Thestor

[430] Thestor (Gr. M.),

1) Sohn des Enops, ein Trojaner, der durch das Erscheinen des Patroclus in Achilles' Waffen so entsatzt wurde, dass er sich widerstandlos niedermachen liess.

2) T., Sohn des Idmon und der Laothoë, Vater des Calchas, der Leucippe und der Theonoë. Letztere, von ausserordentlicher Schönheit, wurde desshalb schon sehr jung geraubt und verkauft, Niemand wusste wohin. T., sie suchend, ward nach langem Umherirren gleichfalls von Seeräubern gefangen, und durch Zufall an denselben Herrn, Icarus in Carien, verkauft. Theonoë hatte die Liebe desselben gewonnen und befand sich in grossem Glück, als auch Leucippe, ihre Schwester, in der Tracht eines Priesters nach Carien an den Hof des Königs Icarus kam, wo sich ihre Schwester und ihr Vater aufhielten, ohne sich noch zu kennen. Leucippe hatte auf Befehl des Orakels die Reise unternommen, doch schien sie nicht zum Heile sich zu wenden, indem Theonoë, von Liebe zu dem jungen schönen Priester durchdrungen, und, wie natürlich, kein Gehör findend, im Zorn[430] ihrem Sclaven T. befahl, jenen zu ermorden; klagend über sein Schicksal, das ihn zur Sclaverei, zum Verlust seiner Kinder, und nun noch zu einem schändlichen Mord verdamme, wollte er sich selbst den Tod geben, als er von seiner Tochter erkannt wurde. Der König, gerührt über dieses merkwürdige Zusammentreffen von Umständen, schickte die von den Göttern Begünstigten reich beschenkt nach Hause.

Quelle:
Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart 1874, S. 430-431.
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