Einsiedler

[638] Einsiedler, oder nach dem Griechischen Eremiten und Anachoreten, werden Personen genannt, welche sich aus der Welt in die Einsamkeit und Abgeschiedenheit zurückziehen, dort einem beschaulichen Leben widmen und dadurch eine höhere sittliche Vollkommenheit oder Frömmigkeit zu erlangen beabsichtigen, als diejenigen, welche in der Gesellschaft leben. Solcher Einsiedler gab es schon vor Christi Geburt in Asien, z.B. unter den ind. Philosophen; unter den Christen wurde aber besonders seit dem 3. Jahrh. diese Lebensart für besonders verdienstlich angesehen. Einzelne begaben sich in Einöden und Wildnisse, lebten dort in Felsenhöhlen oder bauten sich Hütten, vorzugsweise Klausen genannt, wovon ihre Bewohner auch den Namen Klausner erhielten, und kamen mitunter durch ihr strenges Leben und ihre Bußübungen in den Ruf besonderer Heiligkeit. Der Mensch ist jedoch berufen, in der Gesellschaft zu leben, um sich zu bilden und ihr nützlich zu werden, und das Leben in der Einsamkeit ist daher nur als vorübergehende Gelegenheit zu empfehlen, um ungestört über sich und seinen Zustand nachdenken zu können, wozu man aber kein Einsiedler zu werden braucht.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 638.
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