[133] Johann Milton. Die politische Laufbahn dieses berühmten Englischen Dichters war eben so merkwürdig als seine poetische. Er wurde 1608 zu London geboren, und widmete sich ausschließend den Wissenschaften. Das Studium der alten und neuen Sprachen beschäftigte ihn vorzüglich, und leitete ihn in spätern Jahren in dem Gebiet der theologischen, historischen und politischen Kenntnisse. Er wollte eine Reise nach Griechenland unternehmen, wurde aber durch die Unruhen, welche in seinem Vaterlande ausgebrochen waren, im J. 1640 veranlaßt, aus Italien zurückzukehren und sich in England mit der Erziehung einiger jungen Leute zu beschäftigen. Seine Neigung zur Freiheit und der lebhafte Abscheu, den er für jede Art von Unterdrückern hatte, bewogen ihn, auf die Seite der Republikaner zu treten. Cromwell, welchem er durch einige kleine Schriften bekannt geworden war, machte ihm zum Lateinischen Secretair des Staatsraths. Weder eine Reihe häus [133] licher Unglücksfälle – worunter der Verlust seiner Augen gewiß der größte war – noch die wieder hergestellte monarchische Verfassung konnten seinen Republicanismus erschüttern. Er schrieb eine Vertheidigung des Englischen Volks gegen die Vertheidigung der Monarchie, welche den berühmten Salmasius zum Verfasser hatte, und legte die Feder im politischen Fache nicht eher nieder, als bis er sich mit der Ausarbeitung seines großen Heldengedichts, des verlornen Paradieses, zu beschäftigen anfing. Die erste Idee dazu soll er in Italien bei Gelegenheit einer dramatisch dargestellten religiösen Farce aufgenommen haben. Miltons kühne und feurige Phantasie schien sich nicht an einem Stoff begnügen zu wollen, den ihr die irdische Welt darbot, und schwang sich daher in die höhern und tiefern Regionen des Himmels und der Hölle. So vollendet das Gedicht in allen seinen Theilen ist, und so sehr vornehmlich die Beschreibungen und Schilderungen hervorstechen, worin Milton große und fürchterliche Gegenstände mahlt; so fand es doch bei seiner ersten Erscheinung keinen großen Beifall, weil man es unstreitig seinem Verfasser nicht vergeben konnte, daß er ein Feind der Monarchie war. Erst in der Folge machten Englische Kritiker ihre Landsleute auf den Werth dieses Gedichtes aufmerksam, und nun wurde es begierig gelesen und mit Anmerkungen erläutert. Ein anderes Heldengedicht, das wieder erlangte Paradies, steht dem erstern in jeder Rücksicht weit nach, obgleich Milton für dieses letzte Kind seiner epischen Muse eine größere Vorliebe hatte. Er starb bald nach der Herausgabe desselben, 1674; und der geringe Zustand seines nachgelaßnen Vermögens bewies unwidersprechlich, daß er der Sache der Freiheit aus Ueberzeugung, und nicht aus der niedrigen Absicht, sich dabei zu bereichern, gedient hatte.