Friedrich von Dietrich

[291] Friedrich von Dietrich, der älteste Sohn des Baron Dietrich, eines reichen Banquiers in Straßburg, versuchte, nachdem er mehrere leichtsinnige Ausschweifungen sich erlaubt hatte, sein Glück in Paris, ward Sekretär im Kriegsdepartement und gewann ein ansehnliches Vermögen. Bei dem Ausbruch der Revolution ging er nach Straßburg zurück, und wurde 1791 zum Maire dieser Stadt gewählt. Er verwaltete sein Amt mit vieler Pünktlichkeit, und erwarb sich dadurch allgemeine Liebe und Achtung. Sein Haus war jedem Patrioten geöffnet, nur den Jacobinern nicht, weil diese Dietrich verabscheute, sobald er sich überzeugt hatte, daß sie überall Unruhe zu stiften suchten. Er errichtete in Verbindung mit einigen Freunden einen neuen Club, nach Art der Gesellschaft der Pariser Feuillants. Dieser Club war der Anfang zu seinen nachherigen Mühseligkeiten. Man warf ihm vor, die Sache des Volks verlassen zu haben, und sich auf die Seite der Aristocraten zu neigen. Er entfloh, kam wieder zurück, und war [291] glücklich genug, von dem Revolutionstribunal zu Bedford freigesprochen zu werden. Aber bald darauf wurde er nach Paris beordert und in die Conciergerie gesperrt. Das Bewußtsein seiner Unschuld erhielt ihn bei ungewöhnlicher Geistesgegenwart und frohem Muthe. Er war eben mit der Ausarbeitung seiner Schutzschrift beschäftigt, als ihn einer der Mitgefangenen auf ein Glas Wein zu sich einlud. Dietrich folgte der Einladung, und ließ seine Vertheidigung unvollendet. Am 28. Dec. 1793 führte man ihn zur Guillotine und confiscirte sein beträchtliches Vermögen. Auch der alte Vater wurde in das Unglück des Sohnes verwickelt, und als Verdächtiger in einen Kerker geworfen. Man hat alle Ursache zu glauben, daß Dietrich zu den unschuldigen Schlachtopfern der damaligen Tyrannei gehörte. Sollte man ihn auch nicht ganz vom Ehrgeitz freisprechen können; so muß man doch gestehen, daß er sich durch die Führung des ersten obrigkeitlichen Amts in Straßburg allgemein den Ruhm eines braven Bürgers erwarb, und unermüdet für die Erhaltung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit sorgte.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 7. Amsterdam 1809, S. 291-292.
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