Ramler

[623] Ramler (Karl Wilh.), geb. 1725 zu Kolberg, gehört zu den selbständigern Dichtern, welche in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrh. das Gebiet der lyrischen deutschen Dichtkunst erweitern halfen, und erhielt, jedoch von etwas zu eifrigen [623] Bewunderern, den Beinamen des deutschen Horaz. Aber auch als Kunstrichter, sowie um die Ausbildung der deutschen Sprache, durch Übersetzungen lateinischer Dichter, von denen ihm namentlich Horaz als Muster galt, sowie im freundschaftlichen Zusammenwirken mit den ausgezeichnetsten Geistern seiner Zeit, erwarb sich R. vielfältige Verdienste um die Literatur. Seine Universitätsstudien machte R. in Halle und wurde 1748 Professor der schönen Wissenschaften am Cadettencorps in Berlin, welche Stelle er 1790 niederlegte; seit 1787 war er Mitdirector des Nationaltheaters in Berlin, trat aber 1796 auch von diesem Wirkungskreise zurück und starb im Apr. 1798. Von seinen Dichtungen sind nach den Oden besonders die Cantaten auszuzeichnen, von welchen die »Der Tod Jesu« betitelte den Text zu dem berühmten Oratorium des Kapellmeister K. H. Graun, gest. 1759, bildet. Die gesammelten Gedichte R.'s sind zuletzt in einer Taschenausgabe als R.'s »Poetische Werke« (2 Bde., Berl. 1825) herausgekommen; seine »Kurzgefaßte Mythologie« (6. Aufl., Berl. 1833) ist noch sehr brauchbar. In den von R. zu einer »Lyrischen Blumenlese« (2 Bde., Lpz. 1776–78) und einer »Fabellese« (3 Bde., Lpz. 1783–90) gesammelten Dichtungen Anderer gestattete er sich manche nicht gutzuheißende Veränderung.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 623-624.
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