Wilhelm Sidney Smith

[301] Wilhelm Sidney Smith (geb. zu London 1764), einer von den merkwürdigen Brittischen Seehelden der neuern Zeit, wurde unter dem bekannten D. Knox erzogen, kam schon sehr früh auf ein Kriegsschiff, da er sich vorzüglich den Seedienst erwählte, und ward schon im 16. Jahre der fünfte Lieutenant auf dem Linienschiffe Alcide. Im 19. Jahre war er schon Postcapitain, nahm aber, da nun Friede wurde, 1788 in [301] dem Kriege Schwedens mit Rußland, ein Commando auf der Schwedischen Flotte: für seine ausgezeichneten Dienste machte ihn der König von Schweden zum Ritter. Auch dieser Krieg ging zu Ende, und Sir S. Smith trat nun eine Reise in die vornehmsten Länder Europaʼs an. Eben befand er sich in Italien, als bei dem Ausbruche der Feindseligkeiten zwischen England und Frankreich Lord Hood den Hafen von Toulon in Besitz nahm: unser Held begab sich sogleich als Volontair zur Brittischen Flotte, und führte hier bald bei der Räumung jenes Hafens den gefährlichen Auftrag, die feindlichen Schiffe, Docken und das Arsenal in Brand zu setzen, mit dem glücklichsten Erfolge aus. Er kehrte nach England zurück, bekam hier als Commodore mehrere kleine Fahrzeuge unter seine Aufsicht, griff mit diesen die Französische Convoy bei Herqui an, landete und zerstörte die Werke dieses Orts. Ja, er wagte sich sogar mit seiner Fregatte in den Hafen von Brest, recognoscirte die Lage des Feindes (wobei ihm freilich seine Kenntniß der Französischen Sprache, die er ganz geläufig spricht, sehr zu Statten kam), und kam auch glücklich wieder heraus. Ein sehr glücklicher Streich, der England von einem großen Verluste rettete! Denn eben dadurch erfuhr er, daß die Französische Flotte ausgelaufen war, um die aus Jamaika, Cadiz etc. zurückkehrenden Kauffarthei-Schiffe aufzufangen. Endlich im J. 1796 (im April), als er dicht vor dem Hafen von Havre de Grace ein feindliches Fahrzeug zu sehr verfolgte, wurde er auf einmahl umringt, und, trotz der hartnäckigsten Gegenwehr, gefangen. Ein Schlag, der die Franzosen in außerordentliche Freude versetzte. Er wurde nach Paris geführt, in dem Temple sehr streng bewacht, und ungeachtet der ansehnlichsten Versuche von Seiten der Englischen Regierung, ihn auszulösen, dennoch nicht losgegeben. Nach zweijähriger Gefangenschaft erfolgte auf einmahl seine Befreiung, auf eine Art, die immer noch nicht ganz aufgeklärt ist. Wahrscheinlich ist die Erzählung, daß besonders ein Freund von ihm gewisse Blauquets aus der Expedition des Polizeiministers sich zu verschaffen wußte, wodurch die Aufseher im Temple hintergangen wurden. Vier Personen, wie Nationalgardisten gekleidet, empfingen ihn, schafften ihn in einen Miethwagen, und [302] so entkam er (den 24. April 1798) Abends mit seinen Begleitern bis nach der See: hier begaben sie sich auf ein Boot, und wurden endlich nach vielen Gefahren von einer Brittischen Fregatte aufgenommen, die ihn nach England zurückbrachte. Die Freude war hier außerordentlich, der Pöbel spannte die Pferde aus, und zog ihn im Triumph einher. – Noch im Herbste desselben Jahres erhielt er das Commando über den Tiger, ging damit nach dem Mittelländischen Meere, rettete dann St. Jean dʼAcre (nachdem dieses 61 Tage war belagert worden), und erwarb sich dadurch den Ruhm, die Absichten des vorher für unwiderstehlich gehaltenen Bonaparte auf Syrien zu vereiteln. Ausgezeichnet waren daher die Belohnungen, welche ihm von Seiten seines Vaterlandes sowohl, als auch des Türkischen Kaisers zu Theil wurden; und eben so ausgezeichnet auch die Freuden- und Ehrenbezeugungen des Volkes sowohl, als der Großen, als er nach dem (den 21. März 1801) von Abercrombie den Franzosen gelieferten Treffen, wo er sich ebenfalls sehr tapfer hielt, in Person in sein Vaterland zurückkehrte, wobei ihm die Stadt London das Bürgerrecht und einen prächtigen Säbel zum Geschenk verehrte. Durch seine Einsichten leitete er auch, nach dem Frieden von Amiens, als Mitglied des Unterhauses die Beschlüsse des Parlaments in Betreff des Kriegswesens, und macht auch jetzt in dem neuerlich wieder ausgebrochenen Kriege den Franzosen und Niederländern viel zu schaffen.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 5. Amsterdam 1809, S. 301-303.
Lizenz:
Faksimiles:
301 | 302 | 303
Kategorien: