Blume, die

[1086] Die Blume, plur. die -n, Diminutivum das Blümchen, im Oberdeutschen Blümlein. 1. Eigentlich, die zur Erzeugung neuer Pflanzen nöthigen Theile der Befruchtung, nach ihrer ersten Entwickelung. In dieser weitesten Bedeutung kommt dieses Wort nur bey den Schriftstellern des Naturreiches vor. Im gemeinen Leben pfleget man diese Theile nur bey den Pflanzen mit dem Nahmen der Blumen zu belegen, da man von den Bäumen und Sträuchen das Wort Blüthe gebraucht. In noch engerer Bedeutung führen nur diejenigen Blüthen der Pflanzen und einiger Sträuche den Nahmen der Blumen, welche man um ihrer angenehmen Farbe oder um ihres Geruches willen schätzet. In dieser Bedeutung heißen die Blüthen der Rosen, Nelken, Tulpen, Anrikeln, Lilien u.s.f. Blumen. S. Blüthe. Blumen pflücken. Blumen sammeln. Ich will sein Grab mit Blumen bestreuen.

2. Figürlich. 1) Diejenigen Pflanzen selbst, welche vornehmlich um ihrer Blumen wegen geschätzet werden. So begreift man im gemeinen Leben, die Nelkenpflanzen, die Tulpenpflanzen u.s.f. unter dem allgemeinen Nahmen der Blumen. Das Feld ist mit den schönsten Blumen bewachsen. 2) Das feinste und beste von einer Sache, in einigen besondern Fällen. So nennt man in der Scheidekunst die feinsten flüchtigsten Theile der Körper, welche in der Sublimation von den gröbern geschieden werden, im Plural[1086] Blumen, flores. 3) Das Nierenfett in den Thieren, und das Schmalzfett bey dem Geflügel wird im gemeinen Leben gleichfalls die Blume, oder im Plural Blumen genannt, entweder nach eben der Figur, nach welcher die Scheidekünstler dieses Wort gebrauchen, oder auch von einem eigenen noch unbekannten Stammworte. Denn im Nieders. heißt dieses Fett Flomen, dagegen eine Blume in eben dieser Mundart Blome lautet. 4) Die monathliche Reinigung des andern Geschlechtes wird von einigen gleichfalls die Blume, oder auch im Plural Blumen genannt; eine Bedeutung, welche vielleicht noch ein Überbleibsel des ersten allgemeinsten Gebrauches des Wortes blühen ist. 5) Bey den Färbern ist die Blume der schöne blaue Schaum, welchen der Indigo im Aufwallen in der Küpe macht. 6) In den Hüttenwerken sind die Blumen Blasen, welche sich auf den Blick des Silbers setzen, wenn es bald abgetrieben ist. Das Silber geht in Blumen, es wird bald blicken. 7) Ein weißer Fleck auf der Stirn des Rindviehes und der Pferde, eine Blässe, heißt im gemeinen Leben gleichfalls eine Blume. Bey den Jägern führet die Spitze des Schwanzes an den Füchsen gleichfalls diesen Nahmen. Füchse die eine weiße Blume haben, heißen Birkfüchse, die mit einer schwarzen Blume aber Brandfüchse. 8) Bey dem Rothwildbret wird der ganze Schwanz von den Jägern die Blume, bey den Hasen aber das Blümchen genannt. 9) Die Blume an einem Geschwüre, ist dessen Kopf, oder der erhabene weißliche Fleck, wo es sich gemeiniglich zu öffnen pflegt.

Anm. Blume lautet bey dem Übersetzer Isidors Blomo, bey dem Ottfried, Notker und Willeram Bluomo und Bluoma, bey dem Ulphilas Bloma, im Isländ. Bloma, im Schwed. Blomma, im Holländ. Bloeme, im Nieders. Blome. Einige Mundarten haben noch ein s in der Mitte, wie das Latein. Flos, das alte Oberdeutsche Blast und Blust, das Angels. Blosma, Blosm, Blosan, das Engl. Blossom und das Dän. Blomster. Beyde Mundarten stammen aus verwandten Quellen her, welches die Verba blühen und blasen, leuchten, scheinen, sind. S. Blühen. Notker und einige Dichter unter den Schwäbischen Kaisern gebrauchen dieses Wort auch im männlichen Geschlechte, der Blume. In der Blume des Lebens, für in der Blüthe, wie Klopstock Ein Mahl sagt, ist wider den Sprachgebrauch.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1086-1087.
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