Scythen

[203] Scythen. Die Bewohner beider Scythien, des Europäischen und Asiatischen, ein altes, rohes, kriegerisches Volk, werden ursprünglich für ein Deutsches Volk gehalten. Ueber ihren Namen hat man vielerlei Meinungen, indem man ihn bald aus dem Griechischen, bald von dem Deutschen Schütz (Scyth) herleitet, weil sie als Viehhirten besonders auch Pfeil und Bogen gut zu führen wußten. Die Griechen legten den Namen Scythen allen den Völkern bei, die an der Donau und über dieselbe in den Nordischen Ländern wohnten; oft aber mußten auch unter diesem Namen alle die Völker passiren, welche die Griechen weiter nicht kannten, und von denen sie nicht wußten, wo sie sie eigentlich hinbringen [203] sollten. Sie wurden in unzählige kleinere Nationen eingetheilt, und zogen in den frühesten Zeiten von einem Orte zum andern, indem sie Weib und Kind mit sich führten, und ihr Vieh vor sich her trieben. Ihre Kleider waren die Häute der wilden Thiere. Von Gesetzen wußten sie nichts; aber sie lebten unter einander sehr friedlich, und ihrer Treue und Freundschaft wegen sind sie berühmt gewesen. Wild und grausam gegen ihre Feinde, pflegten sie das Blut aus den Hirnschalen der Erschlagenen zu trinken; doch hat man sie fälschlich als Menschenfresser ausgeschrieen. Unter den Göttern verehrten sie vorzüglich den Jupiter (von ihnen Papäus genannt), den Mars und die Diana. Sie hatten ihre Könige, die sehr streng regierten; und wenn ein König starb, so wurden seine sämmtlichen Hofbedienten beim Grabe strangulirt – damit er auch in der andern Welt sogleich seine Bedienung hätte –. Als eine sehr tapfere Nation machten sie den Römern sehr viel zu schaffen; unter ihrem König Aldathyrso unterwarfen sie sich den größten Theil Asiens, den Cyrus schlugen sie mit seinem ganzen Heere, Alexander wurde selbst von ihnen verwundet und der Persische König Darius gänzlich geschlagen. Uebrigens hatten sie sich in der Folge der Zeit sehr mit magischen Künsten abgegeben; und als merkwürdig wurde von ihnen erzählt, daß sie wohl auf 12 Tage Hunger und Durst aushalten könnten. Im fünften Jahrhunderte nach Christi Geburt wurde ein Theil der Scythen zum christlichen Glauben bekehrt.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 5. Amsterdam 1809, S. 203-204.
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