Geschlecht

[201] Geschlecht ist die eigenthümliche Beschaffenheit, durch welche ein organisches Wesen in den Stand gesetzt ist, zu Erzeugung seines Gleichen beizutragen. Das Geschlecht ist entweder männlich: erzeugend, befruchtend, oder weiblich: empfangend, gebärend. Dieser Gegensatz findet sich in der ganzen organischen, d.h. der Thier- und Pflanzenwelt, und durch denselben sind die Wesen derselben in den Stand gesetzt, sich selbständig fortzupflanzen. Die Entwickelung dieses Gegensatzes ist um so vollständiger, die Verschiedenheit der Geschlechter um so schärfer hervortretend, je vollkommener überhaupt ein Wesen ist. Bei dem Menschen, dem vollkommensten Geschöpfe der Natur, tritt daher der Geschlechtsunterschied am stärksten hervor, im Gegensatz von Mann und Weib. Am wenigsten ausgebildet ist derselbe in der Pflanzenwelt, wo die Geschlechtstheile gewöhnlich an demselben Individuum, ja in eine Blüte vereinigt auftreten. Dagegen ist aber die Fortpflanzung bei den auf niedriger Organisationsstufe stehenden Geschöpfen derjenige Zweck des Daseins, welcher als der alle übrigen völlig überwiegende hervortritt, während bei den höher organisirten Geschöpfen, am meisten aber beim Menschen, andere Lebenszwecke überwiegend werden, sodaß der Mensch sogar zur Herrschaft über den Geschlechtstrieb gelangt. Das männliche Geschlecht, wo es gesondert vom weiblichen auftritt, zeichnet sich im Allgemeinen durch Kraft und Größe vor dem weiblichen aus, während dieses die Vorzüge größerer Sanftheit und weicherer Formen hat. Ein entsprechender Gegensatz tritt beim Menschen auch in geistiger Beziehung auf. (S. Frauen.) Von dieser Regel gibt es jedoch Ausnahmen, namentlich pflegen bei den Raubvögeln die Weibchen stärker und größer als die Männchen zu sein. – Man bedient sich des Wortes Geschlecht ferner auch gleichbedeutend mit Art, Gattung, z.B. Menschengeschlecht, die Geschlechter der Pflanzenwelt u.s.f., oder mit Stamm, Familie, z.B. adelige Geschlechter, oder endlich mit Generation für die Gesammtheit aller zu einer gewissen Zeit lebenden Menschen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 201.
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