[32] Denn man weiß ja doch nichts von dem Wesen der Seele; man weiß nicht,
Ob sie schon mit der Geburt in uns eingeht oder ob dann erst
Sie entsteht und im Tod mit dem Leibe zusammen sich auflöst;
Ob sie im Orkus verschwindet und seinen geräumigen Schlüften
Oder ob Götterbefehl sie in andre Geschöpfe verbannet.
So sang Ennius einst, der erste der römischen Dichter,
Der von des Helikon Höhen sich ewig grünenden Lorbeer
Pflückte zum Kranz. Hell klinget sein Preis durch Italiens Lande.
Zwar verkündet der Dichter in seinen unsterblichen Versen,
Unten am Acheron seien wohl allerlei Räume, doch unsre
Wirklichen Seelen und Leiber gelangten da nimmer hinunter,
Sondern nur Schattengebilde und wunderlich bläßliche Schemen.
So sei einst aus der Tiefe des ewig jungen Homeros
Schatten im Traum ihm erschienen und habe mit Tränen im Auge
Ihm zu enthüllen begonnen im Lied das Geheimnis des Daseins.