Bitter

[1037] Bitter, -er, -ste, adj. et adv. was auf der Zunge beißt, eine gewisse beißende Empfindung auf der Zunge verursacht, von dem Geschmacke. 1. Eigentlich. Das schmeckt bitter. Bitter wie Galle. Bitter wie Wermuth. Bittere Mandeln. Das bittere Wasser Mosis, nicht weil es von Geschmacke bitter, sondern weil es mit einem Fluche verbunden war, daher es von dem Hrn. Hofr. Michaelis durch Fluchwasser übersetzt wird, weil Flüche bey den Hebräern Bitterkeiten heißen.

2. Figürlich. 1) Wegen damit verbundener Beleidigung schmerzhaft, oder empfindlich. Ein bitterer, (anzüglicher) Scherz. Die bittere Wahrheit. Bittere Spöttereyen. Ein bitteres Lachen. Der bittere Tod, im gemeinen Leben. Bittere Beschuldigungen anzuhören ist eine große Marter für ein ehrliebendes Herz, Gell. Ehedem war es in der Bedeutung des Unangenehmen allgemeiner. Ein bitter schur, kommt von einem empfindlichen Winde bey dem Winsbeck vor. Allein heut zu Tage ist es nur auf einige besondere Fälle eingeschränkt. 2) Was von[1037] einer solchen schmerzhaften Empfindung verursacht wird. Ich habe deinetwegen die bittersten Thränen vergossen. In grossem leyd vergüssent sy ir bitter zäher, Buch Belial 1472. S. Bitterlich. Außer welchem Falle es in dieser Bedeutung wohl nicht weiter üblich ist. 3) Feindselig. Ein bitteres, (feindseliges) Gemüth. Einem die bittersten Vorwürfe machen. Ein bitterer Haß. S. Erbittern.

Anm. Bitter, bey dem Ulphilas baitrs, im Angels. biter, bey dem Ottfried bitter, bey dem Notker pitter, im Schwed. Dän. Nieders. und Engl. gleichfalls bitter, bey den Krainerischen Wenden britke, kommt von beißen, Nieders. biten her, welches die Isländische Mundart, in welcher dieses Wort beiskur lautet, noch mehr bestätiget. Den Begriff des Bittern drucken die Oberdeutschen auch noch durch hantig, hannig, räß, und barsch aus, welches letztere vermuthlich auch von beißen herkommt, und im Niedersächs. basch, im Holländ. barsk, im Dän. beesk, im Schwed. barsk, besk und betsk lautet, obgleich Wachter es auf eine äußerst unwahrscheinliche Art von dem Griech. αωρος, unreif, ableitet. Nicht das bitterste, bedeutet durch ganz Niedersachsen so viel als, nicht das geringste; allein dieses hat mit bitter, amarus, nichts zu thun, sondern kommt zunächst von Bißchen, Nieders. bítsken, betken, her.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1037-1038.
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