Der Kaffee

[290] Der Kaffee. Für das Vaterland dieses in Rücksicht auf Natur- und Sittengeschichte unsers Zeitalters gleich merkwürdigen Products wird gegenwärtig von den Meisten das glückliche Arabien (besonders die Gegend um Mocca, woher noch jetzt der beste, so genannte Levantische Kaffee kommt) gehalten. Er wird aus den Samenkörnern einer Beere bereitet, die theils auf niedrigen Sträuchern, theils auf (sechzehn bis achtzehn Fuß hohen) Bäumen wachsen, deren Schaft gerade und von hellbrauner Rinde ist, und deren Aeste eine Pyramide bilden. Die Blätter sind vier bis fünf Zoll lang, und in der Mitte fast zwei Zoll breit; die Blüthen sind weiß und wohlriechend, und sitzen traubenweis dicht an den Zweigen; die länglichen Beeren sehen anfangs grün, hernach röthlich, endlich schwärzlich aus, sind mit einer Schale und dünnen narbigen Haut versehen, unter der sich zwei an einander gefügte Bohnen befinden. Da der Baum immer Blüthen, reife und unreife Früchte zu gleicher Zeit trägt, so werden die Fruchte drei Mahl des Jahres abgenommen. – Die Erfindung dieses Getränks wird auf folgende Art erzählt. Ein Prior in Arabien bemerkte, daß eine Herde Vieh, welche von diesen Früchten gefressen, ungewöhnlich munter wurde; er kochte also welche davon, versuchte sie, und gab sie seinen Mönchen als ein Mittel wider die Faulheit. – Auf alle Fälle scheinen die Araber die ersten gewesen zu sein, welche sich dieses Getränks, und zwar anfangs als Arznei, bedient haben. Die ersten [290] Spuren davon findet man gegen das Ende des 15. Jahrhunderts. Im Anfange des 16. Jahrhunderts war der Gebrauch des Kaffees schon in Egypten, besonders in Cairo, eingeführt, wo er fast überall von den Geistlichen empfohlen wurde, und nach und nach so überhand nahm, daß um das Jahr 1630 allein in Cairo tausend öffentliche Kaffeehäuser waren. Nicht minder frühzeitig wurde er den Türken bekannt, bei welchen i. J. 1554 zu Constantinopel das erste öffentliche Kaffeehaus in Europa errichtet wurde. Der Kaffeehäuser wurden daselbst bald mehrere; und da der Besuch derselben den Conspirationen günstig schien, so wurden sie unter der Minderjährigkeit Mahomeds IV. sämmtlich bis auf zwei aufgehoben. Im J. 1624 sollen die Venetianer den ersten Kaffee aus der Levante (wohin sie damahls am meisten handelten) nach Italien gebracht haben. Nach Frankreich kam der erste Kaffee – und zwar nach Marseille – im Jahr 1644 durch Herrn von Merveille nach seiner Zurückkunft aus der Levante; und 1671 wurde zu Marseille das erste Kaffeehaus in Frankreich angelegt. Der Englische Kaufmann Edwards, der nach der Türkei handelte, soll der Erste gewesen sein, der den Kaffee im J. 1652 nebst einer Griechischen Sclavin, die den Kaffee zu bereiten verstand, nach England gebracht hat. Er verheirathete die erwähnte Sclavin mit seinem Kutscher, schenkte beiden die Freiheit, und legte ihnen in dem nehmlichen Jahre zu London ein Kaffeehaus an. (Gough sagt indeß in seiner Brittischen Topographie, ein Jude, Namens Jobson, habe 1650 das erste Englische Kaffeehaus zu Orford angelegt.) Franzosen, Engländer und Holländer (welche Letztern frühzeitig mit Kaffee zu handeln anfingen) waren hierauf bedacht, diese Frucht in ihren Besitzungen anzupflanzen. In Deutschland wurde der Kaffee erst zu Ende des 17. Jahrhunderts, und zwar, wie man behauptet, von Frankreich aus, bekannt. Das erste Kaffeehaus in Deutschland wurde 1696 zu Nürnberg hinter dem Rathhause von Stör eröffnet. Im J. 1694 ist der erste Kaffee nach Leipzig gekommen. Anfänglich wurde er aus Holland schon gebrannt dahin geschickt, weil man noch keine Kaffeepauken hatte; und man trank ihn anfänglich, Statt mit Zucker, mit Süßholze und auf Holländische [291] Art sehr dünne. Im J. 1710 kam der erste Kaffee nach Wittenberg. Indeß wurde dieses Getränke doch erst 1720 in Sachsen recht bekannt.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 2. Amsterdam 1809, S. 290-292.
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