Macht

[5] Macht bedeutet überhaupt eine große Vereinigung von Kräften oder Mitteln, und insofern sie zur Ausführung bestimmter Zwecke dient, ist sie gleichbedeutend mit Gewalt. Dieser Ausdruck hat jedoch eine doppelte Bedeutung, indem darunter theils das Gewaltsame, Willkürliche und Rechtlose, also der Misbrauch der Macht, theils ein Inbegriff von Rechten verstanden wird, wie sie z.B. als väterliche Gewalt und Staatsgewalt näher bezeichnet werden, ohne zu berücksichtigen, ob die Macht zur Geltendmachung derselben vorhanden ist oder nicht. Stehen demnach auch allen dem Rechte nach selbständigen Staaten sämmtliche aus dem Begriff und Wesen des Staats herfließende Rechte zu, so besitzen doch nicht alle die Kraft, diese Machtvollkommenheit andern mächtigern Staaten gegenüber zu behaupten. Man nennt daher in neuester Zeit nur solche größere Staaten eine Macht, welche besonders in den europ. Staatsangelegenheiten ihre Stimme selbständig geltend machen können, und versteht unter den europ. Mächten blos Frankreich, Großbritannien, Östreich, Preußen und Rußland, welche sich jetzt in die Leitung der europ. Angelegenheiten theilen. Im Innern steht die Machtvollkommenheit dem Monarchen, in constitutionnellen Staaten den höchsten Staatsbehörden gemeinschaftlich zu und ist hier umfassender, als die oberste Regierungsgewalt (executive oder vollziehende Gewalt), welche nicht die der Machtvollkommenheit allein angehörende Befugniß enthält, an der Verfassung etwas zu ändern. – Machtsprüche heißen von der höchsten Staatsbehörde ertheilte Entscheidungen in Angelegenheiten, welche dadurch der regelmäßigen Entscheidung durch die Gerichte entzogen werden und waren früher nichts Seltenes; da sich jedoch kaum Fälle denken lassen, wo das Wohl des Staats dergleichen erfodern könnte und nicht durch gerechtere Mittel zu sichern wäre, so sind sie staatsrechtlich durchaus zu verwerfen. Unter Macht versteht man ferner auch eine vorherrschende, nachdrückliche Wirksamkeit und spricht z.B. von der Macht der Gefühle, der Einbildungskraft u.s.w.; von Übermacht kann nur bei Vergleichung zweier und mehrer mächtiger Gegenstände die Rede sein. – Machtgeber heißt Jemand, der Andern volle Macht in einer Sache oder über etwas ertheilt und ist also gleichbedeutend mit Bevollmächtiger. – Mächtig heißt mit Macht begabt; beim Bergbau aber bedeutet es, wenn von Gängen die Rede ist, soviel wie breit, bei Flötzen aber bezeichnet es die Stärke oder Dicke derselben.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 5.
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