Johann Niclas von Hontheim

[215] [215] Johann Niclas von Hontheim war Weihbischof in Trier, Prokanzler der dasigen Universitat und erster Conferenzminister des Churfürsten, und starb 1790 in einem Alter von neun und achtzig Jahren. Durch ein gelehrtes Werk, welches er über den Zustand der Kirche und die eigentliche Gewalt des Papstes in Lateinischer Sprache, unter dem angenommenen Namen Justus Febronius verfaßte, machte er von dem Jahre 1763 an allgemeines Aufsehen. Der päpstliche Stuhl sah sich durch seine Freimüthigkeit, welche den verjährten Vourtheilen von der Untrüglichkeit des Papstes geradezu entgegen war, in seinen Grundfesten erschüttert, und wendete alles mögliche an, um das Werk zu unterdrücken. Allein es wollte ihm nicht gelingen: man fand selbst an einigen katholischen Höfen die Grundsätze des Febronins unschädlich; und eine Menge Uebersetzungen, welche von diesem Buche beinahe in allen Europäischen Sprachen erschienen, trugen zu ihrer Ausbreitung nicht wenig bei. Freilich fehlte es auch nicht an Widerlegungen, da sichs zumahl verschiedene Exjesuiten sehr eifrig angelegen sein ließen, die Sache des Papstes gegen das neue System zu vertheidigen. Aber Febronius behauptete in eben so gründlichen Gegenschriften die Wahrheit seiner Sätze, und würde sich dadurch einen bleibenden Namen gemacht haben, wenn er nicht in seinem Alter die Schwäche gehabt hätte, sich selbst zu einem Widerrufe zu verstehen. Im Jahre 1778 machte er ein Schreiben an Papst Pius VI. bekannt, und verwarf darin alle seine ehedem vorgetragenen Sätze, woraus dem Römischen Hofe ein Nachtheil hätte erwachsen können. Freilich glaubte niemand an seine eigne Ueberzeugung dabei; aber dessen ungeachtet hat er sich dadurch den schönen Ruhm eines freimüthigen Vertheidigers der Wahrheit entrissen.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 2. Amsterdam 1809, S. 215-216.
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