Schnabel, der

[1582] Der Schnabel, des -s, plur. die Schnäbel, Diminut. das Schnäbelchen, Oberd. Schnäbelein. 1. Eigentlich, das verlängerte hornartige Maul der Vögel. Ein krummer, gerader, spitziger, stumpfer Schnabel. Der Vogel singt, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. 2. Figürlich. 1) Der menschliche Mund; doch nur im Scherze. 2) Wegen einiger Ähnlichkeit bekommen mehrere hervor ragende und spitzig zulaufende Theile eines Dinges den Nahmen eines Schnabels. Dahin gehöret der Schnabel an manchen Arten von Zangen, an den ehemahligen langen spitzigen Schuhen, an den ehemahligen Schiffen, an den Blasebälgen, an der Hinterachse eines Wagens, wo er aus zwey spitzig zulaufenden Hölzern bestehet, und auch die Schere heißt, an einer Schreibfeder, an manchen Arten von Flöten, u.s.f. Bey den Jägern ist der Schnabel eine hölzerne Gabel, welche man dem Hühnerhunde unter dem Halse anschnallet, damit er den Kopf hoch[1582] tragen lerne. Auch bey den Mäurern wird das hervor ragende Ende einer Dachrinne oft der Schnabel genannt, und so in andern Fällen mehr.

Anm. Schon bey dem Ottfried Snabul, bey dem Notker Snabel, im Nieders. Snavel, Snibbe, Snippe, im Schwed. Snabel. Die meisten Wortforscher bleiben bey schnauben und schnappen stehen, welche unmittelbare Onomatopöien sind, und nur auf eine entfernte Art hierher gehören. Die letzte Sylbe ist die Ableitungssylbe, welche so wohl ein Werkzeug als ein Subject bedeutet. Ohne dieselbe ist im Nieders. Snau so wohl Schnabel als Schnautze, und ohne Zischlaut, im Nieders. Nibbe, Hamb. Nüff, so wohl der Schnabel als die Nase, Angels. Nebb, Engl. Nib, Holländ. Neb, Dän. Näb, Schwed. Näbb und Näf, welches so wohl den Schnabel als den Kopf bedeutet. Es scheinet, daß alle diese Wörter überhaupt ein jedes hervor ragendes Ding bedeutet haben, so daß auch unser Nabe und Nabel, das Schwed. Nabb, ein Vorgebirge, u. a. m. dahin gehören. Das Stammwort ist noch in dem Hebr. נוב, hervor sprossen, übrig, S. auch Knopf. Bey den Krainerischen Wenden heißen die Lippen Shnabli, und dem Plinius zu Folge hieß der Schnabel schon bey den alten Galliern Nebbe.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1582-1583.
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