[118] Fêst, -er, -este, adj. et adv. so zusammen hangend, daß es nicht ohne Mühe getrennt werden kann. 1. Mit andern Körpern. 1) Eigentlich, in welcher Bedeutung es in der Gestalt eines Adverbii am gebräuchlichsten ist; im Gegensatze dessen, was locker ist. Der Nagel steckt fest. Der Kalk hält fest,[118] sitzt fest. Einen Fliehenden ergreifen und fest halten. Ich will ihn schon fest halten, auch figürlich, ihn zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit, meiner Absichten zwingen. Halt das Glas fest. Die Thüre fest zumachen. Den Schrank fest zuschließen. Sich fest an die Mauer, an einen Baum anhalten. Den Sand fest an die Mauer anstoßen. Die Soldaten schließen sich fest an einander. Der Boden im Fasse sitzt nicht fest. Binde die flatternden Weinreben fest an den Ulmbaum. Besonders in Ansehung der Grundfläche. Ein Tisch, ein Stuhl steht fest, wenn er nicht wackelt. Ein Baum, eine Säule, ein Schrank stehet fest, wenn keine Gefahr des Umfallens zu besorgen ist. Fest auftreten. 2) Figürlich, wo es auch in der Gestalt eines Adjectives nicht selten ist. (a) Vor unwillkührlichen Bewegungen sicher. Eine feste Hand, in den schönen Künsten, eine gewisse, gesetzte Hand, welche nicht in Gefahr ist, unwillkührliche Züge zu machen. Im gemeinen Leben ist die feste Hand, ein beständig gleicher Preis einer Waare. Die feste Hand bey einer Waare erhalten, abschaffen, einführen. Der Boden ist so uneben, man hat hier keinen festen (gewissen) Tritt. (b) Der Freyheit beraubt, als ein Adverbium. Einen Dieb fest machen, fest nehmen, ihn in Verhaft nehmen; ehedem verfesten. Sich fest essen, trinken, im gemeinen Leben, für die Zeche, die man nicht bezahlen kann, ein Gefangener des Wirthes bleiben müssen. (c) Beständig, der Zeitdauer nach, doch nur in einigen Fällen. Eine feste Wohnung an einem Orte haben. Sich an einem Orte fest setzen, sich auf immer daselbst niederlassen. Ein Kriegsheer setzt sich in einem Lande fest, wenn es sich solcher Örter in demselben bemächtiget, aus welchen es nicht ohne Mühe vertrieben werden kann. (d) Standhaft, unveränderlich, beständig, dem Willen, der Entschließung nach. Fest auf etwas bestehen. Ich habe es fest bey mir beschlossen. Ein fester Entschluß. Die Reise ist noch nicht fest gesetzt, fest gestellet. Ich habe es ihm fest versprochen. Fest über etwas halten, standhaft auf dessen Beobachtung dringen. Nur die biblischen Ausdrücke, fest halten an der Frömmigkeit, an Gott, an dem Glauben, ob der Demuth u.s.f. sind im Hochdeutschen eben so ungewöhnlich, als die R.A. fest im Sinne seyn, Ruth 1, 18. (e) Unveränderlich, seinem gegenwärtigen Zustande nach. Es soll fest und unverbrüchlich gehalten werden. Eine feste Regel des Lebens. Aber die biblischen Arten des Gebrauches, der König wird durch die Güte des Herren fest bleiben, Ps. 21, 8; mein Bund soll ihm fest bleiben, Ps. 89, 29; daß die Verheißung fest bleibe allem Samen, Röm. 4, 16; die Geduld aber soll fest bleiben bis ans Ende, Jac. 1, 4, sind veraltet. Hierher scheinet auch der größten Theils veraltete Titel ehrenfest oder ehrenvest zu gehören, eine Person zu bezeichnen, welche eines ungekränkten dauerhaften guten Nahmens genießet. S. Vest. (f) Gewiß, der Überzeugung nach. Etwas steif und fest behaupten, im gemeinen Leben. Ich bin fest der Meinung, lebe der festen Meinung. Fest von einer Sache überzeugt seyn. Eine feste Überzeugung. Ein festes Vertrauen, eine feste Hoffnung auf etwas setzen. Fest seyn im Glauben, Col. 2, 7, Überzeugung haben. S. Glaubenfest. (g) Der Erkenntniß, der Fertigkeit nach, in einigen Fällen. Sich in einer Kunst, in einer Wissenschaft fest setzen, sich in derselben die nöthige Kenntniß oder Fertigkeit erwerben. Sich fest setzen im Guten. S. auch Kapitelfest. Daher war fest ehedem auch für weise, verständig üblich. Abigail die fessete, in einer handschriftlichen Übersetzung der Bibel bey dem Frisch. Vor nicht gar langer Zeit war Vest noch der gewöhnliche Titel der Rechtsgelehrten, und aus einigen Kanzelleyen bekommen sie denselben noch jetzt.
[119] 2. Unter sich, von den Theilen eines Ganzen, wenn sie so verbunden sind, daß sie nicht ohne Mühe getrennt werden können. 1) Eigentlich. Einen Knoten fest zuziehen. Ein fester Knoten. Ein fester Ball, ein festes Packet. Die Schuhe fest zuschnallen. Den Sack fest zubinden. Ein festes Gefäß, welches nicht rinnet. Ein festes Gebäude, eine feste Mauer, bey welchen keine Gefahr des Einfallens zu besorgen ist. S. auch Feuerfest. Etwas fest zusammen drücken, pressen, binden. Ein fester Teig, bey den Bäckern, im Gegensatze eines lockerern, S. Fastbäcker. Festes, derbes, Brot. Ein festes Tuch, festes Gewebe. Die Erde fest zusammen stoßen. Festes, hartes, Erdreich. Ein fester Grund, im Gegensatze eines weichen. Festes Gestein, festes Holz, hartes. Feste Körper, im Gegensatze der flüssigen. Das feste Land, der trockne Theil des Erdbodens, im Gegensatze des Meeres, bey dem Notker zesamine habig lant, nach dem Latein. continens. In engerm Verstande wird das feste Land den Inseln entgegen gesetzet, und alsdann bedeutet es einen großen Strich festen Landes, so fern derselbe an andere feste Länder stößet. 2) Figürlich. (a) Was nicht ohne Mühe eingenommen werden kann, von Örtern. Eine feste Stadt, ein festes Schloß. Die Stadt ist sehr fest. Ein festes Lager, ein fester Paß. Ein von Natur fester Ort. S. Festung. (b) Dauerhaft. Einen festen, dauerhaften, Körper haben. Ihre Freundschaft ist sehr fest. Eine feste Freundschaft. Sie sind auf das festeste mit einander verbunden. (c) Von dem Schlafe. Fest schlafen, so daß man nicht leicht erwecket werden kann. Ein fester Schlaf, im Gegensatze des leisen. (d) Unverletzlich, in der im gemeinen Leben üblichen Redensart, sich fest machen, sich durch abergläubige Mittel vor Verwundungen in Sicherheit setzen. (e) * Tapfer, stark; in welcher nun veralteten Bedeutung fest und vest ehedem ein gewöhnlicher Ehrentitel der Ritter war. Hiob 12, 19 bedeutet es auch so viel als mächtig; er lässets fehlen den Vesten. Sich fest halten, 1 Mos. 43, 31, sich stark machen, sich der Wehmuth enthalten, ist gleichfalls veraltet. (f) * Ehedem bedeutete es auch sehr. So sagt man noch im gemeinen Leben, das Wasser zu fest zurück stellen oder schwellen, d.i. zu sehr, zu hoch. S. Fast, welches in diesem Verstande gleichfalls üblich war.
Anm. In den meisten der jetzt gedachten Bedeutungen lautet dieses Wort, welches ehedem auch vest geschrieben wurde, schon bey dem Kero fest, bey dem Ottfried fest und fast, im Isländ. fastur, im Schwed. Dän. Engl. und Nieders. fast. Selbst im Persischen ist besten verschließen, befestigen. Es scheinet zu dem Zeitworte fassen zu gehören, und eigentlich etwas zu bedeuten, welches wohl gefasset worden. Das Latein. manifestus, nach welchem die Deutschen ihr handgreiflich gebildet haben, gehöret, allem Ansehen nach, auch hierher. Ehedem war für dieses Wort auch hebig, und für Festigkeit Hebigkeit üblich. Siehe Vest und Fast.