Fichte, die

[142] Die Fichte, plur. die -n, oder der Fichtenbaum, des -es, plur. die -bäume, ein Baum, welcher zu dem Nadelholze gehöret; Pinus Abies picea L. Sie hat einzelne, runde, nadelförmige Tangeln oder Nadeln, und wird wegen ihrer röthlichen Rinde auch Rothtanne, Rothfichte, und wegen des Harzes und Peches, welches man von ihr bekommt, auch Harztanne und Pechtanne genannt. Jemanden um die Fichte, oder hinter die Fichte führen, figürlich im gemeinen Leben, ihn hintergehen, ihn hinter das Licht führen, listig berücken.


Die Hoffnung führt ihn dort im Elend um die Fichte,

Günth.


In den Beyträgen zur krit. Hist. der Deutschen Sprache Th. 7, S. 80 f. wird diese figürliche R.A. auf eine seltsame Art aus der Liebesgeschichte des Atys mit der Cybele erkläret, nach welcher der erstere von dem Jupiter aus Eifersucht seiner Mannheit beraubet worden, welches denn hinter einer Fichte geschehen seyn soll.

Anm. 1. Weil die Nahmen Fichte, Tanne, Kiefer, Kienbaum, Fohre u.s.f. nicht nur im gemeinen Leben, sondern auch in Schriften sehr häufig mit einander verwechselt werden, so wird es nicht undienlich seyn, selbige hier so genau, als es hierher gehöret, zu bestimmen, damit ich mich bey den übrigen ähnlichen Benennungen darauf beziehen könne. Ich werde dabey den 3ten Theil des Hausvaters zum Grunde legen, dessen vornehmer[142] und verdienter Verfasser den gemeinen Sprachgebrauch so glücklich mit dem Linneeischen Lehrgebäude verbunden hat. Linnee beleget das ganze Geschlecht dieser Bäume mit dem Nahmen Pinus, und dessen Deutsche Übersetzer geben denselben durch Fichte, und in diesem, aber nur in wenigen Büchern vorkommenden Verstande ist das Wort ein allgemeiner Geschlechtsnahme. Die Arten dieses Geschlechtes lassen sich am füglichsten nach der Stellung ihrer Nadeln oder Tangeln eintheilen, und da gibt es drey Arten.

I. Diejenige, wo zwey oder mehr Nadeln am Fuße aus einer gemeinschaftlichen Scheide wachsen, und welche nach dem Linnee die eigentliche Pinus ist. Diese haben,

1. Zwey Nadeln. Dahin gehören, 1) der Kienbaum, welcher auch Kiefer, Fohre, Kienfohre, Forche, Schleißholz, Spanholz, in der Schweiz Thäle, Dälle, Perge, Ziegenholz, Füre, im Würtenbergischen aber Mändelbaum genannt wird, Pinus sylvestris L. In Dieterichs Pflanzenreiche heißt er irrig die gemeine Fichte. Aus dem Harze dieses Baumes wird so wohl Pech als Theer verfertiget. 2) Die Schottische Fohre, Pinus rubra Mill. und 3) die Tartarische Fohre, Pinus tartarica Mill. sind bey uns unbekannt. 4) Der Krummholzbaum, Zunderbaum, kleine Alpenkiefer, Lackholz, Löwenforche, Dosenbaum, Grünholz, Rothfohre oder Felsenfohre, Pinus mugho L. Pinus montana Mill. wächst auf den Alpen und in Tyrol und liefert das bekannte Krummholzöhl. 5) Die zahme Fichte, welche nur in Italien und in der Schweiz wächset, in welchem letztern Lande sie auch Pignolenbaum, Piniole und Arben genannt wird, Pinus pinea L. hat eßbare Kerne in ihren dicken glänzenden Zapfen, welche bey uns unter dem Nahmen der Pinien bekannt sind, und soll nach einigen die rechte wahre Fichte seyn. Sie wird von andern irrig der Zirbelbaum genannt. 6) Die große Meerfohre, Pinus maritima Mill. wächst besonders in Frankreich.

2. Drey Nadeln, dahin gehören verschiedene Unterarten, welche aber nur in Nord-Amerika angetroffen werden.

3. Fünf Nadeln, worunter der Zirbelbaum der vornehmste ist, welcher in der Schweiz gleichfalls Arben genannt wird, auf den Alpen und andern hohen Gebirgen wächset, und eßbare Kerne hat, Pinus Cembra L. Die Sibirische Ceder ist eine Art desselben.

II. Diejenigen, wo die Nadeln einzeln wachsen, Abies L. welche auch mit einem allgemeinen Nahmen Tannen genannt werden. Diese haben,

1. Platt gedruckte Nadeln, wie die Weißtanne oder Weißfichte, welche auch Edeltanne, und im gemeinen Leben schlechthin Tanne genannt wird, und sich durch ihre weißliche glatte Rinde von der folgenden Art unterscheidet, Pinus Abies alba Mill. Bey dem Linnee heißt sie irrig Pinus Picea.

2. Runde, nadelförmige, spitzige Tangeln, unter welcher Art die wahre, eigentliche Fichte, oder Rothtanne die vornehmste ist, von welcher gegenwärtiger Artikel eigentlich handelt. Einige andere Arten sind nur in den übrigen Welttheilen einheimisch.

III. Diejenigen, wo viele nicht zu zählende runde Nadeln, wie ein Quast aus einem Puncte und einer Scheide wachsen; Larix L. Dahin gehören 1) der Lärchenbaum, Pinus Larix L. und 2) die Zeder vom Libanon, Pinus Larix Cedrus L.

Anm. 2. Der Nahme Fichte kommt mit dem Latein. Picea dem Griech. πευκυ, πιτυς, dem Wallisischen Pyg, und unserm Pech genau überein, und stammet von πιττα oder πισσα, Pix, Pech, her, welches dieser Baum in großer Menge liefert; ein neuer Beweis, daß nur der Rothtanne der Nahme der Fichte eigentlich gebühret. Im Dän. und Schwed. heißen die Fichten[143] und Tannen Gran, und in Liefland Grehnenbaum, entweder von Granne, eine Tangel, Nadel, oder auch von grün, weil die Tangeln dieses Baumes beständig grün bleiben. Der Nahme Pineboume kommt in dem alten Gedichte auf Carls des Großen Feldzug bey dem Schilter V. 1467 vor, wo eine Tanne oder Fichte dadurch angedeutet wird. Im Holländ. heißt die Tanne gleichfalls Pineboum, im Angels. Pinnetreowe, und im Engl. Pine, Pinetree.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 142-144.
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