Peter Winter

[422] Peter Winter, Kapellmeister in München, geb. ums Jahr 1758. Je weniger wichtige oder merkwürdige Ereignisse in dem Leben dieses trefflichen Tonkünstlers – wenigstens so viel gegenwärtig davon bekannt ist, zu einer langen Biographie die Hülfsmittel hergeben, so ausgezeichnet bleibt doch das Verdienst dieses mit Recht berühmten Künstlers, der sich zuerst in Manheim bildete, und als einer der vorzüglichsten Violinisten sich bemerkbar machte. Mehrere Reisen [422] nach Italien bildeten seinen Geschmack noch mehr aus; und in Venedig wurde seine daselbst componirte Oper: I fratelli rivali (die nachher auch auf Deutschen Bühnen unter dem Titel: Die Brüder als Nebenbuhler häufig gegeben worden ist) mit allgemeinem Beifall aufgenommen. Er machte mehrere Reisen, z. B. nach Paris 1801, wo er die große Oper: Tamerlan schrieb, und durch die Aufführung derselben das Vorurtheil, das wider ihn, so wie fast wider alle Deutsche Künstler der Art, herrschte, aufs glänzendste besiegte. In London, wohin er im J. 1803 reiste, und die Calypso für die dortige Oper schrieb, war seine Aufnahme und der Beifall noch außerordentlicher; und auch Napoleon erkannte den Werth dieses Deutschen Künstlers, und beschenkte ihn zu München sehr ansehnlich. – Ob nun zwar gleich Winters Opern nicht alle gleichen Werth haben (woran der mehr oder weniger schlechte Text – denn auch er mußte das traurige Loos fast aller großen Componisten erfahren, mit schlechten Texten oft zu kämpfen zu haben – gewiß auch seinen ehrlichen Antheil hatte), so ist doch überall eine angenehme, ausdrucksvolle Musik, eine heitre, muntre Laune, aber auch wieder viel Edles, Großes, Erhabenes in seinen Opern unverkennbar. Und hätten auch unsre Deutschen Musik-Liebhaber nur die einzige Oper: Das unterbrochene Opferfest von Winter gehört, so müßte schon diese sie über sein Talent belehren, durch die entzückendsten Harmonieen so wahr und so schön zum Herzen jedes Gefühlvollen zu sprechen. Ein Verzeichniß seiner Opern würde hier nicht wohl möglich sein; aber es ist nicht möglich, außer dem schon angeführten, Meisterstücke, wie Marie von Montalban, das Labyrinth, der Raub der Proserpine etc. mit Stillschweigen zu übergehen, gesetzt auch, daß man es anmaßend finden sollte, einen 2ten Theil zu Mozarts Zauberflöte, Babylons Pyramiden – eine Ilias post Homerum – schreiben zu wollen.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 6. Amsterdam 1809, S. 422-423.
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