III. Gefühlsbildung

[161] Wer den Menschen im Zusammenhange des staatlichen Lebens betrachtet, muß die Bedeutung der Lust- und Unlustgefühle zu ermessen verstehen. Denn seine Aufgabe ist es, den Zweck in großen Zügen festzustellen, im Hinblick auf welchen man jegliches einzelne als ein Übel oder als ein Gut ohne weiteres bezeichnet. Aber auch sonst gehört es zu den notwendigen Aufgaben, darüber ins Klare zu kommen. Denn wir haben das sittlich Gute und das sittlich Schlechte als ein Verhalten zu Lust und Unlust gekennzeichnet, und die meisten Menschen sehen die Glückseligkeit als mit Lustgefühlen eng verbunden an. Darum ist auch der Ausdruck für den Glückseligen (makarios) abgeleitet von der Lustempfindung (chairein).

Quelle:
Aristoteles: Nikomachische Ethik. Jena 1909, S. 161.
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