Röhre, die

[1145] Die Röhre, plur. die -n, Dimin. das Röhrchen, Oberd. Röhrlein. 1) In mehr eigentlichem Verstande, von rühren, ehedem wühlen, werden noch die langen Höhlungen unter der Erde, welche sich gewisse Thiere wühlen, Röhren genannt. Die Röhren eines Maulwurfes, welche auch Fahrten heißen. Besonders pflegen die Jäger die langen, unter der Erde gegrabenen Höhlen der Füchse, Dachse und Hamster, welche zu dem eigentlichen Baue führen, Röhren zu nennen. Eine Fuchsröhre, Dachsröhre, Hamsterröhre. 2) In weiterer Bedeutung, ein jeder hohler Cylinder, er sey nun gerade oder krumm. Die Röhre am Leuchter, 2 Mos. 15, 32, welche im gemeinen Leben die Dille heißt. Die Luftröhre, Harnröhre, Saftröhre in dem Holze u.s.f. In vielen Fällen bekommen die Röhren andere Nahmen, in manchen werden sie aber auch Rohre genannt. Die Wasserröhren, d.i. diejenigen Röhren, durch welche das Wasser unter der Erde fortgeleitet wird, heißen im Oberdeutschen Teuchel, im Westphälischen Gorten, und im Mecklenburg. Piepen. Oft werden auch hohle cylinderförmige Körper, besonderer Art, nur schlechthin Röhren genannt. So führen diesen Nahmen die großen, langen und hohlen Knochen an Menschen und Thieren, welche auch Röhrbeine und Röhrknochen genannt werden, S. das letztere. Daher die Armröhre, Beinröhre, Marksröhre u.s.f. Die Röhren der Drechsler sind flache Hohlmeißel, das Holz anfänglich damit aus dem Groben zu arbeiten, wo die Höhlung nicht einmahl geschlossen ist. Gemeiniglich ist eine Röhre rund; aber es gibt in manchen Fällen auch viereckte Röhren, dergleichen z.B. die Ofenröhre ist, der lange viereckte Raum in einem Kachelofen, und die Bratröhre in den Küchenherden entfernet sich noch mehr von der gewöhnlichen Gestalt einer Röhre, daher es hier bloß die Bedeutung eines hohlen Raumes zu haben scheinet.

[1145] Anm. Dieses Wort ist mit Rohr Eines Geschlechtes. Es ist vermittelst des Endlautes e von einem veralteten Zeitworte rohren, röhren, gebildet, in die Länge, ingleichen in die Ründe bewegen, welches vermittelst der intensiven Endung ren von rehen in unserm drehen abstammet.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1145-1146.
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