Geschlecht, das

[610] Das Geschlecht, des -es, plur. die -er. 1. Überhaupt, die Ähnlichkeit der verschiedenen Gattungen und Arten der Dinge, so wohl in Abstracto, als auch, und zwar am häufigsten, in Concreto, diese Gattungen und Arten mit ihren Individuis selbst, als ein Ganzes betrachtet. So ist der Ausdruck Körper die Bezeichnung eines Geschlechtes, worunter alle sichtbare Dinge nach ihren Gattungen, Arten und einzelnen Dingen geordnet werden können. Das ganze Geschlecht der Thiere. Das Geschlecht der Hunde. Art, Gattung und Geschlecht werden oft mit einander verwechselt; doch wird das letztere am beständigsten von der Ähnlichkeit der Gattungen, Gattung von der Ähnlichkeit der Arten, Art aber von der Ähnlichkeit einzelner Dinge gebraucht. Ehedem gebrauchte man Schlacht und Geschlecht häufig für Art, von der Ähnlichkeit einzelner Dinge; aller slagt, für allerley, manniger schlachte erredom, allerley Arten von Irrthümern. Und so heißt es auch noch Apost. Gesch. 17, 29: so wir denn göttliches Geschlechtes sind, wegen der in der Schöpfung erhaltenen Ähnlichkeit mit Gott; welche Bedeutung auch in den folgenden zum Grunde lieget. 2. In einigen besondern Fällen. 1) Die Ähnlichkeit der zur Fortpflanzung bestimmten Theile und alle einander hierin ähnlichen Individua, als ein Ganzes betrachtet. Das männliche Geschlecht. Das weibliche Geschlecht, welches bey Menschen auch das schöne Geschlecht, das schwächere Geschlecht und das andere Geschlecht genannt wird. Einen Erben männlichen Geschlechtes bekommen. In den Morgenländern leben beyde Geschlechter sehr abgesondert von einander. Auch unter den Pflanzen hat man in den neuern Zeiten zweyerley Geschlechter entdecket, und in der Sprachkunst gibt es dreyerley Geschlechter der Nennwörter, indem einige männlichen, andere weiblichen und noch andere ungewissen Geschlechtes, oder geschlechtlos sind. 2) Die Gleichheit des Herkommens, so wohl im Abstracto, als auch die von einem gemeinschaftlichen Stammvater entsprossenen Personen selbst, als ein Ganzes betrachtet, in Concreto; eine Familie. Das menschliche Geschlecht, alle Menschen, so fern sie von Adam, ihrem gemeinschaftlichen Stammvater, abstammen. Ein gräfliches, ein adeliges, ein bürgerliches Geschlecht. Eigentlich gehören zu einem Geschlechte nur diejenigen Personen, welche erweislich von einem gemeinschaftlichen Stammvater entsprungen sind, ob man gleich auch zuweilen die Verwandten weiblicher Seite mit dahin zu rechnen pfleget. Er ist von einem guten, aus einem[610] berühmten Geschlechte. Das Geschlecht ist ausgestorben, abgegangen. Zu nahe in das Geschlecht heirathen, in die Verwandtschaft. In engerm Verstande verstehet man in einigen Reichsstädten unter dem Worte Geschlecht nur ein rathsfähiges, ein patricisches Geschlecht; S. Geschlechter. Nach einer andern Einschränkung ist Geschlecht oft so viel als Generation, die Folge der einzelnen Glieder eines Geschlechtes auf einander in absteigender Linie, und die gewöhnliche Zeitdauer eines solchen Gliedes, ein Menschenalter, S. Geschlechtsalter.

Anm. Bey dem Ottfried und Notker Slahta, Slahto, Gislaht, so wohl in der weitern Bedeutung der Art, als auch in der engern einer Familie, im Niedersächsischen und Oberdeutschen Schlacht, Schlecht, im Schwed. Slag, Slågt. Im Nieders. ist Slag und im Hochdeutschen Schlag die Art, und im Wendischen Slahta Verwandtschaft. S. die Neutra Schlagen und Schlachten. Der Plural lautet im Oberdeutschen häufig Geschlechte, in welcher Gestalt er mehrmahls in der Deutschen Bibel angetroffen wird. In der letzten Bedeutung des Wortes Geschlecht war ehedem auch Chunne, (S. Kind,) und Hiuuiske üblich.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 610-611.
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