Genoveva

[182] Genoveva (die Heilige), geb. 423 in der Nähe von Paris, war ein frommes Mädchen, welche vor dem Bischof von Paris das Gelübde ewiger Jungfräulichkeit ablegte. Als der Hunnenfürst Attila (s.d.) verheerend einbrach und die Einwohner von Paris für Leben, Eigenthum und Freiheit zitterten, verkündete die Jungfrau ungestörte Sicherheit, wenn man sich in eifrigem Gebet an Gott wende. Ihre Verheißung ging in Erfüllung, denn Attila kam nicht nach [182] Paris und wurde 451 geschlagen. Noch höher kam sie in den Ruf der Heiligkeit, als sie bei einer Hungersnoth auf der Seine von Stadt zu Stadt fuhr und mit 12 Schiffen mit Korn beladen heimkehrte, welches sie an die Darbenden vertheilte. Ihr Leben war nur der Tugend und Entsagung gewidmet. Von ihrem 15.–50. Jahre genoß sie nur Gerstenbrot und erst später auch etwas Fisch und Milch. Sie starb um 500. Der 3. Jan. wird als ihr Sterbetag in der katholischen Kirche gefeiert. König Clodwig baute eine erst 1809 abgetragene Kapelle, in der ihre Gebeine aufbewahrt wurden. – Eine andere Heilige dieses Namens soll die Tochter eines Herzogs von Brabant gewesen sein und ward um 731 mit dem Pfalzgrafen Siegfried vermählt, welcher auf dem Grenzschlosse Hohensimmern im Trierschen residirte. Der Graf zog ins Feld wider die Sarazenen und ließ seine Gemahlin, welche bereits schwanger war, auf seinem Schlosse zurück. Nun suchte der Vogt Golo G. zu verführen, als er aber mit seinen Anträgen zurückgewiesen wurde, beschloß er, für sein eignes Leben besorgt und um sich zu rächen, die Gräfin zu verderben. Als sie daher eines Knaben genesen war, meldete er seinem Herrn, sein Weib sei ihm untreu gewesen. Der erzürnte Landgraf ertheilte alsbald Befehl, Mutter und Kind zu tödten. Die Knechte aber, denen die Vollziehung der Strafe aufgetragen war, ließen G. mit dem Säugling im Walde entkommen. Hier ernährte sie nun sich und das Kind mühsam von Wurzeln und von der Milch einer Rehkuh, die sich zu ihnen gefunden. Nach fünf langen Jahren endlich fand G. Erlösung aus ihrer Noth. Es traf sich nämlich, daß Graf Siegfried in dem Walde jagte und zufällig sein Weib und seinen Sohn fand. Er erkannte G.'s Unschuld, Golo wurde entlarvt und auf Befehl des Grafen von vier wilden Stieren zerrissen. An der Stelle, wo er seine Gemahlin wiedergefunden hatte, ließ der Graf eine Kapelle errichten, welche später Frauenkirche genannt wurde und von der noch jetzt Trümmer zu sehen sind. Die Geschichte der heiligen G. ist in einem der besten deutschen Volksbücher beschrieben, und auch von neuern Dichtern (namentlich von L. Tieck) bearbeitet worden.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 182-183.
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