Achtes Kapitel

[17] Auch erhellt, dass wenn die Vordersätze aus denen der Schluss gezogen ist, allgemein lauten, der Schlusssatz eines solchen Beweises, wie überhaupt jedes wahrhaften Beweises immer gilt. Es giebt deshalb keinen Beweis und keine wahre Wissenschaft von den vergänglichen Dingen, als nur so, wie nebenbei, weil das Vergängliche nicht zu dem Allgemeinen der Dinge gehört, sondern nur zu Zeiten oder in gewisser Weise an ihnen sich befindet. Lautet also ein Schluss in dieser Weise, so muss der eine der Vordersätze kein allgemeiner sein und zu den vergänglichen gehören, und zwar zu den vergänglichen, weil auch der Schlusssatz es ist, und zu den nicht allgemeinen, weil das Ausgesagte später in einigen, von denen es ausgesagt wird, enthalten und in anderen nicht enthalten sein wird; man kann deshalb den Schlusssatz nicht allgemein folgern, sondern nur für die Gegenwart.

Ebenso verhält es sich mit den Definitionen; denn die Definition ist entweder der Obersatz des Beweises, oder ein Beweis, der sich nur in der Aufstellung von ihm unterscheidet, oder ein Schlusssatz aus einem Beweise. Die Beweise und Wissenschaften von dem, was oft geschieht, wie z.B. von den Mondfinsternissen sind offenbar insoweit, als sie wirkliche Beweise und Wissenschaften sind, immer gültig; so weit aber ihre Sätze nicht für immer gelten, haben sie nur beschränkte Gültigkeit, und wie dies für die Verfinsterungen gilt, so auch für andere Gegenstände solcher Art.

Quelle:
Aristoteles: Zweite Analytiken oder: Lehre vom Erkennen. Leipzig [o.J.], S. 17.
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