrapunktischen Studien, seine kleine Handbibliothek usw. durch, ging mit ihm nach dem Volksgarten und entzückte ihn im Gespräche durch die Fülle seiner Ideen. Zu Hause empfing sie ein sorgsam bereitetes Mahl, die Unterhaltung Beethovens stockte nicht; den Kaffee bereitete er selbst auf einer neu erfundenen Maschine und beschrieb dem Gast umständlich die Konstruktion derselben. Der Anblick des Broadwoodschen Flügels veranlaßte Schlösser zu der Bemerkung, man habe einmal gefürchtet, Beethoven möchte nach England übersiedeln. Beethoven erzählte, wie Erzherzog Rudolf ihn bewogen habe, in Wien zu bleiben, »nachdem die Kavaliere, Erzherzog Rudolf an der Spitze, sich zu einem jährlichen Beitrage verbunden hatten«; doch habe man ihm nicht Wort gehalten, »ich muß arbeiten, damit ich zu leben habe«. Die Erwähnung der Fidelio-Aufführung führte zu der Bemerkung, daß man eine neue dramatische Schöpfung von ihm erwarte. »Woher aber ein gutes mir zusagendes Opernbuch nehmen?« entgegnete er. »Abgeredete Verse erhielt ich schon von vielen Dichtern, aber von den Erfordernissen, die der Musiker bedarf, haben sie keinen Begriff und frivole Sujets werde ich niemals komponiren. [419] Grillparzer hat mir ein Buch (Melusine) versprochen, zu ihm habe ich noch das meiste Vertrauen – nun wollen wir sehen, was daraus wird.« Schlösser erinnert daran, daß in jener Zeit die neunte Symphonie seine Phantasie erfüllte und zurzeit andere Gedanken zurückdrängte; freilich erwartete er das Erscheinen anderer Werke, doch läßt ihn (Schlösser) sein Gedächtnis hierbei etwas in Stich.

In demselben Jahre besuchte ihn Schlösser in Baden, wo er ihn unwohl fand und die Seelenstärke bewunderte, mit der er seinen Zustand ertrug. Dann traf er ihn wieder in der Kärnthnerthorstraße, wo Beethoven auf ihn zukam und ihn aufforderte, mit ihm zu Steiner ins Paternoster-Gäßl zu gehen, dem er den Text lesen wolle, da diese Verleger immer alle mögliche Ausflüchte bei der Hand hätten. »Wenn es sich um Veröffentlichung neuer Compositionen handelt, möchten sie dieselbe, wer weiß bis nach meinem Tode verschieben, weil sie dann bessere Geschäfte damit zu machen denken, allein ich werde ihnen zu begegnen wissen.« Schlösser war diesmal erstaunt, Beethoven, der sonst so wenig besorgt um seinen Anzug gewesen sei, in ungewöhnlich eleganter Toilette zu finden. Mayseder, dem er das erzählte, erklärte ihm lächelnd, »es sei nicht das erstemal, daß ihm die Freunde in der Nacht die alten Kleider genommen und neue an deren Stelle hingelegt hätten; er habe davon keine Ahnung und ziehe mit aller Gemütsruhe die vor ihm liegenden an«. Schlösser bemerkt dazu, er selbst habe nie eine Zerstreutheit an Beethoven bemerkt.

Von besonderem Interesse sind noch die Mitteilungen über die letzte Unterredung, weil sie sich auf Beethovens Art zu arbeiten beziehen. Schlösser hatte ihm eine etwas komplizierte Komposition gebracht; Beethoven sah sie durch und sagte: »Sie geben zu viel, weniger wäre besser gewesen; das liegt eben in der himmelanstürmenden Jugend, die nie genug zu thun meint, wird sich aber mit der reiferen Zeit schon geben und lieber ist mir immer noch ein Überfluß, als ein Mangel an Ideen.« Und auf die Frage, wie denn das zu erlangen, gab Beethoven, wie Schlösser sagt, »wörtlich«202 folgende Erläuterung:


»Ich trage meine Gedanken lange, oft sehr lange mit mir herum, ehe ich sie niederschreibe. Dabei bleibt mir mein Gedächtniß so treu, daß ich sicher bin, ein Thema, was ich einmal erfaßt habe, selbst nach Jahren nicht zu vergessen. Ich verändere manches, verwerfe und versuche aufs neue so [420] lange bis ich damit zufrieden bin; dann aber beginnt in meinem Kopfe die Verarbeitung in die Breite, in die Enge, Höhe und Tiefe, und da ich mir bewußt bin, was ich will, so verläst mich die zu Grunde liegende Idee niemals, sie steigt, sie wächst empor, ich höre und sehe das Bild in seiner ganzen Ausdehnung, wie in Einem Gusse vor meinem Geiste stehen, und es bleibt mir nur die Arbeit des Niederschreibens, die rasch von statten geht, je nachdem ich die Zeit erübrige, weil ich zuweilen mehreres zugleich in Arbeit nehme, aber sicher bin, keines mit dem anderen zu verwirren. Sie werden mich fragen woher ich meine Ideen nehme?203 Das vermag ich mit Zuverlässigkeit nicht zu sagen; sie kommen ungerufen, mittelbar, unmittelbar, ich könnte sie mit Händen greifen, in der freien Natur, im Walde, auf Spaziergängen, in der Stille der Nacht, am frühen Morgen, angeregt durch Stimmungen, die sich bei dem Dichter in Worte, bei mir in Tönen umsetzen, klingen, brausen, stürmen, bis sie endlich in Noten vor mir stehen.«


Der Verkehr fand durch Schlössers gegen Ende Mai erfolgende Abreise nach Paris sein Ende. Er hatte schon von Beethoven bewegten Abschied genommen, als er am Tage vor der Abreise nochmals durch dessen eigenen Besuch überrascht wurde. Beethoven gab ihm Briefe an Cherubini und an den Verleger Schlesinger in Paris mit und fügte noch einen besonderen Brief an Schlösser selbst bei, den er, ungewiß, ob er ihn zu Hause treffen würde, zur Vorsicht zu dessen besonderer Instruktion geschrieben hatte. Derselbe lautete:204


»Sie erhalten, mein lieber Schlösser einen Brief an Cherubini und Verleger Schlesinger. Vom letzteren müssen Sie dessen Wohnung im Haus hier beiSteiner im paternoster gäßel erfragen, sagen Sie nur, daß ich Sie hinschicke nebst einer Empfehlung an Herrn A. Haslinger. Cherubini sagen Sie alles erdenkliche schöne daß ich nichts so sehnlichst wünschte als daß wir bald wieder eine Oper von ihm erhalten, daß ich übrigens für ihn vor allen unseren Zeitgenossen die höchste Achtung habe, daß ich hoffe, daß er meinen Brief205 erhalten und sehnlichst wünsche ein paar Zeilen von ihm zu erhalten. – Bei Schlesinger fragen Sie ebenfalls, ob er den Brief an Cherubini abgegeben habe; was die Ursache ist, daß ich noch kein Exemplare für mich von der Sonate in C moll erhalten. ich bitte Sie nun recht sehr mir gleich, vonParis aus über beide Punkte Cherubini und Schlesinger betreffend gütigst zu schreiben; bei der Pariser Post, wo die Briefe nur in eine Truhe gegeben werden, muß man ja nicht vergessen das Porto hinzu [421] zu geben, weil sonst die Briefe liegen bleiben, und wenn man selber206 nicht andere als nach Paris deswegen zu schreiben, erhalten kann.

Der Himmel gebe Ihnen alles Gute, ich werde allezeit mit Vergnügen Theil an ihnen nehmen.


Ihr ergebener

Beethoven.


Wien

6. May 1823«


Dabei schenkte ihm noch Beethoven das Manuskript eines Kanons für 6 Stimmen auf Goethes Worte: »Edel sei der Mensch, hülfreich und gut!« Dazu war geschrieben: »Worte von Goethe, Töne von Beethoven. Wien im Mai 1823«. Auf der leeren Rückseite stand: »Reisen Sie glücklich, mein lieber Herr Schlösser, alles komme Ihnen erwünscht entgegen, Ihr ergebenster Beethoven.«207

Beethovens Empfehlung an Cherubini verschaffte Schlösser die Aufnahme ins Conservatoire. Auch gab ihm Schlösser von Paris aus Nachricht über den Stand seiner Angelegenheiten. Am 3. Juli erhielt Beethoven durch Schindlers Vermittelung einen Brief von ihm aus Paris, worauf Schlösser auch Antwort erwartete; von einer solchen wissen wir nichts. Persönlich haben sie sich nicht wieder gesehen.

Der Kanon »Edel sei der Mensch« erschien als Beilage zur »Wiener Zeitschrift für Kunst, Litteratur, Theater und Mode« vom 21. Juni 1823 (Nr. 74);208 aus der Zusammenstellung mit anderen Kompositionen in der Rudolfinischen Sammlung schloß Nottebohm, daß der Kanon wohl früher, um 1819–20 komponiert sei. Der mit großer Feinheit und überaus wohlklingend gesetzte Kanon, der die Worte recht eindringlich einprägt, steht in den Drucken in E dur. Nach Nohl wäre er anfangs in Es geschrieben gewesen.

Noch eine andere kleine Komposition, die schon einmal erwähnt ist, gehört möglicherweise in diese Zeit, nämlich die Kantate für den Geburtstag des Fürsten Lobkowitz, welche Nohl in den Neuen Briefen Nr. 255 mitteilt. Sie war für den Freund Beethovens, Hofrat Peters, den Erzieher der jungen Prinzen Lobkowitz, geschrieben, um am Geburtstage des Fürsten [422] (7. Dezember 1816) gesungen zu werden;209 dies kam jedoch nicht zur Ausführung, da der Fürst am 15. Dezember 1816 starb, ehe die Kantate fertig war. Beethoven schickte sie daher an Peters, damit er sie dem ältesten Sohne Ferdinand übergebe, dessen Geburtstag am 13. April war.208 Eine alte Abschrift im Lobkowitzschen Archiv auf Schloß Eisenberg (nach Nohl), nach welcher allem Anschein nach der Abdruck bei Nohl erfolgt ist, trug die Aufschrift: »Abends am 12ten April 1823 vor dem Geburtstage Sr. D. des Herrn Fürsten Ferdinand von Lobkowitz«.210 Thayer schloß aus dieser Aufschrift, daß sie sich auf die Aufführung, nicht auf die Komposition der Kantate bezog; doch pflegen sich derartige Aufschriften auf Kompositionen auf die Zeit der Entstehung, nicht die der Aufführung zu beziehen. Daher dürfte die Komposition doch chronologisch von Nohl, dem freilich die Mitteilungen von Thayer anscheinend nicht bekannt waren, richtig eingeordnet sein, und so scheint auch Nottebohm, wie aus einer nachträglichen Notiz hervorgeht, die Ansicht gehabt zu haben, daß das Stück ins Jahr 1823 gehöre. Möglich, daß es für den neuen Zweck noch einmal umgearbeitet wurde.

Die Lobkowitz-Kantate211 ist in Es dur geschrieben, für eine Solostimme (die auch eine kleine kolorierte Kadenz auszuführen hat) mit dreistimmigem Chorrefrain, mit Klavierbegleitung. Sie ist eine Gelegenheitskomposition und will nichts anderes sein; aber in ihrem einfachen und würdigen Aufbau mit dem ernsten, melodischen und ausdrucksvollen Mittelsatze zeigt sie doch ganz Beethovensches Gepräge. Zu bemerken ist noch, daß Beethoven auch die Textesworte selbst verfaßt hatte.212

Um diese Zeit war auch der alte Freund Schuppanzigh nach siebenjähriger Abwesenheit zurückgekehrt.Die Rückkehr Schuppanzighs nach Wien scheint um den 20. April 1823 erfolgt zu sein, da ihm unterm 26. April Beethoven einen Brief in Kanonform (5stimmig) sandte: »Falstaferl, laß dich sehen!« (nach dem im Besitz eines Herrn cand. med. Felix Huch befindlichen Autographen von Alfred Kalischer mitgeteilt in der »Musik« II. 13 (1903). Am 4. Mai gab er ein Konzert im ständischen Saale, wobei Piringer das Orchester dirigierte; auf dem Programm [423] stand die Coriolan-Ouvertüre.213 Am 14. Juni nahm Schuppanzigh mit Holz, Weiß und Linke die Quartettabende wieder auf.214

Und hier haben wir noch eines Werkes zu gedenken, welches seiner Entstehung nach in die Wintermonate zurückreicht, wenngleich die weiteren Verhandlungen und die Herausgabe vorzugsweise in die Hetzendorfer Zeit fallen; eines Werkes, welches, neben der D moll-Symphonie gearbeitet, uns Beethoven von einer dieser Zeit sonst ganz fremden Seite zeigt, jedenfalls eine Stimmung anklingen läßt, die er nach anderen Arbeiten und seinen brieflichen Äußerungen fast verloren zu haben schien: voller Heiterkeit und Humor; der Variationen über einen Walzer von Diabelli Op. 120.

Über die Veranlassung zu dieser Komposition gibt uns Schindler215 Nachricht, der hier Selbsterlebtes erzählt. Im Winter 1822/23 hatte die Verlagshandlung Diabeli u. Co. eine Aufforderung an mehrere Komponisten gerichtet, zu einem von A. Diabelli selbst komponierten Walzerthema Variationen für Klavier, und zwar jeder Komponist eine, zu komponieren; die Aufforderung erging auch an Beethoven. Dieser aber, in Erinnerung an die Persiflage auf das Sammelwerk aus dem Jahre 1808,216 für welches er eine Komposition des Gedichtes in questa tomba oscura geliefert hatte, erklärte (nach Schindler), er habe den Vorsatz gefaßt, sich nicht wieder an einem Kollektivwerk zu beteiligen; auch gefalle ihm das Thema mit dem, »Schusterfleck« nicht.217 Nicht lange nachher bat er Schindler, Diabelli gelegentlich zu fragen, ob es ihm recht sei, wenn er das Thema allein bearbeite, und welches Honorar er dafür geben wolle. Diabelli ging erfreut darauf ein, bot 80 Dukaten und erbat sich nur 6 bis 7 Variationen. Beethoven nahm an, sie wechselten schriftlich Frage und Zusage, und er sagte zu Schindler: »Nu, der soll über seinen Schusterfleck Variationen haben!«218

[424] Wenn nun Schindler weiter erzählt, die Variationen seien nach Beethovens Übersiedelung nach Hetzendorf (17. Mai) seine erste Arbeit gewesen, und weiter, sie seien im Laufe des Monats Juli beendet und dem Verleger übergeben worden, so ist er, was die Entstehung betrifft, chronologisch im Irrtum. Wir haben hier einen festen Anhaltspunkt: schon am 16. Juni 1823 waren die Variationen als erschienen in der Wiener Zeitung angezeigt, müssen also einige Zeit vorher fertig gewesen sein. Schon am 7. Mai bot Beethoven sie dem Musikhändler Lissner in Petersburg zum Verlage an.219 Am 25. April schrieb er an Ries:220 »Sie erhalten ebenfalls in einigen Wochen neue 33 Variationen über ein Thema (Walzer Opus 120) Ihrer Frau gewidmet,« dazu am 16. Juli: »Jetzt werden die Variationen wohl da sein,« und in der Hetzendorfer Zeit schrieb er dem Erzherzog,221 die Variationen seien schon 5 oder gar 6 Wochen abgeschrieben; er werde nächstens ein schön gestochenes Exemplar senden. Aus allem dem dürfen wir entnehmen, daß die Variationen bei der Abreise nach Hetzendorf fertig waren. Aber er arbeitete vielleicht noch früher, mindestens 1822, daran, und die Aufforderung Diabellis war nicht, wie Schindler angibt, in Winter 1822/23, sondern mindestens ein Jahr vorher, vielleicht noch früher geschehen.222 In dem früher mitgeteilten Briefe an Peters in Leipzig vom 5. Juni 1822 hatte er diesem »Variationen über einen Walzer für Clavier allein (es sind viele)« zu einem Honorar von 30 Dukaten angeboten; damals waren sie also schon weit gediehen. Dann weist Nottebohm (S. 572) darauf hin, daß auf dem Autograph des Beitrags, welchen Franz Schubert zu dem [425] Diabellischen Variationenwerk lieferte, die Datumsbezeichnung »März 1821« steht; da war also Diabellis Aufforderung schon ergangen,223 Beethoven aber ging später an die Arbeit. Die Skizzen, von denen Nottebohm handelt (S. 568 s.), zeigen nur, daß an den Variationen mit Unterbrechungen gearbeitet ist und daß mehrfach die Arbeit am ersten Satz der neunten Symphonie dazwischen trat, geben aber sonst keinen chronologischen Anhalt. Wir werden uns aber nicht weit vom Richtigen entfernen, wenn wir sagen, daß sie im wesentlichen im Jahre 1822 gearbeitet wurden und im Frühjahr 1823 vollendet waren. Jedenfalls waren sie im Mai 1823 bei der Übersiedelung nach Hetzendorf völlig fertig. Nur insoweit kommt Schindler dem Richtigen nahe, als die Korrektur und die definitive Fertigstellung für den Druck, worin Beethoven bekanntlich peinlich genau verfuhr, erst in Hetzendorf erfolgte.

Zwei auf diese Angelegenheit bezügliche Briefe an Diabelli mögen hier ihres besonderen Interesses wegen folgen:


»Lieber D–!


Geduld! noch bin ich nicht menschlich viel weniger, wie es sich für mich schickt u. nothwendig ist, bewohnt224 – Das Honorar für dieVariat. würde höchstens 40 ⌗, im Falle sie so groß ausgeführt werden, als die Anlage davon ist, sollte aber dieses nicht statt haben, so würde es geringer angesetzt werden225 – Nun noch von deroverture, außer dieser hätte ich gern 7 Nummern aus der Weihe des Hauses dazu gegeben, hiefür hat man mir ein Honor. von 80 ⌗ angetragen, ich würde dazu noch einen Gratulations-Menuett für ganzes Orchester geben, kurzum die overture, u. 7 Nummern aus der Weihe des Hauses, u. den Gratulations-Menuett alles zusammen für 90 ⌗– meine Haushälterin kommt heute in die Stadt noch Vormittags geben sie mir gefälligst eine Antwort über mein Anerbieten – ich hoffe bis Ende künftiger Woche an ihre Var. kommen zu können – Lebt wohl Sehr Bester der


Eurigste

B – n.226


[426] Sobald die Correktur von der Sonate vollendet, senden sie mir selbe sammt französischen E. wieder zu –227 Wegen dem Metronom nächstens – sehen sie gefälligst selbst etwas nach, denn meine Augen können es kaum noch ertragen ohne Schaden etwas nachzusehen. –


ihr Freund

Beethoven.«

»die noch die Variationen

betreffende Correctur ersuche

mitzuschicken.«

(Außenseite)

»Für H. v. Diabelli.«228


In einer Zuschrift an Schindler aus der erster Hetzendorfer Zeit229 (wohl aus dem Juni) heißt es:


»Sehr viele Fehler sind in den Variationen beiDiabelli, morgen hohlen sie selbe wieder gefälligst ab bei Diabelli, das corrigirte Exemplar muß aber mitgeschickt werden – Die Fehler in der Sonate – da müssen sie nach dem gestochenen Exemplar die örter sehen, wo sie hier verkauft werden, ich glaube es kann nur wenig kosten, wenn man sie stechen oder drucken läßt, aber alles gleich, u. alsdann den Verlegern mittheilt, so viel sie nämlich Exempl. haben, aber alles eilig, eiligst, es ist die Rede von den ange zeigten Fehlern, welche Schlemmer abgeschrieben.

Wenn Schlemmer mit 5 fl. zufrieden ist, so könnte er es auch verdienen, jedoch so viel Blätter als Exemplare, sie müssen aber hier mit zusehen – alles schnell, aufs Schnellste.«230


[427] Eine andere Zuschrift teilten wir oben S. 316f. mit; wenn es dort heißt: »Diabelli erhält hier das Alte und eine Portion Neues,« so ist das natürlich von einer Erweiterung des Variationenwerks zu verstehen, da dieses fertig war und die Zahl der 33 Variationen schon im April feststand.

Von persönlichem Interesse ist noch folgendes Schreiben an Schindler »aus Hetzendorf im Sommer 1823«:231


»L–k–l v– S–n!


Man hatte ihnen gestern ja sagen lassen, daß sie sich an den Südpol, während wir uns an den Nordpol begeben hatten, indem die kleine Differenz schon vonCapit. Parry ausgeglichen ist, es gab aber keine Erdäpfel Schmarn dort –232 Bach, dem ich bestens emphehle u. vielmals für seine Sorge für mich danke, wird gebeten zu sagen, wie hoch die wohn. in Baden kommen könnte,233 zugleich müßte man sehen, wie man alle 14 Täge (wohlfeil) (du lieber Gott, armuth u. Wohlfeilheit) Karl könnte dorthin kommen lassen, dies ihr Geschäft, da sie auch unter den patronen und Landkutschern ihre Verehrer u. Freunde haben – wenn sie die ser Brief noch trist, so wäre es gut, wenn sie noch heute zu Bach, so daß ich morgen Vormittags die Antwort hätte. Es ist beinahe sonst zu spät – sie könnten auch morgen den Schurken von Copisten überraschen, von dem ich mir nichts gutes verspreche.

Seit heut 8 Tage hat er die Variationen.234


ihr

amicus

Beethoven.«


Wohl aus dem Juni stammen folgende Zeilen:235


»Wenn die letzte Correctur von den Var. fertig ist, wie ich vermuthe, u. heute sehen werde, wenn man ihnen die einige Correctur Bögen gegeb., so ersuche ich Hr. Diabelli, mir bald möglichst die 8 gnädigst versprochenen Exemplare auf schönem Papier zukommen zu machen –

Das Wetter ist schlecht, allein bin aber nie, wenn ich auch allein bin –236


Gott befohlen.«


[428] Die Variationen erschienen bei Diabelli im Juni 1823 mit der Widmung an Frau Antonia v. Brentano (nicht an Frau Ries).237 Dazu entschloß er sich wohl im Hinblick auf die Verpflichtungen, die er gegen diese Familie hatte.

Diese Variationen Op. 120 sind nun eines der eigenartigsten Erzeugnisse in der musikalischen Litteratur überhaupt und lassen sich mit nichts anderem vergleichen, auch bei Beethoven nicht. Auch die schönen C moll- Variationen (Serie 17, 181) übertreffen sie durch Reichtum und Originalität der Erfindung und Freiheit in Behandlung der Form. Wie die Arbeit mit Scherz und Humor aufgenommen war, so waltet hier ein Humor, eine Fülle eigenartiger Gedanken, ein Reichtum der Stimmungen, wie kaum in einem anderen Werke. Von der Erinnerung an Beethovens frühere Arbeiten auf diesem Gebiete muß man sich hier frei machen; jene Wiederholungen des Themas in verschiedener Lage, jene Verzierungen und leicht kenntlichen Umwandlungen desselben, jene Einprägung der Stimmung in einheitlicher Weise wird man hier nicht suchen. Jede Variation ist ein selbständiges kleines Stimmungsbild, welches er in kürzester Form mit einfachen Mitteln, mit wenigen gedrungenen Zügen darzustellen weiß.238 Den allgemein rhythmischen Aufbau des Themas hält er fest, wenn auch mitunter erweiternd und frei gestaltend; auch die Folge der Modulationen wird im allgemeinen beibehalten, doch in der Folge ziemlich frei behandelt.239 Übergänge und rascher Wechsel der Tonart zeigen, in wie genialer Weise er unvermerkt und mit einfachen Mitteln uns in ganz entlegene Regionen blicken zu lassen versteht. Wir können natürlich hier nicht alle Variationen beschreiben. Das Thema von Diabelli, schlicht und anspruchslos, ist doch nicht so unbedeutend, wie es mancher finden möchte; die freie Bewegung der Unterstimme zu den gleichmäßigen Akkorden der oberen, welche erst am Schlusse der Teile melodische Figuren bringt, ist charakteristisch und war für Beethoven ersichtlich [429] anregend. Gleich die erste Variation führt in eine neue Welt; in stolzem Marschrhythmus, in welchem er zunächst wieder den Baß seine gewichtigen Geister zurück; sie scheint ihm das eigentliche Thema zu sein, das Vorspiel zu dem, was er bringen will. Wie er dann in munterem technischem Spiel, mit anmutiger Neckerei, dann wieder festlich und frisch, mit vielfacher Anwendung der Polyphonie und Imitation und in schöner Gegensätzlichkeit der Figuren und Motive dem Thema neue Gedanken abgewinnt, kann im einzelnen nicht dargelegt werden; manche haben vorzugsweise die Klaviertechnik im Auge, an welche in dem Werk überhaupt große Anforderungen gestellt werden. Hervorheben wollen wir noch Var. 3, worin er eine innige und zärtliche melodische Weise anstimmt, belebt durch hübsche Imitation und die humoristisch grollende Baßfigur auf liegendem Akkorde; ferner die tief gemütvolle, sanft getragene Var. 8,240 welche ganz den bekannten spät-beethovenschen Charakter trägt; die ganz mystisch in sich versunkene Var. 29, aus der doch versteckt das behag lich-sinnende Auge hervorblickt, wieder ein Stück, wie es nur von Beethoven in diesen Jahren ausgehen konnte. Den Höhepunkt erreicht der lustige Humor, wenn er plötzlich in Var. 22 das Motiv aus Don Giovanni »Notte e giorno« als Variation verwendet. Als ihn einmal wieder Diabelli (so erzählte Czerny Q. Jahn), wie öfter, an die Fortsetzung des Werkes mahnte, »hatte er eben die 21. Variation vollendet, und in drolligem Ärger über die Mahnung schrieb er sogleich die 22te nieder mit der Überschrift ›keine Ruh bei Tag und Nacht‹ indem er Mozarts Melodie mit dem Walzer genial in Verbindung brachte. Auch die nachfolgende 23te Var. ist noch in dieser komischer Aufregung geschrieben.« Gegen Ende aber nehmen die Variationen einen ernsten Charakter an. Man beachte die Fughetta (Var. 24) mit ihrem niedlichen Thema, selbst in dem kleinen Umfange mit Umkehrung und Engführung ausgestattet, die ernst und klagend gehaltenen Varr. 29. 30 in C moll und den tief trauernden Klagegesang in Var. 31. Dieser leitet mit dem Dominantakkord zu der Doppelfuge in Es über (Var. 32), welche nur im Anfange an das Thema erinnert, dann aber sich ganz selbständig und frei entwickelt. Auch hier haben wir die Umkehrung des Themas; er hatte, wie die Skizzen ergeben, mit demselben noch weitere Änderungen vor, beschränkte sie aber in der Ausführung auf ein kleines Maß. Den festen, männlichen Schritt der Fuge schließt er mit einer gleichsam suchenden, über den ganzen Umfang [430] des Klaviers hineilenden Kadenz, ergreift die Grundtonart Es, findet von dieser gleichsam zaghaft den Übergang nach E moll und ergreift dann ohne langen Übergang in ganz genialer Weise das C dur; er zieht gleichsam einen Schleier unvermerkt vor unserem Auge weg und läßt uns in eine freundliche, Gutes verheißende Ferne blicken. Die vorausgeahnte Innigkeit und Behaglichkeit kommt dann in der letzten Variation (33, Tempo di Minuetto) zum Ausdruck; ein ernster, Beethovens würdiger harmonischer Abschluß des vielgestaltigen Werkes. Eine reizende Coda ist noch angefügt; mit hübschen Klangwirkungen, in reizvoller Steigerung der Empfindung, wie in Wolken, fliegt der Schluß hin und verflüchtigt sich gleichsam. Eine gewisse Verwandtschaft mit dem Schluß der C moll-Sonate Op. 111 ist unverkennbar.

Die Variationen bieten technisch viele Schwierigkeiten; darum sind sie im Vergleich zu anderen Werken Beethovens viel weniger bekannt, als sie verdienen. Das klingt auch in der Litteratur wider; während sich Marx und Lenz mit Liebe in das Werk versenken, werden sie z.B. von Wasielewsky und Nohl ungebührlich unterschätzt. Moscheles soll, wie der Neffe Beethovens erzählt, gesagt haben, »daß er die Variationen nicht ganz faßt«; bei Czerny war das an ders, der sie Schindler vorspielte; dieser war (Konv.-B.) »ganz ergriffen von der Größe und Erhabenheit des Werkes, welches wohl erst in mehreren Jahren ganz verstanden werde.«

Mit der Widmung der Variationen war Beethoven nicht gleich im klaren; er hatte Ferdinand Ries zugesagt, sie seiner Frau zu widmen, hatte dies aber, wie sich nachher zeigte, nur für die Londoner Ausgabe bestimmt, die aber unseres Wissens nie erschienen ist. Die deutsche Ausgabe war, wie bereits bemerkt, der Frau Brentano in Frankfurt gewidmet. Ries hatte (vgl. Not. S. 123) in Beethovens Auftrag bereits über den Verlag der Variationen in London verhandelt und war mit dem Musikverleger Boosey über das Honorar einig. Nach langem Warten kamen sie nebst den beiden letzten Sonaten endlich an.241 Mit Überraschung sah Ries, daß Beethoven sie mit sehr großen, von seiner Hand auf das Titelblatt gleichsam gemalten Buchstaben seiner Frau gewidmet hatte. »Aber diese Dedication findet sich auch nur auf diesem einzigen, mir noch vorliegenden Exemplar. Denn Beethoven hatte das Abschicken so lange verschoben und seinen Auftrag so ganz vergessen, daß, als ich Boosey die Variationen brachte, wir nicht [431] nur diese und zwar mit der Zueignung an Madame Brentano, sondern auch die Sonate in Paris bereits gestochen fanden!« – Eine Erklärung gibt Beethoven in dem Briefe an Ries vom 5. September (aus Baden):


Baden, den 5. September.


»Mein lieber Freund!


Sie sagen ich soll mich um Jemand umsehen der meine Sachen besorgt; nun dies war jetzt der Fall mit den Variat., nämlich meine Freunde und Schindler besorgten selbe mir. Die Variat. sollten erst hier erscheinen nachdem sie in London herausgekommen wären, allein alles schief, die Dedication an Brentan. [nicht deutlich] sollte nur für Deutschland sein, da ich ihr sehr verpflichtet und nichts anderes in dem Augenblick herausgeben konnte, übrigens hat sie nur der hiesige Verleger Diabelli von mir erhalten; allein alles ging durch Schindler, einen elendern Menschen auf Gottes Welt lernte ich noch nicht kennen, ein erz Schuft dem ich den Laufpaß gegeben. – Ihrer Frau kann ich dafür ein anderes Werk dediciren.«242


Wie groß die Schuld Schindlers bei dieser Verzögerung und Unterlassung war, können wir heute nicht beurteilen. Verletzt werden wir durch den heftigen Ausfall gegen den Mann, dessen Dienste er doch fortgesetzt in Anspruch nahm. Solche starken Ausdrücke braucht er ja auch gegen andere, mit denen er unzufrieden war. Wir werden mit dem viel beschäftigten und viel leidenden Meister, wie wir ihn einmal kennen, nicht zu scharf ins Gericht gehen; seiner unruhigen und impulsiven Natur folgend, ließ er durch die Feder gehen, was ihm durch den Sinn fuhr, und dachte nicht daran, daß das Geschriebene jemals vor andere Augen kommen könne. –

Wir haben im Vorstehenden wiederholt Beethovens diesmaligen Sommeraufenthalt erwähnt und bereits über den Beginn desselben hinausgegriffen. Das Bedürfnis eines ruhigen Sommeraufenthalts hatte sich während der unruhigen Winterzeit unabweisbar herausgestellt, um so mehr, als das große Werk, mit dem er sich schon lange trug, die neunte Symphonie, nun endlich der Vollendung entgegenzuführen war. Sein Bruder Johann hatte ihn auf sein Gut Wasserhof eingeladen, was er aus leicht begreiflichen Gründen nicht annahm; er wählte vielmehr als Sommeraufenthalt das nicht fern von Wien gelegene Hetzendorf. Beim Suchen nach einer passenden Wohnung fiel die Wahl auf eine von schönem Park [432] umgebene Villa des Barons Müller-Pronay. Der Preis machte anfangs Schwierigkeit. An Schindler schreibt er:243


»Das beigefügte zeigen sie Baron Müller – im Nothfalle können sie sagen, daß der Schuft L.244 auch nicht mehr als 400 fl. bezahlt hätte –

Schreiben Sie gefälligst einige Worte, wenn sie Baron M. gefunden haben gestern Abend.

Auf jeden Fall geben sie das beigefügte so schnell als möglich dem Baron M. –«


Ein anderes Schreiben245 lautet:


»Ich ersuche Sie höflichst zu sagen, warum diese Hetzendorf-Angelegenheit noch nicht gestern geendigt konnte werden – weswegen der H. Bar. Müller heut um 8 oder 12 Uhr zu mir kommen will? Zugleich ersuche ich sie, mir die Wohnung des Bar. Müller u. der Gräfin anzuzeigen.


Beethoven


Gnaden braucht es keine, sondern Gesetze u. recht entscheiden hier ohne Rücksicht.«


»Sonnabend den 17. May sind wir nach Hetzendorf gekommen,« heißt es im Kalender von 1823. Da die Geschäfte mit den Verlegern nicht ruhten und überhaupt viel zu schreiben war, mußte ihm daran liegen, Briefe zeitig zu erhalten. »Die Frage ist,« schreibt er an Schindler,246 »ob es beßer ist daß der Briefträger, welcher Hetzendorf am nächsten ist, die Briefe von hier aus übernimmt, oder daß die Briefe hier auf der Post liegen bleiben, wo man aber auch dieses der Postwagen Expedition u. an dem Orte, wo Briefe gegen recipisse ausgegeben werden, bekannt machen muß«, und weiter: »Wegen Esterhazy bitte ich um Bescheid, Eben so wegen der Post. Es ist zwar ein Briefträger von der Mauer247 hier gewesen, wenn die Sache nur auch recht gerichtet worden ist.«

Beethoven war während dieser Hetzendorfer Monate nicht bei guter Gesundheit; zu seinen sonstigen Übeln hatte sich ein schmerzhaftes Augenleiden gesellt, welches ärztliche Behandlung nötig machte und ihn zeitweise [433] ängstigte. Schon im April hatte er darüber geklagt;248 in den Hetzendorfer Tagen, während noch an den Abschriften der Variationen und an der Messe geschrieben wurde, spätestens erste Hälfte Juni, schreibt er an Schindler: »ich muß meine Augen Nachts verbinden, u. soll sie sehr schonen, sonst, schreibt mir Smettana, werde ich wenig Noten mehr schreiben,« und in der Nachschrift: »meine Augen die noch eher schlimmer als besser, lassen nur alles langsam verrichten.«249 Am 1. Juli schreibt er dem Erzherzog:250 »Seit der Abreise J. K. H. war ich meistens kränklich, ja zuletzt von einem starken Augenweh befallen, welches nun in so weit sich gebessert hat, daß ich seit 8 Tägen meine Augen wieder, jedoch mit Schonung noch brauchen kann.« Die Variationen, schon seit 5–6 Wochen abgeschrieben, habe er seiner Augen wegen nicht ganz durchsehen können; »vergebens hoffte ich auf eine gänzliche Herstellung derselben,« und am Schlusse des langen Briefes: »meine Augen gebiethen aufzuhören«, ferner am 15. Juli: »Meine Augen betreffend geht es zwar besser, aber doch langsam – Brauchte ich keine Augengläser, so würde es geschwinder gehen. Es ist ein fataler Umstand, welcher mich in allem zurückgesetzt hat,« endlich, anscheinend bei einem vorübergehenden Aufenthalt251 in Wien: »Ich höre eben hier, daß J. H. K. morgen hier ankommen. Wenn ich noch nicht den Wünschen meines Herzens folgen kann, so bitte ich dieses meinen Augen zuzuschreiben. Es geht viel besser, aber noch mehrere Tage darf ich die Stadtluft nicht einathmen, deren Wirkung auf meine Augen noch nachtheilig wirken würde,« und im August, unmittelbar vor der Abreise nach Baden: »Ich befinde mich wirklich sehr übel, nicht allein an den Augen Ich trachte morgen mich nach Baden zu schleppen, um Wohnung zu nehmen, und werde alsdann in einigen Tägen mich ganz hinbegeben müssen. Die Stadtluft wirkt auf meine ganze [434] Organisation übel, und eben dadurch habe ich mich verdorben, indem ich 2mal zu meinen Aerzten in die Stadt mich begeben.« Aus Baden klagte er dann am 22. über die katarrhalische Affektion, den elenden Unterleib und das Augenübel, fügt dann aber hinzu: »Gottlob die Augen haben sich so gebessert, daß ich bei Tag selbe schon ziemlich wieder brauchen kann. – Mit meinen übrigen Uebeln geht es auch besser; mehr kann man in dieser kurzen Zeit nicht verlangen.« Der Korrespondent des Morgenblatts (Sporschil) sagt am 5. Nov. 1823 über seine Gesundheit: »Daher war ihm auch der heurige nasse Sommer, den er in Hetzendorf zubrachte, außerordentlich zuwider, durch zwei Monathe litt er an heftigen Augenschmerzen.« Die Zeit von 2 Monaten ist nach Obigem wohl etwas zu kurz angesetzt.252

In dieser Leidenszeit schickte ihm (im Juni) ein ausgezeichneter Dilettant und Verehrer Beethovens 6 Flaschen echten Tokayer mit dem Beisatze: »als vorzügliches Mittel für sein anhaltendes Magenübel.« Schindler benachrichtigte den auf dem Lande befindlichen Meister von dieser Sendung; einige Tage nachher brachte ihm die Haushälterin einen Brief Beethovens mit folgender Nachschrift:

»Den Tokayer betreffend ist derselbe nicht für den Sommer, sondern für den Herbst, u. zwar für einen Fiedler, welcher dieses edle Feuer zu erwiedern im stande ist, u. den Fuß in Ungewittern halten kann.« Dazu ließ er ihm sagen, er solle mit dem Tokayer machen, was ihm beliebe. Schindler schickte eine Flasche hin und »verfügte« über die anderen.253

In Beethovens Gemütsstimmung läßt uns der folgende Zettel aus dieser Zeit einen Blick tun:254


[435] »Per il Signore povero Papageno.« (Adr.)


»Bester H. S –


Da wir heute sie nicht gesehen, so bitten wir sie unsere Haußhäller. morgen früh zu erwarten, wo sie dann sagen können, ob sie mit hierher fahren oder später,255 da es höchst nöthig –


Armer geschlagener

B–n.«


Ob eine besondere Veranlassung diesen Schmerzensschrei veranlaßte, können wir nicht ersehen; an sich bot der Krankheitszustand hinreichende Veranlassung.

Ein etwas friedlicheres Gegenbild bietet eine briefliche Äußerung an Schindler. Wie uns dieser in einer Bemerkung auf dem Briefe erzählt, hatten die beiden Sängerinnen Unger und Sonntag Beethoven zu einer gemeinschaftlichen Landpartie, oder wenn es ihm angenehm sei, zu einem Besuche in der Ungerschen Familie eingeladen. In einem Briefe an Schindler, der seinem sonstigen Inhalt nach in den Juni 1823 zu setzen ist,256 schreibt er: »Die schönen Einladungen kann ich jetzt noch nicht annehmen, so viel als es mein böses Auge leidet beschäftigt, u. ist es schön, aus dem Hause, ich werde mich schon selbst bedanken für diese Liebenswürdigkeit der beiden schönen.« Das waren die beiden, die im folgenden Jahre in seinen großen Werken fangen.

Auch sonst war jener Sommer doch nicht ganz ohne erfreulichere Eindrücke. Dahin gehört die Aufführung des Fidelio in Dresden und die sich daran knüpfende Korrespondenz. Die Aufführung fand am 29. April unter K. M. v. Webers Leitung statt mit Wilhelmine Schröder in der Titelrolle.257 Weber hatte sich mit Beethoven in briefliche Verbindung gesetzt und schrieb an ihn am 28. Jan., 18. Febr., 7. April und 5. Juni; Beethoven antwortete am 16. Febr., 10. April und 9. Juni. Leider ist diese Korrespondenz verschwunden;258 nur der Anfang von Webers erstem Briefe hat sich in einem Konzept erhalten; er lautet: »Fidelio. An Beethoven. Die Aufführung dieses mächtig für deutsche Größe und Tiefe des Gefühls zeugenden Werkes unter meiner Direktion in Prag hat mir die ebenso begeisternde als belehrende Vertrautheit mit seiner innern Wesenheit erschlossen, durch die ich hoffen darf, es auch hier mit allen Hülfsmitteln [436] möglichst versehen, dem Publikum in seiner vollen Wirksamkeit vorführen zu können. Jede Vorstellung wird ein Festtag sein, an dem es mir erlaubt ist, Ihrem erhabenen Geiste die Huldigung darzubringen, die im Innersten meines Herzens für Sie lebt und wo Verehrung und Liebe sich den Vorrang streitig machen.« Weber hatte die Partitur am 10. April von Beethoven erhalten, der sie sich vom Kärnthnerthor-Theater erbitten mußte; über das Musikarchiv des letzteren hatte damals (1823) Graf Gallenberg die Aufsicht. Schindler erzählte Beethoven in Gallenbergs Auftrag, daß er ihm die Partitur davon schicken werde, wenn sie 2 Exemplare davon hätten: »wenn das nicht der Fall wäre, so würde er die Part. für Sie schreiben lassen. – In 2 Tagen soll ich wieder zu ihm kommen.«259 – Gallenberg habe gesagt, fährt Schindler fort, er glaube, daß Beethoven die Partitur selbst habe. »Allein als ich ihm versicherte, daß Sie solche wirklich nicht hätten, sagte er, das sei die Ursache Ihrer Unstättigkeit und beständigen Herumwanderns, daß Sie selbe verloren haben.« Jedenfalls erhielt Weber die Partitur, und nach 14 Proben fand die Aufführung mit dem größten Erfolge statt. Der Generaldirektor der Königlichen Kapelle, Könneritz, schrieb am 26. Juni amtlich an Beethoven: »An den Herrn Kapellmeister Beethoven in Wien. Ew. Wohlgeboren Oper Fidelio ist hier mit entschiedenem Beyfalle aufgeführt worden und indem ich mich freue, Ihnen dieses melden zu können, lege ich zugleich das Honorar dafür an 40. ⌗ (Ducaten) dankbar bey, worüber ich mir inliegende auf die K. Theaterkasse allhier gestellte Quittung zurück erbitte.« Darauf antwortete Beethoven am 17. Juli:260


»An Seine Hochwohlgeboren den Hr. Geheimrath von Könneritz, Generaldirektor der Königl. Kapelle und Theater in Dresden (in Sachsen)


Hetzendorf bey Wien am 17. Juli 1823.


Ew. Hochwohlgeboren!


Etwas spät kommt die Unterzeichnung der Quittung mit meinem Danke, allein sehr beschäftigt, um so mehr, da sich meine gesundheits Umstände bessern u. Gott weiß, wie lange dieses dauert, verzeihen sie schon den Aufschub – [437] nach der Schilderung meines lieben Freundes Maria Webers von der vortrefflichen und edlen Denkungsart Euer H. w. g. glaubte ich mich noch in einer andern angelegenheit an sie wenden zu können,« usw.261


Das war das Vorspiel zu dem persönlichen Zusammentreffen der beiden Meister, welches noch in demselben Jahre stattfand. –

Noch ein anderes für Beethoven erfreuliches Erlebnis, welches in seinen Nachwirkungen in die Geschichte dieses Jahres hineinreicht, ist an dieser Stelle zu erwähnen. Beethoven war im Jahre vorher zum Ehrenmitglied der schwedischen Akademie der Künste und Wissenschaften durch Diplom ernannt worden; zur Annahme desselben mußte die Erlaubnis der österreichischen Regierung erbeten werden, und die Antwort auf die hierzu getanen Schritte ließ lange auf sich warten.262 Als sie endlich an ihn gelangt war, hatte er den Wunsch, daß diese Ernennung auch weiteren Kreisen bekannt werde, und schrieb deshalb an Pilat, den Redakteur des Oesterreichischen Beobachters:263


»Euer Wohlgeboren


Ich würde es mir für eine Ehre rechnen, wenn sie die Gefälligkeit hätten, meine Ernennung zum auswärtigen Mitglied der Königl. schwedis. Musik-Akademie in ihrem so allgemein geschäzten Blatt zu erwähnen, so wenig ich auch eitel u. Ehrsüchtig bin, so könnte d. g. doch auch räthlich seyn, nicht [438] gantz zu übergehen, da man doch auch im practischen Leben für andere leben u. wirken muß, denen es wohl öfter zu gute kommen kann. – Verzeihen sie mir meine Belästigung, u. zeigen sie mir nur gütigst an, womit ich im stande bin, ihnen in irgend etwas zu dienen, mit Vergnügen werde ich ihnen alsdann entgegen eilen –


Euer Wohlgeboren

mit ausgezeichneter

Hochachtung

Ergebenster

Beethoven.«


In ähnlicher Weise schrieb er an Bernard wegen Aufnahme in die Wiener Zeitschrift. Beide Briefe soll wieder Schindler besorgen; er schreibt an ihn:264


»Sehr bester L–k–l von Epirus nicht weniger v. Brundusium etc. gebt den Brief dem Beobachter. Co muß aber sein Name von Euch drauf gesetzt werden – zugleich fragt ihn, ob seine Tochter große Fortschritte im Klav. gemacht, ob ich ihr wohl einmal mit einem Exempl. von meiner Composit. dienen könne. – ich habe geschrieben zum Ehrenmitglied ich weiß aber nicht ob es so heißen soll, ob nicht vielleicht bloß ›zum auswärtigen Mitglied‹ unwissend u. nie beachtend d. g.

an Bernardum non sanctum habt ihr auch was wegen dieser Geschichte abzugeben.

Fragt doch auch wegen diesem Schuften Ruprect265 den Bernarderzählt ihm den Schnack, u. wie man diesen Schandmenschen aus Leder kommen kann.

Fragen sie bei beyden philosophischen Zeitungsschreibern nach, ob dies eine Ehren oder

Schandmitglieds

Ernennung sei –

ich esse heut zu Hause, wenn sie kommen wollen so kommen sie – [439] Bitten sie den Herrn Beobachter um Verzeihung, weil der Brief so konfuß aussieht – Es ist gar zu viel zu thun.

hören sie auch, ob man für Geld ein Exemplar haben kann vom Beobachter.«


Dieser Brief läßt erkennen, daß Beethoven gegen Ehrenbezeugungen, gegen äußere Zeichen des Ruhmes und der Anerkennung doch nicht so unempfänglich war, wie er manchmal dargestellt worden ist, und daß ihn in dieser beschäftigten und vielfach getrübten Zeit sein Humor nicht verlassen hatte. Den kräftigen Ausdruck von der Schandmitgliedschaft gegenüber einem vertrauten Bekannten werden wir ihm, da wir seine Ausdrucksweise ja kennen, nicht zu hoch anrechnen. –

Um dieselbe Zeit ließ ihn der junge Pianist Franz Schoberlechner266 durch Schindler um Empfehlungen für eine Konzertreise ersuchen. Er schrieb an Beethoven:267


»Wien am 25. Juni 1823.


Hochverehrter Herr

großer Meister.


Aufgemuntert durch Herrn Schindler,268 noch mehr aber durch die Überzeugung, daß es edlen Menschen immer Freude gewährt, jungen Leuten, die zur Veredlung ihres Talentes und Weckung des wahren Kunstsinnes sich auf Reisen mehr auszubilden wünschen – durch Ihre Empfehlungen zu nützen, nehme ich mir die Freiheit Sie um Empfehlungsbriefe nach Leipzig, Dresden, Berlin und andere Städte des nördlichen Deutschlands, womöglich auch nach Moskau, Warschau, Petersburg zu bitten. Ich bin gewiß daß Ihre Empfehlungen mir gewiß sehr viel nützen würden, und zeichne mich Hochachtungsvoll im voraus


Ihren

dankbar verpflichteten Diener

Franz Schoberlechner.«


Beethoven wurde durch diese naive und umfangreiche Belästigung eines ihm unbekannten Künstlers sicherlich unangenehm berührt; er schrieb auf die Rückseite des Briefes: »Ein tüchtiger Kerl hat keine andere Empfehlung nöthig, als von guten Häusern an wieder d. g. andere« und schickte den Brief so wieder an Schindler zurück. Dieser scheint die Sache nochmals bei Beethoven zur Sprache gebracht zu haben (Nohl), wie die Äußerung Beethovens auf einem schon angeführten Brief (S. 436, 2) zeigt:

[440] »Wegen Schob. morgen.« Beethoven schreibt dann an Schindler:269 »Es muß ihnen ja deutlich sein, daß ich nichts mit dieser Sache zu thun haben will – was das ›Edelseyn‹ betrifft, so glaube ich ihnen hinlänglich gezeigt zu haben, daß ich es mit Grundsätzen bin, ja ich glaube, daß sie müssen bemerkt haben, daß ich sogar meine Grundsätze betreffend, nirgends noch darüber hinausgegangen bin –

Sapienti sat –«

Damit war diese Sache für ihn erledigt.270

In derselben Zeit kam Beethoven noch einmal in die Lage, einen Kunstgenossen empfehlen zu sollen; diesmal tat er es in der Tat, und zwar gern. Im Juli schrieb er aus Hetzendorf an den Erzherzog:271


»Eben in einem kleinen Spaziergange begriffen, und stammelnd einen Canon ›Großen Dank!‹ ÷ ÷ ÷ und nach Hause kommend und ihn aufschreiben wollend für J. K. H. finde ich einen Bittsteller, der seiner Bitte durch mich den Wahn hat, als ob selbe besser aufgenommen würde. Was will man thun? Gutes kann nicht schnell genug ausgeübt werden, auch den Wahn muß man zuweilen pflegen. – Der Ueberbringer dieses ist der Kapellmeister Drechsler272 vom Josephstädter und Badner Theater. Er wünscht die 2. Hoforganisten- Stelle zu erhalten. Er ist ein guter Generalbassist, wie auch ein guter Orgelspieler, selbst auch als Componist vortheilhaft bekannt, alles Eigenschaften, welche ihn zu dieser Stelle empfehlen können. Er glaubt mit Recht, daß die beste Empfehlung, welche ihm sicher diese Stelle verschaffen würde, die von J. K. H. sei, da J. K. H. als großer Kenner und Ausüber das wahre Verdienst am besten zu würdigen wissen. Ein solches Zeugniß werden Se. Kais. Majestät gewiß allen andern vorziehen. Ich vereinige daher meine Bitten zwar schüchtern mit denen des Herrn D., jedoch auch überzeugt von der Milde und Gnade J. K. H. wieder mit einiger Hoffnung, daß der Hohe Beschützer und Unterstützer alles Guten auch hier gern wirken werde nach Vermögen. –

[441] Morgen folgt mein Canon nebst dem Bekenntnisse meiner Sünden, wissentliche und unwissentliche, wo ich um die Gnädigste Absolution bitten werde. Für heute verbieten mir leider noch meine Augen I. K. H. alles Schöne für dieselbe wünschen und sagen zu können.«

(Nachschrift.) »Es verdient auch mit in Anschlag gebracht zu werden, daß Hr. D. unentgeldlicher Professor des Generalbasses schon 10 Jahre ist bei St. Anna.«


In dem kurz darauf (auch noch im Juli) geschriebenen Briefe273 bittet er den Erzherzog, ihn zu benachrichtigen, wann er das nächste Mal von Baden nach Wien zurückkomme, und wann er bei ihm erscheinen solle, und fährt dann fort:


»Großen Dank ÷÷÷ überbringe ich selbst, oder der Dank kommt nach Baden.274 – Hr. Drechsler dankte mir heute für die Freiheit, welche ich mir erlaubt habe, ihn J. K. H. zu empfehlen. J. K. J. haben ihn so gnädig aufgenommen, wofür ich ebenfalls meinen heißen Dank abstatte. Möge es E. K. H. auch gefallen nur nicht sich wankend machen zu lassen, denn wie man vernimmt, sucht Abbé Stadler auch einem Andern diese Stelle zu verschaffen. Es wird ebenfalls sehr ersprießlich für Drechsler sein, wenn J. K. H. die Gnade haben, mit Graf Dietrichstein275 deßwegen zu sprechen.« –


Darauf antwortete der Erzherzog am 31. Juli:276


»Lieber Beethoven!


Ich werde Dienstag den 5ten August schon wieder in Wien seyn, und da mehrere Tage daselbst verweilen, ich wünsche nur daß Ihre Gesundheit Ihnen erlaubt, dann auch in die Stadt zu kommen, Nachmittags von 4 bis 7 Uhr bin ich meistens zu Hause.

Mein Schwager der Prinz Anton hat mir schon geschrieben, daß der König von Sachsen, Ihre schöne Messe erwartet.

Wegen dem Drechsler habe ich unsern gnädigsten Monarchen, wie auch den Grf. Diedrichstein gesprochen, ob diese Anempfehlung nützen wird, weiß ich nicht, da ein Concurs um diese Stelle seyn wird, wo jeder der sie zu erhalten wünscht, seine Fähigkeit beweisen muß. Es würde mich freuen wenn ich diesem geschickten Manne, welchen ich mit Vergnügen vorigen Monntag in Baaden die Orgel spielen hörte, nützlich sein könnte, um so mehr, da ich überzeugt bin, daß Sie keinen Unwürdigen anempfehlen werden.

[442] Ich hoffe Sie haben Ihren Canon doch aufgeschrieben, und bitte Sie, wenn es Ihrer Gesundheit schaden könnte in die Stadt zu kommen, sich aus Anhänglichkeit für mich, nicht zu früh anzustrengen.


Ihr

freundwilliger

Schüler

Rudolph.«

Wien den 31. July 1823.


Beethovens Empfehlung blieb erfolglos; Drechsler erhielt die Stelle nicht. –

Der zweistimmige Kanon »Großen Dank für solche Gnade« findet sich als Skizze neben Skizzen zur neunten Symphonie,277 scheint aber nicht beendet worden zu sein. Der Erzherzog hat ihn nicht bekommen; wenigstens hat er sich in seinem Nachlasse nicht gefunden. Auch sonst ist über denselben nichts bekannt. Da die Zeit des Kanons aus dem oben erwähnten Briefe feststeht, so entnehmen wir aus den Skizzen, daß Beethoven im Juli an den betreffenden Teilen der 9. Symphonie – es ist namentlich der 3. Satz – arbeitete.

Die Erwähnung so mancher von außen ihm zugekommenen Anregungen und Anforderungen zwingt uns zu der Frage, wie es denn in dieser Zeit mit dem engeren Kreise seiner Angehörigen und seinem Hauswesen stand. In letzterer Hinsicht ist zu bemerken, daß ihm auch in Hetzendorf die Haushälterin, die er Schindler gegenüber als »die schnellsegelnde Fregatte Frau Schnaps« bezeichnet, zur Bedienung zur Verfügung stand; daneben wird für Besorgungen auch noch ein »Haushalter« genannt, und außerdem sucht er vorübergehend nach einer anderen Haushälterin.278 Noch mehr Not macht ihm die in der Stadt fürerst beibehaltene Wohnung in der Kothgasse, in der ja auch Schindler wohnte; seiner Entrüstung über den Hauswirt gibt er in folgendem Briefe Ausdruck:279


»Hetzendorf am 2ten July 1823.


Bester H. v. Schindler!


Die von anfangs an bis jetzt fortdauernde Brutalität des Haußherrn, seit ich im Hause bin, erfordert die Hülfe einer k. k. Polizei, wenden sie sich gerade an dieselbe; was die Winterfenster anbelangt, so hatte die Haußhälterin [443] den Auftrag, nachzusehen u. zwar nach dem so sehr starken regen, ob selbe nöthig wären wegen allenfälligen hineinregnen in die Zimmer, allein sie fand weder daß es hineingeregnet hatte noch auf keinen Fall hineinregnete, gemäß dieser überzeugung ließ ich das schloß vorsperren, damit dieser so sehr brutale Mensch mir nicht [gemä]ß280 seiner Drohung meine Zimmer während meiner abwesenheit aufsperren sollte – erzählen sie dort, wie er sich weiter bey ihnen betragen hat, u. daß er den Zettel angeschlagen hat ohne aufsagung, welche ohnehin erst von jakobi stattfinden kann – eben so unbillig ist er mir die Quittung von georgi bis jetzt kommenden jakobi zu verweigern, wie dies Blatt zeigt, da ich eine Beleuchtung bezahlen soll, wovon ich nichts erfahren u. diese abscheuliche Wohnung ohne Ofen Kamine u. mit dem elendesten Hauptkamine mich wenigstens 259281 fl. W. W. besondere Auslagen ohne den Haußzins gekostet, um nur das Leben fristen zu können, während ich da war im Winter; Es war ein absichtlicher Betrug, indem ich niemals die Wohnung im ersten Stock sondern nur im 2ten Stock sehen konnte, damit mir die vielen widrigen Umstände derselben unbekannt bleiben sollten, ich begreife gar nicht, wie es möglich ist, daß ein so schändlicher die Menschliche gesundheit verderbender Kamin von der regierung geduldet werde; sie erinnern sich wie die Wände in ihrem Zimmer ausgesehen vor rauch, welche große Kosten es verursachte, wenn auch nicht ganz, dem Ungemach zu entgehen möglich war, doch nur es zu lindern – die Hauptsache ist derweil, daß er angewiesen werde, den anschlag Zettel herunterzunehmen, u. mir meine Quittung zu geben vom bezahlten Haußzins, da ich auf keinen Fall diese schlechte Beleuchtung, indem ich ohnehin übermäßige Unkosten, um nur das Leben in dieser Wohnung zu fristen, gehabt – Meine Augen erlauben mir die stadtlust [noch nicht, sonst wür]de282 ich mich selbst an [die Kaiserl. Polizey ver]fügen281 – ihr


Ergebenster

L. v. Beethoven.«


Schindler erfüllte Beethovens Auftrag gleich, und zwar mit Erfolg, wie die letzten Worte seines Briefes vom 3. Juli zeigen:283


»So eben komme ich von der Polizei, die Haushält. war mit. Der Hausherr ist auf Morgen 5 Uhr Nachmittag sammt mir bestellt worden. Die Alte braucht wohl nicht zugegen zu seyn. Der Polizeidirector (etc.?) Hr. Ungermann lassen sich Ihnen empfehlen, u. die Sache sey im voraus so abgethan, wie Sie es wünschen. Nur wegen dem Beleuchtungsbetrag sollen Sie nicht [444] die 6 fl. anschauen, damit Ihnen der Flegel von dieser Seite nichts anhaben kann. Ich bereite mich auf Morgen vor, denn ich bin gerade geneigt, ihm den Text zu lesen, u. gut, daß es vor der Behörde geschieht. Das Resultat werde ich Ihnen alsogleich melden.«


Von Beethovens Zorn über den Hauswirt hatte auch Schindler sein Teil zu tragen. Auf seine weitere Mitteilung an Beethoven scheint sich folgender kurze Brief zu beziehen:284


»Von aller derg.285 Schriften eine vidimirte Abschrift. hier folgen 45+ wie286 es nur mögl. daß sie vom Haußflegel etwas solches mit einer Drohung begleitet annehmen können? Wo ist ihre Beurtheilung?! wo sie immer ist!

Morgen früh schicke ich um die V.287 Absch. u. Original, ob die Pers.286 kommt ist nicht sicher, bleiben sie doch bis 8 gefäll. zu Hause – wenn sie Morg. oder auch heute zum speis. kommen wollen, das können sie, aber es muß sicher sein, denn d. g. gehn hier u. überhaupt für mich nicht an, nichtspäter als 1/23 Uhr. Die Haußhäller. wird ihnen von wegen einer Wohn. lagen auf der Landstras. Es ist die höchste Zeit, sobald sie was wissen auf der Bastey oder Landstras, so muß; es gleich angezeigt werden – man muß wissen welches Zimmer der Haußherr des Brunnens wegen gebraucht.Vale.288«


Daß Beethoven die Wohnung nicht behielt, wird weiter unten zur Erwähnung kommen.

Hier muß denn auch kurz nach seinen Angehörigen gefragt werden, deren Schicksale ja einen so wesentlichen Bestandteil seines Lebens bildeten. In dem Verhältnisse zum Neffen Carl dauerte die eingetretene Ruhe einstweilen noch fort; er war nach wie vor in Blöchlingers Institut,289 war dem [445] Oheim gelegentlich behülflich und tritt mitunter in den Konversationen hervor. So tritt denn die Mutter zeitweise in den Hintergrund. Um so betrübender entwickelten sich die Verhältnisse in Bruder Johanns Häuslichkeit. Derselbe war im Sommer 1823 von einer langwierigen Krankheit heimgesucht; während dieser Zeit zeigte sich seine Frau in ihrer ganzen Nichtswürdigkeit, und die heranwachsende Stieftochter gab ihr hinsichtlich der Vernachlässigung des Kranken nichts nach. Es kamen Streitigkeiten vor, über welche wir im einzelnen nicht unterrichtet sind, die aber Schindlers und nachher Beethovens höchste Entrüstung erregten. So empfing die Frau auch während der Krankheit in Johanns Gegenwart den Besuch ihres Liebhabers und fuhr mit ihm aus. Der Gedanke, eine Eingabe an die Polizei zu machen, tauchte schon jetzt auf.290 Beethoven wurde auch von anderer Seite von den Vorfällen unterrichtet, wie aus folgender Zuschrift an Schindler hervorgeht:291


»Der gestrige Vorfall, den Sie aus dem Berichte an die P[olizei] ersehen werden ist nur mehr geeignet diese Sache der löbl. Polizey zu emphelen. Die Aussagen eines Ungenannten stimmen ebenfalls ganz mit den Ihrigen überein; hier können Privatmenschen nicht mehr helfen, nur Behörden mit Macht versehen.


ihr

Beethoven.«292


Für dieses Jahr also gelang es Schindler, wie aus seiner Anmerkung hervorgeht, Beethoven von besonderen Schritten bei der Polizei zurückzuhalten. Was Johann nach seiner Genesung im folgenden Jahre unternahm, um die pflichtvergessene Frau in ihre Schranken zu weisen, wird an der geeigneten Stelle zur Erwähnung kommen.

[446] Unter diesen schwierigen Verhältnissen, gehemmt durch körperliche Leiden verschiedener Art und durch anderweite Verdrießlichkeiten, arbeitete Beethoven in Hetzendorf an dem großen Werke, welches bereits begonnen war und jetzt seinem Ende entgegengeführt werden sollte: der Symphonie für England, oder wie wir sie zu nennen gewohnt sind, der neunten Symphonie. In dem Briefe an den Erzherzog, den wir auf den 1. Juli setzen (Köchel Nr. 60), schreibt er, neben den Klagen über seine Augen, die er »noch nicht lange« anstrengen könne: »Ich schreibe jetzt eine neue Symphonie für England für die philharmonische Gesellschaft, und hoffe selbe in Zeit von 14 Tagen gänzlich vollendet zu haben.« Die Arbeit nahm ihn so ganz in Anspruch, daß er allein zu sein trachtete und möglichst niemand zu sehen wünschte; auch Schindler wünschte er seltener zu sprechen; er schrieb an ihn:


»Hetzendorf am 2.293 Samothrazier! Bemüht euch nicht hieher, bis etwa ein HatiScherif erscheint, die goldne Schnur habt ihr unterdessen nicht zu fürchten – meine schnell segelnde Fregatte die wohledelgebohrene Fr. Schnaps wird sich meistens alle 2 u. 3 Täge nach ihrem Wohlbefinden erkundigen –


lebt wohl

B –n

Bringt auch Niemanden,

lebt wohl.«294


Diese tiefe Versenkung in das große Werk brachte wieder manche Störung der Hausordnung mit sich.»Bienenartig durchstrich er mit dem Skizzenbuch in der Hand Felder und Fluren ohne an die festgesetzte Stunde der Malzeit zu denken. Was früher im höchsten Stadium geistiger Exaltation nie vorgekommen, geschah dermal, daß er wiederholt ohne Hut zurückgekehrt ist. Bis um die Mitte August sah man bereits starke Hefte mit Notirungen zu dem neuen Werke.«295 Es war die Symphonie im Kopfe gewiß schon weiter gediehen, als er damals zu Papier brachte; sonst hätte er wohl Ries den Empfang nicht in so nahe Aussicht stellen können. Wir erfahren nicht, daß er irgend eine andere der bestellten oder zugesagten Arbeiten damals in Angriff genommen hätte. Neben diesem Werke fand nichts [447] anderes in seinem Innern Platz. Die Worte »allein bin ich nie, wenn ich auch allein bin« können wir nur auf das Werk beziehen, welches er, wenn je etwas, mit seinem Herzblut schrieb. Doch kam für den Augenblick zu anderen Störungen noch ein äußerlicher Umstand, der ihn hinderte, in voller Frische weiter zu arbeiten; es war ihm unerträglich, erzählt Schindler, daß sein Hausherr Baron Pronay, so oft er ihm begegnete, immer tiefe Komplimente vor ihm machte. Das brachte ihn zu dem Entschluß, die Villa zu verlassen und wieder nach dem geliebten Baden überzusiedeln. Aus dem reizbaren Wesen des Meisters, der gerade jetzt der Gemütsruhe zu intensivem Schaffen bedurfte, können wir uns das ganz gut erklären, wenn auch der Entschluß, einen Teil des Sommers in Baden zuzubringen, vielleicht schon früher gefaßt war. Dem Erzherzog deutete er nur seinen Gesundheitszustand als Beweggrund der Übersiedelung an. Er wollte ja die Bäder in Baden gebrauchen. Das Verhalten des Hausherrn wird den bereits feststehenden Entschluß beschleunigt haben.

Der Tag der Übersiedelung nach Baden war der 13. August, wie wir aus dem Briefe an den Erzherzog vom 22. August296 erfahren. Vorher war er hingefahren, um eine Wohnung zu suchen, wobei ihm Schindler behülflich war.297 Beethoven schickte ihm seine »schnellsegelnde Fregatte« mit der Aufforderung, schon um 5 Uhr des folgenden Morgens bei ihm zu sein; er fügte folgende Zeilen bei:


»Samothrazischer L–n k–l


Macht, das Wetter ist gerade recht. Es ist aber besser früher als später presto prestissimo man fährt von hier.«298


Diese Fahrt zählt Schindler zu seinen »possirlichsten Erlebnissen mit dem großen Sonderling«. In seiner Erinnerung fand Beethoven nur eine Wohnung in Baden seinem Bedürfnisse entsprechend, »die Leute haben aber erklärt, mich nicht mehr aufnehmen zu wollen«. Schindler wurde als Abgesandter zu dem Besitzer, einem Schlossermeister, geschickt, versprach in des Meisters Namen bessere Ordnung und mehr Rücksicht auf die fremden Mitbewohner, wurde aber das erstemal abgewiesen und hatte erst beim zweiten Besuche besseren Erfolg. Der Eigentümer verlangte jedoch, daß Beethoven wiederum Fensterläden anbringen lasse, was auch zugestanden wurde, da es wegen Beethovens leidenden Augen notwendig erschien. Der tiefere [448] Grund zu dieser Forderung lag darin, daß der Eigentümer mit diesen Läden im Vorjahre ein gutes Geschäft gemacht hatte. Beethoven pflegte auf dieselben mit Bleistift allerlei hinzuschreiben, Rechnungen, musikalische Einfälle u.a. Eine norddeutsche Familie hatte ihn 1822 dabei beobachtet und nach seinem Weggange einen dieser Läden als Merkwürdigkeit gekauft, und so war es dem Schlossermeister gelungen, auch die übrigen an Kurgäste zu verkaufen. – Nach wenigen Tagen erfolgte denn auch die Übersiedelung.299

Mit seiner Gesundheit konnte Beethoven noch immer nicht zufrieden sein. Noch kurz vorher hatte ihn, wie er dem Erzherzog am 22. August schreibt, die katarrhalische Affektion, der Unterleib und das Augenübel gequält, »kurz meine Organisation war gänzlich zerrüttet. Ich mußte nur suchen hieher zu kommen, ohne j. K. H. nur einmal sehen zu können.« Nun gehe es besser; er hofft, dem Erzherzog bald seine Dienste widmen zu können und ihn womöglich in Baden zu sehen.

In Baden hatte er noch eifrig für seine Gesundheit zu sorgen, durch Bäder usw., besonders durch den Genuß der Landluft; seine Arbeit war wieder der neunten Symphonie gewidmet, an welcher er nach Ablauf der ersten Tage fortfahren konnte. Zuweilen begab er sich von hier aus besonderen Gründen nach Wien, so am 29. August, als Karl die Prüfung hinter sich hatte; dann versäumte er auch nicht, im Paternostergässel (bei Steiner und Haslinger) vorzusprechen. Auch erhielt er von Wien Besuche, so am 24. August und noch öfter von Czerny, der dann mit ihm spazieren ging und bei ihm speiste.300

Auch in einem Brief, den er in der ersten Zeit des Badener Aufenthaltes an den Neffen schrieb, kommt er auf seine Krankheit zu sprechen.301


»Baden am 16. Aug. 1823.


Lieber Junge!


Eher wollte ich dir nichts sagen, als bis ich mich hier besser befinden würde, welches noch nicht ganz der Fall ist; mit Katarrh, Schnupfen kam ich hieher, beides arg für mich, da der Grundzustand nach immer catarrhalisch [449] ohnehin ist, und ich fürchte, dieser zerschneidet bald den Lebensfaden, oder was noch ärger, durchnaget ihn nach und nach. – Buch mein zu Grunde gerichteter Unterleib muß noch durch Medizin und Diät hergestellt werden, und dies hat man den treuen Dienstboten zu danken! Du kannst denken wie ich herumlaufe, denn erst heute fing ich eigentlich (uneigentlich ist es ohnehin unwillkürlich) meinen Musendienst wieder an; – ich muß, man soll es aber nicht merken, – denn die Bäder laden doch mehr, wenigstens mich, zum Genusse der schönen Natur ein, allein nous sommes trop pauvres et il faut écrire ou de n'avoir pas de quoi. – Treibe nun, daß alle Anstalten für deinen Konkurs getroffen werden, und sei ja bescheiden, damit du dich höher und besser zeigst, als man es vermuthet. Deine Wäsche schicke nur gerade her, dein graues Beinkleid ist wenigstens noch im Hause zu tragen, denn theurer Sohn, du bist auch wieder sehr theuer! die Ueberschrift: ›Beym Kupferschläger‹ etc. Schreibe sogleich ob du diesen Brief empfangen. An den Schindler, diesen verachtungswürdigen Gegenstand,302 werde ich Dir einige Zeilen schicken, da ich unmittelbar nicht gern mit diesem Elenden zu thun habe. – Wäre nur alles so geschwinde geschrieben, wie man denkt, fühlt, so würde ich Dir wohl manches nicht Unmerkwürdige sagen können, – für heute wünsche ich nur noch, daß ein gewisser Karl auch ganz meiner Liebe, meiner so großen Sorge für ihn werth sei und alles dieses zu würdigen wissen werde. Obgleich ich wie du weißt, gewiß anspruchslos bin, so gibt es doch so manche Seiten, von welchen man den Edlen Besseren zeigen kann, daß man dieses an ihnen erkennt und fühlt.


Ich umarme dich von Herzen

dein treuer wahrhafter Vater.«


Auf Karls Antwort erfolgte dann ein zweiter Brief.303


»Baden am 23. Aug. 1823


... Lumperl

bestes Lumperl!


Liebes Kind ich empfange heute deinen gestrigen Brief, du sprichst nur von 31 fl. da ich doch auch deine verlangten 6 fl. ebenfalls geschickt habe, solltest du diese nicht bei dem vielen Geplapper durch Blätter nicht gefunden haben – die Quittung von S. müste so lauten:


10 fl.der Haushät. des B... s

9 fl.meiner Haushält.

31 fl.beiliegend

Summa 50 fl.welche ich Endesunterschrieb.

richtig erhalten habe

Sdler304


[450] Er war nur einen Tag mit mir hier, um eine Wohnung zu nehmen wie du weist, schlief in Hetzendorf u. gieng Morgens seiner Aussage gemäß wieder in die Josephstadt, laß dich übrigens nicht in Klatschereien gegen ihn ein, man kann ihm schaden, u. ist er nicht gestraft genug, daß er so ist, ihm derb die Wahrheit zu sagen ist nöthig, da sein böser zu Ränken aufgelegter Karakter erfordert, ihm Ernst zu zeigen – Wenn die Wäsche nicht höchst nöthig, so laß selbe bis ich 29ten komme, denn da du sie erst schickest, so wird es kaum mögl. sein, daß du selbe am 28ten des Prüfungstages hast, gib also lieber den Bedienten ein Beinkleid im Nothfall, welches dort in der Nachbarschaft wohl leicht gewaschen wird. – Ich erinnere mich der Ankündigung des Petiscus. Ist er das Geld werth, so muß man ihn doch haben, das Nützliche darf nicht berechnet werden, Gott verläßt uns nicht, zwar sind die Ausgaben groß jetzt, ich erwarte nun noch die Rechn. von Blöchling. Ist sonst noch was zu erinnern, so vergiß nichts, damit man am 29ten nicht aufgehalten ist. Den Bedienten anbelangend so soll er noch einige Zeit bleiben, bis wir einmal zusammen sind, denn die ganze Haushaltung mit der alten wird nicht mehr gehen, sie riecht, sieht, u. schmeckt nicht mehr – mein armer Magen ist immer in Gefahr. Die frühere Haushält. von der Josephstadt hat sich schon wieder angetragen, sie wäre geeigneter mit einem Bedienten, allein diese alte braucht Bedienung u. Hülfe, die Küchenmagd, die ich früher weggeschaft, ist ein großes Schwein, für jetzt hat doch der Bediente ordentliche Wohnung, er kann an viele Orte kommen, wo er die nicht hat, er mag nun bleiben oder gehen, so soll er uns zuwissen machen, wo er ist, u. sind wir zusammen, so läßt sichs überlegen, denke auch eine Kuchelmagd kostet nur Monath. mit dem Brodtgeld 10 fl. 44 + jährl. 128 fl. 48 + der Bediente monathl. 20 fl. Stiefelgeld Kleidung u. bei der alten müssen wir noch ein Weib haben – Es geht besser mit der Gesundheit doch noch nicht so gut als ich früher war. – Nun lebe wohl. das Tagtägliche erschöpft mich – Alles Gute dir mein lieber Sohn. –

Zcerni dein früher[er] Meister.... speist morgen bei mir. du wirst manche für dich interessante Menschen hier finden. – Herzlich dein Vater«

(Adresse)


»An Karl van Beethoven

in Wien

Abzugeben in der Josephstadt

Kaiserstraße im gräfl.

Kothekischen Hause im

Erziehungs-Institut des

Herrn Blöchlinger.«


Um dieselbe Zeit schrieb er an den kürzlich genesenen Bruder Johann als Antwort auf einen Brief desselben –, wobei er es nicht umgehen kann, dessen unwürdige häusliche Verhältnisse in deutlicher Weise zu berühren.305


[451] »Baden am 19. August.


Lieber Bruder!


Ich freue mich über deine bessere Gesundheit. Was mich betrifft, so sind meine Augen noch nicht ganz hergestellt und hierher kam ich mit einem verdorbenen Magen und einem schrecklichen Katarrh, den erstern von dem Erzschwein der Haushälterin, den zweiten von einem Vieh als Kuchelmagd, welche ich schon einmal fortgejagt und sie selbe doch wieder angenommen hat; – den Steiner hättest du nicht angehen sollen, ich werde sehn, was zu machen ist, mit den Liedern in puris dürfte es schwer seyn, da der Text deutsch, die Ouverture wohl eher –

Deinen Brief vom 10ten Aug. erhielt ich durch den elenden Schuften Schindler, du brauchst ja nur deine Briefe gerade auf die Post zu geben, wo ich sie sicher alle erhalte, denn ich vermeide diesen niederträchtigen verachtungswürdigen Menschen möglichst – Karl kann erst am 29ten dieses zu mir kommen, wo er dir schreiben wird. Ganz unbeobachtet, was die beiden Kanaillen Fettlümmerl und Bastard306 mit dir anfangen, wirst du nicht sein, auch Briefe durch diese Gelegenheit von mir und Karl erhalten, denn so wenig du es um mich verdienst, so werde ich nie vergessen, daß du mein Bruder bist, und ein guter Geist wird noch über dich kommen, der dich von diesen beiden Kanaillen scheidet, diese vormahlige und jetzige H..., – – – und die noch obendrein dein Geld gänzlich in Händen hat,307 o verruchte Schande, ist kein Funken Mann in dir?!!! – Nun von was anderm. Du hast von den Ruinen von Athen auch meine eigene Handschrift von einigen Stücken, welche ich nothwen dig brauche, weil die Abschriften nach der Partitur der Josephstadt gemacht, wo mehreres ausgeblieben und sich in diesen Manuscriptpartituren von mir befindet, da ich aber etwas d. g. schreibe,308 so brauche ich selbe höchst nothwendig, schreibe also wo ich diese Manuscripte erhalten kann, ich bitte dich sehr deswegen. Wegen zu dir kommen ein andermal. Soll ich mich so erniedrigen, in solcher schlechten Gesellschaft zu seyn, vielleicht läßt sich aber diese vermeiden und wir können doch einige Täge mit dir zubringen?! Ueber dein Uebriges, vom Briefe, ein andermal. Leb wohl. Unsichtbar schweb ich um dich, und wirke durch andere, damit dir die Kanaillen den Hals nicht zuschnüren –


Wie immer dein treuer

Bruder.«


Der Inhalt dieser Briefes spricht für sich selbst; von Interesse ist zu lesen, daß er sich die ursprüngliche Manuskriptstimme zu den Ruinen ausbittet [452] »da ich eben etwas d. g. schreibe«. Wir können unmöglich erraten, was das war; er arbeitete damals an der 9. Symphonie. Der englische Besucher Schulz (s.u.) wollte gehört haben, er sei mit der Oper Melusine beschäftigt; an sie hatte auch Nohl anfangs gedacht (vgl. Anm. 4), dies aber später zurückgezogen (III S. 908). Die Absicht wird damals bestanden haben, auch schwebten schon längere Verhandlungen; von einer wirklichen Beschäftigung mit derselben wissen wir aber nichts, da Skizzen nicht vorhanden sind. Er mag im Kopfe daran gearbeitet haben, wie sein Wort an Grillparzer vermuten lassen kann. Geplant war ein Quartett; wir haben aber keine Spur davon, daß er in jener Zeit daran arbeitete. Die öfteren Andeutungen, daß er des Geldes wegen schreiben müsse, lassen es immerhin als möglich erscheinen, daß er noch etwas anderes im Sinn hatte.

In diesem Zusammenhange sei erwähnt, daß er Ferd. Ries in jenem Sommer zu einer kompositorischen Arbeit anregte, wenn auch ohne Erfolg. Ries plante in jener Zeit eine Sammlung von Stücken»Allegri di Bravura« für Klavier und gab selbst deren heraus.309 Solche, scheint er zu wünschen, sollte auch Beethoven liefern; ob mit ihm gemeinschaftlich, wird nicht klar. In dem Briefe aus Hetzendorf vom 16. Juli310 schreibt er an Ries:


»Mit den allegri di bravura muß ich die Ihrigen nachsehen – – Aufrichtig zu sagen, ich bin kein Freund von dergleichen, da sie den Mechanism nur gar zu sehr befördern; wenigstens die, welche ich kenne. Die Ihrigen kenne ich noch nicht, werde bei – –, mit dem ich sie bitte, sich nicht ohne Vorsicht einzulassen, auch deswegen anfragen.«


In dem Brief vom 5. September, dessen Anfang wir oben S. 432 mitgeteilt haben, fährt er so fort:


»– sie müssen einen meiner letzten Briefe erhalten haben, (was die Allegri di Bravura) so glaube ich wenn man mir 30 ⌗ für eines geben wollte, jedoch wünschte ich selbe sogleich auch hier herausgeben zu können, welches sich leicht verbinden läßt; warum soll man den hiesigen Schuften diesen Gewinn lassen. Man giebt. es nicht eher hier bis man die Nachricht hat, daß selbe in London angelangt; übrigens sollen sie selbst das Honorar bestimmen, da sie am besten die Londoner Verhältnisse kennen. –

[453] Die Partitur der Sinfonie ist dieser Täge vom Copisten vollendet und so warten Kirchhoffer und ich nur auf eine gute Gelegenheit selbe abzuschicken. – ich befinde mich hier, wo ich sehr übel angekommen, denn meine Gesundheit steht doch nur auf schwachen Füßen und du lieber Himmel, statt daß andere sich beim Badegebrauch erlustigen, fordert meine Noth, daß ich alle Tage schreibe, außer den Bädern muß ich Mineralische Wässer gebrauchen. – Die Messe geht dieser Täge ab, ich erwarte von Kirchhoffer mit welcher Gelegenheit, da sie zu groß, um mit einem Courier fortzukommen. – Aus meinem letzten Briefe werden sie über alles die Allegro311 betreffendes eingesehen haben. – Chöre werde ich Ihnen senden, was Bestellung auf Oratorien bald, damit man sogleich die Zeit bestimmen kann; mir ist es unser beider wegen leid, der Var. wegen, da ich sie mehr wegen London als hier geschrieben. Es ist meine Schuld nicht; antworten sie bald, sehr bald, sowohl wegen Umständen als Zeit. Alles Schöne Ihrer Familie von ihrem rechten312


Freund

Beethoven.«


Auch abgesehen von der Äußerung über die Allegri ergänzt dieser Brief die Nachrichten über die Badener Zeit in wünschenswerter Weise. Die Äußerung über die Symphonie war eine von jenen sanguinischen Hoffnungsäußerungen, wir dürfen auch sagen voreiligen Versprechungen, wie wir sie auch sonst bei Beethoven finden; die Symphonie war, als er den Brief schrieb, nicht fertig, geschweige abgeschrieben; aber sie war, jedenfalls im Kopfe, weit gediehen; arbeitete er doch schon im Juli am 3. Satze. Am 8. September schrieb er an Kirchhoffer,313 daß er die Partitur der Symphonie in höchstens 14 Tagen erhalte, daß es sich aber jetzt vorzugsweise um schleunige Übersendung der Messe an Ries handle; »durch Kourier gehts nicht, da sie zu groß, sie müßte denn abgetheilt werden, welches lange braucht.« Er lädt ihn dann ein, einmal nach Baden zu kommen, wo er und Karl (der inzwischen dorthin gekommen war) ihn freundschaftlich empfangen würden. Auf diese Einladung kommt er in einem weiteren Briefchen zurück, das wohl kurz nachher geschrieben ist:314


[454] »Mein werther Kirchhoffer! Sollte es nicht möglich seyn, ein paquet durch die englische Gesandtschaft nach London zu schicken, erkundigen sie sich gefälligst, ich werde deswegen morgen um antwort schicken oder wann sie es der Gelegenheit wegen für gut befinden? auf Sonntag sehn wir sie gewiß mein Karl u. ich bey unß zu Tische, das wetter scheint wieder günstig zu werden, u. es wird unß beyden ihre Gegenwart recht erfreulich seyn –


ihr ergebenster Beethoven.« –


Zu den Allegri di bravura erklärte er sich also bereit beizusteuern, hielt freilich mit dem Bekenntnis nicht zurück, daß er kein Freund von dergleichen sei; in der Tu war ihm, wie er auch anderswo äußert, das bloß Mechanische und Virtuosenhafte im Gegensatze zu dem innerlich Beseelten nicht sympathisch.315 Ob er einen Ansatz dazu gemacht hat, dergleichen zu schreiben, ist völlig unbekannt, und aus den Klavierkompositionen dieser letzten Zeit läßt sich keine anführen, welche man hierher rechnen könnte, es müßte denn jemand das Rondo über den verlorenen Groschen (Op. 129) auf eine derartige Entstehungsart zurückführen wollen. Dieses Stück verlangt allerdings große pianistische Fertigkeit; doch deutet Beethoven selbst in seiner Aufschrift316 auf eine bestimmte subjektive Entstehung hin; Czerny bezeichnet es als ein Werk aus der Jugendzeit. Ein anderes Klavierstück aus späterer Zeit, welches hierher passen könnte, ist nicht vorhanden. Wir stehen hier vor einem Rätsel, welches wir nicht lösen können.

Der Badener Aufenthalt mochte sich durch die allmähliche Besserung seiner Gesundheit, die Ankunft des Neffen und die Gewinnung eines neuen Freundes ein wenig freundlicher gestalten. Noch mehr Unterhaltung boten ihm einige Besuche Auswärtiger.

Im Sommer 1823 machte der Engländer Edward Schulz eine Reise nach Deutschland und erstattete der Londoner Zeitschrift Harmonicon Bericht aus Wien über seine dortigen musikalischen Erlebnisse, besonders über seinen Besuch bei Beethoven.317 Wegen seines mannigfachen und [455] interessanten Inhalts teilen wir den Bericht hier der Hauptsache nach mit, wenngleich manches darin auch sonst bekannt ist, bemerken jedoch, daß im einzelnen vieles mit Vorsicht aufzunehmen ist.

Den 28. September bezeichnet er als einen dies faustus; er glaubt nie einen glücklicheren Tag verlebt zu haben. Er begab sich, so erzählt er, mit zwei Wiener Herren,318 darunter Beethovens genauem Freunde H. [vermutlich Haslinger], nach Baden und fand in des letzteren Begleitung ohne Schwierigkeit Zutritt zu dem Meister. Dieser sah ihn zuerst starr an, schüttelte ihm dann aber herzlich die Hand; er erkannte ihn von einem früheren kurzen Besuche 1816 wieder. Der Besucher fand ihn in seiner äußeren Erscheinung sehr verändert, auch unglücklich aussehend, was er durch seine späteren Klagen gegen ihn bestätigt fand. In seiner Befürchtung, Beethoven werde keines seiner Worte verstehen können, fand er sich jedoch getäuscht; Beethoven konnte, was langsam und mit lauter Stimme zu ihm gesprochen wurde, wohl verstehen; von dem was H. ihm sagte, entging ihm vollends kein Wort; keiner von beiden bediente sich einer Hörmaschine. Die neuerdings in London verbreiteten Erzählungen von seiner Taubheit seien sehr übertrieben.319 Wenn er Klavier spiele, geschehe es infolge seines starken Anschlags immer auf Kosten von 20 bis 30 Saiten.320 Seine Unterhaltung sei lebendig und energisch wie seine Symphonien, wenn es gelänge ihn in guten Humor zu versetzen; aber eine unglückliche Frage, ein übel angebrachter Rat, z.B. die Behandlung seiner Taubheit betreffend, genüge, ihn dem Sprecher für immer zu entfremden. Er fragte dann Herrn H., wegen einer Komposition, mit der er gerade beschäftigt war, nach dem höchsten möglichen Tone der Posaunen, und schien von der Antwort nicht befriedigt.


»Mir erzählte er dann, er habe in der Regel darauf Bedacht genommen bei den verschiedenen Künstlern selbst sich über den Bau, den Charakter und den Tonumfang der verschiedenen Instrumente zu unterrichten. Er stellte mir seinen Neffen vor, einen hübschen jungen Mann von etwa 18 Jahren, den einzigen Ver wandten mit welchem er auf freundschaftlichem Fuße lebt, [456] und sagte: ›Sie können ihm ein Räthsel auf Griechisch aufgeben, wenn Sie wollen;‹ er wollte mich, wie man mir sagte, mit der Kenntnis des jungen Mannes von dieser Sprache bekannt machen. Die Geschichte dieser Verwandtschaft erweckt die höchste Achtung vor Beethovens Herzensgüte; der liebevollste Vater hätte nicht größere Opfer zu seinem Besten bringen können, als er gebracht hat. Nachdem wir über eine Stunde bei ihm gewesen waren, verabredeten wir, uns um 1 Uhr in jenem schönen und romantischen Thale, das Helenenthal genannt, etwa zwei [englische] Meilen von Baden zum Mittagessen zu treffen. Nachdem wir die Bäder und andere Merkwürdigkeiten des Städtchens betrachtet hatten, kamen wir etwa um 12 zu seinem Hause zurück, und da er bereits auf uns wartete, machten wir uns sofort auf den Weg zu dem Thale. B. ist ein sehr guter Fußgänger und liebt stundenlange Spaziergänge, besonders durch wilde und romantische Gegenden. Ja, man erzählte mir, daß er zuweilen ganze Nächte auf solchen Ausflügen zubringe, und daß er häufig mehrere Tage zu Hause vermißt werde. Auf unserem Wege zu dem Thale blieb er oft kurze Zeit stehen und bezeichnete mir die schönsten Punkte oder bemerkte die Mängel an den neuen Gebäuden. In anderen Momenten schien er ganz in sich selbst verloren, und brummte nur in unverständlicher Weise vor sich hin. Ich erkannte jedoch, daß dies die Art war, wie er komponirte, und ich erfuhr auch, daß er niemals eine Note niederschreibt, bis er einen deutlichen Plan des ganzen Stücks gestaltet hat. Da der Tag besondere schön war, aßen wir im Freien zu Mittag, und was B. außerordentlich zu freuen schien, war, daß wir die einzigen Gäste im Hotel waren, und während des ganzen Tages völlig unter uns blieben. Die Wiener Mahlzeiten sind in ganz Europa berühmt, und die für uns bestimmte war so luxuriös, daß B. sich nicht enthalten konnte Bemerkungen über die Verschwendung zu machen, welche sie entfaltete. ›Weshalb diese Mannigfaltigkeit von Gerichten!‹ rief er, ›der Mensch steht doch nur wenig über anderen Thieren, wenn sein Hauptvergnügen sich auf ein Mittagsmahl beschränkt.‹ Solche und ähnliche Reflexionen stellte er während unseres Mahles an. Das einzige was er in der Reihe der Speisen liebt sind Fische, und darunter sind Forellen seine Lieblingsspeise. Er ist ein großer Feind allen Zwanges, und ich glaube, daß es keinen anderen Menschen in Wien gibt, welcher mit so wenig Zurückhaltung über alle möglichen Gegenstände, selbst politische, spricht, wie Beethoven. Er hört schlecht, spricht aber sehr gut, und seine Bemerkungen sind ebenso charakteristisch und originell wie seine Compositionen. In dem ganzen Verlaufe unseres Tischgesprächs war nichts so interessant, als was er über Händel sagte. Ich saß dicht bei ihm und hörte ihn mit großer Bestimmtheit in deutscher Sprache sagen: ›Händel ist der größte Componist, der je gelebt hat.‹321 Ich kann Ihnen nicht beschreiben, mit welcher Begeisterung, ich möchte sagen mit welcher Erhabenheit der Sprache er über den Messias dieses unsterblichen Genius sprach. Jeder von uns war bewegt, als er sagte: ›ich würde mein Haupt entblößen [457] und auf seinem Grabe niederknieen!‹ H. und ich versuchten wiederholt das Gespräch auf Mozart zu bringen, aber ohne Erfolg. Ich hörte ihn nur sagen: ›in einer Monarchie wissen wir, wer der erste ist‹; was man auf den Gegenstand beziehen mag oder nicht. Herr L. Czerny – welcher, nebenbei bemerkt, jede Note von Beethoven auswendig weiß, während er keine einzige Composition von sich selbst ohne die Musik vor sich zu haben spielt – erzählte mir jedoch, daß Beethoven zuweilen unerschöpflich sei im Preise Mozarts. Es ist bemerkenswerth, daß dieser große Musiker es nicht vertragen kann, seine eigenen früheren Werke loben zu hören; und man sagt mir, es sei ein sicheres Mittel ihn sehr verdrießlich zu machen, wenn man etwas Verbindliches über das Septett, die Trios u.s.w. sage. Seine letzten Schöpfungen, an welchen man in London so wenig Geschmack findet, welche aber von den jungen Künstlern in Wien sehr bewundert werden, sind seine Lieblinge. Seine zweite Messe betrachtet er, wie ich vernahm, als sein bestes Werk. Gegenwärtig ist er damit beschäftigt, eine neue Oper zu schreiben, Melusine betitelt, deren Worte von dem berühmten aber unglücklichen Dichter Grillparzer sind.322 Er interessiert sich sehr wenig für die neuesten Arbeiten lebender Komponisten, in solchem Grade, daß er als man ihn wegen des Freischütz fragte, antwortete: ›ich glaube ein Weber hat ihn geschrieben.‹323 Sie werden erfreut sein, daß er ein großer Bewunderer der Alten ist. Homer, besonders seine Odyssee, und Plutarch zieht er allen übrigen vor; und von den einheimischen Dichtern studiert er Schiller und Goethe, die er mehr schätzt, wie irgend einen andern; dieser letztere ist sein persönlicher Freund. In gleicher Weise hegt er die günstigste Meinung von der britischen Nation; ›ich liebe,‹ sagte er, ›die edle Einfachheit der Englischen Sitten,‹ und fügte andere Lobsprüche hinzu. Es schien mir, als hege er noch einige Hoffnung, dieses Land zusammen mit seinem Neffen zu besuchen. Ich darf nicht vergessen zu erwähnen, daß ich ein handschriftliches Trio von ihm für Pianoforte, Violine und Violoncell hörte, welches ich sehr schön fand und welches, wie ich vernahm, binnen kurzem in London erscheinen soll. Das Portrait von ihm, welches Sie in den Musikläden sehen, ist ihm jetzt nicht mehr ähnlich, mag es aber vor 8 bis 10 Jahren gewesen sein.324 Ich könnte Ihnen noch manches andere von diesem außerordentlichen Mann erzählen, welcher mich nach allem, was ich von ihm gesehen und erfahren habe, mit der tiefsten Verehrung erfüllt hat; aber ich fürchte, ich habe Ihre Zeit schon zu sehr in Anspruch genommen. Die freundliche und herzliche Art, mit welcher er mich behandelte und mir Lebewohl sagte, hat einen Eindruck auf mein Gemüth hinterlassen, welcher für mein ganzes Leben bleiben wird.«


»Σ«.


[458] Die lebendige Schilderung von Beethovens Persönlichkeit mutet uns außerordentlich an, wenn auch vieles von dem Gesagten sonst schon bekannt ist. Auf einiges Bedenkliche wurde hingewiesen. Am meisten überrascht die Nachricht, daß der Besucher ein neues handschriftliches Klaviertrio von Beethoven gehört habe. Was kann hier gemeint sein? Schindler weist darauf hin, daß seit dem B dur-Trio Op. 97 keins mehr geschrieben und dieses bereits gedruckt war, und möchte daher die ganze Angabe für eine irrtümliche halten. Auch das kleine Trio in B, Maximiliane Brentano gewidmet, war, wenn auch nicht gedruckt, doch schon längst geschrieben, und konnte nicht in der Zeit, in der wir jetzt stehen, als neue Arbeit Beethovens gespielt und bewundert werden. Um 1815 skizzierte Beethoven ein neues Trio in F moll,325 dessen Anfang sich auch in der Berliner Bibliothek im Entwurf vorfindet; von der Vollendung desselben ist nichts bekannt, und hier kann es nicht gemeint sein. Dann bleibt nur noch ein kleines Werk übrig, die Variationen Op. 121 a über »ich bin der Schneider Kakadu«, welche in ihrem größeren Aufbau mit der längeren ernsten Einleitung und der etwas weiteren Ausführung der letzten Variation immerhin von dem Engländer als kleines Trio betrachtet werden konnten.326 Die Oper »Die Schwestern von Prag« von Wenzel Müller, aus welcher das Thema stammt, war nach Gerber 1794 komponiert und wurde in diesem Jahre in Prag zuerst aufgeführt, dann 1806 und später (1813 und 1814) mehrfach in Wien. Ein Quodlibet von Stegmayer, »Rochus Pumpernickel«, in welchem das Thema ebenfalls vorkommt, wurde in Wien seit 1810 öfter mit Beifall gegeben, noch am 28. Febr. 1824, zu einer Zeit, als Beethoven am öffentlichen Musikleben infolge seines Leidens kaum noch teilnahm. Aufführungen dieser Art hat er schwerlich gehört. Wenn unsere Vermutung begründet ist – und eine Vermutung bleibt es immer hin, wenn auch ein anderes Werk Beethovens nicht vorhanden ist, welches wir zur Erläuterung der Erzählung des englischen Reisenden heranziehen könnten – dann würde eben diese Erzählung auch den Fingerzeig für die Entstehung dieser Komposition geben.[459] Die Zeit des Erscheinens dürfte auch nicht dagegen sprechen, daß wir die Variationen ins Jahr 1823 setzen. –

Durch dieses kleine, leider wenig gekannte und selten gespielte Werk kehrt Beethoven zu längst vergangenen Zeiten zurück, in welchen er beliebte volkstümliche Melodien in der ihm gewohnten und gern geübten Weise variierte und gleichsam in eine höhere Sphäre erhob; in der Art der Gestaltung und Ausführung trägt es ganz den Stempel der späteren Zeit.327 Das Thema ist schlicht und munter, aber für den erfindungsreichen Meister, den gewiegten Harmoniker und Kontrapunktiker ausgiebig genug. Muntere Töne hat er ja auch in seinen letzten Zeiten noch anzuschlagen gewußt. Aber, seinem vorwiegenden Ernste entsprechend, nimmt er das Thema nicht einfach hin, sondern stellt es auf eine dunklere Folie, von der es sich leuchtend abhebt. Er will die Fröhlichkeit, nach der er sich sehnt, innerlich begründen, er will sie als einen Gegenstand des Verlangens hinstellen und gleichsam erwarten. So schickt er denn eine längere Einleitung inG moll voraus, welche ziemlich trüb gefärbt ist, doch auch schon hellere Töne erklingen läßt und die Bewegung des Themas stellenweise andeutet; eine ernst und resigniert suchende Figur beherrscht diesen schönen, echt Beethovenschen Einleitungssatz. Wo am Schlusse die Bewegung des Variationenthemas sich in den unteren Stimmen nachdrücklich geltend macht, glaubt man zu fühlen, wie das Gemüt aufhorcht, unruhig wird und von dem Druck sich befreien möchte; so daß nach dem erwartungsvollen Quintsextakkord das joviale Thema wie erlösend auftritt und in voller Munterkeit dahinfliegen kann. Von den vielen geistreichen Zügen in den Variationen sei hier nur darauf hingewiesen, wie er die Instrumente obligat behandelt und nach ihrer Natur zur Geltung kommen läßt, wie er die Mehrstimmigkeit wirksam handhabt, wie er auch dem Humor zu seinem Rechte verhilft (Var. 6), wie schön und ernst er durch die Molltonart (Var. 9) das muntere Treiben unterbricht, wie interessant er nach der munteren letzten Variation (10) den Schluß gestaltet und, indem er auch trüberen Wendungen nicht aus dem Wege geht, doch gleichsam triumphierend ausführt. Warum hört man so selten von diesem reizenden Werke, welches uns den Meister nicht nur auf der Höhe seiner Schaffenskraft, sondern auch in einer Zeit tiefster Versenkung doch der Freude heiterer Aussprache zugänglich zeigt? –

Wenige Tage nach dem oben erzählten Besuche stand Beethoven eine noch erfreulichere Begegnung bevor, die mit Carl Maria von Weber. [460] Aus Anlaß der im April stattgehabten Aufführung des Fidelio in Dresden war er, wie bereits erzählt, mit Weber in briefliche Verbindung getreten; für dessen Werke hatte er bisher ein besonderes Interesse nicht gewonnen, bis das große Aufsehen, welches der Freischütz machte, ihn bewog, die Partitur zu studieren. Das Originelle der Musik imponierte ihm, auf die Partitur schlagend, rief er aus: »Das sonst weiche Männel, ich hätts ihm nimmermehr zugetraut! Nun muß der Weber Opern schreiben; gerade Opern; eine über die andere, und ohne viel daran zu knaupeln. Der Caspar, das Unthier, steht da wie ein Haus. Ueberall, wo der Teufel die Tatzen reinstreckt, da fühlt man sie auch!«328 Euryanthe lernte er später kennen, war aber weniger von derselben erbaut; als man ihm die Partitur vorgelegt hatte, sagte er nach flüchtiger Durchsicht: »Der Mann hat sich zu viel Mühe gegeben.«329 Auch Weber hatte sich lange Zeit mit der Beethovenschen Muse nicht befreunden können; das Kühne, Gigantische in seinen Werken, seiner eigenen weichen Natur so fremd, hatte ihn abgestoßen; so sehr er das hohe Genie anerkannte, fand er doch namentlich in seinen späteren Kompositionen Verwirrung, Chaos und ein unverständliches Ringen nach Neuheit, und gab seiner Abneigung auch schriftstellerisch ironischen Ausdruck.330 Aber es war auch mit ihm ein Wandel eingetreten, wofür uns die Aufführung des Fidelio in Dresden einen Beweis gibt. Eine persönliche Annäherung hatte bisher nicht stattgefunden; allerlei Erzählungen von Beethovens Persönlichkeit und seiner Rauheit im Verkehr hatten Weber abgehalten, sich ihm zu nähern. Noch 1822, als er zur Aufführung des Freischütz in Wien war, hatte er es unterlassen, Beethoven zu besuchen. Jetzt (1823) reiste er in Begleitung seines Schülers Julius Benedict (nachmals in London) zur Aufführung der Euryanthe wieder nach Wien; als ihm eine freundliche Äußerung Beethovens an Steiner über das bevorstehende Erscheinen der Euryanthe hinterbracht wurde, überwand er seine Bedenken. Durch Haslinger angemeldet, fuhr er am 5. Oktober mit diesem und Benedict hinaus nach Baden, »wo der graue Löwe bis spät im Herbst zu hausen pflegte«.

Wir lassen die eigene Darstellung Benedicts von dem Besuche folgen, wie er sie für Thayer einem Freunde in die Feder diktierte:331


[461] »Verehrter Herr! Ich versuche es, wie ich Ihnen versprochen habe, die Eindrücke bei mir zurückzurufen, welche ich von Beethoven empfangen habe, als ich mit ihm zuerst in Wien im Oktober 1823 zusammentraf. Er wohnte damals in Baden; doch kam er regelmäßig einmal in der Woche in die Stadt und verfehlte dann niemals bei seinen alten Freunden Steiner und Haslinger vorzusprechen, deren Musikladen damals in dem Paternostergäßchen war, eine kleinere Straße, welche nicht mehr existirt, zwischen dem Graben und dem Kohlmarkt.

Wenn ich nicht irre, so war es an dem Morgen an welchem ich Beethoven zum ersten Male sah, als Blahetka, der Vater der Pianistin, meine Aufmerksamkeit auf einen kurzgedrungenen Mann richtete, mit sehr rothem Gesichte, kleinen stechenden Augen, buschigen Augenbrauen, mit einem sehr langen Überrock bekleidet, der ihm fast bis an die Fußknöchel reichte, welcher etwa um 12 Uhr den Laden betrat. Blahetka fragte mich: ›Wer meinen Sie daß dies ist?‹ Ich rief sofort: ›Das muß Beethoven sein!‹ Denn trotz der hohen Röte seiner Wangen und seinem durchaus vernachlässigten Aeußern war ein Ausdruck in diesen kleinen stechenden Augen, welchen kein Maler wiedergeben könnte. Es war eine Stimmung, aus Erhabenheit und Melancholie gemischt. Ich achtete, wie Sie sich wohl vorstellen können, auf jedes Wort, welches er sprach, als er sein kleines Buch aus der Tasche zog und eine Unterhaltung begann, welche für mich natürlich fast unverständlich war, insofern er nur auf Fragen antwortete, welche die Herren Steiner und Haslinger ihm mit Bleistift aufschrieben.

Ich wurde ihm bei dieser Gelegenheit noch nicht vorgestellt; aber das zweite Mal, etwa eine Woche später, stellte Herr Steiner mich dem großen Mann als einen Schüler von Weber vor. Die übrigen anwesenden Personen waren der alte Abbé Stadler und Seyfried. Beethoven sagte zu Steiner: ›Ich freue mich, daß sie wieder einmal ein deutsches Werk verlegen. Ich habe viel Rühmenswerthes von Webers Oper gehört, und hoffe daß sie ihm und ihnen viel Ehre und Geld einbringen wird!‹ Steiner ergriff darauf die Gelegenheit, zu sagen: ›Hier ist ein Schüler Webers‹, worauf Beethoven mir sehr freundlich die Hand bot und sagte: ›Bitte sagen Sie Herrn v. Weber, wie glücklich ich sein würde ihn in Baden zu sehen, da ich vor dem nächsten Monat nicht nach Wien kommen werde.‹ Ich war so verwirrt, als der große Mann zu mir gesprochen hatte, daß ich nicht den Muth hatte, irgendwelche Fragen an ihn zu richten oder die Unterhaltung mit ihm fortzusetzen.

Wenige Tage später hatte ich die Freude, Weber und Haslinger, mit noch einem anderen Freunde [Piringer], nach Baden zu begleiten; sie gewährte mir das große Vorrecht, mit ihnen zu Beethovens Wohnung zu gehen. Nichts konnte herzlicher sein als die Art wie er meinen Lehrer aufnahm. Er wünschte uns in das Helenenthal und die ganze Umgebung zu führen; das Wetter war aber ungünstig und wir waren genötigt auf diesen Ausflug zu verzichten; alle aßen zu Mittag an einem Tische in einem Wirthshause; ich saß an dem anderen Ende von ihnen und hatte die Freunde ihrer Unterhaltung zuzuhöre.«


[462] Die Bestätigung und nähere Erläuterung dieser Darstellung gibt uns Weber selbst in einem Briefe an seine Frau vom 5. Oktober.332


»– – – Ich war recht müde und mußte gestern um 6 Uhr wieder heraus, weil um 71/2 die Parthie nachBaden verabredet war. Diese fand auch statt mitHasslinger, Piringer und Benedict; aber leider in dem schändlichsten Regenwetter. Die Hauptsache war,Beethoven zu sehen. Dieser empfing mich mit einer Liebe, die rührend war; gewiß 6–7 Mal umarmte er mich aufs Herzlichste und rief endlich in voller Begeisterung: ›Ja du bist ein Teufelskerl, ein braver Kerl.‹ Wir brachten den Mittag mit einander zu, sehr fröhlich und vergnügt. Dieser rauhe, zurückstoßende Mensch machte mir ordentlich die Cour, bediente mich bei Tische mit einer Sorgfalt wie seine Dame p. p. kurz, dieser Tag wird mir immer höchst merkwürdig bleiben, sowie Allen die dabei waren. Es gewährte mir eine eigene Erhebung mich von diesem großen Geiste mich mit solcher liebevollen Achtung überschüttet zu sehen. Wie betrübend ist seine Taubheit, man muß ihm Alles aufschreiben. Wir besahen die Bäder, tranken aus der Quelle und fuhren nach 5 Uhr wieder nach Wien zurück.


Wien d. 5t. Oktober

1823«


Benedict teilte Thayer, als dieser ihn besuchte, folgenden Auszug aus Webers Tagebuch mit: »den 5ten Sonntag.333 (Oct 1823) 8 Uhr mit Burger [Piringer?], Haslinger und Benedict nach Baden gefahren, abscheuliches Wetter. Quelle und Bäder besehen, zu Duport u. Beethoven, ungemein herzlich von ihm empfangen worden. Mittag mit ihm u. seinem Neffen u. Eckschlager im Sauerhof – Sehr vergnügt. Um 5 Uhr zurück.«334

Die Szene wird von M. M. von Weber (II S. 510) noch etwas weiter ausgeführt; auch ihm lag, wie die Erzählung ergibt, eine Mitteilung Benedicts vor, außerdem der Brief an die Gattin und vielleicht noch andere Familienerinnerungen.


[463] »Die drei Männer waren erregt, als sie in das öde, fast ärmliche Zimmer traten, das der große Ludwig bewohnte. Der Raum war in der größten Unordnung. Musik, Geld, Kleidungsstücke auf dem Fußboden, auf dem unsauberen Bette Wäsche gehäuft, der offenstehende Flügel mit dickem Staub bedeckt, zerbrochenes Kaffeegeschirr auf dem Tische.

Beethoven trat ihnen entgegen.

Benedikt sagt: so muß Lear oder die ossianischen Barden ausgesehen haben. Das Haar dick, grau, in die Höhe stehend, hie und da ganz weiß, Stirn und Schädel wunderbar breit gewölbt und hoch, wie ein Tempel, die Nase viereckig, wie die eines Löwen, der Mund edel geformt und weich, das Kinn breit, mit jenen wunderbaren Muschelfalten, die alle seine Porträts zeigen, und aus zwei Kinnbackenknochen gebildet, die dafür geschaffen. schienen, die härtesten Nüsse knacken zu können. Ueber das breite, blatternarbige Gesicht war dunkle Röthe verbreitet; unter den finster zusammengezogenen, buschigen Brauen blickten kleine leuchtende Augen mild auf die Eintretenden, die cyklopisch viereckige Gestalt, welche die Webers nur wenig überragte, war in einen schäbigen, an den Aermeln zer rissenen Hausrock gekleidet.

Beethoven erkannte Weber, ehe er ihm genannt war, schloß ihn in die Arme und rief: ›Da bist du ja, du Kerl, du bist ein Teufelskerl! Grüß dich Gott!‹ und nun reichte er ihm gleich jene berühmte Schreibtafel und es entspann sich ein Gespräch, während dessen Beethoven zunächst die Musikalien vom Sopha warf und dann sich ungenirt in Gegenwart seiner Gäste zum Ausgehen ankleidete.

Beethoven klagte bitter über seine Lage: schimpfte auf die Theater-Verwaltung, die Concertunternehmer, das Publikum, die Italiener, den Geschmack, besonders aber über die Undankbarkeit seines Neffen.335 Weber, der sehr bewegt war, rieth ihm, sich diesen widerlichen, entmuthigenden Verhältnissen zu entreißen und eine Kunstreise durch Deutschland zu machen, wo er sehen werde, was die Welt von ihm halte. – ›Zu spät!‹ rief Beethoven, machte die Pantomime des Clavierspielens und schüttelte den Kopf. ›So gehen Sie nach England, das Sie bewundert!‹ schrieb Weber. ›Zu spät!‹ schrie Beethoven, nahm Weber demonstrirend unter die Arme und zog ihn mit nach dem Sauerhof, wo er speiste. Hier war Beethoven ganz Herzlichkeit und Wärme gegen Weber. – – –«336


Der Biograph erzählt uns dann noch den Abschied selbst. »Beim Abschiede umarmte und küßte Beethoven Weber mehrere Male, behielt lange seine schmale Hand in seiner Faust und rief: ›Glück auf zur neuen Oper! Wenn ich kann, komme ich zur ersten Aufführung!‹ Tief bewegt und erhoben kehrte Weber nach Wien zurück.«

[464] Benedict, der hierüber nichts sagt, erzählt in dem oben erwähnten Briefe weiter, er habe im Monat November, als Beethoven in die Stadt zurückkehrte und täglich seine Besuche im Paternostergäßchen machte, selten die Gelegenheit versäumt, sich dem Kreise junger Bewunderer anzuschließen, welche Beethoven ihre Ehrerbietung zeigen wollten und von ihm bemerkt zu werden hofften. Er nennt unter diesen Carl Maria von Bocklet, dessen Schüler Worzischek, Léon de Saint Lubin, Mayseder, Holz, Böhm, Linke, Schuppanzigh, Franz Schubert und Kanne. Am Morgen nach der ersten Aufführung der Euryanthe [25. Okt.], als das Geschäft von allen musikalischen Autoritäten angefüllt war, sei Beethoven erschienen und habe Haslinger gefragt: »Nun, wie ging die Oper gestern Abend?« Die Antwort war: »ein großer Triumph.« Da rief er aus: »das freut mich, das freut mich!«, und als er Benedict bemerkte, sagte er: »Ich wäre so gern ins Theater gegangen, aber« – und er zeigte auf seine Ohren – »ich gehe nicht mehr an diese Orte.« Dann fragte er den Regisseur Gottdank: »was hat die kleine Sontag für Fortschritte gemacht? ich nehme großes Interesse an ihr. Und wie ist das Buch? gut oder schlecht?« G. beantwortet die erste Frage in günstigem Sinne, betreffend die andere zuckte er die Achseln und machte ein verneinendes Zeichen. Darauf sagte Beethoven: »Immer dieselbe Geschichte! Die Deutschen können kein gutes Libretto schreiben.« Benedict nahm das Konversationsbuch und schrieb: »Und Fidelio?« – worauf Beethoven antwortete: »Das ist ein französisches und italienisches Buch.« Und als ihn Benedict fragte: »welche halten Sie für die besten Librettos?« antwortete er: »den Wasserträger und die Vestalin.«337

Benedict erinnerte sich, wie er weiter erzählt, keiner weiteren bestimmten Unterhaltungen mit Beethoven, obwohl er oft mit ihm zusammentraf. Auch habe er niemals das Glück gehabt, ihn spielen zu hören oder dirigieren zu sehen. Aber der wundervolle Eindruck seiner persönlichen Erscheinung habe sich bei jedem Zusammentreffen erhöht. »Als ich ihn zuerst in Baden sah, sein weißes Haar, welches über die mächtigen Schultern herabwallte – wie er zuweilen seine Augenbrauen zusammenzog, wenn ihn irgend etwas bewegte, zuweilen in ein gewaltsames Gelächter ausbrach, unbeschreiblich [465] peinlich für die Zuhörer – da wurde ich berührt, als ob König Lear oder einer der alten gälischen Barden vor mir stände.« Und dazu dann wieder der Schmerz, daß es dem Meister durch ein grausames Geschick versagt war, seine Werke aufgeführt und gewürdigt zu hören.

»Ich darf hinzufügen,« schließt er, »daß ich die erste öffentliche Aufführung eines seiner sogenannten, nachgelassenen Quartette in seiner eigenen Gegenwart hörte. Schuppanzigh und seine Genossen, welche früher seine Interpreten gewesen waren, waren dieser Gelegenheit kaum gewachsen. Da sie selbst die Musik nicht zu verstehen schienen, waren sie gar nicht im Stande, den Zuhörern ihre Auffassung mitzutheilen. Der allgemeine Eindruck war durchaus unbefriedigend. Erst als Ernst sich vollständig mit dem Geiste dieser Kompositionen erfüllt hatte, konnte die Welt ihre lange verborgenen Schönheiten entdecken.« Diese Aufführung fand aber erst 1825 statt, wir werden also schon weit über den Zeitpunkt hinausgeführt, der uns gerade hier beschäftigt. Wir verlassen diese Begegnung mit Weber, nächst Beethoven dem angesehensten Musiker jener Zeit, mit hoher Befriedigung, ja mit Rührung; die menschlichen Eigenschaften des Meisters treten wieder einmal in helles Licht, und wir freuen uns, mit welcher Herzlichkeit und Selbstverleugnung er den trefflichen, ideal strebenden Künstler begrüßt und neben sich anerkennt. den er schon, ehe er ihn persönlich kannte, als seinen lieben Freund bezeichnet hatte. Webers Sohn will wissen, daß Beethoven später durch Zwischenträgereien von jener kleinen »Jugendsünde« Webers erfahren habe, und dadurch das gute Verhältnis wieder gestört worden sei, ohne daß sie sich jedoch hindernd in den Weg getreten seien. Ich glaube, wir brauchen uns darüber hier nicht in Vermutungen zu ergehen, zumal darüber doch eigentlich nichts bekannt ist. Wir lassen lieber den schönen Eindruck jenes Zusammentreffens in uns nachklingen. –

Noch eine für ihn sehr erfreuliche Begegnung fällt in jene Badener Tage. Die uns bekannte neue Freundin aus dem Jahre 1817, Frau Marie Pachler-Koschak, war in jenem Sommer, doch schon vor Beethoven, zum Gebrauch der Kur nach Baden gekommen, war eine Zeitlang gleichzeitig mit ihm dort, suchte ihn aber vergeblich auf; erst Ende September, nach der Rückkehr von einer Nachkur, traf sie mit ihm zusammen.338 In einem Briefe an Professor Schneller von Weihnachten 1823 schreibt sie darüber:


[466] »Was mir aber tief in die Seele griff, war der Anblick Beethovens. Ich fand ihn sehr gealtert. Er klagte über Krankheit und Andrang der Geschäfte. Seine Taubheit hat, wenn möglich, noch zugenommen, allein seine Abneigung, oder vielmehr Unfähigkeit, selbst zu sprechen, scheint sich verloren zu haben. Unsere Konversation war nur von meiner Seite schriftlich; er schrieb mir blos im Moment des Scheidens ein musikalisches Lebewohl, das ich, wie Sie denken können, als eine Reliquie bewähre.«339


Diese Reliquie, im Besitz von Dr. Pachler, teilt Thayer (chronol. Verz. Nr. 242) genau nach dem Original (wie ich der Beischrift Nottebohms entnehme) mit. Es ist folgende:


2. Abteilung

»Vößlau am 27. Septemb.

von L. v. Beethoven

an Frau v. Pachler.«


Wie man sieht, die Schlußworte aus Matthissons Opferlied, an welchem er gerade in diesem Jahre arbeitete. – Vöslau ist Baden benachbart. Ob sich das Wiedersehen auf diese eine Zusammenkunft beschränkte, erfahren wir nicht. –

Der Aufenthalt in Baden, welchen Beethoven seiner Gesundheit wegen und zur ruhigen Förderung seiner Arbeiten gewählt, der ihm aber Anregung mannigfacher Art gebracht hatte, wurde nicht lange nachher beendigt, nach Schindler Ende Oktober; damit stimmt überein, daß er, wie wir sahen, zur Zeit der ersten Aufführung der Euryanthe (25. Okt.) wieder in Wien war. Er bezog nun eine neue Wohnung in der Ungargasse, Vorstadt Landstraße; die in dem Briefe an Grillparzer angegebene Hausnummer 323 (s. S. 411) dürfte sich auf dieses Haus beziehen.340 Die näheren Umstände dieser neuen Übersiedelung sind nicht bekannt und [467] werden sich von den früheren Fällen nicht wesentlich unterschieden haben. In der neuen Wohnung gab er sich vor allen Dingen wieder der gewohnten Tätigkeit hin; vor allem arbeitete er weiter an der neunten Symphonie. In dieser oder der nächstfolgenden Zeit erfolgte die definitive Gestaltung des letzten Satzes in seiner Anknüpfung an die früheren Sätze.341 Aber die schließliche Beendigung fällt noch in die ersten Monate des folgenden Jahres; dort werden wir über dieselbe ausführlicher zu sprechen haben.

Sein Hauswesen wurde dadurch etwas geändert, daß der Neffe einstweilen, solange er die Universität besuchte, bei ihm blieb. Die Zeit, da er ihm große Sorge bereiten sollte, rückt näher. Wir werden diese Verhältnisse beim Jahre 1825 im Zusammenhange besprechen.342

Von anderweitigen besonderen Ereignissen, Besuchen von Künstlern u. dgl. haben wir aus dem Schlusse dieses Jahres nicht viel Bemerkenswertes mehr zu berichten Im Jahre 1823, wir wissen nicht wann, kam der Schauspieler Ludwig Löwe, von dessen Verkehr mit Beethoven in einer zarten Angelegenheit zu Teplitz früher berichtet wurde (s. Bd. III S. 178), nach Wien, um Gastrollen zu geben. Er besuchte Beethoven, der sich aber an die Teplitzer Ereignisse nicht mehr erinnerte. Da Löwe sie ihm erzählte, nahm er den innigsten Anteil, und als ihm Löwe sagte, er werde gastieren, erwiderte Beethoven, er wolle also (da er schon taub) ihn in einem ihm schon bekannten Stücke spielen sehen. Löwe hat ihn dann, wie er erzählte, bis zu seinem Leichenbegängnisse nicht wieder gesehen.343

Bevor wir von diesem ereignisreichen Jahre scheiden, haben wir noch zu fragen, welche Kompositionen außer den bereits besprochenen demselben noch angehören, wobei wir gleich bemerken, daß eine ganz genaue chronologische Bestimmung nicht überall möglich ist. Wir erwähnen hier zunächst die Umarbeitung des Opferliedes (Op. 121 b). Wir haben dieses ernsten Liedes von Matthisson schon gedacht. Dieses feierliche Opfer und Gebet, [468] der Freiheit Wehr und Schild zu sein »das Schöne zu dem Guten« zu verleihen, klang so ganz in Beethovens Seele wider, und so hat er das Lied wiederholt von neuem in etwas erweiterter Gestalt in Angriff genommen, wie ein »Gebet zu allen Zeiten«.344 Nach dem ersten Entwurfe, der um das Jahr 1794 fällt, hat er es in seinen mittleren Jahren noch zweimal (1801 und um 1807) vorgenommen und ist dann 1822, 23 darauf zurückgekommen. Jetzt gibt er ihm eine etwas erweiterte Form, nimmt zur Solostimme den Chorrefrain und eine maßvolle Orchesterbegleitung. Für die Zeitbestimmung der Fertigstellung dieser Komposition haben wir das Datum des 4. April 1824, an welchem sie in einem Konzert der Gesellschaft der Musikfreunde aufgeführt wurde. Sie war aber weit früher fertig. Schon am 15. Februar 1823 hatte Beethoven an Peters in Leipzig geschrieben:345


»ich melde ihnen – daß vorigen Sonnabend die 3 Gesänge, 6 Bagatellen, u. ein Zapfenstreich (türkische Musik) stat Marsch abgegangen, – – – – wie ich als Künstler handle, werden sie sehen an den Gesängen, der eine ist mit Begleitung von 2 Clarinett 1 Horn Bratschen und Violonschellen – u. wird entweder ohne Klavier Begleit. allein mit diesen Instrumenten oder mit Klavier u. ohne selbe Instrum. gesungen. Der 2te Gesang ist mit Begleitung von 2 Clarinett, 2 Horn, 2 Fagott u. wird ebenfalls mit diesen Instrumenten allein oder mit Klavier Begleit. allein gemacht beide Gesänge sind mit chören u. der 39 Gesang ist eine ziemlich ausgeführte Ariette mit Clavierbegleit. allein –«


– – Diese Gesänge sind Opferlied, Bundeslied und »der Kuß«. Von dem Opferliede (dem ersten) war die ausgeführtere Begleitung, wie wir sie kennen (Violinen, Fagotte), noch nicht vorhanden, das Lied also in seiner letzten Gestalt noch nicht völlig fertig gestellt. Wodurch sich der Plan der Herausgabe bei Peters wieder zerschlug, wissen wir nicht; das an ihn geschickte Manuskript scheint dort geblieben zu sein. 1871 zeigte Otto Aug. Schulz in Leipzig ein revidiertes Manuskript als käuflich an:346 »Beethoven, Opferlied, für 1 Singst. mit Chor u. Begl., 16 Seiten«; dabei wird bemerkt: »Die als Op. 121 b gedr. Ausgabe ist eine reicher instrumentierte Ueberarbeitung obiger Handschrift, welche den Namen u. vielerlei Zusätze, Correcturen etc. von der eigenen Hand des Meisters aufweist.« – »Es scheint also,« bemerkt Nottebohm hierzu, »daß den Jahren 1822 u. 1823 (oder bis 1824) zwei oder mehr verschiedene Bearbeitungen[469] angehören und daß Op. 121 b die letzte davon ist.« An Ries schrieb Beethoven am 9. April 1825 (Notizen S. 161): »Das Opferlied werden Sie nun bald zum zweitenmale abgeschrieben erhalten haben, und bezeichnen Sie es sogleich als corrigirt von mir, damit es nicht mit dem, was Sie schon haben, gebraucht werde. Hier haben Sie ein Beispiel von den elenden Copisten, welche ich seit Schlemmers Tode habe. Beinahe auf keine Note kann man sich verlassen.« Am 7. Mai 1823 bot er dem Musikhändler Lißner in Petersburg u.a. an »2 große Lieder mit Chören Gedichte von Göthe und Matthisson, welche entweder mit passender Instrumental-Begleitung oder auch mit Klavierbegleitung allein gesungen werden,« also Bundeslied und Opferlied, letzteres in einer der neuen Bearbeitungen fertig, wenn auch noch nicht in der endgültigen. In einem in Berlin befindlichen Skizzenheft,347 welches aus verschiedenen, zu verschiedenen Zeiten geschriebenen Skizzen zusammengeheftet ist und diese mit anderen in chronologischer Folge geschriebenen Skizzen zu den letzten Quartetten (aus 1824) vereinigt, finden sich unter den ersten Skizzen zu einer vierhändigen Sonate, zur 9. Symphonie, zur Messe in Cis moll, zur Fuge über den Namen Bach, zum Bundeslied auch solche zum Opferlied in der neuen Form, aber mit der gedruckten Fassung noch nicht übereinstimmend. Die Anregung zu der neuen Messe erhielt er 1823, die übrigen Skizzen widersprechen der Annahme nicht, daß sie ungefähr aus derselben Zeit stammen. Die Vermutung ist also begründet, daß er 1823 an dem neuen Opferliede arbeitete; ausgeschlossen ist nicht, daß es erst Anfang 1824 fertig wurde. Beethoven überließ nun die Gesänge nebst anderen Werken, die er herausgeben wollte,348 seinem Bruder, dem er verpflichtet war, und bot sie in dessen Interesse Schott in Mainz an,349 wo sie im Laufe des Jahres 1825 erschienen sind. Auch da hatte er noch Änderungen zu machen. Am 7. Mai 1825 schreibt er an Schott:350


»Bei der Stelle des Opferliedes, wo es heißt


2. Abteilung

[470] wünsche ich, daß man diese stelle so, wie ich sie hier schreibe, eintragen möchte


2. Abteilung

Dazu schreibt er noch unter der Anrede: NB. Es ist auch nachzusehen, ob beim Chor des Opferliedes auch bei der Violonschellstimme tutti i violoncelli angezeigt ist, wo nicht, muß es geschehen –«

Beethoven hat in der neuen Bearbeitung351 das Lied für eine Singstimme mit Chor (welcher jedesmal die drei letzten Verse wiederholt) und kleinem Orchester komponiert; die Grundmelodie verändert er nur wenig, gestaltet sie etwas sprechender, behält aber den Ton feierlichen Ernstes und edler Würde bei, den schon vor 30 Jahren die Worte in ihm hervorgerufen hatten. Den darf auch die Orchesterbegleitung nicht verwischen, welche sich durch schöne Einfachheit und Zurückhaltung in der Klangfarbe auszeichnet; alles Scharfe bleibt ausgeschlossen. Bei der zweiten Strophe macht sich ein Solo-Violoncell mit zarten Gängen geltend, welche die Tonfarbe heben, dem ernsten Grundcharakter ein wenig Leben und Farbe geben, ohne den Gesamteindruck zu beeinträchtigen. In der Führung der Melodie und der Behandlung der Worte macht sich die innerlich vertiefte, abgeklärte Reise des älteren Beethoven fühlbar; insbesondere hat er nicht nur einzelne Worte ausdrucksvoll hervorgehoben, sondern die Musik der Logik des Gedankens besser angepaßt. Gleich die ersten Worte »die Flamme lodert, milder Schein –« welche in der älteren Fassung musikalisch zusammenhängen, erscheinen jetzt durch Teilung und Gegenüberstellung der Motive jeder Eintönigkeit enthoben, bei den Worten »und Weihrauchdüfte wallen« versucht er (wie schon Nottebohm bemerkte) in der Singstimme eine kleine, doch sehr zurückhaltende Malerei. Der Anruf »du Höchster« ist nachdrücklicher geworden, und der Chor hebt den Schluß in ungemein zarter und eindrucksvoller Weise. Die zweite Strophe, in der früheren Fassung ganz mit der ersten übereinstimmend, schreibt er jetzt ganz aus, um für die neuen Worte Freiheit zu gewinnen. »Luft, Erde, Feuer und Fluthen« sollen nachdrücklicher und mit verstärkter Stimme gesungen werden, besonders soll, »das Schöne zu dem Guten« nachdrücklich hervortreten, das Solovioloncell belebt die Bitte in zarter Weise. Ein inniges, weihevolles Stück, [471] durch tiefe Empfindung und ernste Zurückhaltung im Ausdruck, der immer einheitlich bleibt, ausgezeichnet. Warum hört man das Opferlied nie? Es ist den Direktionen wohl zu schlicht, bietet der Virtuosität keinen Spielraum und ruft nicht nach schnellem Beifall.

Gänzlich abzuweisen ist Schindlers Mitteilung,352 die beiden Gesänge, Opferlied und Bundeslied, seien für den Tenoristen Ehlers zu dessen Benefizkonzert in Preßburg geschrieben. Das Opferlied ist im Diskantschlüssel geschrieben, was allein schon beweisend ist; auch sieht und fühlt jeder, daß es nicht für eine Tenorstimme bestimmt ist. Das Bundeslied hat zwei Solostimmen; eine Skizze353 hat freilich Tenorschlüssel; aber als Konzertstück für einen Tenoristen ist es gar nicht gedacht. Man sieht wieder, wie wenig Verlaß auf Schindler in diesen intimeren Dingen ist.354

Wir verbinden mit dem Opferliede die Besprechung einiger mit demselben mehrfach zusammen genannter kleinerer Kompositionen, die allem Anschein nach in dieses Jahr fallen, wenn auch nicht genau festzustellen sein wird, ob sie in demselben begonnen wurden oder zu Ende geführt sind.

Daß Beethoven das Bundeslied von Goethe komponierte, wird durch seine hohe Verehrung für den Dichter völlig erklärt; daß er den vom Dichter gewollten fröhlichen Ton richtig traf, wird uns selbst in dieser ernsten schwierigen Zeit, in der ihn die hohen Gedanken der neunten Symphonie umschwebten, nicht wundern, zumal es an analogen Beispielen nicht fehlt; er blieb allen Stimmungen auch in jener Zeit zugänglich. Daß es einem besonderen Anlasse seine Entstehung verdankte, ist möglich; doch sind wir darüber nicht zuverlässig unterrichtet.355 Für die Zeit der Entstehung haben wir zunächst dieselben Quellen wie beim Opferliede, den Brief an Peters vom Februar und an Lißner vom Mai 1823 und die Skizzen in den Skizzen von 1824 beigehefteten Blättern (s. o. S. 470). Demnach war das Stück in der ersten Hälfte des Jahres 1823 fertig; ob schon vorher begonnen, können wir nicht wissen. Eine weitere Skizze, die sich zwischen denen zu den Bagatellen Op. 126 und neben denen zum letzten Satze der [472] 9. Symphonie findet, aber mit dem Drucke nicht völlig übereinstimmt, weist in den Winter 1823/24; es ist nicht ausgeschlossen, daß Beethoven, da es zur Herausgabe noch nicht kam, nachträglich noch weiter skizzierte und änderte.356 Auch dieses Stück erschien 1825 bei Schott in Mainz.357

Das Lied macht keinen andern Anspruch, als »in geselligen Kreisen« gesungen zu werden, wie Beethoven selbst darüber schreibt. Es wird Strophe nach Strophe von zwei Solostimmen358 auf eine ganz schlichte, derb-fröhliche Melodie gesungen, die beiden letzten Verse jedesmal von einem dreistimmigen Chore wiederholt.359 Die Begleitung bilden 2 Klarinetten, 2 Fagotte und 2 Hörner; an ihre Stelle kann nach Beethovens Absicht auch Klavierbegleitung treten. Die Begleitung geht, von Vorspiel und Nachspiel abgesehen, in einfachen Akkorden mit den Singstimmen; in der letzten Strophe ergeht sich bei dem Worte »auf ewig«, bei ein wenig verlangsamtem Tempo, die Klarinette in lebhaften Sextolengängen, die sich in dem festlichen Nachspiele bei kräftiger Begleitung der übrigen wiederholen.360 Das Stück erfüllt seinen Zweck, einer frohen geselligen Stimmung Ausdruck zu geben, völlig, und will nichts anderes. –

Zu den Stücken, die er in dem mehrerwähnten Briefe an Peters vom Februar 1823 (S. 469, 2) als an ihn abgesendet erwähnt, gehören einige kleinere, die nach ihrer Entstehung in frühere Zeit zurückreichen, die aber hier, da er ihre Herausgabe wünschte, zweckmäßig zur Erwähnung kommen. Außer den Gesängen und Bagatellen hatte er ihm einen »Zapfenstreich (türkische Musik) statt Marsch« geschickt und sagt dann weiter: »heute gab ich die noch 2 fehlenden Zapfenstreiche u. den 4ten großen Marsch auch auf die Post, ich hielt für besser ihnen statt 4 Märschen 3 Zapfenstreiche, u. einen Marsch zu geben,361 obschon erstere auch zu Märschen können gebraucht [473] werden, so was beurtheilen die Regiments Kapellmeister am besten, wie es anzuwenden, übrigens könnten auch Klavierauszüge davon gemacht werden.« Das waren nun alles ältere Kompositionen, die Beethoven bei sich hatte liegen lassen. Von den drei Zapfenstreichen war bis zum Bekanntwerden jenes Briefes (1874)362 nur einer gedruckt, in F dur.363 Nach einem bei Artaria befindlichen Autograph war dieser Marsch »für die böhmische Landwehr« 1809 geschrieben und als Marsch Nr. I bezeichnet, mit reicherer (türkischer) Instrumentierung, als in der jetzt gedruckten Fassung. In einer Abschrift dieser Fassung wurde er, gleichfalls 1899, dem Erzherzog Anton (Bruder des Erzherzogs Rudolf) zugeschrieben.364 Ein zweites, späteres Autograph (gleichfalls bei Artaria) trägt die Aufschrift Zapfenstreich No. 1.; hier hatte der Marsch auch ein Trio, welches bisher nicht bekannt ist. Dann wurde er zusammen mit dem folgenden für das Karussell in Laxenburg zu Ehren der Kaiserin Maria Ludovica bearbeitet; die Abschrift dieser Bearbeitung in der Haslinger, Rudolfinischen Sammlung diente als Vorlage für den Druck in der neuen Ausgabe von Beethovens Werken.365 Das Karussell war am 25. August 1810. Es ist ein markiger, scharf rhythmisierter Marsch, noch oft von Militärkapellen gespielt; mancher, der ihn im Vorüberziehen hört, wird kaum ahnen, daß er Beethovensche Musik hört. Skizzen zu diesem Marsche finden sich zwischen solchen zum Es dur-Konzert (1809);366 sie zeigen, daß auch bei diesen kleineren Sachen die endgültige Form nicht im ersten Anlaufe gefunden wurde. Mit diesem Marsch wurde gleichzeitig ein anderer, bis dahin nicht bekannt gewesener, gleichfalls nach einer Abschrift in der Rudolfinischen Sammlung, veröffentlicht.367 Derselbe war 1810 für den Erzherzog Anton komponiert. Auch [474] dieser Marsch ist in seiner Einfachheit von markiger Kraft. Ein Autograph bei Haslinger hat die Aufschrift: »Zapfenstreich No. 3«, und unten »1 Schritt auf einen Takt«. Eine Abschrift in dem Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde hat die Überschrift »Marsch für S. K. Hoheit den Erzherzog Anton von Ludwig van Beethoven 1810 am J. Sommermonath« [d.i. Juni]. Eine dritte Form war die für das Karussell von 1810 bestimmte; in dieser ist er gedruckt. Bei Artaria befand sich noch ein bisher nicht gedrucktes »Trio No. 3« in F moll im 6/4 Takt. Diesem Marsch läßt die Gesamtausgabe368 noch einen dritten in C dur mit einem Trio in F dur folgen, nach einer Abschrift Nottebohms aus dem Autograph. Letzteres (früher bei Haslinger, dann bei Dr. Steger in Wien, dann bei List und Franke in Leipzig) war überschrieben Zapfen streich No. 2; auch hier steht die Bemerkung: »1 Schritt auf jeden Takt.« Die Instrumentation ist wieder die bekannte der türkischen Musik. Aus der Bezeichnung folgert Nottebohm, daß er mit den beiden besprochenen zusammengehört und der Entstehung nach zwischen dieselben (1809–Juni 1810) fällt.369 Daß auch dieser Marsch seinem Zweck entspricht und die echt Beethovenschen Züge nicht verleugnet, braucht wohl nicht besonders gesagt zu werden.

Das waren also die drei Zapfenstreiche, welche Beethoven damals Peters übersandte, die aber von diesem nicht zum Druck übernommen wurden.

Als den zu den Zapfenstreichen gesendeten Marsch, den Beethoven als den »4ten großen Marsch« bezeichnet, erkannte Nottebohm in der Anmerkung zu dem Briefe an Peters den Militärmarsch in D dur.370 Derselbe trägt auf dem Autograph (früher bei Artaria) die Aufschrift: »Marcia. Con Brio. Marsch zur großen Wachparade.No. 4 von L. v. Beethoven am 3. Juni 1816«. Er erschien 1827 nach Beethovens Tode in zweihändigem Klavierauszuge bei Cappi u. Czerny, dem bald nachher ein vierhändiger (bei Witzendorf) folgte. In seiner Urgestalt mit vollem militärischen Orchester (türkischer Musik) brachte ihn erst die neue Gesamtausgabe.371 Beethoven war von dem »Magistratsrath und Stadtoberkämmerer dann Oberstlieutenant der bürgerlichen Artillerie« F.X. Embel persönlich um die [475] Komposition des Marsches für das bürgerliche Artilleriekorps ersucht worden; als symbolischer Bittsteller war die Zeichnung einer Kanone beigegeben.372 Diese Aufforderung ist an Beethoven wahrscheinlich schon im Jahre 1815 ergangen. In einem Skizzenbuche, welches größtenteils dem Jahre 1815 angehört, freilich ins Jahr 1816 hinüberreicht, findet sich eine Skizze zu diesem Marsche, welche ihn noch nicht als fertig erscheinen läßt;373 diese Skizzierung war wohl die Folge der ergangenen Aufforderung. Über diesen überaus glänzenden und festlichen Marsch ist weiter nichts zu sagen, als daß Beethoven wieder den Beweis lieferte, wie sehr er im stande war, seine Kunst jedem ihm dargebotenen Zwecke dienstbar zu machen und den richtigen Ton zu treffen.

Diese einer schon früheren Zeit angehörigen Stücke haben wir hier nur besprochen, weil Beethoven selbst sie in diesem Jahre zur Sprache bringt und herauszugeben wünscht; wir dürfen ihnen aber noch ein kleines, höchst erfreuliches Werk anschließen, welches jedenfalls dieser Zeit angehört, wenn es auch vielleicht in seiner Vollendung ins folgende Jahr hinüberreicht: die Bagatellen Op. 126. Beethoven arbeitete an denselben, vielleicht unter Benutzung früherer Skizzen, zu einer Zeit, als er mit den Skizzen zur 9. Symphonie so ziemlich zu Ende war, frühestens also Ende [476] 1823; vielleicht wurden sie erst Mitte 1824 fertig. Die eingehende Belehrung Nottebohms über das Verhältnis der schließlichen Gestaltung und der vorhandenen Entwürfe374 erfüllt uns nicht nur mit neuer Bewunderung vor der Sorgsamkeit, mit welcher Beethoven auch bei seinen kleineren Arbeiten im einzelnen zu Werke ging, sondern zeigt auch, daß er gerade auf dieses Werk selbst besonderen Wert legte. Als er diese »Kleinigkeiten für Klavier allein« dem Verleger (Schott) anbot (Nov. 1824), sagte er, daß es wohl die besten in der Art seien, welche er geschrieben habe. In der Tat stehen sie weit über den früheren Bagatellen Op. 119, die weit mehr den Eindruck flüchtig hingeworfener und zufällig zusammengestellter Stücke machen; es sind reife Erzeugnisse aus Beethovens letzter Lebensepoche und zeigen uns auch in ihrer kurzen Form das uns vertraute Antlitz des großen Meisters; es sind kleine Stimmungsbilder, die er wie zum Ausruhen mit voller Liebe ausarbeitete. Eine Fülle anmutiger und ernster Gedanken bergen sie in gedrängten Umrissen; die Bildung der Melodie, der Reichtum des Figurenwerks, die freie Behandlung der Form enthält alle Züge des späteren Stiles. Anmutig wiegend, in der Mitte etwas bewegter, sehnsüchtig aufblickend und wieder beruhigt sinkend, umfängt uns gleich das erste Stück (G dur); stürmischer bewegt, nicht ohne sanfte klagende Gegenmotive das zweite (G moll), mit seinen unruhigen Sechzehnteln. In edler beruhigender Kantilene folgt das dritte (Es dur, Andante) in ganz fühlbarem Gegensatze zu Nr. 2; die bewegten Figuren der rechten Hand, welche im weiteren Verlaufe auftreten und das Thema variieren, zeigen ganz deutlich die Wendungen des späteren Beethovenschen Stiles. Die Perle der kleinen Sammlung ist wohl Nr. 4 in H moll, eins der schönsten Stücke, die Beethoven in dieser späteren Zeit geschrieben hat, in seinem schnellen Tempo straff und gebietend; vor dem strengen Einherschreiten des Hauptmotivs finden Klagen und Bitten kaum Gehör. Ganz einzig in seiner Art ist das Trio (Alternativ) inH dur, welches sich in kurzen gebrochenen Gängen zu dem fast durchweg fest ruhenden Baß traumhaft ergeht und Beruhigung sucht; derselbe Gegensatz, in welchem Beethoven sich auch in den größeren Arbeiten der Zeit bewegt, der des finster entschlossenen Gemütes und des unsicher verlangenden, in Hoffnung ruhenden. Im Gegensatze dazu bietet er in Nr. 5 (G dur) ein zart und leise bewegtes Stück, in [477] welchem besonders die weiche ruhige Melodie des zweiten Teils uns gefangen nimmt. Aus der ganz hingegebenen Stimmung werden wir wieder aufgerüttelt durch ein kräftiges, die Erwartung spannendes Vorspiel zu Nr. 6 (Es dur); das Stück selbst entwickelt sich dann charakteristisch in dreitaktigen Rhythmen, mit dem Ausdruck ruhig sicheren Friedens, nicht ohne frohere Belebung, um dann zu dem stillen Anfang zurückzukehren und mit Wiederholung des Vorspiels energisch und freudig zu schließen.

Beethoven hat, worauf Nottebohm hinwies, hier wie auch sonst auf die Folge der Tonarten gesehen. Abgesehen von den beiden ersten, bei welchen sich der Gegensatz von Dur und Moll von selbst ergibt, stehen die Tonarten jedesmal eine große Terz voneinander ab. Man kann noch weiter sagen, daß immer zwei Stücke hinsichtlich der Stimmung paarweise zusammengehören. Beethoven schrieb zu dem Entwurf der ersten Bagatelle die Bemerkung »Ciclus von Kleinigkeiten« und deutet hierdurch darauf hin, daß es von vornherein auf Komposition einer Reihe gleichzeitig zu komponierender Stücke abgesehen war. »Die Bagatellen Op. 126« sagt Nottebohm (S. 206) »sind nicht, wie die Bagatellen Op. 33 oder Op. 119, eine Zusammenstellung innerlich und äußerlich nicht zusammenhängender, zu verschiedenen Zeiten entstandener Stücke, sondern bilden eine in sich geschlossene Sammlung. Zur Einheit dieser cyklischen Composition trägt die Einheit des Styles bei.« Gerade die Abweichungen des Drucks von den Entwürfen zeigen die Eigentümlichkeiten des späteren Beethovenschen Stiles.

Das Autograph der Bagatellen, im Besitze des Ritters von Pfusterschmid in Wien, trug die Überschrift:Kleinigkeiten von L. v. Btv. Das waren aber nicht die Bagatellen, die im Februar 1823 an Peters geschickt wurden, und die dieser zurückgab, auch nicht die Lißner im Mai 1823 angebotenen; sie waren damals nicht fertig. In beiden Fällen handelte es sich um Op. 119.375 Beethoven überließ auch sie nebst anderen Arbeiten seinem Bruder Johann376 und bot sie in dessen Interesse im November 1824 Schott in Mainz an, der sie auch nahm und druckte; dort erschienen sie mutmaßlich zu Anfang 1825.377

[478] Diesen Klavierstücken fügen wir noch ein interessantes kleines Werk bei, über dessen Entstehungszeit freilich gar nichts Näheres bekannt ist. Aus dem Nachlasse gab Diabelli im Januar 1828 das »Rondo a Capriccio« heraus, welches im Manuskript die Aufschrift trug: »Die Wuth über den verlorenen Groschen, ausgetobt in einer Caprice«. Später gab man ihm die offen gebliebene Opus-Zahl 129.378 Von diesem Stücke finden sich keine Skizzen, und keine briefliche Äußerung, soweit uns bekannt, nimmt auf dasselbe Bezug. Über die Zeit sind wir also ohne jeden näheren Aufschluß. Czerny hat im Musikalienverzeichnis (Gesellschaft der Musikfreunde) bemerkt: »aus seiner Jugendzeit«; es ist aber fraglich, ob er darüber so genau unterrichtet war. Das schlichte lebhafte Hauptthema könnte recht wohl aus früher Zeit stammen; die freie Gestaltung aber, die Variierung des Themas mit ihren harmonischen Kühnheiten, manche Einzelzüge weisen, wie uns scheint, auf spätere Zeit. Das Stück ist ein Ausfluß genialen Humors; diese ruhelose Eile und Ungeduld, diese Unbefriedigung in dem immer erneuerten Versuche kommt in den kurzen Rhythmen und der fortgesetzt raschen Bewegung sprechend zum Ausdruck und kennzeichnet lebendig den nicht rastenden Sucher, und wir fühlen mit, wenn er zuweilen und besonders am Schluß ermattet und abläßt, ohne gefunden zu haben. Ein anmutiges charakteristisches Stimmungsbild ohne aufdringliche Malerei – mehr darf man darin nicht suchen, aber ein höchst erfreuliches, in sich abgerundetes, auch dem Spieler zur Darlegung seiner Auffassung und seines Geschicks viele Gelegenheit gebendes Stück. Daß Beethoven ein so vollendetes, mit Liebe ausgearbeitetes, völlig fertiges Stück jahre-oder jahrzehntelang unediert liegen gelassen haben sollte, ist kaum anzunehmen; in diesem Jahre, welches die Variationen über den Diabellischen Walzer, über »den Schneider Kakadu« entstehen sah, kann es ganz wohl entstanden sein, wenn auch die Frage, ob es zu dem oben erwähnten Sammelwerk von Ries gehören sollte, unentschieden bleiben muß.379

Zwischen den Entwürfen zu den Bagatellen skizzierte Beethoven noch einen kleinen neckischen Satz, offenbar für Streichinstrumente, den er aber nicht ausgeführt hat (s. Nottebohm, II. Beethoveniana S. 208); außerdem schrieb er noch einen zweistimmigen Kanon Te solo adoro (aus Metastasios [479] Betulia liberata) nieder, welcher nach Nottebohms Abschrift in der Gesamtausgabe (Serie 25 Nr. 285) Aufnahme gefunden hat. –380

Fußnoten

1 Der Brief steht bei Köchel S. 60, der ihn aber unrichtig ins Jahr 1822 setzt. Vgl. Nottebohm II. Beeth. S. 396.


2 Das waren Ouvertüre und Chor aus der »Weihe des Hauses« und der Gratulationsmenuett (vgl. Nottebohm a.a.O.), nicht die von Köchel S. 93 vermuteten Stücke.


3 Um jeder etwaigen Bemerkung über die Schreibung des Wortes solemnis die Spitze abzubrechen, bemerken wir, daß wir uns (wie das auch wohl natürlich ist) an Beethovens eigene Schreibung halten. In einem Konversationshefte von 1820 schreibt er auf eine Frage, mutmaßlich des Malers Stieler, aus welcher Tonart die Messe gehe, eigenhändig auf: »Missa solemnis aus D«.


4 I S. 269.


5 Vgl. Nottebohm II. Beethov. S. 148. 149.


6 Nottebohm a.a.O. S. 460f.


7 Nottebohm S. 463 s.


8 Nottebohm S. 468.


9 Führer durch das Beethovenhaus, Nachtrag S. 7. 10. Diese Hefte verdienten wohl eine ausführlichere Beschreibung, als sie hier gegeben werden kann.


10 Außer Bemerkungen über Wohnungen notiert er sich z.B.: »die Kunst in 2 Monathen griechisch zu lernen.. Leipzig 1820 2 fl. 30 x bei... am Stephansplatz«.., ohne Zweifel im Gedanken an den Unterricht des Neffen.


11 So schreibt er über cuius regni (Bl. 17) »glänzend und glorreich«. Das Weitere muß ich ungedeutet lassen.


12 S. u. S. 352.


13 Auch Nottebohm (S. 152 Anm.) hielt diese Angabe für verfrüht.


14 Sie trägt, wie früher angegeben, das Datum des 13. Januar 1822. Vgl. Nottebohm II. B. S. 472.


15 Wir nehmen hier überall Bezug auf Nottebohms Untersuchungen in den II. Beethoveniana.


16 Nottebohm S. 153. Auf die Posaunenstimmen beziehen sich mehrere der Briefchen an Schindler aus 1823, welche Kalischer, N. B. Br. S. 109, 114, 127 mitteilt; Schindler übermittelte die Stimmen an den Kopisten. Eine Bemerkung Beethovens: »die Ternionen sind ganz neue Instrumente für mich« deutet Kalischer wohl richtig auf einen Versuch des Kopisten Schlemmer, die drei Posaunen in der Abschrift unter dieser Bezeichnung zusammenzufassen.


17 Köchel S. 54.


18 Über die Aufführungen seitens des Kirchenmusikvereins in Preßburg verdanke ich der Güte des Herrn J. Batka nähere Nachweisung.


19 So genau nach der in Berlin befindlichen Partitur.


20 Brief vom 16. Sept. 1824, bei Nohl Br. B. S. 272. Hier spricht er von der Wirkung der Gesangvereine bei öffentlichen, besonders aber gottesdienstlichen Feierlichkeiten; er hatte also seinen Gedanken nicht aufgegeben.


21 W. Weber, Beethovens Missa solemnis. S. 8.


22 Über die Missa solemnis schreiben außer den neueren Biographen: [Heimföth] »Ludwig van Beethovens missa solemnis Op. 123. Eine kurze erklärende Beschreibung. Bonn 1845« und W. Weber, Beethovens Missa solemnis. Eine Studie. Augsburg 1897.


23 Auf der Berliner Bibliothek befindet sich unter Schindlers Papieren (Mappe I Nr. 25) ein großer Bogen, auf dessen einer Seite sich Beethoven die Quantität der Worte angeben läßt, auf der andern sie sich (wohl auch nach Anleitung) übersetzt. Leider ist das meiste mit Bleistift geschrieben und größtenteils verwischt, nur ganz vereinzelte Stellen sind zu entziffern. Die Notizen beziehen sich auf Credo, Sanctus und Agnus Dei. An einer Stelle ist das Thema zu et vitam venturi für Sopran notiert. An einer andern heißt es mit Tinte: » + + + allgemein | bey Kirchenvätern | der herrschenden Kirche gemein | rechtgläubig |«, wodurch er sich wohl catholicam übersetzen wollte. Rührend ist folgende Erinnerung an Elementares: »vĕnĭo vēri ventum passus imperf. [si!] ventum est man ist gekommen.« Zu Anfang des Bogens steht die Bemerkung Schindlers: »Bevor Beethoven 1818 an die Bearbeitung seiner großen Messe in D ging, ließ er sich den Text ins Deutsche übersetzen und auch das Sylbenmaß des lateinischen bestimmen. Hier dasCredo von seiner Hand.«


24 Beides entnehmen wir den Konv. Büchern von 1819. Im J. 1820 schreibt er: »Wie ich fürs Beichten gesinnt bin, kann man daraus abnehmen, daß ich Karl selbst zum Abt von S. Michael führte zur Beichte. Der aber erklärte, daß, so lange er die Mutter frequentiren müsse, alles Beichten nichts helfen werde.« – Wenn er an den Erzbischof schreibt (Köchel S. 59), daß er als Mensch überall seine Pflichten, die ihm »die Menschlichkeit, Gott und die Natur gebiethen, auf das Heiligste erfülle«, so verdient das hier auch in Rücksicht genommen zu werden.


25 Wir verweisen hier auf Weber, S. 54 fg., müssen uns hier aber natürlich kürzer fassen. Einzelnes kommt noch zur Sprache.


26 S. oben bei 1818 zu S. 130.


27 Die Stimmungen beider Teile stellt Heimsoeth (a. a. O.) treffend so gegenüber: »Es ist in dem einen der Anruf an den allmächtigen Gott, zu dem der niedrige Sterbliche als zu unendlicher Höhe hinausruft um Erbarmen in tiefer Demuth, in ernster Andacht. Und der zweite Theil war die Bitte zum Gottmenschen, der sich uns herabließ, der uns erlösete, dem die Bitte zudringlicher, ja schmerzlicher, aber weniger zurückgehalten und zutrauensvoller näher tritt.«


28 Webers Bezeichnung »fliegen« für die Ausführung durch den Chor ist sehr glücklich.


29 Nach dem Konv. – Buche schwankte er, ob er ah! oder o! vorausschicken sollte.


30 Den sonst vorhandenen Skizzen ist noch folgende Stelle von Beethovens Hand aus dem Konversationsbuch von 1820 beizufügen:


2. Abteilung

und dazu von Beethovens Hand:


»ganzes orchester erst bey

patrem omnipotentem d.h.

pauken u. Trompeten

trombonen«


Dieser Erinnerung ist Beethoven nicht ganz nachgekommen. Wie ihm dieses Thema mit dem Begriffe der Festigkeit verwachsen war, zeigt folgende spätere Einzeichnung im Konv. Buche von 1825:


2. Abteilung

Zu bemerken ist noch, daß, während Beethoven hier ein eigenes Thema bildet, J. S. Bach dem Credo-Satze einfach die kirchlich-priesterliche Weise zu grunde legt.


31 Bezüglich der überall wohl überlegten Betonung ist hier und weiterhin die Beschreibung Heimsoeths (a. a. O., s. o.) ein guter Führer.


32 Auf einen kleinen Zug möchten wir noch aufmerksam machen: wie Beethoven in den einzelnen Abschnitten durch Heraushebung des et die Erwartung rege zu machen versteht.


33 Vgl. Notteb. II S. 155.


34 Von beachtenswerter Seite wurden wir einmal auf die eigentümliche Art aufmerksam gemacht, wie Beethoven hier den Glauben an das eigene Bekenntnis (catholicam) scheinbar nebensächlich behandelt. Das könnte dann in beinahe entsprechender Weise von dem Bekenntnis zum heiligen Geiste, zur Taufe gesagt werden. Wir überlassen dem Leser und Hörer das Urteil; wir glauben nicht, daß aus dieser künstlerischen Behandlung Folgerungen über Beethovens konfessionellen Standpunkt gezogen werden dürfen. Gerade die Bedeutung des catholicam ließ sich Beethoven für seine Vorbereitungen erläutern.


35 Bei einem Eintritte des Alt (S. 139 der Partitur) hat Beethoven sforzando beigeschrieben, wofür die frühere Ausgabe unrichtig scherzando gibt. Das hat, wie es scheint, zu einer unrichtigen Deutung der Stelle Anlaß gegeben (Heimsoeth S. 18).


36 »Immer verklärter wird der Sang der Seligen, ein himmlisch klares Licht ist ausgegossen über das All, und durch das Lichtmeer empor schwingt sich die befreite Seele in die reine Höhe, wo der Ewige thront, in ihre Heimath.« Weber a.a.O. S. 112. Weber nennt das Credo ein Monumentalwerk des Glaubens, und gerade in seiner Beziehung zu seinem Schöpfer eine der ergreifendsten Erscheinungen der gesamten Kunstwelt (S. 115). Wenn wir dem zustimmen, so glauben wir doch an dieser Stelle nochmalige Erörterungen über Beethovens Glaubensstandpunkt bei dem schaffenden Künstler unterlassen zu sollen.


37 Schindler II S. 84.


38 Daß die Töne des Motivs mit den Nebentönen der Begleitfigur zusammen klingen, darüber mögen Theoretiker die Achsel zucken.


39 Beim Fortgang der heiligen Handlung würde dieses Präludium wahrscheinlich mit der Wandlung gleichzeitig erklingen, was Beethoven vielleicht beabsichtigt hat.


40 Allegretto vivace; schon hier hat Beethoven im Autograph beigeschrieben: »Bitte um innern und äußern Frieden.«


41 Mit den Posaunen, die in dem Orchestersatz nicht tätig sind.


42 Die »Bitte« sollte nach Beethovens Absicht herrschen; zu einem Schlußmotiv in den Skizzen, welches in dieser Form nicht verwendet wurde, schrieb Beethoven hinzu: »durchaus simpel Bitte Bitte Bitte«. Vgl. Nottebohm II. Beeth. S. 465.


43 Vgl. Nottebohm II. B. S. 472, 151. – In dem früher erwähnten Bonner Skizzenbuche von 1820 steht mitten zwischen Skizzen zur Credo-Fuge folgende Notiz Beethovens: »agnus dei wie Recitativ« (dann ein paar Noten und ein paar undeutliche Worte, das folgende scheint zu heißen): »dona in d moll erst gegen Ende dur u. in der Mitte noch einmal agnus dei.« Lesen wir richtig, dann entstand also der Gedanke an eine eigenartige Behandlung schon früh und vor der eigentlichen Ausarbeitung des agnus dei, aber ein bestimmter Plan war noch nicht vorhanden.


44 An einer Stelle der Skizzen heißt es von Beethovens Hand: »Stärke der Gesinnungen des innern Friedens über alles... Sieg«! (Notteb. II. Beeth. S. 151.) Diesen Sieg der Gesinnung, das größere Vertrauen der Bitte, drückt auch Beethovens Musik aus, einen andern Sieg aber nicht. Mehr wollte er auch wohl selbst nicht.


45 Vgl. Griesingers biogr. Notizen S. 117. – Unter den bei Breitkopf und Härtel herausgegebenen Messen ist es die zweite, in C dur.


46 Über spätere Aufführungen der Messe, auch in der Kirche, liegen uns Zusammenstellungen vor; ihre Darlegung würde hier zu weit führen.


47 Vgl. Köchel Nr. 60, S. 62. Der Brief war nicht, wie Köchel angibt vom 1. Juni; Kalischer (Musik 1902 S. 1156) setzte ihn richtig 1. Juli; das geht auch aus der Erwähnung eines Briefes von Fürst Galitzin hervor, den Beethoven erst im Laufe des Juni erhielt.


48 Abschrift des Briefes besaß Otto Jahn, von welcher Thayer Abschrift nahm; nach dieser erfolgt der gegenwärtige Druck. – Jetzt hat ihn auch Kalischer (N. B. Br. S. 65) veröffentlicht.


49 Also auch hier unterstützte ihn der Bruder Johann.


50 Schindler II S. 16ff. Die kleinen Briefe an Schindler aus diesem Jafre, auf die Messe und andere gleichzeitige Angelegenheiten bezüglich, hatte A. Kalischer in der Sonntagsbeilage der Vossischen Zeitung von 1889 (Nr. 347 fg.) veröffentlicht und sich dadurch großes Verdienst erworben; er hat sie in der neuen Sammlung von Briefen Beethovens (S. 91ff.) mit Einschluß der in Nohls Sammlung bereits enthaltenen wiederholt. Die Veröffentlichungen durch Nohl sind lückenhaft und unzuverlässig. Mir liegen außerdem Abschriften Thayers vor; auch habe ich die Briefe in Berlin selbst vergleichen können. Hier können sie nicht alle mitgeteilt werden; ich muß im allgemeinen auf Kalischers Publikation Bezug nehmen.


51 Kalischer N. B. Br. 14 S. 101. Abschrift auch bei Thayer (nach Schindlers Nachlaß). Die Fortsetzung des Briefes folgt später. Er gehört in den Januar 1823.


52 Der Kalender befindet sich in Schindlers Nachlaß auf der Berliner Bibliothek. Vgl. auch Nohl Br. B. S. 236.


53 Abschrift des Schreibens nach Schindlers Nachlaß befindet sich unter Thayers Papieren. Das Schreiben wurde, ohne bestimmte Adresse, in der schon angeführten Schrift Heimsoeths über die Messe veröffentlicht, der es von Schindler erhalten hatte. Es sei, wird dabei berichtet, kaum gelesen, wieder zurückgegeben worden und so wieder an Beethoven gelangt. – Nur die Unterschrift ist von Beethovens Hand.


54 Schindler II S. 18, der Zeuge des Vorfalls war. Auf diese Äußerungen kann sich Beethovens Erinnerung in einem Briefe an Schindler beziehen: »Papageno, sprechen sie nichts, was ich von Preußen sprach, es ist nichts darauf zu halten, um Martin Luthers Tischreden gleichzustellen.« Vgl. Nohl Br. B. S. 255. Kalischer Neue Beeth. – Br. S. 132. Beethoven hat später seine Ansicht etwas geändert.


55 Schindler an Beethoven (3. Juli 1823):


»Gestern Mittags schickte Fürst Hatzfeld heraus, mit der ernsten Frage, ob er die Messe itzt erhielt, nachdem der Termin abgelaufen sey. Er werde von Berlin deßhalb so sehr bestürmt, daß ihm die ganze Sache schon zur Last falle. Sie möchten daher die Güte haben, ohne Verzug dem Fürsten zu schreiben, wann er das Werk erhielt, damit er sich doch in Berlin mit Ihrer eigenen Handschrift ausweisen könne. Er wohnt itzt in Penzing No. 20, das 5te 6te Haus links, wenn man von Wien aus ins Dorf geht.«


56 Der Brief befand sich in Schindlers Besitz; Thayer erhielt ihn durch Nowotny. Schindler bemerkt dazu, die schlechten Kopien seien schuld an diesen Verzögerungen gewesen. In jedem Exemplar hätten viele Bogen immer wieder von neuem geschrieben werden müssen.


57 Mehrmals klagt er in den Zetteln an Schindler, daß von Dresden noch kein Bescheid da sei. Auf einem (vgl. Kalischer S. 121 Nr. 33) »von Dresden noch nichts«, worauf er wieder über sein Auge klagt. Diesen Zettel setzt Kalischer in den Juli, in welchem Beethoven aber neue Hoffnung auf Dresden setzte; er dürfte etwas früher fallen; ferner Kalischer S. 112 Nr. 28, wohl sicher aus dem Juni (so auch Kalischer): »Von Dresden nichts – Bis Ende dieses Monats warte ich noch, alsdann einen Advokaten in Dresden.« Dazu macht Schindler die Bemerkung: »Der ungeduldige Beethoven hat die Absicht, den König von Sachsen durch einen Advokaten zur Entschließung betreffs Subscribirung oder Nicht-Subscribirung auf dieMissa in D zu bringen. Bedarf es noch eines stärkeren Beweises von dem leidenschaftlichen Vorgehen des Mannes in allen Dingen? Für diesen absoluten Willen gab es keinerlei Schranken.« Nach meiner Meinung ist Schindler bei dieser seltsamen Mitteilung im Irrtum. Beethoven hatte ein Angebot gemacht, eine Bitte ausgesprochen, hatte aber kein Recht zu verfechten und konnte nicht auf den absurden Gedanken kommen, Rechtsschutz zu suchen. Das könnte man höchstens annehmen, wenn er bei der Einladung die Messe schon mitgeschickt hätte; das ist aber für diese frühere Zeit unwahrscheinlich, es ist in mehreren anderen Fällen nicht geschehen, und nach dem Briefe des Erzherzogs vom 31. Juli hatte der König die Messe noch nicht. Beethoven dachte bei dem »Advokaten« wohl an einen warmen Fürsprecher, wie er sich auch in dem Briefe an Könneritz des Wortes »Sachwalter« bedient. – Noch einmal heißt es in einem Brief an Schindler (Kalischer Nr. 30 S. 115) »Von Dresden – Nieten«, was sich auf eine Ablehnung zu beziehen scheint. Auf dem Original steht das Datum des 1. Juni; Kalischer gibt: 1. Juli. Ich möchte auch hier dar auf aufmerksam machen, daß der Brief nicht zu einer Zeit geschrieben sein kann, wo er neue Hoffnungen auf Dresden setzte.


58 Köchel Nr. 60 S. 65; der Brief ist dort vom 1. Juni datiert, was aber irrtümlich sein muß. Gleich im Anfang wird ein Rezepisse der Post vom 27. Juni erwähnt und in der Nachschrift ein Geschenk des H. v. Könneritz, der erst am 26. Juni geschrieben und Geld geschickt hatte. Ich nehme mit Kalischer an, statt 1. Juni sollte es 1. Juli heißen. Daß der Brief aus Wien datiert ist, macht keine Schwierigkeit, da Beethoven öfter dorthin kam. Die Nachschrift trägt die Aufschrift: Hetzendorf.


59 Beide Briefe an Könneritz teilt Fürstenau Allg. Mus. Ztg. 1863 Nr. 36. 87 (S. 619/20 und 631/2) mit, nach ihm Nohl Br. B. Nrn. 275–276.


60 Der Brief befindet sich in Schindlers Nachlaß auf der Berliner Bibliothek.


61 Der Brief befindet sich ebenfalls in Schindlers Nachlaß in Berlin, wo ich ihn abgeschrieben habe. Gedruckt ist er jetzt bei Kalischer, N. B. Br. S. 129.


62 Vgl. Kalischer N. B. Br. S. 128. – In Wien scheint die Sache anfangs noch unbekannt geblieben zu sein. Nach dem Konv. – Heft erzählte noch im November der Neffe seinem Onkel: »Griesinger hat auch dem Bruder gesagt, der sächsische Hof nehme die Messe nicht. – Hat sich aber ganz anders benommen, als er das Gegentheil hörte.« –


63 Louis Schlösser, auf den wir weiter unten zu sprechen kommen, hat dieses Gesuch in seinen »Persönlichen Erinnerungen an Beethoven« in der Zeitschrift Hallelujah von 1885 (Nr. 20 S. 231ff.) wörtlich mitgeteilt.


64 Im Konv. – Buche erzählt Schindler Beethoven: »Beim Darmstädtischen Gesandten war ich heute. Ein allerliebster herrlicher Mann. Er kennt Sie und verehrt Sie. Er läßt Sie herzlich grüßen, u. wird die Sache auf Morgen expediren; nur bedauert er, daß die Antwort nicht so schnell erfolgen dürfte, weil der Großherzog eben jetzt krank ist.«


65 Neue Beethoveniana S. 350. (Nachtrag.)


66 Komponiert 1815, erschienen mit der Widmung an Goethe Anf. 1823.


67 Dieses Lied hatte Beethoven zwischen 1890 und 1804 als durchkomponiertes Lied entworfen und wohl für eine Sammlung bestimmt, ließ es aber liegen. Vgl. Nottebohm II. Beeth. S. 575.


68 Die Worte »meine Bitte« bis »gestimmt würde« sind unten nachgetragen und mittelst ⌗ hinausgezogen (Frimmel).


69 Bd. 23 der Weimarer Ausgabe, Abt. IV (Briefe), Nr. 6348. (Brief aus Teplitz vom 19. Juli 1812.) »Zusammengefaßter, energischer, inniger habe ich noch keinen Künstler gesehen. Ich begreife recht gut wie er gegen die Welt wunderlich stehen muß.«


70 »Von Bayern ist eine abschlägige Antwort gekommen,« sagt Schindler im Konv. – Buch vom Mai (gegen Ende) 1823 (nach Thayer).


71 Aus Schindlers Nachlaß; Thayer erhielt sie durch Nowotny. Die nach Frankreich gerichtete Einladung war mutmaßlich gleichlautend.


72 Niemand hatte also Beethoven sagen können, daß die Franzosen für Oratorium nur das Wort oratorio haben. Oratoire heißt Betsaal. (Schindler.)


73 Dieses Wort ist von mir durch Vermutung berichtigt statt eines unmöglichen Wortes (vutoir) in meiner Vorlage.


74 Auf einem Quartblatt (in Schindlers Nachlaß befindlich) hatte Beethoven den Schluß des Gesuches in folgender Weise angegeben: »Daß er das Honorar für sein Werk auf fünfzig Dukaten angesetzt habe: – Wenn er sich mit der ausgezeichneten Ehre schmeicheln dürfte, Ihre Majestät unter die Zahl seiner hohen Subskribenten setzen zu dürfen, würde derselbe den günstigsten Erfolg für seinen Ruhm sowohl als auch für seinen Vortheil voraussagen dürfen.« Darunter schreibt Beethoven (vgl. Kalischer S. 96): »Ich ersuche sie höflich diese Einladung auf dem hier überschickten Papier sauber zu schreiben. Karl hat zu viel zu thun, ich werde selbe Mittwoch früh abhohlen lassen. – Um Grillparzers Wohnung bitte ich sie, vieleicht daß ich ihn selbst besuche, wegen der 50 noch etwas geduld, da es nicht möglich ist, woran sie übrigens selbst mit schuld sind, machen sie auch ein Couvert um die Einladung, ich werde dies zu machen hier besorgen.« Das bezog sich also auf die französische Einladung, und stammt danach aus dem Frühjahr 1823.


75 Das Konzept folgt hier nach genauer Prüfung des Originals.


76 Vor »ihnen« ist etwas ausgestrichen, aber nicht »mich«, wie bei Schindler und Nohl steht.


77 Das Wort ist nicht ganz deutlich.


78 Das Wort hier ist undeutlich; die Abschrift, welche Nohl (S. 229) benutzt, hatte »wirklich«, das ist aber unsicher. Es kann auch »hiedurch« oder »vielleicht« heißen sollen.


79 In dem Entwurfe, den Schindler (II S. 352) mitteilt, standen hier die Worte: »Ich habe so eben eine große solenne Messe vollendet, und bin Willens, selbe an die europäischen Höfe zu senden, weil ich sie vor der Hand nicht öffentlich im Stich herausgeben will. Ich habe daher durch die französische Gesandtschaft hier auch eine Einladung an Se. Majestät den König von Frankreich ergehen lassen, auf dieses Werk zu subscribiren, und bin überzeugt, daß der König selbe auf Ihre Empfehlung gewiß nehmen werde. Ma situation« usw. mit geringen Abweichungen, wie in obigem Entwurfe.


80 Die Zeilen teilt Kalischer S. 144 mit, der das Bl. wohl richtig auf Blöchlinger deutet.


81 Diesen Entwurf hatte Schindler (II S. 352) und nach ihm Nohl (Nr. 250) mitgeteilt, der aber dann auch den Anfang des Beethovenschen mitteilt. Schindlers Angabe (Il. S. 18), er teile wörtlich den in Berlin befindlichen Entwurf mit, ist unrichtig. Der Entwurf bei Schindler ist nicht völlig gleichlautend, aber vollständiger. Vgl. Anm. 1.


82 In Schindlers Nachlaß auf der Berliner Bibliothek (Mappe I, 4).


83 S. u. S. 371.


84 Schon Ende 1823 schreibt Graf Lichnowski im K. B.: »Geben Sie mir den Brief an Grafen Neuberg [undeutlich], ich schließe ihn gewiß ein. – Ich werde Ihnen in ein paar Tagen Antwort hierüber sagen. – Auch an die Marie Luise meine ich. wäre die Messe anzutragen. Wenn Sie wollen, so will ich an Grafen Neuberg schreiben, weil ich ihn kenne,« und Anfang Februar 1824: »Was den Großherzog von Toscana betrifft, wenden wir uns an den Odelka, wo ich selbst hingehen werde. – Die Gräfin Neuberg hat keinen Einfluß auf Toscana. Ihr geht blos M. Luise an. Daher ist der Inhalt des Briefes beiläufig dieser: [nun schreibt Carl] Ich habe eine Messe vollendet, woraufetc. etc. subscribirt haben. Ich wünschte, daß Ihre Majestät die Kaiserin M. L. subscribire. – Du giebst den Brief dem Hr. Grafen mit, der ihn dann einschließt.« Andere Bemerkungen, die hier übergangen werden müssen, beziehen sich auf dieselbe Sache. Noch im April 1824 schreibt der Neffe: »Sonntag werde ich zu Odelga gehen. Man muß doch angreifen; sonst behalten sie die Messe, und schicken nichts.« Dann wäre also die Messe schon mitgeschickt worden. Doch ist es bedenklich, aus diesen hingeworfenen Bemerkungen Folgerungen zu ziehen. Durch Schindler läßt ihn Odelga (Anf. 1823) grüßen, er werde in der Messen-Angelegenheit alles tun.


85 Brief an den Erzherzog Rudolph, bei Köchel S. 63.


86 Papageno war Beethovens scherzhafte Bezeichnung für Schindler, wenn er Stillschweigen beobachten sollte.


87 In Schindlers Nachlaß auf der Berliner Bibl. Vgl. jetzt Kalischer N. B. Br. S. 94 s. Der Brief ist undatiert.


88 So Thayer. Bei Kalischer »an welchem Orte«.


89 Berliner Bibl. Bei Kalischer N. B. Br. S. 140.


90 Im September hatte er (nach Schindler), da er zwei Pakete absenden wollte, nach dem Namen des russischen Gesandten gefragt (Schindlers Nachl. Gr. M. 38. Kalischer S. 128 fg.) und die Absicht ausgesprochen, das für Fürst Galitzin bestimmte Paket durch einen Kurier zu senden. »Ist der russische Gesandte nicht Graf Golovkin? Wenn sie doch dort nachfragen wollten, ob nicht ein Kourier da sei, der ein paquet an den Fürsten Galizin könnte mitnehmen? wo nicht, so muß es Dienstags auf den Postwagen –« Wenn sich die Stelle am Schlusse von Schindlers Brief vom 3. Juli (s. in Anhang VII) auf diese Sache bezieht, wie Schindler angibt, dann muß Beethoven seine Frage schon früher gestellt haben. Es ist schwierig, alle diese Zettel chronologisch richtig einzuordnen, zumal wir es mit Schindlers schwachem Gedächtniß zu tun haben. Genug, daß Galitzin im November die Messe hatte.


91 Wocher war Kabinettskurier des Fürsten Paul Esterhazy. – Der Brief steht bei Kalischer N. B. Br. S. 114f., der ihn auf den 1. Juli setzt. Ich folge einstweilen Thayer und der durch Dr. Kopfermanns Güte mir übermittelten Abschrift, auf der ausdrücklich »am 1ten jun. 1823« steht.


92 unleserlich.


93 Schindler deutet das auf die früher erzählte Szene bei Aufführung der ersten Messe. Lichnowsky: »Wie ist es mit Fürst Esterhazy? – Ein jeder Privat würde sich schämen.«


94 Auf der Außenseite des Briefes stand noch in zwei Absätzen (Kal. S. 116):


»Sind die Var. schon nach London abgegang.? N. B. Soviel ich mich erinnere, steht im dem an den fürsten Esterhazischen Einladung nichts davon, daß die Messe bloß im Manuscript mitgetheilt wird, welcher Unfug kann dadurch entstehen ich vermuthe – vide – daß hierauf der Antrag zielte des H. Artaria dem fürsten die Messe umsonst anzutragen etc. damit Hr. A. zum 3tenmale ein Werk von mir stehle,Wocher muß hierauf aufmerksam gemacht werd.«


95 Der Brief steht bei Nohl Br. B. Nr. 245, der eine Quelle nicht angibt. Vgl. auch Kalischer in der Berliner Wochenschrift »Der Bär« 1886 S. 26f.


96 Nohl Br. B. Nr. 253. Kalischer a.a.O. S. 27.


97 Nach Kalischer hat Schindler im Konv. – Heft geschrieben: »Zelter kann sich ja selbst die Messe für Singstimme arrangiren.« Ich habe bisher die Stelle nicht gefunden.


98 Der Brief steht hier nach der Abschrift bei Thayer, die er durch Nowotny erhalten hatte.


99 Brief von 25. Nov. 1825, bei Nohl N. Br. Nr. 294.


100 Wir können nicht alle Zuschriften an Schindler, wenn sie auch nach Abschrift aus Berlin in unserem Besitze sind, hier mitteilen, und nehmen Bezug auf die Veröffentlichung von Kalischer N. B. Br. (Nr. 101, 116, 122, 124 s., 131, 136, 137, 139).


101 Das Billett, in Berlin befindlich, ist ohne Datum; Schindler schreibt darüber »aus Hetzendorf 1823«; s. bei Kalischer S. 109 s. – Mit dem Worte »Samothrazier« spielt Beethoven, wie uns Schindler selbst belehrt, auf die samothrakischen Mysterien an und deutet damit auf ein Eingeweihtsein, eine Mitwisserschaft in seinen Angelegenheiten und Bestrebungen hin, zugleich auf eine Verpflichtung des Stillschweigens, wie ähnlich mit dem »Papageno«. Zu den Eingeweihten hätten, wie Schindler sagt auch Brunswick, Graf Lichnowski und Zmeskall gehört.


102 So in meiner Aufzeichnung; »zur Polizei morgen« bei Kalischer.


103 Schindl. Nachlaß. Ms. Nr. 55. Abschr. bei Thayer. Vgl. Kal. S. 125 (Nr. 136). Schindler schreibt dazu: »vom July 1823.«


104 Eine Zusatzbemerkung Schindlers sagt, daß dies auf die versprochenen 50 fl. für die Bemühungen um die Subskriptionsangelegenheit sich bezog. Wie wir bereits wissen, erwartete Schindler dieselben gar nicht und wünschte sie nicht.


105 Was Diabelli gewollt hatte (vielleicht nach Gesprächen mit Beethoven) erfahren wir aus Äußerungen Schindlers im Konv. – Buch vom März 1823. »Diabelli rief mich heute im Vorbeigehen hinein und sagte mir, daß er die Messe nehme und selbe in 2 Monaten auf Pränumeration herausgeben wolle. – Die 1000 fl. garantirt er Ihnen, wie er Ihnen schon selbst gesagt haben soll. Exemplare können Sie so viel haben als Sie benöthigen. – – Diabelli bittet Sie nur, ihm binnen einigen Tagen Ihren Entschluß mitzutheilen, dann läßt er sogleich anfangen zu arbeiten daran u. verspricht bis Ende May soll alles fertig seyn. Sie aber sollen sich um nichts mehr zu sorgen haben. – Ich finde diese Proposition recht gut, um so mehr weil das Werk alsogleich im Stich erscheint. – Ueberlegen Sie sich daher die Sache schnell und schließen gleich mit ihm ab.« Beethoven scheint Bedenken zu haben wegen der an die Höfe geschickten Einladungen. »Das macht gar nichts wegen den allerhöchsten Höfen, daß gestochene Exemplare übergeben werden. Wollten Sie die 1009 fl. gleich baar ausgezahlt haben oder später? – daß sie Ihnen garantirt werden, versichert er mich, jetzt kommt es nur darauf an, daß Sie mitsammen sich einverstehn.« Diabelli will auch die neuen Stücke dazu stechen lassen (Graduale, Offertorien, in Tantum ergo). Weiter (Beethoven behält offenbar sein Bedenken): »Das beste ist Sie suchen den Diab. dahin zu bringen, daß er die Messe jetzt gleich auflegen läßt, aber mit der öffentlichen Pränumeration einige Monate noch wartet; dann sind Sie nicht compromittirt u. er nicht.« – Später: »Diabelli will sich verbinden, so lange zu warten bis die rückständigen Antworten eingelaufen, dann die Pränumeration eröffnen. – Mit einem ganzen Jahr aber will er [sich] nicht verstehen.« Und im April: »Wie sind sie damit einverstanden? es handelt sich nur ob Sie dem Diab. das Recht einräumen, die Pränumeration 1 Monat früher als er zahlt anzukündigen. Das ist aber gerade sein Wunsch, außer daß er die Messe erst dann in die Arbeit giebt, wenn er bezahlt hat. – – Also wegen Diabelli, wollen Sie es ihm überlassen, oder es überlegen, daß Sie es selbst herausgeben? – Diabelli wünscht die Messe zum 1. Juli, um sie zur Michaeli-Messe fertig zu haben«; später nannte er den 1. August und 1. September.


106 Kalischer Nr. 114 S. 103. – Die Stelle in einem Briefchen aus derselben Zeit »Wegen dem Diplomatik. [doch wohl Diplomatiker; Beethoven kürzt öfter nur die letzte Silbe ab] habe ich etwas ersonnen, was diesem Kerl als ein tüchtiger Pistolenschuß soll beigebracht werden –« bezieht Kalischer (S. 112) mit großer Wahrscheinlichkeit auch auf Diabelli. Der Pistolenschuß kann eben die Vorenthaltung der Variationen sein.


107 Abschrift bei Thayer. Kalischer Nr. 115 S. 104.


108 Auch diese Anmerkung nach Thayers Abschrift. – Diabelli wollte also von seinen Bedingungen nicht abgehen. Schindler schreibt (K.-B. v. April) »Diabelli wird aber Gesichter machen, wenn der Bruder das Dokument wieder zurück verlangt, wo er es kaum erhalten.« Das dürfte doch hierher gehören.


109 Auch vorher hatten die Freunde den Gedanken festgehalten. Lichnowsky in Hetzendorf 1823: »Kann denn im neuen Jahre die Messe nicht an Verleger verkauft werden, daß sie doch gemeinnützig wird? – Feinde von Ihnen werden verbreitet haben, als wenn die Messe nicht fertig wäre.«


110 Vgl. den Brief an Streicher vom 16. Sept. 1824 mit dem begleitenden Briefe Streichers, bei Nohl Br. B. S. 313.


111 Beide Briefe bei Wegeler und Ries Notizen S. 153. 154.


112 Den Brief besitzt Frau R. in Eitelsbach bei Trier, mit deren gütiger Erlaubnis ich ihn abschrieb und in der Vierteljahrsschrift für Musikw. Jahrg. IV. H. 1 mitteilte. Nohl bringt (Br. B. 280) nur eine Wiederholung des Riesschen Abdrucks mit dem falschen Datum; da noch ein Brief vom 5. September vorhergeht, so hätte er doch wenigstens sehen müssen, daß Beethoven nicht wohl an demselben Tage zwei längere Briefe an Ries geschrieben haben kann.


113 Dieser hieß Bauer; er kommt in einem späteren Briefe nochmals vor.


114 So steht da, es soll doch wohl »Gesandtschaft« heißen. Hier schreibt Ries in den Notizen ganz willkürlich die neue Ouvertüre »schon an sie abgeschickt.« Diese neue Ouvertüre war ohne Zweifel Op. 124.


115 Ob dieser Ausfall gegen den Bruder Johann ganz gerecht war, steht dahin. Wie wir aus andern Äußerungen Beethovens wissen, war er ganz damit einverstanden, daß sein Bruder im Interesse seiner Werke tätig war. Da konnten wohl Irrtümer vorkommen; aber sicher handelte Johann in gutem Glauben.


116 Adresse: A Ferd. Ries

chez B. A. Goldschmidt et Comp.

a Londres (en Angleterre).


117 Diesen Brief, der in Ries' Notizen fehlt, besitzt Herr Edward Speyer in Shenley bei London, der die Güte hatte, ihn für mich zu vergleichen. Gedruckt ist er Niederchein. Musikz. 1865 Nr. 38 und bei Nohl N. Br. Nr. 251. – Die Adresse (von der Hand des Neffen) fast genau wie beim vorstehenden.


118 Das waren die bagatellen Op. 119.


119 Thayer erhielt es durch Nowotny. In der Überschrift ist das Jahr 1823 angegeben; der hier mehrfach erwähnte Bauer kam noch kurz vor seiner Abreise mit Beethoven zusammen, wie das Konversationsheft ausweist. Auch er sucht ihn zu bestimmen, nach London zu kommen. Über die hier besprochene Frage sagt er: »Ich bin der Meinung, daß es der König hat aufführen lassen, aber Niemand wird ihn erinnert haben, daß er deshalb eine Antwort geben sollte. Ich werde ein Schreiben an den König mitnehmen und selbes in einen Kanal geben, da es überreicht wird, da ich es nicht übergeben kann.«


120 Ries hatte denselben (Notizen S. 154) ganz unvollständig mitgeteilt; er folgt hier nach dem Originale im Besitz von Frau R. (vgl. o. S. 3822). Ich hatte ihn schon in der Vierteljahrsschrift für Musikw. (1888 S. 95) veröffentlicht. Der Anfang des Briefes fehlt, wie schon Ries angegeben hatte.


121 Erst hier beginnt Ries die Mitteilung des Briefes. Mit dem »Reiseplan« meint er einen Plan für Beethovens Reise nach England.


122 So schreibt Beethoven. Ries ändert das in: »eincrimen laesae!« Auch die Worte »beim Cardinal« und »meine Zulage – muß« läßt Ries weg. Er nahm vermutlich Anstoß an den Äußerungen über den Erzherzog. Für uns ergänzen sie das Bild des sorgengequälten, kränklichen Mannes.


123 Von hier an schreibt eine andere Hand.


124 Von hier an schreibt Beethoven wieder selbst.


125 So Beethoven; Ries »enthält«.


126 Es handelte sich also um zwei Briefe an den König; den ersten hatte Beethoven Bauer mitgegeben, der ihn aber nach seiner nachträglichen Bestimmung nicht erhalten sollte; in diesem muß also die Messe erwähnt gewesen sein. Den zweiten, zu dem auch das obige Konzept gehört, hatte er in den Brief an Ries eingeschlagen (s. dessen Anm. 2).


127 17 Schilling = 101/5 Gulden, nach Ries.


128 In Thayers Papieren befindlich. Der Brief war, wie ich aus den Bemerkungen auf der Abschrift entnehme, ziemlich unleserlich und zum Teil verletzt, dazu größtenteils von anderer Hand geschrieben.


129 Könnte nach beigeschriebener Notiz auch heißen, »gefügt das«.


130 Könnte auch heißen »noch«.


131 Hier ist der Brief eingerissen und mehreres undeutlich.


132 Dies ist nach der Aufschrift von Beethovens Hand.


133 Die Adresse: de Vienne Monsieur Maurice Schlesinger


rue de Richelieu à Paris.


Darunter die Nachahmung eines Siegels (s. n.) welches für die Zeit des Briefes natürlich keine Bedeutung hat. Unter dem Briefe steht noch von der Hand des Empfängers: Vienne Beethoven le 11. & 18 fevrier & le 7. May repondu le 4. Juin.


2. Abteilung

134 Vgl. oben S. 261 Anm. 1.


135 Nach meiner Abschrift nach dem Autograph in Schindlers Nachlaß (Mappe I Nr. 35) auf der Berliner Bibliothek. Veröffentlicht in Hirschbachs Repertorium 1844 S. 468. Vgl. auch Thayer Verz. Nr. 248.


136 Schindler II S. 45f. Ausführlicheres über diese Verhältnisse mag man dort nachlesen. Bittere Klagen über seine Lage, über seine Armut, wie er es nennt, wird man dem Briefe an Ries entnommen haben. Im Konv. – Heft vom April 1823 sagt Schindler: »Denken Sie nur nicht immer Tag und Nacht an die Schulden. Die werden Sie bezahlen, wenn Sie gesund sind, ohne daß es Ihnen wehe thut.«


137 Schindler II S. 41 s.


138 II S. 43. Veröffentlicht bei Kalischer N. B. Br. 112 S. 102. Abschrift in Thayers Nachlaß; auch ich habe das Briefchen in Berlin abgeschrieben.


139 Wie Schindler (S. 42) erzählt, weigerte sich der Bruder, die Bürgschaft für die Schuld zu übernehmen, bis die Honorare eingegangen wären. Ob dieser Ausfall Beethovens gerechtfertigt war, darüber vermögen wir nicht genauer zu urteilen.


140 »Vom Monath Januar oder Februar 1823« Schindler. Vgl. Kalischer 110 S. 100. Auch von Thayer abgeschrieben und von mir verglichen.


141 Die Stelle ist im Original ziemlich undeutlich: »einzigen«, wie Kalischer richtig entzifferte, ist über etwas anderes geschrieben; auch im Folgenden wollte Beethoven einzelnes ausstreichen; das B. aber steht deutlich da.


142 Kal. 113 S. 103. Abschrift bei Thayer. Von Schindler darüber geschrieben: »vom Jahre 1823«.


143 Dieser Brief, im Besitze des Hof- und Gerichtsadvokaten Baron Dr. Härdtk in Wien (nach Nohls Angabe aus Bachs Akten), wurde zuerst von Nohl veröffentlicht (Musik. Skizzenbuch S. 256. Neue Br. B. Nr. 253) und dann diplomatisch genau mit Bezeichnung der von Beethoven gemachten Nachträge von Frimmel, L. v. Beethoven S. 93.


144 Die Worte »– ... –« sind auf der dritten Seite nachgetragen.


145 Vgl. Schindlers Erzählung II S. 29ff., der wohl genau unterrichtet sein konnte.


146 Mitgeteilt von Schindler II S. 30f.; Abschrift auch in Thayers Materialien, der sie durch Nowotny erhielt; das Original in Schindlers Nachlaß in Berlin.


147 Nach meiner Abschrift nach dem Original auf der Berliner Bibliothek (Schindlers Nachlaß M. I Nr. 456); abschriftlich auch in Thayers Papieren. – Zum Teil mitgeteilt von Schindler II S. 32.


148 Graduale, Stufengesang, zwischen Epistel und Evangelium gesungen. Auch der Missa solemnis hatte er, den Briefen zufolge, noch andere Stücke beigeben wollen, zu deren Ausführung es aber nicht gekommen ist.


149 Nottebohm II. Beeth. S. 152.


150 Nottebohm S. 541. 543. Das Bundeslied schickte er im Febr. an Peters (vgl. o. S. 261 Anm. 1), es erschien aber erst 1825 bei Schott; dann müßte er es also vor dem Briefe an Dietrichstein skizziert haben. Dann fielen freilich auch jene Skizzen zum dona vor den Brief von Dietrichstein (23. Febr.), man müßte denn annehmen, er habe zum Bundesliede, welches ja noch nicht erschien, noch nachträglich Notizen aufgeschrieben. Das betreffende Skizzenheft stammt aus dem Jahre 1824, ist aber nachträglich zusammengeheftet und enthält auch frühere Skizzen.


151 Vgl. II S. 47f.


152 »Ich komme bestimmt mit ihm zusammen. – Mit Grillparzer. – Wegen Macbeth oder Romeo u. Julia« schreibt Lichnowsky im Februar 1823 ins Konversationsheft.


153 Abschrift in Thayers Nachlaß, das Original auf der Berliner Bibliothek. Schindler notiert darauf, daß es aus dem Jahre 1823 stamme und einen Operntext von Kanne betreffe. Vgl. Nohl Br. Nr. 262, Kalischer N. B. Br. 103 S. 97. Wie das Stück hieß, erfahren wir nicht.


154 H. Volkmann, »Neues über Beethoven.« Berlin und Leipzig, Seemann Nachf. 1904. Darin S. 62ff. »Beethoven und Johann Sporschil.«


155 Den Inhalt des Textes teilt Volkmann S. 69ff. mit.


156 Vgl. den Aufsatz Kalischers »Grillparzer und Beethoven« in »Nord und Süd« 1891, Juni, S. 77ff.


157 Wie sich Sporschils Verhältnis zu Beethoven weiter gestaltet hat, von welcher Art es überhaupt gewesen ist, darüber wissen wir nichte. Unter den Teilnehmern an den Konversationen erscheint er nicht; doch muß; ein Verkehr mit Beethoven, wenigstens mit seinen Freunden, fortbestanden haben; in dem Aufsatze, den Sporschil am 5. November 1823 für das Morgenblatt über Beethoven schrieb, zeigt er sich über dessen Verhältnisse und Lebensweise im ganzen wohl unterrichtet. Der Aufsatz fand Aufnahme in der Wiener Theaterzeitung vom 15. November, wo ihn vielleicht auch Beethoven gelesen hat; der Neffe machte ihn darauf aufmerksam. Wieder abgedruckt ist er bei Nohl, Beeth. nach den Schilderungen seiner Zeitgenossen, S. 182 ff Abschrift nach der Theaterzeitung fand ich auch in Thayers Materialien. Ich teile ihn im Anhang (VIII) mit. Daß Sporschil der Verfasser sei, hat Volkmann (a. a. O. S. 80) glücklich festgestellt; 1827 im April schrieb Sporschil in der Dresdener Abendzeitung einen Nekrolog Beethovens, in dem er sich ausdrücklich als Verfasser jenes Aufsatzes bekennt.


158 Lichnowsky fährt fort: »In ein paar Tagen werde ich schon wegen Alfred Antwort sagen. – Ein großes schönes Sujet. Es ist als Gelegenheitsstück, wie die Monarchen hier waren, entworfen worden und bedarf nur wenig geändert zu werden. Blos beantwortet werden von der Dichterin. Es hat auch etwas romantisches dabei. – Was sagen Sie dazu?« –


159 Über Grillparzers Verhältnis zur Musik und zu Beethoven vergleiche den erwähnten Aufsatz Kalischers: »Grillparzer und Beethoven« S. 66, in welchem auch die Konversationsbücher verwertet sind. Grillparzer selbst berichtet über die hier uns beschäftigende Angelegenheit in seinen »Erinnerungen an Beethoven« (Sämtliche Werke 4. Ausg. 1887 Bd. 16 S. 228ff.), doch ist ihm sein Gedächtnis nicht immer treu.


160 Berl. Bibl., Abschr. bei Thayer. Vgl. Nohl Br. Nr. 261, Kalischer N. B. Br. Nr. 102 S. 96.


161 Vgl. Kalischer a.a.O. Die Entwürfe zur Drahomiras. Werke (1887) Bd. 10 S. 101ff. Dazu hat Grillparzer selbst geschrieben: »eine der frühesten Arbeiten, etwa 1809 oder 1810.« Vgl. Gödekes Grundriß Band 8 (Goetze) S. 383, Sauer im Vorbericht der Ausg. (1887) S. XCII.


162 Also durch Dietrichstein.


163 Grillparzers Werke, Ausg. 1887, Bd. 6 S. 231.


164 Das bemerkt Kalischer richtig a.a.O. S. 75 und sonst.


165 Die Zeit der Übersendung der Melusine ist nach diesen Mitteilungen annähernd zu bestimmten. Am 3. März hatte Beethoven, wie wir der Erzählung Schlössers entnehmen, das Buch noch nicht, wußte aber schon, daß es Melusine sei. Vor der Übersiedelung nach Hetzendorf (17. Mai) hatte die Unterredung mit Grillparzer stattgefunden; einige Zeit vorher also hatte er es in Händen.


166 Das kann also nicht das Buch sein, das er jetzt Lichnowsky übergab, wie Kalischer meint (S. 76); die Dragomira sollte ja erst in Angriff genommen werden.


167 Kalischer a.a.O. S. 74. Ich bemerke hier ein für allemal, daß ich Kalischers Mitteilungen aus den Konversationen dankbar benutze, daß mir aber daneben Thayers ausführliche, meist wörtliche Auszüge vorliegen.


168 So lese ich bei Thayer. Kalischer »setzt er«, wohl richtiger.


169 »In ein paar Tagen ziehe er aufs Land,« sagt Beethoven. Nach Hetzendorf kam er am 17. Mai.


170 Dasselbe erzählte Grillparzer O. Jahn: »Er bat Gril. den Jagdchor im Eingang wegzunehmen. Weber habe 4 Hörner gebraucht, er muß ja nun 8 nehmen.«


171 In O. Jahns Aufzeichnungen aus dem 1852 mit Grillparzer gepflogenen Gespräche heißt es: »Als Grillparzer ihm die Melusine brachte, verlangte er, daß Grillp. das Honorar bestimmen sollte; auf dessen Weigerung ging B. zu Wallishauser, Grillparzers Verleger, bestimmte ihn sie Grillparzer abzukaufen, u. verhandelte mit ihm. Mit Barbaja [dem eigentlichen Verwalter des Kärnthnerthortheaters] war der Contract abgeschlossen auf 6000 fl. W. W. (2500 fl. C. M.); kurz darauf legte er's nieder und stellte B. vor, er sei zwar durch den Contract gebunden, könne aber die Oper nicht gebrauchen, worauf B. den Contract zerriß. Duport schreibt an B. am 20. April 1824, Barbaja melde von Neapel, eine Oper von B. werde ihm erwünscht sein, und er werde über Preis und Zeit sich erklären, wenn er sicher sei, daß der Contract vom 1. Dez. an verlängert werde, was nicht geschah.« Ich gebe die Erzählung, wie ich sie bei O. Jahn (in Thayers Abschrift) finde. In einer zusätzlichen Bemerkung leugnet Schindler, daß ein Kontrakt zwischen Beethoven und Barbaja abgeschlossen gewesen wäre. Für diese frühe Zeit ist das allerdings nicht wahrscheinlich.


172 A. a. O. S. 78.


173 Kalischer a.a.O. S. 79. Das Verhältnis der Zeit dieser Unterredung zu der von Grillparzer erzählten wird nicht festzustellen sein. Man wird festhalten müssen, daß Grillparzer mit der Vergangenheit etwas frei verfährt.


174 Hiernach fand die Unterredung am Tage des Umzugs statt, worauf auch andere Bemerkungen hindeuten. »Wir wohnen angenehmer als der Hr. Baron selbst« sagt Carl. Bei dem reichen Inhalt dieses Heftes ist nicht überall bestimmt zu sagen, was in Wien und was in Hetzendorf geschrieben ist.


175 »Den Musikern kann doch die Censur nichts anhaben – Wenn man wüßte was Sie bei Ihrer Musik denken.«


176 Manche allgemeinen Bemerkungen Grillparzers müssen wir übergehen. So sagt er z.B. »die Musik ist die einzige Kunst, die die Neuern erfunden haben,« und vorher: »die Deutschen bringen es auch selten zur Ausbildung in der Koloratur. – Ich bin auch ein Stümper in der Musik. – Ich habe durch die Musik die Melodie des Verses gelernt.« Eine Äußerung Beethovens zu Grillparzer, die ich in Jahns Notizen finde, stehe noch hier: »Ich beneide Sie, daß Sie ein Dichter sind, was kann so ein armer Musikus ausdrücken?«


177 Diese Bemerkung scheint doch zu zeigen, daß dies der erste Besuch Grillparzers war, derselbe, von dem er in seinen Erinnerungen spricht. Etwaige Inkongruenzen müssen wir der Schwäche seines Gedächtnisses zur Last legen.


178 Vgl. G. v. Breuning, Aus dem Schwarzspanierhause S. 39. Nohl, Br. B. S. 254, nach der Zeitung für die elegante Welt.


179 Sicherlich hätte Beethoven für seinen gewiß wohlgemeinten Scherz eine geschmackvollere Form finden können!


180 Mehr bei Kalischer S. 83, nicht immer mit meiner Vorlage übereinstimmend.


181 »Auch Mosel hat für Sie nur darum Achtung, weil Sie ein Deutscher sind.« »Mosel spricht von sich selbst als Tondichter. – Man versteht so leicht was sie thun und machen. Das macht ihnen Glück von oben. Sie wollen von keiner Beschränkung wissen und sind die beschränktesten.« Das sagte Grillparzer 1823 zu Beethoven!


182 Mit diesem Vorschlage fand Grillparzer bei Beethoven schwerlich Anklang.


183 Von den späteren Äußerungen Grillparzers in diesem Hefte, in welchem nach Kalischer vieles fehlt, mögen hier noch folgende stehen (nach Thayer): »Und doch kann ich mich nicht mit jenen vereinigen, die die italienische Oper unbedingt verwerfen. Meiner Meinung nach gibt es 2 Gattungen der Oper, von denen die eine vom Text ausgeht, die zweite von der Musik. Letzte ist die italienische Oper. – Lablache und zum Theil die Fodor sind bessere Schauspieler, als die deutsche Oper jemals hatte. – Vielleicht hat sich der Mozart durch die italienische Oper gebildet. – Jetzt ist es noch schlechter. Sie würden Mühe haben, für Ihre Oper Sänger aufzufinden.« Kalischer erinnert hier mit Recht daran, daß Beethoven Luft hatte, eine italienische Oper zu schreiben.


184 Nohl Br. B. Nr. 284, Kalischer S. 85. Ich gebe ihn nach der Abschrift in Thayers Nachlaß. – In Baden sagte ihm Blahetka: »Grillparzer läßt sich recht dringend dem Förderer der Melusine empfehlen,« und Haslinger »Grillparzer wohnt bei Buchhändler Wallishauser am Hohen Markt,« beides etwa im September. Die Auskunft über die Wohnung könnte sich auf den beabsichtigten Brief beziehen.


185 Das muß sich auf die neue Wohnung in Wien beziehen, in die er damals übersiedelte.


186 Über Schindler äußert er sich anderswo noch stärker. Er war Beethoven nicht sympathisch, trotz der aufopfernden Dienste, die er ihm leistete. Übrigens ließ Beethoven ihn dies auch zuweilen fühlen. Im weiterer Verlaufe des gleich zu erwähnenden Gesprächs sagt Schindler: »Sie sind wieder so düster, erhabener Meister – wo fehlt es denn – wo ist die heitere Laune seit einiger Zeit?« Beethoven scheint eine ausweichende Antwort zu geben.


187 Auf dem Hefte ist »Winter 1823« notiert. Der Inhalt auch bei Kalischer S. 85. Vielleicht hat es Bezug auf diesen Brief, wenn Grillparzer im Januar 1824 sich Beethoven empfehlen läßt: »Er kann nie vor 3 Uhr das Büreau verlassen, folglich auch gar keine Einladung annehmen, so sagte er mir heut. – Trifft er Sie nicht zu Hause, so wird er Sie hier aufsuchen [also wohl im Wirthshause]. – Er war höchst erfreut, als ich ihm sagte, daß Sie die Oper schreiben werden. Er war schon vom Gegentheil überzeugt, was auch die Ursache war, daß er sich bei Ihnen nicht sehen ließ, denn er will [undeutl.] sich deshalb Ihnen nicht aufdringen.«


188 Beethoven hat offenbar hier wieder seine Bedenken gegen den Jagdchor ausgesprochen.


189 Dieses Wort entnehme ich Kalischer. Thayer hat ein anderes Wort (»Satyrischen«), welches keinen Sinn gibt.


190 Vgl. noch Rellstab, aus meinem Leben II S. 260.


191 Die plötzlichen Willensäußerungen Beethovens können wir natürlich nicht kontrollieren. Aber von einem wirklichen plötzlichen Fallenlassen des Entschlusses kann wohl keine Rede sein, da er noch während des Verkehrs mit Holz an der Melusine arbeitete.Aus den Mitteilungen W. Altmanns i.d. »Musik« III. 12 (1904) ergibt sich, daß sogar noch im Frühjahr 1826 Beethoven durch Schlesinger dem Berliner Intendanten Grafen Brühl die Oper Melusine antragen ließ. Die Ablehnung war übrigens keine kategorische.


192 Nottebohm II. Beethov. S. 577. Nottebohm zweifelt, ob das auf 3 folgende Wort »Posaunen« oder »Subjekten« zu lesen sei; ersteres wohl schwerlich.


193 Nottebohm S. 542.


194 Nottebohm S. 577f.


195 Nottebohm a.a.O. S. 580.


196 Konversationsbuch: »Ich habe schon so oft meinen Wunsch gegen Herrn v. Schindler geäußert, die hohe Bekanntschaft mit Ihnen zu machen, und bin sehr erfreut, daß es jetzt sein kann, nachdem ich Sonntag den 13ten ein Konzert geben werde, und ich unterthänigst bitte, mir die hohe Gegenwart zu schenken.« Thayer, dessen Abschrift ich diese Worte entnehme, scheint zu zweifeln, ob sie von Liszts Hand sind.


197 Einige lateinische Worte sind hier ausgestrichen. – Die Bitte des jungen Liszt wurde nicht erfüllt.


198 3. Aufl. Bd. II S. 178. Damit widerruft er seine Angabe in der zweiten Auflage (2. Nachtr. S. 72 Anm.), Beethoven sei in dem Konzert gewesen und sein Erscheinen habe Aufsehen erregt, da er sonst derartige Konzerte niemals besucht habe.


199 Beethoven, Liszt und Wagner S. 199.


200 Über seine Begegnung mit Beethoven berichtet er in seinen »Persönlichen Erinnerungen an B.« in der Zeitschrift Hallelujah, 6. Jahrg. 1885 Nr. 20. 21. Nach einem Briefe seines Sohnes Adolf Schlösser an Thayer vom 20. April 1890 war Louis Schlösser am 17. Nov. 1800 in Darmstadt geboren und starb dort als Hofkapellmeister am 17. Nov. 1886. Er war als junger Mann nach Wien gegangen, um unter Mayseder und Seyfried zu studieren. Von Wien ging er nach Paris und trat in das Konservatorium ein; von dort kam er nach Darmstadt zurück, wo er gleich eine Anstellung in der Hofkapelle erhielt und allmählich zu seiner späteren Stellung emporstieg.


201 Siehe oben S. 363.


202 Er habe es wörtlich nachgeschrieben, sagt Schlösser, doch hat Beethoven die Worte schwerlich diktiert. Dem Sinn nach wird das Richtige getroffen sein; im einzelnen aber sind Phantasie und Gedächtnisfehler nicht ausgeschlossen.


203 Es ist nicht wahrscheinlich, daß sich Beethoven hierüber weitläufig ausgesprochen hätte.


204 Den Brief besaß Schlosser in Darmstadt; Abschrift desselben verdankte Thayer dem Sohne Adolf Schlösser; nach derselben wird er hier mitgeteilt. Er steht auch bei Nohl N. Br. B. Nr. 257.


205 Das war der auf die Subskription der Messe bezügliche Brief, o. S. 367 s.


206 »und man selbe«, schreibt Nohl.


207 Der Kanon war also nicht, wie Nohl angibt, in Schlössers Album, sondern auf ein besonderes Notenblatt geschrieben.


208 Danach in die Gesamt-Ausgabe aufgenommen Serie 23 Nr. 256, 11. Thayer chronol. Verz. Nr. 241 mit Nottebohms handschr. Bemerkung.


209 Vgl. die Angaben von Peters und den Brief Beethovens vom 6. Jan. 1817 in Bd. III S. 419. – Eine Abschrift der Kantate von Beethovens Hand erhielt nach Thayer Dr. O. Zeithamer in Prag durch die Witwe Peters.


210 Diese Aufschrift trug fast gleichlautend auch eine Abschrift, welche Thayer von E. Schebek erhielt; doch stand hier 1822 statt 1823.


211 Ges.-Ausgabe Ser. 25 (Suppl.) Nr. 274. Thayer chron. Verz. 208 mit Nottebohms handschr. Bem.


212

»Es lebe unser theurer Fürst

Er lebe, Er lebe

Edel handeln, ja edel handeln sei sein schönster Beruf,

Dann wird ihm nicht entgehen der schönste Lohn.

Es lebe« usw. –


213 S. Bäuerles Theat.-Zeit. vom 8. Mai.


214 Vgl. Kannes Zeit. 1823 S. 447. 527.


215 II S. 34ff. Der Plan Diabellis war aber etwas älter, vgl. Nottebohm II. Beeth. S. 572.


216 Schindler I S. 159ff. Vgl. auch Thayer III S. 26. 64.


217 Über die Bedeutung dieses Ausdrucks vgl. Schindler II S. 35 Anm. Die Musiker nannten so, was in der Theorie Rosalie heißt, kurze melodische Sätzchen, welche mit denselben Intervallen auf eine höhere Stufe transponiert einander folgen. Nach Czerny (in den Mitteilungen für O. Jahn) schrieb Beethoven anfangs auf das Werk: »Variationen über einen Schusterfleck.«


218 Holz erzählte nach Lenz (V S. 138), Diabelli sei, nachdem er schon 32 Variationen von andern erhalten, zu Beethoven gegangen, und habe um die eine versprochene gebeten. Auf Beethovens Frage, wie viele er denn habe, und auf die Antwort: 32, habe Beethoven gesagt: Nun so gebe er sie nur heraus, ich schreibe ihm allein 33. Das wird wohl Ausschmückung sein; Beethoven hatte ja die eine nicht versprochen. Holz konnte nicht genauer unterrichtet sein. Wie Diabelli Lenz erzählte (Lenz V S. 137) habe sich Beethoven auf eine Variation nicht einlassen wollen und versprochen, mehrere zu schicken. Wir halten uns hier an Schindler, der nur hinsichtlich der Zeit irrt.


219 Nohl Br. B. Nr. 257.


220 Biogr. Notizen S. 156. 157. Beethoven ließ die Variationen durch den neuen Kopisten Rampel für London abschreiben.


221 Köchel Nr. 60. Der Brief fällt nicht, wie es bei Köchel heißt, auf den 1. Juni, sondern mutmaßlich auf den 1. Juli (s. oben S. 355). Aber auch dann konnten sie nicht in Hetzendorf geschrieben sein, da sie schon vor 5–6 Wochen abgeschrieben waren und ein gestochenes Exemplar versprochen wurde. Seine Augen ließen es ja nicht zu, dieselben »ganz durchzusehen«. Dann hat er gewiß in der ersten Hetzendorfer Zeit, außer der Korrektur, nicht daran gearbeitet.


222 Czerny erzählte O. Jahn, die Aufforderung Diabellis sei »um 1820« ergangen. Das wäre dann aber nicht die Zeit von Beethovens Komposition gewesen.


223 Nottebohm geht sogar auf einen Brief an Simrock vom 10. Febr. 1820 zurück, in welchem Beethoven meint: »Große Veränderungen über einen bekannten Deutschen – welche ich ihnen unterdeß nicht zusagen kann,« und bezieht das auf Op. 120, Richtig sagt er, daß mit der Benennung ein Deutscher nach Wiener Gebrauch ein Walzer zu verstehen sei; es ist uns aber fraglich, ob er einen von Diabelli komponierten Walzer »einen bekannten Deutschen« nennen konnte; auch dürfte es nicht angehen, die Entstehung der Variationen so weit zurückzuschieben. In einer handschriftlichen Bemerkung zu Thayers chron. Verz. zweifelt Nottebohm, ob Op. 120 oder eine nicht fertig gewordene Komposition gemeint sei. Das letztere wird wohl das Richtige sein.


224 Beethoven will sagen, er sei noch nicht wohnlich usw. eingerichtet. (Notteb.)


225 Als dies geschrieben wurde, stand also der Plan noch nicht ganz fest.


226 Das Original jetzt im Besitz von RegierungsratDr. H. Steger in Wien, s. Frimmel »Die Musik« 2. Märzh. 1902 (S. 1075f.).


227 Die französische Ausgabe der Sonate C moll Op. 111 war im Mai 1823 nach Wien gekommen.


228 Beide veröffentlicht von Nottebohm A. M. Z. 1870 S. 58f. und nach ihm von Frimmel, Neue Beeth. S. 126f. – Die Worte »Sobald die Correktur« usw. sind offenbar keine Nachschrift, wie es nach dem Abdruck bei F. scheinen muß, sondern ein kleiner selbständiger Brief; das deutet auch Nottebohm klar an, wenn er an der angeführten Stelle von 6 Briefen spricht, während es ohne jene scheinbare Nachschrift nur 5 wären, und da er zwei verschiedene Datumangaben versucht. Noch deutlicher geht es aus dem Inhalt hervor: in dem ersten, längeren Briefe sind die Variationen noch nicht druckfertig, in der »Nachschrift« dagegen sind sie schon im Stich. Den ersten Brief dürfen wir daher wohl mit Frimmel ans Ende des Jahres 1822 setzen, nur nicht in den Oktober, da damals der Gratulationsmenuett noch nicht fertig war; den zweiten mit Nottebohm in den Mai 1823.


229 Die zahlreichen, diese Sache betreffenden Zuschriften Beethovens an Schindler, die mir in Thayers Materialien gesammelt vorliegen, können hier nicht alle mitgeteilt werden, zumal sie inzwischen von Kalischer veröffentlicht worden sind; ich verweise auf dessen Sammlung (s. N. B. – Br. S. 99. 104. 109. 111. 114. 127. 131).


230 Kalischer S. 104 Nr. 19; auch von mir nach dem Autograph verglichen.


231 Kalischer S. 121 Nr. 34, Nohl Br. B. Nr. 272. – Auch von mir verglichen.


232 Hiernach vermutet Kalischer (S. 122), daß der Nordpolfahrer Kapitän Parry damals in Wien gewesen und mit Beethoven persönlich bekannt geworden sei, vielleicht gar einen Vortrag über die Musik der Polarvölker gehalten habe. Der Gedanke ist glücklich; der Nordpol wäre damit erklärt.


233 Der Gedanke, Hetzendorf wieder zu verlassen und nach Baden zu ziehen, entstand also zeitig im Sommer; denn zu weit dürfen wir die Briefe nicht vorrücken.


234 Das wird sich auf die Abschrift für England beziehen, denn Diabelli gab die Variationen schon im Juni heraus. Der Ausfall richtet sich gegen den neuen Kopisten Rampel. – Wenn Nohl sagt, in der Unterschrift sei das Wort »Freund« durchstrichen gewesen, so findet sich davon im Original nichts.


235 Kalischer S. 111 Nr. 26.


236 Hier darf man wohl daran denken, daß er damals an der 9. Symphonie arbeitete.


237 Das Autograph befindet sich bei C. A. Spina in Wien. S. Gesamtausgabe (B. u. H.) Serie 15 Nr. 165. Thayer, chron. Verz. Nr. 240. Auch das Sammelwerk von Variationen von 50 Komponisten erschien bei Diabelli unter der Aufschrift »Vaterländischer Künstlerverein«. Auch diese bezeichnet Czerny als »in ihrer Art und in musikalisch-historischer Beziehung interessant«. Nach Nottebohm (Them. Verz.) gehörten sie auch zu der Sammlung des »Vaterl. Kunstvereins«.


238 Lenz versucht sogar Namen für die einzelnen aufzustellen.


239 Nottebohm macht darauf aufmerksam, daß Beethoven in den früheren Skizzen die tonische Basis in den ersten 4 Takten, dem Thema entsprechend, nicht verläßt, daß er aber in späteren Skizzen und im Druck sich mehrfach schon früher zur Dominante wendet.


240 Über eine willkürliche Erweiterung von Var. 4, die sich Diabelli in einer späteren Ausgabe erlaubt hat, vgl. Nottebohm, Beethov. S. 47f.


241 Schindler sollte die Absendung besorgen und hatte dies wie es scheint verzögert, was Beethoven in großen Arger versetzte. »Sind die Variationen schon nach London abgegangen?« schrieb er am 1. Juli an Schindler.


242 Über den weiteren Inhalt des Briefes haben wir noch zu sprechen. – Der Brief folgt hier nach einer genauen Abschrift, die ich vor längerer Zeit von Herrn Konzertmeister Hubert Ries in Berlin, dem Bruder von Ferdinand Ries, erhalten habe. Auch Thayer hatte Abschrift. Bei Nohl Br. Nr. 279.


243 Berl. Bibl.; Abschr. bei Thayer. Kalischer Neue Beeth. Br. S. 97 Nr. 8.


244 Schindler, der auf dem Briefe bemerkte, daß er sich auf die Wohnung in Hetzendorf beziehe, ergänzt diesen Namen in Lichnowsky.


245 Nach der Abschrift bei Thayer. Kalischer S. 98 Nr. 9.


246 Dsgl. Kalischer S. 105 Nr. 20.


247 »Die Mauer«, nach Schindler ein Dorf bei Hetzendorf.


248 B. an Ries vom 25. April: »Nun bin ich auch von vielen erlittenen Verdrießlichkeiten jetzt nicht wohl, ja sogar wehe Augen.« Über diesen Gegenstand vgl. die sorgfältige Zusammenstellung dessen, was die Quellen hierüber bieten, bei Kalischer, »Beethovens Augen und Augenleiden«, in der Zeitschrift »Die Musik«, 1902, II. Märzheft und I. Aprilheft.


249 In den Briefen an Schindler und andere findet man weitere Äußerungen über dieses und andere Leiden des Jahres. »Wären nur meine Augen gut, daß ich nur wieder schreiben könnte, so ging es noch.« (An Schindler, s. Kalischer S. 115.)


250 Nach Köchel am 1. Juni, doch vgl. o. S. 359, 3.


251 Der Brief (Köchel Nr. 65) scheint noch in den Juli zu gehören. Am 13. August kam er nach Baden, wo kurz vorher auch der Erzherzog gewesen war. Dieser schrieb ihm am 31. Juli (Nohl N. Br. S. 238), daß er am 5. August wieder in Wien sein werde. S. u. S. 442. Das war eine Antwort auf Beethovens Brief, der demnach im Juli geschrieben wurde.


252 Auffallend ist, daß Schindler nirgendwo von diesem Augenleiden spricht Noch Sept. 1826 schreibt Beethoven sich im K.-B. ein Mittel gegen »langwieriges Augenübel« auf.


253 Dies erzählt Schindler in seinem Aufsatze gegen Wawruch, Frankfurter Konversationsblatt vom 14. Juli 1842. Vgl. Biogr. II 298. Das Postskriptum (im Original auf der Berliner Bibl.) gedruckt (außer bei Schindler) bei Kalischer S. 106 Nr. 22. Nohl (Br. B.) 263 stellt es mit einem Brief Beethovens (Kalischer Nr. 33) »wegen Esterhazy« vermutungsweise zusammen, wozu das Original keinen Anhalt gibt. Ein Datum für das Postskriptum findet sich bei Schindler nicht, so wenig wie auf dem Original.


254 Kalischer S. 114 Nr. 29, der den Zettel in den Juni setzt. Schindler hatte notiert: »aus Hetzendorf im Sommer 1823«; er entwirft mit Bleistift eine Erwiderung, daß er der Post wegen nicht habe abkommen können.


255 In Thayers Abschrift »speisen«.


256 Kalischer S. 112 Nr. 28.


257 Vgl. darüber Fürstenau Allg. Mus. Z. N. F. I (1863) S. 618ff. Derselbe zitiert A. M. Z. 1823 Nr. 33 und Abendzeitung Nr. 111.


258 Max Maria v. Weber, Carl Maria von Weber II. S. 466.


259 Konv. – Buch aus dem J. 1823, nach der Versendung der Subskriptions-Einladungen. Hierher gehört auch der kurze Zettel an Schindler (Kalischer Nr. 10, S. 98): »Außerordentl. best. Morgen erst zu G., ich muß erst sehen, was ich an ihn geschrieben – Lebt wohl bis zu Mittag. Euer B–n.«, auf welchem Schindler die erforderliche Aufklärung gibt und dabei auch mitteilt, daß Beethoven bei dieser Gelegenheit die Äußerungen über Gräfin Gallenberg niederschrieb, die Schindler schon früher (Biogr. 2. Aufl. S. 278) bekannt gemacht hat. (Vgl. Thayer II S. 170.)


260 Von Fürstenau veröffentlicht; s. a. Nohl Br. B. Nr. 275.


261 Der Schluß des Briefes, in welchem von der Subskription auf die Messe die Rede ist, ist o. S. 360 mitgeteilt.


262 Darauf beziehen sich mehrere Zettel an Schindler aus dieser Zeit (abschriftlich nach den Originalen auf der Berliner Bibliothek in Thayers Materialien). Vgl. Kalischer N. B. Br. Nr. 36 (S. 123): »Ich bitte sie sobald als mögl. wegen der schwedischen Histoire bei mir zu sein, da ich später ausgehen muß, das Frühstück wird bereit sein –« ferner Nr. 37 (S. 123): »Wie heißt der Herr u. was für ein Amt bekleidet er? welcher jetzt über das schwed. Diplom referirt, weil ich ihm selbst schreiben will, um mich zu entschuldigen da ich nicht selbst komme, u. da übrigens mein Schreiben immer gute Wirkung hervorbringen wird.« (»Vom Jahre 1823« schreibt Schindler hinzu; Kalischer setzt beide Zuschriften in den Juli 1823.) Weiter im Sommer 1823 »aus Baden« (Sch.): »vergessen sie nicht die Antwort wegen dem Diplom, da ich dieses selbst besorgen will.« (Kal. Nr. 42 S. 127), und endlich in dem bereits früher (S. 358, 1) erwähnten Briefe (Kal. Nr. 48 S. 131): »Ich ersuche mir gefälligst anzuschreiben, wo das Diplom zuletzt war, ehe es soll zur Regierung, u. wie lange es ist, daß es dort hingekommen.« Auf diesen Brief schrieb Schindler: »vom Jahre 1824«, aber die Erwähnung der Variationen und die Äußerungen über Preußen dürfte ihn auch ins Jahr 1823 weisen.


263 Nach dem Original in Berlin; Abschrift auch bei Thayer. Auf dem Autograph steht von anderer Hand mit Blei »Juni oder Juli 1823 aus Hetzendorf«;1823 gibt Schindler an. Gedruckt bei Nohl Br. Nr. 267.


264 Nach dem Original in Berlin und der Abschrift bei Thayer. Unvollständig bei Schindler II S. 50 und Nohl Br. Nr. 268. S. jetzt Kalischer N. B. Br. S. 123 Nr. 38. Schindler schreibt darauf »Aus Hetzendorf vom Jahre 1823«.


265 Der Name nicht deutlich; Nohl ergänzt Ruprecht. Joh. Baptist Rupprecht (1776–1846) war Kaufmann und Fabrikant in Wien, außerdem fruchtbarer Schriftsteller und später K. K. Bücherzensor, Er war der Dichter von Beethovens Lied »Merkenstein« (Op. 100). Vgl. über ihn Gödekes Grundriß d. Gesch d. D. Dicht. VI (Götze) S. 557 s., Nohl Beeth. L. III 859. – Seine vorübergehenden Beziehungen zu Beethoven erwähnt Nohl in der Biographie wiederholt, vgl. III S. 212 und S. 859 (Projekt einer italienischen Reise, auf der ihn ev. Rupprecht begleiten soll); S. 260 (»So ist auch... von einer Oper ›die Gründung von Pensilvanien‹ von Rupprecht Rede, deren Text sich in Schindlers Beethovennachlaß befindet«, was aber nicht der Fall ist); S. 929; 934. Vgl. Kalischer S. 125. – Auf was für ein Ereignis sich Beethovens Zornesausbruch bezieht, wissen wir nicht.


266 Vgl. über ihn Hanslick, Concertwesen in Wien S. 223.


267 Abschrift bei Thayer. Kalischer N. B. Br. S. 108.


268 Das stellt Schindler in einer Bemerkung auf dem Briefe in Abrede und sagt, er habe Schoberlechner nur geantwortet, er möge es bei Beethoven versuchen. Er hat aber doch die Sache nochmals zur Sprache gebracht.


269 Vgl. Nohl Br. Nr. 265. Kalischer Nr. 23 S. 107. Abschr. in Thayers Nachlaß.


270 Nach Schindlers Angabe auf dem Briefe war Schoberlechner Beethoven persönlich nicht bekannt und hatte sich ihm als Künstler nie genähert. Öffentlich spielte er seine Bravourstücke und paradierte mit seinen Mitgliedschaften und Ordensbesitztümern, was Beethoven Stoff zu beißenden Bemerkungen gab. Schoberlechner bekam diese Erwiderung Beethovens zu lesen; seinen Brief hatte Beethoven, wie erwähnt, an Schindler zurückgeschickt


271 Köchel Nr. 64 S. 70. Der Brief ist von Köchel nicht an seine richtige Stelle gesetzt; wie aus der Antwort des Erzherzogs hervorgeht, war er vor dem 31. Juli geschrieben.


272 Vgl. über Joseph Drechsler Köchel S. 94, Hanslick Concertw. S. 305 Schindler spricht in den Konv. – Heften von 1824 sehr wegwerfend über ihn als Kapellmeister.


273 S. oben S. 434, 4, Köchel Nr. 65.


274 Beethoven war noch nicht in Baden, sondern in Hetzendorf, von wo er mehrfach nach Wien kam.


275 Graf Moritz Dietrichstein war als Hofmusikgraf Vorstand der K. K. Hofkapelle.


276 Nach dem Original in Berlin; gedr. bei Schindler 2. Aufl. S. 140 und danach Nohl N. Br. S. 238 Anm.


277 Nottebohm II. Beeth. S. 117.


278 S. den Brief bei Kalischer Nr. 62, S. 137.


279 Der Brief, dessen Original sich in Berlin befindet, war im Faksimile in der 2. Auflage von Schindlers Biographie mitgeteilt und danach von Nohl Br. B. Nr. 270 abgedruckt. Nach dem Original gibt ihn jetzt Kalischer S. 118 Nr. 31. Mir liegt außer der von mir selbst genommenen noch eine zweite genaue Abschrift vor, die ich Dr. Kopfermanns Güte verdanke.


280 Ein Stück ist abgerissen.


281 So Kalischer; die Zahl ist nicht deutlich, es kann auch 250 heißen.


282 Nach der mir vorliegenden Abschrift ist hier ein Stück weggerissen; das Fehlende ist ergänzt nach Schindlers Faksimile, der keine Lücke angibt, ebensowenig wie Kalischer.


283 Der erste Teil des Briefes (vgl. auch S. 446, 1) ist im Anhang (VII) mitgeteilt.


284 Abschr. bei Thayer, von mir verglichen. S. Kalischer S. 127 Nr. 43, Nohl Br. Nr. 271.


285 »den« Nohl, Die Abschr. hat »derj.«, was wohl »derg.« (dergleichen) heißen soll.


286 Hier wollte wohl Beethoven »ist« oder »war« (Kalischer) schreiben.


287 »Variationen«, wie dies natürlich heißen soll, druckt Nohl willkürlich. Für Pers. hat Nohl »Pr.«, Kalischer aus Vermutung »Fr.« (Frau).


288 Schindler schrieb auf den zum Teil sehr undeutlich geschriebenen Brief: »von Hetzendorf oder Baden im Jahre 1823.« Die Erwähnung der Variationen und die Einladung zum Speisen für »heute oder morgen« spricht, wie mir scheint, für Hetzendorf, Kalischer (S. 128) erklärte sich für Baden wegen der eiligen Frage wegen der neuen Wohnung.


289 Bis nach der Prüfung im August 1823; er brachte dann die Ferienzeit bei dem Oheim in Baden zu. Wir haben auf ihn zurückzukommen (s.u. S. 468, 2 und beim Jahre 1825).


290 Wir haben über die traurige Sache einen ausführlichen Brief Schindlers vom 3. Juli an Beethoven, den wir, da uns die Sache hier zu weit führt, im Anhang (VII) mitteilen.


291 Nach Abschrift Thayers nach einem Faksimile. S. bei Nohl Br. Nr. 282, Kalischer S. 123 Nr. 35.


292 Dazu macht Schindler die Bemerkung: »Es betrifft die skandalöse Aufführung der Frau des Johann van Beethoven während dessen Krankheit im Sommer von 1823. Diese Frau besuchte nicht nur täglich ihren Liebhaber, einen Offizier, in der Caserne wo er wohnt, sie ging auch mit ihm an den besuchtesten Orten spazieren, empfing ihn sogar in ihrer Wohnung. Auf diesen Gegenstand bezieht sich ein Theil meines Briefes an Beethoven vom 3. Juli, der weiterhin festgemacht ist, der dem Meister als Belag A in seiner Eingabe an die Polizei dienen sollte. Es ist mir gelungen, ihn von diesem Schritte zurück zu halten, da das Aergerniß dadurch nur noch gesteigert worden wäre, ohne diese ehrvergessene Frau gebessert zu haben.«


293 Juni? Juli? letzteres ist unwahrscheinlich, da gerade am 2. Juli der längere Brief wegen der Stadtwohnung an Schindler geschrieben wurde. Die Zuschrift paßt in die frühe Hetzendorfer Zeit.


294 Abschr. bei Thayer, von mir verglichen. Nohl Br. Nr. 273, Kalischer S. 120 Nr. 32. Schindler schreibt darüber »vom Frühling 1823«, druckt aber II S. 51, wo er den Brief mitteilt, »verdient« anstatt »zu fürchten«.


295 Schindler a.a.O.


296 Köchel S. 69 Nr. 63.


297 Schindler II S. 52 s. Vgl. den Brief an den Erzherzog bei Köchel Nr. 62.


298 Abschr. bei Thayer, der auch Schindlers erklärende Anmerkung bringt. Gedruckt bei Schindler II S. 52, Nohl Br, Nr. 277, Kalischer S. 126 Nr. 41.


299 Wir sind hier Schindler gefolgt. Ob Beethoven mit dessen Hilfe ganz zufrieden war, bleibt zweifelhaft, da wir gerade in dieser Zeit den abfälligen Äußerungen über Schindler begegnen.


300 S. den weiter unten folgenden Brief an den Neffen, und Czernys Mitteilungen in der Wiener Allg. Mus. Ztg. 1845 S. 450 (von Nottebohm zitiert, vgl. auch Kalischer S. 150).


301 Den Brief teilt Nohl Br. Nr. 278 nach einer Abschrift in Schindlers Nachlaß mit. Das Original erhielten nach seiner Angabe (nach Schindlers Bemerkung) die Brüder Müller in Braunschweig durch Holz.


302 Und doch hatte er sich noch eben der Hülfe Schindlers bedient! Uns kann hier am wenigsten gefallen, daß er so an den jungen unreifen Neffen schreibt. Im Konv. – Buche von 1824 klagt Schindler einmal, daß Beethoven sich durch Karl und Bruder Johann gegen ihn einnehmen lasse.


303 Diesen Brief veröffentlichte Nottebohm in der Allg. Mus. Ztg. VI 1871 (Nr. 2) S. 24f., gab aber leider seine Quelle nicht an. Nach ihm Kalischer N. B. Br. S. 178.


304 Schindler, von welchem. auch im folgenden die Rede ist.


305 Mitgeteilt von Nohl N. Br. Nr. 265, welcher richtig sah, daß der Brief ins Jahr 1823 gehört, nicht wie auswärts darauf geschrieben war, 1824 Den Brief besaß nach seiner Mitteilung Frau Carl van Beethoven.


306 Die Frau und Stieftochter Johanne.


307 Damit deutet Beethoven wohl auf den Ehekontrakt hin, in welchem Johann seiner Frau die Hälfte des Vermögens verschrieben hatte (nach dem Konversationsheft). – Einige allzu unerfreuliche Worte sind hier weggelassen.


308 Nohl wollte das von der projektierten Oper Melusine verstehen. Das ist aber unwahrscheinlich, an dieser schrieb er damals nicht. Wir wissen nicht, was Beethoven gemeint hat.»Da ich eben etwas d.g. schreibe« bezieht sich wohl auf noch andauernde Versuche, die Musik der »Ruinen von Athen« mit neuem Text zu verwerten (Sporschil, Grillparzer).


309 Ries gab bei Peters in Leipzig »Due Allegri di bravura« für Klavier heraus und widmete sie Schwenke in Hamburg, große Rondos, wohlklingend und wohlgeformt, nicht gerade eigenartig, wesentlich auf brillante Technik berechnet. Der Neffe bemerkt einmal 1825 im Konversationsheft: »Die Allegri di bravura sind manchmal ziemlich schwer, ich finde aber, daß man, wenn man die Schwierigkeiten überwunden hat, eben nicht sonders belohnt wird.« Beethoven hatte sie also erhalten


310 Wegeler und Ries, Notizen S. 157.


311 So in meiner Abschrift. Bei Thayer »Allegri«. Das Briefchen an Kirchhoffer erwähnt ebenfalls die Messe.


312 Undeutlich ob »rechten« oder »wahren«. Der Übersender vermutet »alten«, wegen des Briefes vom 11. Juni 1816


313 Mitgeteilt von Frimmel, Neue Illustr. Zeitung (Wien) Bd. II (1863) Nr. 43. Kirchhoffer war nach Frimmel Buchhalter in einer Großhandlung und allmählich mit Beethoven näher bekannt geworden. Er vermittelte jetzt und später noch den Verkehr mit Ries.


314 S. Frimmel a.a.O.


315 Schindler II S. 204 s. Frimmel Neue Beeth. S. 43.


316 Vgl. u. S. 479.


317 Harmonicon 1824 S. 10. Hinsichtlich des Namens folge ich der Angabe in Thayers Exemplar, der Artikel selbst ist mit Σ unterschrieben. Dieselbe wird bestätigt durch Grove, Beethoven and his nine symphonies, pag. 336, der sich dabei auf W. Ayrton beruft, soweit ich ihn verstehe, den Herausgeber des Harmonicon oder dessen Sohn. Schindler gab den Artikel in Übersetzung in der 2. Aufl. der Biographie, 2. Nachtr. S. 164ff. Auch Chrysander übersetzt denselben im Jahrb. für musik. Wiss. I S. 448, hält aber irrtümlich Stumpff für den Verfasser, der nach seinen eigenen Aufzeichnungen und anderen Quellen erst 1824 in Wien war. Auch Nohl (III S. 407 und Beeth. nach der Schild. s. Zeitg. S. 175) wiederholt diesen Irrtum. –


318 »Sicherlich Streicher und Carl Holz« sagt Chrysander. Holz sicherlich nicht. Nohl meint: Streicher und Haslinger. Letzterer gewiß; wegen Streichers bleibt es ungewiß.


319 Das schränkt Schindler sehr ein, nur an guten Tagen habe sein linkes Ohr einzelne dicht zu ihm gesprochene Worte auffassen können, sonst sei auch dieses für alle menschlichen Laute taub gewesen.


320 Auch das erklärt Schindler für übertrieben. Es darf wohl auch bezweifelt werden, ob er vor den Besuchern spielte. Es ist klar, daß sich der Besucher auch der Mitteilungen anderer bedient.


321 In einer Anmerkung spricht der Reisende von der entsprechenden Gesinnung bei Mozart und Haydn.


322 Wir wissen, daß er bereit war die Melusine zu schreiben, er mochte wohl auch im Kopfe daran arbeiten, doch schrieb er, soviel wir wissen, nicht daran. Von den Verhandlungen mochte der Briefschreiber wohl erfahren haben.


323 Das kann Beethoven nicht gesagt haben, nachdem er Weber noch ein halbes Jahr vorher als seinen lieben Freund bezeichnet. Vgl. Nohl III S. 409 und Beeth. nach der Schild. s. Zeitg. S. 180, welcher meint, daß Beethoven entweder einer unbequemen Frage ausgewichen oder mißverstanden worden sei.


324 Nach Schindler der Stich von Höfel nach Letronne.


325 Nottebohm II Beeth. S. 345. Es ist nicht unmöglich, daß Beethoven, als er am 1. Okt. 1816 Birchall ein neues Trio anbot (Thayer III S. 407), dieses Trio gemeint hat. (Nottebohm, handschr. Bem. zu Thayers Verz. Nr. 247.)


326 Als »Adagio, Variationen und Rondo« im Mai 1824 von Steiner als erschienen angezeigt. Op. 121 a wird es im Unterschied vom Opferlied (Op. 121 b) bezeichnet, welches 1825 bei Schott unter gleicher Opuszahl erschien. Thayer chron. Verz. Nr. 247, Gesamtausgabe Serie XI 87. Auch Nohl (Beeth. nach der Schild. seiner Zeitgenossen S. 181) sah meines Erachtens ganz richtig, daß hier nur die VariationenOp. 121 a gemeint sein können.


327 Ob vielleicht der erste Entwurf überhaupt in frühere Zeit zurückreicht, wird niemand sagen können.


328 Dies und noch andere Einzelheiten über den Verkehr mit Weber entnehmen wir der Schilderung seines Sohnes Max Maria v. W. (II S. 509).


329 So erzählte Czerny O. Jahn.


330 Vgl. Schindler II S. 330f. Max Maria v. Weber III S. 256 fg.


331 Dieselbe findet sich in Thayers Nachlaß. Ich gebe sie natürlich in deutscher Übersetzung. – Val. dazu Weber a.a.O. S. 505ff.


332 Abschrift der Briefstelle, von Jähns mit dem Original verglichen und beglaubigt, in Thayers Nachlaß.


333 Der 5te Oktober war in der Tat ein Sonntag. Am 5. fand also, wie auch Max Maria v. Weber angibt, der Besuch statt, und Weber hat sich in dem Briefe an seine Frau um einen Tag geirrt.


334 Benedict erzählte Thayer noch, Weber habe ihn aufgefordert, mit ihm zu Beethoven zu gehen, er sei aber etwas ängstlich gewesen mitzugehen, da er damals noch ein Knabe war – wie, wenn Beethoven an ihn das Wort gerichtet hätte! Doch sei er bei dem Mittagessen gewesen. Er versprach dann Thayer über Einzelheiten aus seinen Erinnerungen an Beethoven zu schreiben – das wird der Brief gewesen sein, den wir oben mitteilten. – Wir entnehmen der Mitteilung, daß der Neffe damals noch in Baden war.


335 Das ist nicht wahrscheinlich, der Neffe war ja bei ihm, und besondere Ereignisse waren noch nicht eingetreten.


336 Hier folgen die bezüglichen Worte aus dem Briefe Webers an seine Frau.


337 M. M. von Weber (II S. 511) läßt diese Erzählung bei dem früher erwähnten Mittagessen vor sich gehen. Es ist aber unwahrscheinlich, daß das absprechende Urteil über den Text der Euryanthe in Webers Gegenwart gefällt worden wäre. Ich habe mich hier an Benedicts schlichte Erzählung gehalten.

In den Konversationen begegnen noch weitere absprechende Urteile anderer über die Euryanthe.


338 S. die früher (S. 59) zitierte Schrift von Dr. Faust Pachler, S. 20. Die folgende Briefstelle entnehme ich einer Abschrift in Thayers Nachlaß. Bei Pachler heißt es am Anfang: »Was mir aber in die Seele schnitt –«


339 Pachler wirst im Anschluß daran die Frage auf, ob bei dieser Gelegenheit jener Gefühlsausbruch (s. o. S. 61) erfolgt sei, behält aber seine Zweifel bei. Es ist wohl ausgeschlossen.


340 In Thayers Papieren finde ich einen Zettel, auf welchem (nicht von Thayers Hand, sondern wie mir scheint von Luib) geschrieben ist: »Ende Oktober 1823 (?) erst kam Beethoven wieder nach Wien zurück. Er bezog diesmal eine Wohnung in der Ungargasse (Landstraße) Nro. 364 zur schönen Sklavin«? Von wem die Fragezeichen herrühren, weiß ich nicht; die Erklärung bis zum Schlusse stimmt mit Schindler überein; ob die letzte Bezeichnung der Wohnung richtig ist, müssen Lokalkundige entscheiden.


341 Schindler II S. 55.


342 Der Neffe Beethovens hat jüngst die Ehre einer monographischen Behandlung erfahren durch M. Vancsa (s. Beil. z. Münchn. Allg. Zeit. 1901 Nr. 30. 31 und »Die Musik«, 1902, 2. Märzh., S. 1083ff.). Das Geburtsdatum des Neffen konnte V. aus den Taufmatrikeln richtigstellen: es ist der 4. September 1806, nicht wie Bd. II S. 310 irrtümlich angegeben, der 4. November 1807. Von seinen sonstigen Zeitangaben müssen wir einige Male abweichen. Soz.B. ist er nicht bis 1822, sondern bis August 1823 bei Blöchlinger geblieben und dann nicht gleich ins polytechnische Institut gekommen, sondern zunächst zur Universität übergegangen, um Philologie zu studieren. Während dieser Zeit wohnte er bei Beethoven, wie wir Schindler glauben dürfen.


343 Diesen wie auch den früheren Bericht hatte Thayer von Marie von Breuning. Er geht, nach Thayer, auf Löwes mündliche Erzählung zurück.


344 Nottebohm, vgl. I. Beeth. S. 50f.


345 In dem von Nottebohm veröffentlichten Briefe, Allg. Mus. Ztg. VI 1874 S. 18


346 Nottebohm, handschr. Bem. zu Thayers Verz. 231.


347 Nottebohm, II. Beethov. S. 540f.


348 Vgl. u. S. 478.


349 S. den Brief aus dem November 1824, bei Nohl, N. Br. B. Nr. 275.


350 S. beim Jahr 1825. Nohl, Br. Nr. 330.


351 Thayer, chronol. Verz. 231, Gesamtausgabe Serie 23 Nr. 217.


352 Schindler II S. 152.


353 Nottebohm, II. Beeth. S. 207.


354 Als das Jahr des Preßburger Konzerts gibt er 1822 an, wo die beiden Stücke noch nicht fertig waren, und als Jahr des Erscheinens 1826; so wenig bemühte er sich um genaue Daten. – Der Sänger Ehlers wird uns später noch einmal begegnen.


355 Auch dieses soll nach Schindler für den Tenoristen Ehlers geschrieben sein, was unmöglich ist.


356 Vgl. Nottebohm, II. Beeth. S. 207. Die unbestimmten Worte Czernys »skizzirt in sehr früher Zeit«, die in das Musikalienverzeichnis der Gesellschaft d, Musikfreunde geschrieben waren (auch zuOp. 121 b und Op. 128) müssen hier außer Betracht bleiben. Darüber war Czerny schwerlich genauer unterrichtet.


357 Ges. Ausg. Serie 22 Nr. 213. Vgl. Thayer, chron. Verz. Nr. 232. Einen autographen Klavierauszug besaß G. Petter in Wien.


358 In einer Skizze, welche den Tenorschlüssel anwendet, steht darüber: »nur 2 Stimmen Solo«. Sonst hat Beethoven keine Andeutung gemacht.


359 Auch hier fehlt jede nähere Bezeichnung Die Tonlage der Chorstimmen deutet auf Frauenstimmen.


360 In den Konversationen von 1826 sagt C. Holz: »Ich mußte recht lachen über die originelle Stelle im Bundeslied, wo sich die Clarinette lustig macht.«


361 Beethoven hatte schon am 5. Juni 1822 (s. S. 251) Peters 4 militärische Märsche angeboten.


362 Vgl. Nottebohms Anm. zu diesem Briefe.


363 Vgl. Nottebohms thematisches Verzeichnis S. 140. Thayer, chron. Verz. Nr. 147 (mit wichtigen handschr. Bem. Nottebohms).


364 Dies hatte nach Nottebohm schon auf dem ersten Autograph gestanden (them. Verz. S. 198), war aber ausradiert. In der Abschrift hatte es Erzh. Rudolph beigeschrieben. Die beiden Aufschriften schließen sich gegenseitig aus; Erzherzog Anton hatte mit der böhmischen Landwehr nichts zu tun


365 Gesamtausgabe Serie 25 Nr. 287. – In dem frühesten Druck bei Schlesinger in Berlin steht er als 37 in einer Sammlung von »Geschwindmärschen für die preußische Armee«, und zwar speziell für das Yorksche Korps; nach welcher der Vorlagen, ist ungewiß, nach Nottebohm stimmt die Ausgabe mit keiner der angeführten Handschriften ganz überein.


366 Nottebohm, II. Beeth. S. 256.


367 Ges. – Ausg. Serie 25 S. 297. Vgl. Thayer, chronol. Verz. Nr. 157 (mit Nottebohms handschr. Bem.). Über Skizzen Nottebohm, II. Beeth. S. 277. 526.


368 Serie 25 Nr. 288.


369 Ich beziehe mich hier auf einen handschriftlichen Zusatz Nottebohms zu Thayers chronol. Verz. Nr. 309, den ich hier nicht vollständig mitteilen kann. Vgl. auch Mandyczewski im Rev. – Bericht zur Breitkopf-Härtelschen Gesamtausgabe.


370 Themat. Verzeichnis (2. Aufl.) S. 139. Thayer, chronol. Verz. Nr. 206 (mit d. handschr. Bemerkungen Nottebohms)


371 Serie 2 Nr. 15.


372 Die Zeichnung findet sich in Schindlers Nachlaß auf der Berliner Bibliothek, Mappe 1. Nr. 86. Darunter steht:

»Das bürgerliche Artillerie-Corps der k. k. Haupt-und Residenzstadt Wien bittet um die Ehre einen Marsch für türkische Musik von der Composition des Herrn Louis van Beethoven zu besitzen. Diese Kanone stellet das Artillerie-Corps und eigentlich den Bittsteller vor, der der Bitte den gehörigen Nachdruck geben soll.«


»(Unterzeichnet)


Franz Xaver Embel

Magistratsrath und

Stadtoberkämmerer, dann

Oberst lieutenant der

bürgl. Artillerie.«


Rechts unten von Schindlers Hand:

»Diese Urkunde datirt von 1815 oder 1816. Der componirte Marsch ist der im thematischen Verzeichniß von Breitkopf u. Härtel Seite 140 angeführte in D dur. ›Aus dem Nachlasse.‹


A. Schindler.«


Schindler meinte natürlich die erste Auflage des thematischen Verzeichnisses; die zweite hat er nicht mehr erlebt.

Nachdem ich das Dokument selbst eingesehen, erhielt ich vorstehende Notitzen durch freundliche Mitteilung des Herrn Dr. Kopfermann in Berlin.


373 Nottebohm, II. Beeth. S. 347.


374 Vgl. die Darlegungen Nottebohms II. Beeth. S. 193ff., deren Inhalt – der hier im einzelnen nicht wiederholt werden kann – dem Studium aller empfohlen sei, welche diesen grundlegenden Erörterungen Interesse zuwenden.


375 Auch Schindler (II S. 44) begeht diese Verwechslung. Ob die in dem Briefe an Diabelli (A. M. Z. 1870 S. 59) genannten 6 Bagatellen die Op. 126 waren, was Nottebohm für möglich hält, lasse ich dahingestellt; dann würde sich ein dahin zielendes Geschäft zerschlagen haben. Auch Leidesdorf in Wien hat sie nicht nehmen wollen, wie wir den Konversationen aus dem Anf. 1824 entnehmen.


376 Vgl. o. S. 270.


377 Gesamtausgabe Serie 18 Nr. 190.


378 S. Ges.- Ausg. Serie 18 Nr. 191. Thayer, chronol. Verz. Nr. 289.


379 Vgl. noch die humoristische Besprechung von R. Schumann Ges. Schriften Ausg. v. Jansen, I S. 100.


380 Gegen den Schluß des Jahres (5. November) brachte das »Morgenblatt« aus Sporschils Feder einen Bericht über Beethovens Persönlichkeit und Lebensweise, welcher auch von der Wiener Theaterzeitung (15. November) aufgenommen wurde. Da er das Bild des Meisters gerade in dieser Zeit in sehr erwünschter Weise ergänzt, teilen wir ihn im Anhange (VIII) mit.

Quelle:
Thayer, Alexander Wheelock: Ludwig van Beethovens Leben. Band 4, Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1907., S. 381-480.
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