Macht (1), die

[7] 1. * Die Macht, plur. die Mächte, ein ungewöhnliches Wort, einen Schleyer zu bezeichnen, welches nur 1 Cor. 11, 10 vorkommt. Darum soll das Weib eine Macht auf dem Haupte haben um der Engel willen. Obgleich Luther das Deutsche Wort nach dem Muster des im Grundtexte befindlichen Griech. εξουσια gewählet hat, so finden sich doch Spuren, daß diese Wahl nicht ganz willkührlich gewesen, ob mir gleich der Deutsche Ausdruck in dieser oder einer ähnlichen Bedeutung noch nicht vorgekommen ist; weil man es sonst leicht von dem Lat. amictus herleiten könnte. Im mittlern Lat. kommt Mafors, Mauors, und im mittlern Griech. μαφοριον, sehr häufig nicht nur von einem Schleyer des andern Geschlechtes vor, sondern auch von einem Scapulier der Mönche. Bey dem Papias heißt es: Mauorte matronale operimentum, quod caput operit; vocatum autem sic quasi Marte. Mauorte signum est maritalis dignitatis; idem et stola dicitur. Bey andern findet sich in einer ähnlichen Bedeutung das Wort Magaldus. Auch Dominicalis kommt in der Bedeutung eines leinenen Schleyers vor, mit welchem sich das andere Geschlecht, wenn es in die Kirche ging, ehedem das Haupt bedeckte. Du Fresne führet aus einem alten Poenitentiale folgende Stelle an: Si mulier communicans Dominicale suum super caput suum non habuerit, usque ad alium diem dominicum non communicet. Er merkt dabey an, daß der seidene Schleyer des weiblichen Geschlechtes in der Provence noch jetzt Domino genannt werde.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 7.
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