Azincourt

[161] Azincourt, auch Agincourt, ein franz. Dorf im Departement Pas de Calais, ist berühmt durch den Sieg, welchen hier am 25. Oct. 1415 König Heinrich V. von England über die vom Connetable d'Albret befehligten Franzosen erfocht. Unruhen im Innern Frankreichs gaben Heinrich Veranlassung, nach dem Beispiele seiner Vorgänger einen Eroberungszug über den Kanal zu unternehmen. Er landete mit seinem Heere im Aug. 1415 an der Mündung der Seine, belagerte und erstürmte Harfleur, verlor aber so viel Zeit und Leute dabei, daß er sich gern wieder eingeschifft hätte, wenn seine Schiffe nicht zurückgeschickt gewesen wären. Unter diesen Umständen war Calais der einzige sichere Zufluchtsort für ihn. Umsonst suchte er seinem erschöpften Heere den Marsch dahin durch Unterhandlungen zu sichern und trat ihn endlich auf gut Glück an. Die Franzosen hatten ein Heer von 50,000 M. versammelt, dabei 14,000 Ritter, thaten dem abziehenden Feinde allen möglichen Abbruch, sodaß er am Nöthigsten Mangel litt und stellten sich ihm bei A. so entgegen, daß er seinen Weg ohne Kampf nicht weiter fortsetzen konnte. Die Engländer zählten nur 2000 Ritter und 12,000 Bogenschützen; die Uneinigkeit und das Ungeschick der Franzosen verschaffte ihnen aber den Sieg. Diese stellten sich nämlich zwischen zwei Wäldern in drei gedrängten Treffen auf, sodaß sie ihre Übermacht nicht entwickeln konnten. Die franz. Ritter und reitenden Bogenschützen des ersten Treffens griffen die Engländer an. Diese hatten ihre Fronte mit Palisaden gedeckt und brachten durch einen mörderischen Pfeilhagel die Franzosen sehr bald in Verwirrung, die der aufgeweichte Lehmboden, in welchem die Reiter stecken blieben, noch vermehrte. Das heranstürmende zweite franz. Treffen wurde in die Unordnung mitverwickelt, über beide aber fielen die mit Schwert und Streitaxt leicht bewehrten Engländer her und richteten ein entsetzliches Blutbad an, nachdem auch ihre Ritter herbeigeeilt waren. Das dritte franz. Treffen ergriff ohne Kampf die Flucht. Schon waren eine Menge Gefangene zusammengebracht, als das Gepäck im Rücken der Engländer von einem Haufen franz. Bauern überfallen und geplündert wurde. Da gab Heinrich in der ersten Aufwallung den Befehl, die Gefangenen niederzuschießen, der erst widerrufen wurde, als die Plünderer die Flucht ergriffen hatten. Die Geschichte hat fast keinen vollständigern Sieg aufzuweisen; sechs franz. Prinzen, der Connetable und 10,000 M., meist Ritter, waren geblieben und 14,000 M. gefangen worden. Die Engländer verloren nur 1600 M.; marschirten aber ohne Aufenthalt nach Calais, wo sie sich mit ihren Gefangenen einschifften, weil sie zu schwach waren, um ihren Sieg benutzen zu können.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 161.
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