[519] [519] Der Zins heißt im weitläuftigen Sinne: eine Abgabe, welche Jemand für den ihm zugestandenen Gebrauch einer Sache, oder für ein erhaltenes Darlehn, an den Eigenthümer oder Darlether oder der Besitzer eines Grundstucks als eine aus diesem haftende Abgabe zu entrichten hat. Wird I) der Gebrauch einer fremden Sache gegen eine gewisse Abgabe auf eine bestimmte Zeit zugestanden, so heißt der Zins Mieth oder Pachtzins; und dieser ist, der Regel nach, der stärkste, weil derselbe eine Ausgleichung der Nutzungen, die der Miethmann oder Pachter zieht, enthalten soll. – II) Der Zins für ein erhaltenes Darlehen, Interesse oder Aufmaß genannt, soll nur eine mäßige Entschädigung für den Darleiher sein, wegen des während der Zeit ihm versagten Gebrauchs seines Capitals, oder auch eine mäßige Abgabe von dem Nutzen, den der Erborger von dem Darlehn zieht. – Die Habsucht der Menschen machte von den ältesten Zeiten her gewisse gesetzliche Bestimmungen in Ansehung der Zinsen nöthig, damit die Erborger nicht durch übertriebene Bedingungen zu Grunde gerichtet würden. Man verbot daher entweder die Interessen ganz, oder setzte sie auf gewisse Procente fest, oder errichtete gewisse öffentliche Anstalten, wo diejenigen, welche Geld brauchten, solches erborgen konnten. Bei den Römern verbot man einige Zeit die Interessen ganz, erlaubte sie aber nachher wieder und setzte 12 pro Cent, welche monatlich, und zwar jeden ersten Tag des Monats bezahlt werden mußten, als gesetzlich gebilligte Interessen fest. Nach dem canonischen Rechte wurden sie für unerlaubt angesehen und nur in gewissen Fällen gestattet, z. B. als Schadenersatz für die lange Entbehrung des Capitals, oder wenn man in Gefahr war, das ganze Capital zu verlieren, oder auch wenn es Verzugszinsen waren, d. h. solche, die der Erborger, wenn er zu der versprochenen Zeit nicht zahlt, von da an entrichten muß Ferner erlaubte man Zinsen- oder Renten Käufe (s. d. Art. Renten), desgleichen Leihhäuser oder Lombards (s. d. Art. Leihbank i. d. Nachtr.) u. s. f. In Deutschland wurden durch die Reichsgesetze im 16. Jahrhundert [520] 5 Procent als gewöhnliche und gesetzliche Interessen bestimmt. Eben diese Vorschrift beobachtete man bei dem Aufmaße (wo bei einem Getreide Darlehn die Zinsen ebenfalls in Getreide bestehen), so daß z. B. für einen Scheffel jährlich der 20. Theil eines Scheffels als Interesse bestimmt wurde. Ob nun wol die gesetzliche Bestimmung der Interessen nicht allenthalben dieselbe ist, indem, wo Geldmangel herrscht, die Zinsen steigen, beim Gegentheile aber geringe sind; so giebt es doch stets darüber eine gesetzliche Bestimmung und jeder Vortheil, den der Darleiher über die gesetzmäßigen Zinsen zieht, artet in Wucher aus. Doch sind solche Geschäfte, bei denen entweder der Erborger einen großen Gewinn erhalten, oder den Darleiher eine große Gefahr treffen kann, von den wucherlichen Geschäften ausgenommen, und die Interessen können hier weit über die gesetzliche Erhöhung bestimmt werden: dahin gehören die Assecuranz (s. d. Art.) wo sich der Assecurant, nach der Größe der Gefahr 30, 40 u. m. Procent festsetzen kann; die Bodmerei, Leibrentencontract, Rabatt bei den Kaufleuten etc. (s. diese Art.) – III) Wenn der Besitzer eines Grundstücks, besonders und am häufigsten aufm Lande, einen Zins, als eine auf jenem haftende Abgabe zu entrichten hat; so hat er entweder 1) an dem Grundstücke gar kein Eigenthum, sondern der Eigenthümer kann ihn nach gewisser Zeit, oder nach Gefallen nöthigen, dasselbe zu verlassen; dann heißt es ein Laßgut und der Zins Laßzins. Hat der Besitzer zwar kein Eigenthumsrecht an dem Gute, jedoch far sich und seine Nachkommen das Recht, nicht aus dem Gute vertrieben werden zu können; so nennt man dies einen Erbpacht, theils weil der Vertrag in Form eines Pachtcontracts abgeschlossen wird, theils weil hier die Zinsen mit den Nutzungen, die der Erbpachter zieht, in Verhältniß stehen. – Oder es hat 2) der Besitzer des Gutes ein zwischen ihm und dem Empfänger des Zinses getheiltes Eigenthum, dann muß jener entweder einen Erbzins oder einen Bodenzins bezahlen. Wenn er zwar alle Nutzungen aus dem Grundstücke ziehen und über dasselbe sowol während seines Lebens als auch auf den Todesfall Verfügungen [521] treffen kann, jedoch, um das Obereigenthum des Zinsherrn anzuerkennen, diesem einen jährlichen Zins bezahlen und das Grundstück verbessern muß; so heißt es ein Erbzinsgut (praedium emphyteuticum), der Besitzer Erbzinsmann, der Obereigenthümer Erbzinsherr, der Zins selbst Erbzins. Diesen, blos zur Anerkennung des Obereigenthums zu entrichtenden Zins muß der Erbzinsmann, er mag nun wenig oder gar keine Früchte aus dem Grundstücke erhalten, bei Verlust des Grundstücks, wenn er damit mehreremal in Rückstand bleibt, leisten. Giebt hingegen der Besitzer des Grundstücks, blos weil die auf dem Grund und Boden befindlichen Gebäude oder Früchte sein Eigenthum sind, dem Herrn des Bodens einen Zins, so heißt dieser Bodenzins (Solarium). – Oder es hat endlich 3) der Besitzer des Grundstücks ein vollkommenes Eigenthum, muß aber von demselben einen jährlichen Zins abgeben (z. B. an den Gerichtsherrn, an die Kirche – vergl. den Art. Zehent), ohne jedoch bei verzögerter Abtragung sein Gut zu verlieren: da heißt das Grundstück ein bloses Zinsgut; der Zinspflichtige ein Zinsmann, Censit. Die Zinsen von solchen wirklichen Zinsgütern werden in vorbehaltene, die sich der erste Eigenthümer, als er das Grundstück einem andern überließ, für diese Ueberlassung jahrlich vorbehalten hat; und in festgesetzte eingetheilt, welche Jemand an einem Gute, das der Besitzer eigenthümlich und zinsfrei besaß, durch Verträge oder auf andre Art erworben hat. Diese letztern Zinsen entstanden besonders durch Einführung der Rentenkäufe, wenn der Besitzer eines Grundstucks Geld benöthiget war: es wurde dabei festgesetzt, ob der Darleiher eines solchen Capitals, oder ein solcher Rentenkäufer das Capital wieder fodern sollte; dann hießen die zu entrichtenden Zinsen ablösliche (c. redimibiles), oder ob er sie nicht wieder fodern sollte – unablösliche (irredimibiles). Oefters liehen Kirchen und andre fromme Stiftungen den Hausbesitzern Capitale gegen solche unablösliche Zinsen, woraus sogenannte eiserne Capitale entstanden, d. h. solche, die nicht wieder zurückbezahlt werden können, wenn nicht die fromme Stiftung [522] die Rückzahlung verwilliget. Um den Zinspflichtigen desto mehr zur Bezahlung anzuhalten, wurden an vielen Orten die sogenannten Rutscherzinsen, selbst durch Gesetze gebilliget. (s. d. Art. Nachtr. Th. II. S. 337) – Uebrigens können die Zinsen, welche von einem Zinsgute gegeben werden, entweder in baarem Gelde bestehen – trockne Zinsen – oder auch in Getreide, Früchten, Viehe etc. Vorzüglich ist das Zinsgetreide und Zinshühner sehr gewöhnlich.