Kaffee

Kaffee

[524] Kaffee (der) ist die bekannte Bohne des Kaffeebaumes oder Kaffeestrauches, welcher aus der arab. Provinz Yemen stammt, von hier aber seit dem Ende des 16. Jahrh. nach Batavia, auf mehre ostind. Inseln und nach Amerika verpflanzt worden ist.

Der Kaffeebaum hat einen geraden Stamm, der gewöhnlich 15–20 F. hoch wird, in Arabien aber zuweilen über 40 F. lang und 4–5 Zoll dick wird. Die immer grünen Blätter sind den Lorberblättern ähnlich und sind auf kurzen Stielen einander gegenübergestellt. Sie werden bis fünf Zoll lang und zwei Zoll breit und haben eine glänzende Oberfläche. In den[524] Blattachseln erscheinen die Blüten in Büscheln zusammenstehend, und gleichen an Geruch, Form und Farbe den Jasminblüten, weswegen die ältern Botaniker den Kaffeebaum auch Jasminum arabicum nannten. Aus den Blüten entwickeln sich die an Gestalt den Cornelkirschen ähnlichen Früchte, welche erst grün sind, dann hellroth und zuletzt dunkelviolett werden. Sie haben ein schleimiges, häßlich fad schmeckendes Fleisch, in welches zwei Samen von der bekannten Gestalt eingeschlossen sind. Diese liegen mit den flachen Seiten gegeneinander. Es umgibt dieselben noch eine eigne auch in das Innere eindringende Haut, die Samendecke, von der man an den in den Handel kommenden Bohnen häufig noch Überreste findet. Wenn die Früchte ihre gehörige Reise erlangt haben, so schüttelt man sie ab oder pflückt sie, und trocknet dann die Beeren auf steinernen Trockenplätzen oder in Trockenstuben. Hierauf werden sie auf Mühlen mit hölzernen Walzen gebracht, auf welchen die Bohnen von dem eingetrockneten Fleische befreit werden. Durch Sieben und Schwingen werden die Bohnen weiter gereinigt und endlich noch vollends getrocknet. Nun sind sie zum Versenden geschickt. In einigen Gegenden läßt man die Früchte einige Zeit im Wasser liegen oder gähren, um die Entfernung der Fleischhüllen leichter bewerkstelligen zu können.

Durch die Behandlungsart wird ebenso sehr wie durch das Klima die Güte des Kaffees bestimmt. In den kältern Gegenden werden die Bohnen nicht vollkommen reif und haben daher einen herben, krautartigen Geschmack; durch Erhitzung beim Trocknen, wie durch zu langsames Trocknen nehmen die Bohnen einen scharfen und unangenehmen Geschmack an. Der vorzüglichste Kaffee kommt noch immer aus Arabien. Bei dem Dorfe Bulgosa in Arabien liegt das sogenannte Kaffeegebirge. Hier liegen die Gärten terrassenförmig übereinander und sind sorgfältig bewässert. Die Bäume stehen so dicht beisammen, daß die Sonne kaum bis auf den Boden durchdringen kann. Der beste Kaffee in Arabien soll bei der Stadt Aden in Yemen gewonnen werden. Die Bäume werden 20–30 Jahre alt und jeder gibt jährlich 3–4 Pf. Früchte. Der arabische oder levantische Kaffee wird auch Mokkakaffee genannt und wird in Mokka oder Mocha eingeschifft. Seine Bohnen sind klein und rundlich, gelblich oder grünlich, und es kommen von ihm jährlich etwa 12 Millionen Pfund in den Handel. Beinahe noch einmal so viel Kaffee kommt aus Batavia auf der Insel Java. Die hier erzeugten Bohnen gehören zu den vorzüglichsten und sind blaßgelb und länglich. An Gestalt dem Mokkakaffee ähnlich, an Güte ihm nachstehend, ist der Kaffee von der franz. Insel Bourbon. An 100 Millionen Pfund Kaffee, von geringerer Qualität, kommen jährlich aus Brasilien. Von schlechtem Aussehen, aber gutem Geschmack ist der Kaffee von Ceylon; auch der Kaffee von Demerary im engl. Guiana, von St.-Domingo, Guadeloupe, Jamaica, Marie Galante, Martinique, Surinam ist von gutem Geschmack. Die Menge des jährlich producirten Kaffees ist fast unglaublich und wächst jährlich. Im J. 1835 wurden nach Europa über 2171/2 Millionen Pfund eingeführt. Die Farbe des Kaffees entscheidet nicht immer über die Güte desselben, besonders darum, weil sie auch durch künstliche Mittel verändert werden kann. Zuweilen wird schlechter Kaffee durch langes Liegen besser, und guter Kaffee nimmt einen unangenehmen Geruch und Geschmack an, wenn er in der Nähe von starkriechenden Waaren, wie Stockfisch, Branntwein, Gewürzen u. dgl. aufbewahrt wird. Die zerbrochenen Bohnen werden unter dem Namen Triage verkauft, und die allerschlechteste Sorte heißt Brennkaffee. Der durch Seewasser beschädigte wird marinirter Kaffee genannt.

Lange bevor man den Kaffee nach Europa brachte, genoß man ihn schon im Morgenlande, wegen seines angenehmen Geschmacks und seiner aufregenden Kraft. Schon im 9. Jahrh. n. Chr. soll man in Arabien, Ägypten, Syrien und Konstantinopel Kaffee getrunken haben. Eine Sage erzählt, der Prior eines persischen oder arabischen Klosters habe die Beobachtung gemacht, daß Ziegen nach dem Genusse von Kaffeefrüchten eine ungewöhnliche Munterkeit zeigten, und habe daher aus jenen Früchten ein Getränk bereiten lassen, um seine Mönche bei den nächtlichen Betübungen munter zu erhalten. Anfänglich trank man in Arabien einen Aufguß auf die Blätter des Kaffeebaumes, später wurden die Früchte roh, dann geröstet und zu Pulver gerieben genossen und erst zuletzt kam man darauf, einen Aufguß über die gerösteten und zermalmten Früchte zu genießen. Als sich 1580 Prosper Alpinus zu Kairo befand, war der Kaffee schon allgemein gebräuchlich und wurde in Gasthäusern verkauft. Derselbe Reisende brachte 1591 den Kaffee als Arznei nach Venedig. Schon 1573 hatte aber ein deutscher Arzt, Leonhard Rauwolf, über den Kaffee geschrieben. Bereits 1644 trank man in Frankreich Kaffee. Seit der Mitte des 17. Jahrh. wurde der Kaffee auch in Deutschland, aber nur nach und nach, eingeführt und erst 1694 kam der erste rohe Kaffee nach Leipzig. In Batavia wurden 1680 die ersten Kaffeepflanzungen durch den Holländer van Horn angelegt, und von hier kam 1690 ein Baum nach Europa, von welchem die ersten Anpflanzungen in Surinam und Westindien abstammen sollen. Das erste öffentliche Kaffeehaus in Europa wurde 1551 zu Konstantinopel errichtet und 1652 gründete ein Grieche ein Kaffeehaus zu London. Frankreich hatte sein erstes Kaffeehaus 1671 zu Marseille. Im folgenden Jahre wurde auch zu Paris ein Kaffeehaus eröffnet. Nach andern Nachrichten [525] ward das erste pariser Kaffeehaus um 1724 von dem Sicilier Procopio gegründet, welches noch jetzt besteht und den Namen Café Procope führt. In Leipzig soll schon 1694 ein Kaffeehaus errichtet worden sein. In Paris bestehen gegenwärtig gegen 6000 Kaffeehäuser.

Die Bereitung des Kaffeegetränkes geschieht auf sehr verschiedene Weisen, im Allgemeinen aber so, daß die Kaffeebohnen erst gebrannt, dann in Pulver verwandelt und endlich mit Wasser ausgezogen wer den. Beim Brennen des Kaffees, welches bei uns in der sogenannten Kaffeetrommel geschieht, kommt es darauf an, den rechten Hitzegrad zu treffen, denn zu wenig gebrannter Kaffee läßt sich nicht vollkommen ausziehen und hat einen strengen Geschmack, während zu stark gebrannter beißend und ranzig schmeckt. Kaffee, welcher einen übeln Geruch angezogen hat, kann dadurch von demselben befreit werden, daß man ihm beim Brennen einige Stückchen Zwiebel beimischt. Je weniger Kaffee auf einmal gebrannt und je schneller der gebrannte verwendet wird, desto besser wird das Getränk. Das Pulvern des Kaffees geschieht bei uns stets mit der Kaffeemühle, während die Orientalen den Kaffee im Mörser zerstampfen oder zwischen Hölzern zerquetschen. Die schlechteste Manier, das Ausziehen des Kaffees zu bewirken, ist die, nach welcher derselbe mit dem Wasser förmlich gekocht, dann niedergeschlagen und endlich abgegossen wird. Hierbei geschieht die Ausziehung nicht vollständig. Besser ist es, den Kaffee in einen Filtrirsack zu thun und das siedende Wasser darauf zu gießen; am vollkommensten aber geschieht die Ausziehung bei denjenigen Kaffeemaschinen, bei welchen das unter einem siebartigen Gefäße befindliche Wasser in Dampfgestalt durch den Kaffee hindurch getrieben wird und dann wieder in Wasserform, aber noch siedend, durch ihn zurückläuft. Einen sehr wohlschmeckenden Kaffee erhält man, wenn man den gemahlenen Kaffee mit kaltem Wasser extrahirt und den geklärten Extract erwärmt, entweder im Gefäß oder durch Zusatz von heißem Wasser oder heißem Kaffee. Die Araber und Türken trinken ungemein viel und starken Kaffee und geben demselben noch einen Zusatz von allerlei Gewürzen, zuweilen sogar von Balsam und Opium. Zucker und Milch nehmen sie niemals in den Kaffee. Auch aus dem getrockneten Samenfleische bereiten sie ein Getränk, Sultanskaffee genannt, und aus den eigentlichen Samendecken ein anderes, welches Kischer heißt. Bei uns versetzt man den Kaffee zuweilen mit etwas Cognak oder Arak und nennt das Getränk dann Gloriat. Auch hat man der Chocoladenmasse Kaffeepulver zugesetzt und auf diese Weise eine Kaffeechocolade hergestellt. Man benutzt den Kaffee auch zur Bereitung von Kaffeeessenz, Kaffeeliqueur, Kaffeeeis, Kaffeesyrup, gebackenem Kaffee u.s.w.

Der Kaffee enthält offenbar arzneiliche Kräfte und man hat deswegen in neuerer Zeit von mancher Seite sehr gegen den allzu häufigen Genuß desselben geeifert; daß er aber nicht, wie behauptet worden ist, als Gift wirke, dafür gibt es unzählige Beispiele, denn sehr viele alte Leute genießen ihn seit ihrer Jugend in sehr großer Menge. Alten Leuten bekommt er am besten. Die Empfindlichkeit des Menschen für die Wirkungen des Kaffees stumpft sich durch den häufigen Gebrauch selbst ab. Menschen jedoch, welche an Vollblütigkeit, Blutwallungen, an einer hitzigen oder schleichenden Entzündung, Hämorrhoiden, Unordnung in der Menstruation, Hypochondrie, Hysterie, Nervenreizbarkeit, Bleichsucht u. dgl. leiden, müssen den Kaffee durchaus vermeiden, weil durch ihn ihre Leiden einen gefährlichern Charakter annehmen können. Die Kraft des Kaffees ist im Allgemeinen eine Blut und Nerven aufregende und ist um so merklicher, je reizbarer und jünger der Mensch ist, welcher den Kaffee genießt, und je stärker dieser bereitet ist. Die homöopathischen Ärzte haben in der Strenge, mit welcher sie früher allen, besonders aber den in ärztlicher Behandlung stehenden Kranken den Genuß des Kaffees untersagten, sehr nachgelassen, weil sie die Erfahrung belehrt hat, daß die langjährige Gewohnheit diesen Trank fast unschädlich macht. Man wendet den Kaffee als Arzneimittel vielfach an. Gegen narkotische Gifte dient er als Gegengift, gegen Wechselfieber, Verstopfung, Augenentzündungen, chronische Gicht als Heilmittel. Gegen Zahnschmerzen von hohlen Zähnen, ohne Entzündung des Zahnfleisches, hat man empfohlen, gebrannten und grobgepulverten Kaffee wie Taback zu rauchen. Nach Genuß eines Übermaßes von Wein wirkt eine Tasse starken Kaffees als niederschlagendes Mittel. Übelriechende Dünste, namentlich von verwesenden Körpern, werden durch Räucherungen mit Kaffee unwirksam für den Geruch gemacht. Der Kaffee wird zur Bereitung eines grünen Lackes, einer ausgezeichneten Malerfarbe benutzt, den man mit reiner Essigsäure auflösen und als grüne Tinte brauchen kann. Aus dem Kaffeesatze kann man durch Verbrennen in verschlossenen Gefäßen eine schöne schwarze Farbe bereiten.

Da so viele Menschen an den Genuß des Kaffees sich gewöhnt haben und ihn doch nachher wegen krankhafter oder schwächlicher Körperbeschaffenheit vermeiden müssen, da ferner der Kaffee, besonders wenn Misernten eingetreten sind, für Nichtwohlhabende ein allzu kostbares Getränk ist, so ist man vielfach bemüht gewesen, ein Surrogat oder Ersatzmittel für denselben zu finden. Die Zahl der vorgeschlagenen ist sehr groß, aber keines kommt doch an Wohlgeschmack und natürlich noch weniger in der leicht aufregenden Wirksamkeit dem Kaffee gleich. Das verbreitetste ist wol noch immer die Cichorie (s.d.); doch hat man auch Möhren, Birnen, Akaziensamen, Dattelkerne, die Kerne der Corneliuskirsche, Eicheln, Erbsen, Bohnen, Erdmandeln u.s.w. und in neuester Zeit besonders Roggen oder Korn und Gerste geröstet und wie Kaffee zubereitet.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 524-526.
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