Capillarität

[379] Capillarität, Anziehung in Haarröhrchen, wird die Ursache genannt, welche in sogenannten Capillar- oder Haarröhrchen, d.h. in geraden, an beiden Seiten offenen Röhrchen von dem ungefähren Durchmesser eines Haars, sowie zwischen nicht weiter als um einen solchen Durchmesser voneinander entfernten festen Körpern, wenn sie in Flüssigkeiten getaucht werden, die sie benetzen, diese Flüssigkeiten in und zwischen denselben zum Emporsteigen über ihre Oberfläche veranlaßt. Diese Erscheinung beruht auf der den Zusammenhang einer Flüssigkeit überwiegenden Neigung derselben, sich an die Oberfläche fester Körper anzuhängen, und Wasser steigt z.B. in gläsernen Haarröhrchen so hoch über seine Oberfläche, bis die Schwere der darüber gehobenen Wassermenge der Kraft der Adhäsion oder der Neigung sich anzuhängen, gleich kommt. Zwischen ebenen parallelen Flächen steigt eine Flüssigkeit nur halb so hoch als in Haarröhrchen, da sie weniger Gelegenheit hat, sich anzuhängen; auch steigen verschiedene Flüssigkeiten in demselben Haarröhrchen nicht zu gleicher Höhe, weil die Anziehkraft des Röhrchens gegen die Flüssigkeit ebenfalls in Betracht kommt. Auf demselben Grunde beruht das Aufsteigen des Öls in den Dochten der Lampen, das Einsaugen der Flüssigkeit durch Schwämme, die allmälig gänzliche Benetzung von Löschpapier, das nur mit einem kleinen Theil seiner Fläche Wasser berührt, die Benetzung eines Sandhaufens bis zu einer gewissen Höhe, der gleichwol nur unten von Wasser umgeben ist und andere Erscheinungen mehr. – Capillar- oder Haargefäße und Haargefäßsystem heißen die mit Haarröhrchen zu vergleichenden feinsten Gefäße des menschlichen und thierischen Körpers, welche die Schlag- und Blut-Adern (s.d.) verbinden und die Ernährung und Bildung der festen und der flüssigen innern Theile vermitteln.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 379.
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