2. Die Weise der Realität

[328] Heraklit ist in seiner Darstellung nicht bei diesem Ausdrucke in Begriffen, beim rein Logischen stehengeblieben, sondern außer dieser allgemeinen Form, in der Heraklit sein Prinzip vortrug, hat er seiner Idee auch einen realeren Ausdruck gegeben. Diese reale Gestalt ist vornehmlich naturphilosophisch, oder ihre Form ist mehr die natürliche; daher wird er noch zur ionischen Schule gerechnet, und [er] regte dadurch die Naturphilosophie an. Über diese reale Gestalt seines Prinzips sind jedoch die Geschichtsschreiber uneins. Die allermeisten sagen, daß er das seiende Wesen als Feuer gesetzt habe, andere aber als Luft, andere mehr die Ausdünstung als die Luft; selbst die Zeit findet sich bei Sextus als das erste seiende Wesen genannt. Die Frage ist: Wie ist diese Verschiedenheit zu begreifen? Man darf durchaus nicht glauben, daß diese Nachrichten der Nachlässigkeit der Schriftsteller zuzuschreiben seien, denn die Zeugen sind die besten, wie Aristoteles und Sextus Empiricus, die nicht im Vorbeigehen, sondern bestimmt von diesen Formen sprechen, ohne aber auf diese Verschiedenheiten und Widersprüche aufmerksam zu machen. Einen näheren Grund scheinen wir an der Dunkelheit der Schrift Heraklits zu haben, die in der Verworrenheit ihres Ausdrucks zum Mißverständnis Veranlassung geben konnte. Allein näher betrachtet, fällt diese Schwierigkeit weg, die sich zeigt, wenn man es nur oberflächlich damit nimmt; in dem tiefsinnigen Begriffe Heraklits findet sich selbst der wahrhafte Ausweg über dies Hindernis. Überhaupt konnte Heraklit nicht mehr wie Thales Wasser oder Luft oder dergleichen als absolutes Wesen aussprechen, nicht mehr in Weise eines Ersten, woraus das Andere hervorgehe, indem er Sein als dasselbe mit Nichtsein oder den unendlichen Begriff dachte. Und also kann das seiende absolute[328] Wesen nicht als eine existierende Bestimmtheit, z.B. des Wassers bei ihm auftreten, sondern das Wasser als sich verändernd, oder nur der Prozeß.

a) Abstrakter Prozeß, Zeit. Heraklit hat also gesagt, die Zeit sei das erste körperliche Wesen, wie Sextus dies ausdrückt. Körperlich ist ungeschickter Ausdruck. Die Skeptiker wählten häufig die rohsten Ausdrücke oder machten Gedanken erst roh, um mit ihnen fertigzuwerden. Körperlich, das heißt abstrakte Sinnlichkeit; die Zeit ist die abstrakte Anschauung des Prozesses, sie sei das erste sinnliche Wesen. Die Zeit also ist das wahre Wesen. Indem Heraklit nicht beim logischen Ausdrucke des Werdens stehenblieb, sondern seinem Prinzip die Gestalt des Seienden gab, so liegt hierin, daß sich ihm dafür zunächst die Form der Zeit darbieten mußte; denn eben im Sinnlichen, An schaubaren ist die Zeit das Erste, was sich als das Werden darbietet, es ist die erste Form des Werdens. Die Zeit ist das reine Werden, als angeschaut. Die Zeit ist das reine Verändern, sie ist der reine Begriff, das Einfache, das aus absolut Entgegengesetzten harmonisch ist. Ihr Wesen ist, zu sein und nicht zu sein, und sonst keine Bestimmung, – rein abstraktes Sein und abstraktes Nichtsein unmittelbar in einer Einheit und geschieden. Nicht, als ob die Zeit ist oder nicht ist, sondern die Zeit ist dies, im Sein unmittelbar nicht zu sein und im Nichtsein unmittelbar zu sein, – dies Umschlagen aus Sein in Nichtsein, dieser abstrakte Begriff, aber auf gegenständliche Weise angeschaut, insofern er für uns ist. In der Zeit ist nicht das Vergangene und Zukünftige, nur das Jetzt; und dies ist, um nicht zu sein, ist sogleich vernichtet, vergangen, – und dies Nichtsein schlägt ebenso um in das Sein, denn es ist. Es ist die abstrakte Anschauung dieses Umschlagens. Wenn wir sagen sollten, wie das, was Heraklit als das Wesen erkannte, in dieser reinen Form, in der er es erkannt hat, existierend sei als für das Bewußtsein, so wäre nichts anderes als die[329] Zeit zu nennen, und es ist mithin ganz richtig, daß die erste Form des Werdenden die Zeit ist; so hängt dies mit dem Gedankenprinzip Heraklits zusammen.

b) Reale Form als Prozeß, Feuer. Aber dieser reine gegenständliche Begriff muß sich weiter realisieren. In der Zeit sind die Momente, Sein und Nichtsein, nur als negativ oder unmittelbar verschwindende gesetzt. Ferner bestimmt Heraklit den Prozeß auf nähere physikalische Weise. Die Zeit ist Anschauung, aber ganz abstrakt. Wollen wir uns das, was sie ist, in realer Weise vorstellen, d.h. beide Momente als eine Totalität für sich ausdrücken, als bestehend, so ist die Frage, welches physikalische Wesen dieser Bestimmung entspricht. Die Zeit, mit solchen Momenten angetan, ist der Prozeß; die Natur begreifen heißt, sie als Prozeß darstellen. Dies ist das Wahre Heraklits und der wahre Begriff, und daher leuchtet uns dabei sogleich ein, daß Heraklit nicht sagen konnte, daß das Wesen Luft oder Wasser und dergleichen sei, denn sie sind (das ist das Nächste) nicht selbst der Prozeß. Dies ist aber das Feuer; so sagte er Feuer als das erste Wesen, – und dies ist die reale Weise des Heraklitischen Prinzips, die Seele und Substanz des Naturprozesses. Eben im Prozesse unterscheiden sich die Momente, wie in der Bewegung: α) das rein negative Moment, β) die Momente des bestehenden Gegensatzes, Wasser und Luft, und γ) die ruhende Totalität, Erde. Das Leben der Natur ist der Prozeß dieser Momente: die Entzweiung der ruhenden Totalität der Erde in den Gegensatz, das Setzen dieses Gegensatzes dieser Momente – und die negative Einheit, die Rückkehr in die Einheit, das Verbrennen des bestehenden Gegensatzes. Das Feuer ist die physikalische Zeit; es ist diese absolute Unruhe, absolutes Auflösen von Bestehen, – das Vergehen von Anderen, aber auch seiner selbst; es ist nicht bleibend. Und wir begreifen daher (es ist ganz konsequent), daß Heraklit das Feuer als den Begriff des Prozesses nennen konnte, von seiner Grundbestimmung ausgehend.

c) Dies Feuer hat er nun näher bestimmt, weiter ausgeführt[330] als realen Prozeß; es ist für sich der reale Prozeß, seine Realität ist der ganze Prozeß, worin dann die Momente näher, konkreter bestimmt werden. Das Feuer, als dieses Metamorphosierende der körperlichen Dinge, ist Veränderung, Verwandlung des Bestimmten, Verdünstung, Verdampfung; denn es ist im Prozesse das abstrakte Moment desselben, eben so nicht sowohl Luft als vielmehr das Ausdünsten. Für diesen Prozeß hat nun Heraklit ein ganz besonderes Wort gebraucht: anathymiasis Ausdampfung (Rauch, Dünste von der Sonne); Ausdünstung ist hier nur oberflächlich die Bedeutung, – es ist mehr: Übergang. Aristoteles sagt in dieser Rücksicht von Heraklit, daß nach seiner Darstellung das Prinzip die Seele sei, weil sie die Ausdünstung sei, das Hervorgehen von allem, und dies Ausdünsten, Werden sei das Körperloseste und immer fließend. Dieses ist auch passend für das Grundprinzip Heraklits.

Weiter hat er den realen Prozeß in seinen abstrakten Momenten so bestimmt, daß er zwei Seiten an ihm unterschied, »den Weg nach oben (hodos anô) und den Weg nach unten (hodos katô)«, – den einen die Entzweiung, den anderen das In-Eins-Gehen. Sie sind so wesentlich zu begreifen: die Entzweiung als Realisierung, Bestehen der Entgegengesetzten; das Andere: die Reflexion der Einheit in sich, Aufheben dieser bestehenden Gegensätze. Dafür hatte er die näheren Bestimmungen »der Feindschaft, des Hasses, des Streits (polemos, eris) und der Freundschaft, Harmonie (homologia, eirênê)«, – Diremtion und Setzen in Einheit. (Das ist auch mythologisch, Amor usw.) »Von diesen beiden ist die Feindschaft, der Streit dasjenige, welches Prinzip des Entstehens Unterschiedener ist, was aber zur Verbrennung führt Eintracht und Frieden.« Bei Feindschaft zwischen Menschen setzt einer sich als selbständig gegen den anderen oder ist für[331] sich, – Entzweiung, das Realisieren überhaupt; Einigkeit und Friede ist aber das Versinken aus dem Fürsichsein in die Ununterscheidbarkeit oder Nicht-Realität. Alles ist Dreiheit, wesentliche Einheit; die Natur ist dieses nimmer Ruhende und das All das Übergehen aus dem einen ins andere, aus der Entzweiung in die Einheit, aus der Einheit in die Entzweiung.

Die näheren Bestimmungen dieses realen Prozesses sind zum Teil mangelhaft und widersprechend. Es wird nun in dieser Hinsicht in einigen Nachrichten von Heraklit angeführt, daß er ihn so bestimmt habe: »Die Wendungen (Veränderungen) des Feuers sind zuerst das Meer, und dann davon die Hälfte die Erde, die andere Hälfte der Blitzstrahl«, – das entspringende Feuer. Dies ist das Allgemeine und sehr dunkel. Diogenes Laertios sagt (IX, § 9): »Das Feuer wird verdichtet zu Feuchtigkeit (pyknoumenon pyr exygrainesthai), und zum Stehen kommend (synistamenon) wird es Wasser«; das erloschene (verbrannte) Feuer ist das Wasser, das Feuer, was in die Gleichgültigkeit übergeht; »das erhärtete Wasser aber wird zu Erde, und dies ist der Weg nach unten. Die Erde wird dann wieder flüssig (geschmolzen), und aus ihr wird Feuchtigkeit (Meer) und aus dieser die Ausdünstung (anathymiasis) des Meeres, aus der dann alles entsteht«; sie geht wieder über in das Feuer, schlägt als Flamme heraus; »dies ist der Weg nach oben«. Also im allgemeinen Metamorphose des Feuers. »Wasser entzweit sich in finstere Ausdünstung, wird Erde, – und in reine, glänzende, wird Feuer, entzündet sich in der Sonnensphäre; das Feurige wird Meteore, Planeten und Gestirne.« Diese sind so nicht ruhige, tote Sterne, sondern als im Werden, in ewiger Erzeugung betrachtet. Diese orientalischen, bildlichen Ausdrücke sind nicht in roh sinnlicher Bedeutung zu nehmen, d.h. daß diese Verwandlungen in der äußeren Wahrnehmung vorkämen, sondern sie sind die Natur dieser Elemente; die Erde erzeugt sich ewig ihre Sonne und Kometen.[332]

Die Natur ist so dieser Kreis. In diesem Sinne sehen wir ihn sagen: »Das Universum hat kein Gott und kein Mensch gemacht, sondern es war immer und ist und wird sein ein immer lebendiges Feuer, das sich nach seinem Gesetze (metrô) entzündet und erlischt.« Wir begreifen, was Aristoteles anführt, das Prinzip sei die Seele, weil sie die Ausdünstung, dieser sich selbst bewegende Prozeß der Welt; das Feuer ist die Seele. Hieran schließt sich ein anderer Ausdruck, der sich bei Clemens dem Alexandriner findet: »Den Seelen (dem Belebten) ist der Tod, Wasser zu werden; dem Wasser ist der Tod, Erde zu werden; umgekehrt aus der Erde erzeugt sich dann Wasser, aus dem Wasser aber die Seele.« Es ist also überhaupt dieser Prozeß des Erlöschens, des Zurückgehens des Gegensatzes in die Einheit und des Wiedererweckens desselben, des Hervorgehens aus Einem. Das Erlöschen der Seele, des Feuers in Wasser, die Verbrennung, die zum Produkt wird, erzählen einige falsch als eine Weltverbrennung. Es ist mehr eine Vorstellung der Phantasie, was Heraklit gesprochen haben soll von einem Weltbrande, daß nach einer gewissen Zeit (wie nach unserer Vorstellung ein Ende der Welt) die Welt in Feuer untergehe. Wir sehen aber sogleich aus den bestimmtesten Stellen, daß dieser Weltenbrand nicht gemeint sei, sondern es ist dies beständige Verbrennen, Werden der Freundschaft, – das allgemeine Leben, der allgemeine Prozeß des Universums. »Heraklit sagt, daß Leben sowohl als Sterben in unserem Leben wie in unserem Tode vereint ist; denn wenn wir leben, so sind unsere Seelen gestorben und in uns begraben; wenn wir aber sterben, so auferstehen und leben unsere Seelen.«

In Rücksicht dessen, daß bei Heraklit das Feuer das Belebende,[333] die Seele ist, findet sich ein Ausdruck vor, der bizarr erscheinen kann, nämlich der, daß die trockenste Seele die beste sei. Wir nehmen zwar auch nicht die nasseste für die beste, aber doch im Gegenteil die lebendigste; trocken heißt hier aber feurig, so ist die trockenste Seele das reine Feuer, und dies ist nicht unlebendig, sondern die Lebendigkeit selbst.

Das sind die Hauptmomente des reellen Lebensprozesses. Ich verweile einen Augenblick hierbei, indem damit überhaupt aller Begriff der spekulativen Betrachtung der Natur (Philosophie der Natur) ausgesprochen ist. Sie ist Prozeß an ihr selbst. In diesem Begriffe geht ein Moment, ein Element in das andere über: Feuer wird zu Wasser, Wasser zu Erde und Feuer. Es ist alter Streit über die Verwandlung, gegen die Unwandelbarkeit der Elemente. In diesem Begriffe scheidet sich die gemeine sinnliche Naturforschung und die Naturphilosophie. An sich, in der spekulativen Ansicht wird die einfache Substanz in Feuer und die übrigen Elemente metamorphosiert; in der anderen ist aller Übergang aufgehoben, Wasser ist eben Wasser, Feuer ist Feuer usf., – kein Begriff, keine absolute Bewegung, sondern nur Hervorgehen ist, eine äußerliche Trennung schon Vorhandener. Wenn jene Ansicht die Verwandlung behauptet, so glaubt diese Ansicht das Gegenteil aufzeigen zu können; sie behauptet zwar Wasser, Feuer usf. nicht mehr als einfache Wesenheiten, sondern zerlegt sie in Wasser-, Sauerstoff usf., – aber deren Unwandelbarkeit behauptet sie. Sie behauptet dabei mit Recht, daß, was an sich sein soll in der spekulativen Ansicht, auch die Wahrheit der Wirklichkeit haben müsse; denn wenn das Spekulative dies ist, die Natur und das Wesen ihrer Momente zu sein, so muß dies auch so vorhanden sein. (Man stellt sich das Spekulative vor, als das nur im Gedanken sei oder im Innern, d.h. man weiß nicht wo.) Es ist dies auch so vorhanden; aber die Naturforscher verschließen sich das Auge dazu durch ihren beschränkten Begriff.[334]

Wenn wir sie hören, so beobachten sie nur, sagen, was sie sehen; aber dies ist nicht wahr, sondern bewußtlos verwandeln sie unmittelbar das Gesehene durch den Begriff. Und der Streit ist nicht der Gegensatz der Beobachtung und des absoluten Begriffs, sondern des beschränkten fixierten Begriffs gegen den absoluten Begriff. Sie zeigen die Verwandlungen als nicht seiend, z.B. des Wassers in Erde; bis auf die neuesten Zeiten wurde sie behauptet; – wird Wasser destilliert, so blieb ein erdiger Rückstand. Lavoisier stellte genaue Versuche an, wog alle Gefäße, – es zeigte sich ein erdiger Rückstand; aber aus der Vergleichung ergab sich, daß er von den Gefäßen komme. Es gibt einen oberflächlichen Prozeß, der nicht Überwindung der Bestimmtheit der Substanz: »Wasser verwandelt sich nicht in Luft, sondern nur in Dampf, und Dampf verdichtet sich immer nur wieder zu Wasser.« Allein dort wie hier fixieren sie nur einen einseitigen, mangelhaften Prozeß und geben ihn für den absoluten Prozeß aus. Wie wenn ich sage: Der Naturprozeß ist ein Ganzes von Bedingungen; wenn einige derselben fehlen, kommt ein Anderes heraus, als wenn ich alle Bedingungen erfülle. Eisen wird Magnet, nicht wenn ich es glühe, sondern mit sich selbst auf eine gewisse Weise streiche oder halte; freilich gibt es Umstände, unter denen es dasselbe bleibt. Mechanische Teilung nur ist immer möglich: ein Haus kann in Steine und Balken zerlegt werden; diese sind als Steine und Balken vorhanden. In diesem Sinne sprechen sie vom Verhältnis des Ganzen und der Teile nicht als von ideellen Momenten, – zu denen sie kommen als an sich, unsichtbar, latent, nicht positiv (als Momenten), aber hier erhalten noch als Vorstellen. Aber im Realen, im Naturprozeß machen sie die Erfahrung, daß der aufgelöste Kristall Wasser gibt und im Kristall Wasser verlorengeht, hart wird, – Kristallwasser; daß die Ausdünstung der Erde nicht als Dampfform im[335] äußeren Zustande, in der Luft anzutreffen ist, sondern die Luft ganz rein bleibt oder der Wasserstoff ganz verschwindet in der reinen Luft. Sie haben sich genug vergebliche Mühe gegeben, Wasserstoff in der atmosphärischen Luft zu finden. Sie machen ebenso wieder die Erfahrung, daß ganz trockene Luft, an der sie weder Feuchtigkeit noch Wasserstoff aufzeigen können, in Dünste und Regen übergeht usf. Dies ist die Beobachtung, aber sie verderben alle Wahrnehmung der Verwandlungen durch den festen Begriff; sie bringen nämlich den fixen Begriff von Ganzem und Teilen mit, von Bestehen aus Teilen, von Schon-vorhanden-gewesen-Sein dessen, als eines solchen, was sich entstehend zeigt. Der Kristall, aufgelöst, zeigt Wasser, so sagen sie: »Es ist nicht als Wasser entstanden, sondern vorher schon drin gewesen«; Wasser, entzweit in seinem Prozesse, zeigt Wasserstoff und Sauerstoff: »Diese sind nicht entstanden, sondern vorher schon als solche, als Teile, woraus das Wasser besteht, dagewesen.« Aber sie können weder Wasser im Kristall noch Sauer- und Wasserstoff im Wasser aufzeigen. Ebenso verhält es sich mit dem »latenten Wärmestoff«. Wie es mit allem Aussprechen der Wahrnehmung und Erfahrung [ist]; wie der Mensch spricht, so ist ein Begriff darin, er ist gar nicht abzuhalten, im Bewußtsein wiedergeboren, – immer Anflug der Allgemeinheit und Wahrheit erhalten. Denn eben er ist das Wesen; aber nur der gebildeten Vernunft wird er absoluter Begriff, nicht in einer Bestimmtheit wie hier. Sie kommen notwendig auf ihre Grenze; so ist ihr Kreuz, keinen Wasserstoff in der Luft zu finden; Hygrometer, Flaschen voll Luft, aus den hohen Regionen durch Luftballon, zeigen ihn nicht als seiend. Kristallwasser ist nicht mehr als Wasser, – verwandelt, zu Erde geworden.

Um zu Heraklit zurückzukehren, so ist er derjenige, welcher zuerst die Natur des Unendlichen ausgesprochen und zuerst eben die Natur als an sich unendlich, d.h. ihr Wesen als Prozeß begriffen hat. Von ihm ist der Anfang der Existenz der Philosophie zu datieren; er ist die bleibende Idee, welche[336] in allen Philosophen bis auf den heutigen Tag dieselbe ist, wie sie die Idee des Platon und Aristoteles gewesen ist.

Quelle:
Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Werke in zwanzig Bänden. Band 18, Frankfurt am Main 1979, S. 328-337.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie
Universal-Bibliothek, Nr. 4881: Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte
Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft Nr. 612: Georg Wilhelm Friedrich Hegel Werke Band 12: Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte
Werke in 20 Bänden mit Registerband: 18: Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie I (suhrkamp taschenbuch wissenschaft)
Werke in 20 Bänden mit Registerband: 19: Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie II (suhrkamp taschenbuch wissenschaft)
Werke in 20 Bänden mit Registerband: 20: Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie III (suhrkamp taschenbuch wissenschaft)

Buchempfehlung

Müllner, Adolph

Die Schuld. Trauerspiel in vier Akten

Die Schuld. Trauerspiel in vier Akten

Ein lange zurückliegender Jagdunfall, zwei Brüder und eine verheiratete Frau irgendwo an der skandinavischen Nordseeküste. Aus diesen Zutaten entwirft Adolf Müllner einen Enthüllungsprozess, der ein Verbrechen aufklärt und am selben Tag sühnt. "Die Schuld", 1813 am Wiener Burgtheater uraufgeführt, war der große Durchbruch des Autors und verhalf schließlich dem ganzen Genre der Schicksalstragödie zu ungeheurer Popularität.

98 Seiten, 6.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Frühromantik

Große Erzählungen der Frühromantik

1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.

396 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon