Drahomira

[172] Drahomira (Slav. M.), eine mächtige Böhmenherzogin, welche die Christen, die damals sich auszubreiten begannen, auf alle Art verfolgte. Sie war an Wratislaw vermählt, und nur unter der Bedingung seine Gemahlin geworden, dass sie sich zum Christenthume bekenne, wusste jedoch von Tag zu Tag die Erfüllung dieses Versprechens hinauszuschieben, bis ihr Gemahl starb, sie nunmehr öffentlich gegen die Christen auftrat und selbst ihren ältesten Sohn nicht zu schonen beschloss, weil derselbe auch Christ war. Nach den entsetzlichsten Thaten liess sie diesen durch ihren zweiten Sohn der Krone und des Lebens berauben, und opferte den alten Götzen auf dem Grabe ihres Vaters, über dem sie einen Tempel erbauen liess. Einst fuhr sie auch dahin, bei einer Kirche vorbei, in welcher das Messglöcklein so eben läutete; sogleich sprang der Kutscher, der ein Christ war, von seinem Sitz, worob die Herzogin so entsetzliche Lästerungen ausstiess, dass die Erde sich unter ihr öffnete und sie mit Ross und Wagen verschlang, nur die Peitsche des Kutschers blieb als Wahrzeichen liegen; Flammen und erstickender Schwefeldampf brachen aus der Stelle, und dort hörte man noch Jahrhunderte nachher das Geheul der von den Teufeln gemarterten Herzogin.

Quelle:
Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart 1874, S. 172.
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