Rain, der

[923] Der Rain, des -es, plur. die -e, Dimin. das Rainchen, ein noch auf dem Lande vieler Gegenden, besonders Obersachsens, übliches Wort, welches in verschiedenen Bedeutungen vorkommt. 1) Ein Hügel, wovon Frisch einige Beyspiele anführet, aus welchen diese Bedeutung aber noch nicht erweislich ist, indem entweder der Begriff der mit Gras bewachsenen grünen Fläche, oder auch der Gränze darin der herrschende zu seyn scheinet. 2) Ein mit Gras bewachsener grüner Platz; ein Anger. So ist der Gemeinderain ein solcher Platz, welcher zur Weide dienet. Der Schießrain, ein grüner Platz, worauf sich die Bürgerschaft im Schießen zu üben pflegt. Da aber auch in diesen Fällen der Begriff der Länge und geringen Breite Statt findet, so scheinet es auch hier zu der folgenden Bedeutung zu gehören. 3) Am häufigsten ist in der Landwirthschaft der Rain ein schmaler Strich Landes, welcher zwischen zwey Äckern ungepflügt liegen bleibet, und mit Gras bewachsen ist, da er denn diesen Äckern so wohl zur Gränze dienet, als auch als eine Weide und zur Gräserey genutzt wird; der Rasenrain, Gränzrain, Feldrain, Schiedrain. Den Rain abpflügen, oder, wie man in einigen Gegenden sagt, absacken, etwas davon zu seinem Acker pflügen. In weiterer Bedeutung wird auch die Gränze einer Dorfflur, so fern sie aus einem ungepflügten mit Gras bewachsenen Lande bestehet, ein Rain genannt, welches Wort denn auch wohl in noch weiterer Bedeutung von einigen von einer jeden Gränze überhaupt gebraucht wird.

Anm. Im Nieders. Reen. Wer den Begriff der grünen mit Gras bewachsenen Beschaffenheit für den herrschenden in diesem Worte hält, wird es ohne großen Zwang von grün ableiten können, welches nur den Gaumenlaut vor sich genommen hat. Allein es scheinet der Hauptbegriff in der langen schmalen Beschaffenheit der Feldraine der dritten Bedeutung zu liegen, so daß Rain eigentlich einen langen schmalen Körper, und in weiterer Bedeutung, das äußerste dieser Art an einem Körper bedeuten würde. Rain ist also ein naher Verwandter von rahn, rahnig, Rand, Ranst, Rinde, wovon mit allerley Vor- und Nachlauten auch Brink, Franse, Braune in Augenbraune, Gränze, Strand u.s.f. abstammen. Im Schwed. ist Ren so wohl ein Pfahl, als die Gränze. Ottfrieds rinan, berühren, und figürlich gränzen, gehöret auch dahin, S. Rainen. Da die meisten Verwandten dieses Wortes ein a haben, so schreibt man es auch gemeiniglich mit einem ai, so fremd und widrig dieser Oberdeutsche Doppellaut den Hochdeutschen auch klingt. Indessen schreiben und sprechen die Niederdeutschen und alle ihre Sprachverwandten Reen; und wer wollte es den Hochdeutschen verargen, wenn sie Rein schrieben, da sie wirklich so sprechen? Eine Zweydeutigkeit mit rein, purus, ist nicht zu befürchten, da der Fall wohl nicht leicht vorkommen dürfte. Das Oberdeutsche Rain, ein Tiegel, gehöret zu einem eigenen Stamme.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 923.
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