Der General Moreau

[171] Der General Moreau ist unter den Generalen, welche sich in gegenwärtigem Kriege ausgezeichnet haben, einer der berühmtesten. Er ist aus Morlaix im Departement Flutsterre gebürtig, und studirte vor der Revolution 1788 zu Rennes die Rechtsgelehrsamkeit. In den Streitigkeiten der Parlamente mit dem Hofe trat er auf die Seite der erstern, und wurde von den übrigen Studenten zum General des Parlaments ernannt. Er handelte in diesem Posten mit so vieler Klugheit, daß ihm die Gegenpartei auf keine Weise beikommen konnte. Da die immer weiter um sich greifende Revolution ihm alle Hoffnung benahm, mit der Rechtsgelehrsamkeit sein Glück zu machen, so beschloß er die militairische Laufbahn zu verfolgen, die er nun einmahl betreten hatte. Er zeichnete sich bei der Nordarmee aus, deckte sehr geschickt die Belagerung von Ypern, nahm die Festung Sluys ein, und erwarb sich in der Folge so sehr das Zutrauen der Regierung, daß ihm 1796 das Ober-Commando über die Rhein- und Moselarmee an Pichegrüʼs Stelle übertragen wurde. Es wollte viel sagen, ein Heer nach einem solchen Vorgänger zu befehligen; allein Moreau entsprach vollkommen den Erwartungen, welche Frankreich auf ihn gesetzt hatte. Er bewirkte in der Nacht auf den 24. Juni 1796 bei Kehl einen Uebergang über den Rhein, drang durch Schwaben bis Bayern vor, und legte, als sich das Kriegsglück auf die Seite der Oestreicher wendete, einen so meisterhaften Rückzug an, daß sein Heer mit einem verhältnißmäßig sehr geringen Verlust Frankreichs Gränzen glücklich erreichte. Man muß seine Klugheit um so mehr bewundern, da ihm dabei die Erfahrung nicht zu Hülfe kam, und man ihn keinen unter den Waffen grau gewordenen Krieger nennen konnte. Die Disciplin, die er unter den Truppen hielt, und die Menschlichkeit, die er gegen die Besiegten bewies, verschafften ihm außer dem Ruhme eines großen Generals auch das Lob eines rechtschaffnen Mannes. Nach den Auftritten am 4. Sept. 1797 ging er nach Paris, um sein Betragen zu rechtfertigen, weil von seiner Armee keine Addressen für das Directorium [171] eingegangen waren, und er noch weniger Truppencorps nach dem Innern von Frankreich hatte marschiren lassen. Zugleich gab er einige neue Aufschlüsse über Pichegrü, und legte alsdann sein Commando nieder. Seitdem lebte er abwechselnd zu Passy unweit Paris, oder zu Chaillot bei seinem Freund, dem General Kleber, der sich dem Militairdienst schon seit geraumer Zeit entzogen hat.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 3. Amsterdam 1809, S. 171-172.
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