Der Passauer Vertrag

[376] Der Passauer Vertrag war das erste Deutsche Reichs-Grundgesetz, welches den Protestanten, nach langen Religionskriegen und vergeblich versuchten Aussöhnungen, die Ausübung der Religion und der davon abhängigen bürgerlichen Rechte sicherte. Es wurde theils durch die Vermittelung Ferdinands, Königs von Ungarn und Böhmen, Bruders Kaiser Carls V. theils durch die siegreichen Waffen des protestantisch gesinnten Churfürsten Moritz von Sachsen zu Passau in Bayern 1552 ein Vergleich zwischen den katholischen und protestantischen Reichsständen bewirkt, und am 2. August dieses Jahres auf folgende Bedingungen abgeschlossen: daß auf dem nächsten Reichstage ein endlicher Religionsfriede gestiftet, vorläufig aber den Protestanten vollkommene Sicherheit und unbeschränkte Religionsfreiheit nebst allen bürgerlichen Rechten zugestanden, ihnen auch der Zutritt zu Beisitzerämtern bei dem Reichskammergericht verstattet werden sollte. Alle in die Acht erklärte Protestanten wurden von derselben entbunden, Landgraf Philipp von Hessen, einer ihrer Hauptanführer, aus der Gefangenschaft befreit und in den Besitz seiner Lande eingesetzt. Die Protestanten versprachen aber nicht nur dem Bündnisse mit Frankreich zu entsagen, sondern auch selbst alle Feindseligkeiten einzustellen. Auch erfolgte wirklich schon 1555 der gewünschte Religionsfriede, der jedoch immer noch nicht allen Beschwerden der Evangelischen abhalf, und welcher erst 1648 nach dem verheerenden dreißigjährigen Kriege durch den Westphälischen Frieden aufs neue geltend gemacht und erweitert wurde.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 3. Amsterdam 1809, S. 376.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: