Kleine Gewohnheiten

[237] Verträgt es sich mit dem Ernste dieser Schrift, daß ich, wenn auch nur flüchtig, von den kleinen Gewohnheiten und Bequemlichkeiten des Alltagsmenschen spreche?

Ich glaube, ja. Es ist sogar sehr wichtig. Denn diese kleinen Gewohnheiten sind wie tausend Zwirnfäden, von denen jeder einzelne dünn und schwach ist – zusammen sind sie ein unzerreißbares Seil.

Auch auf diesem Punkte muß man sich von beschränkten Vorstellungen frei machen. Wer etwas von der Welt gesehen hat, der weiß, daß gerade die kleinen Alltagsgewohnheiten schon jetzt mit Leichtigkeit überallhin verpflanzt werden. Ja, die technischen Errungenschaften unserer Zeit, welche dieser Plan für die Menschlichkeit verwenden möchte, sind bisher hauptsächlich für die kleinen Gewohnheiten verwendet worden. Es gibt englische Hotels in Ägypten und auf den Berggipfeln der Schweiz, Wiener Cafés in Südafrika, französische Theater in Rußland, deutsche Opern in Amerika und das beste bayrische Bier in Paris.

Wenn wir noch einmal aus Mizraim wandern, werden wir die Fleischtöpfe nicht vergessen.

In jeder Ortsgruppe kann und wird jeder seine kleinen Gewohnheiten wiederfinden, nur besser, schöner, angenehmer.[237]

Quelle:
Athenäum Verlag, Königstein, 1985, S. 237-238.
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